Die Wirbelstärke $ {\vec {\omega }} $ bzw. in der Meteorologie auch $ \zeta $ (engl. Vorticity, auch Wirbelhaftigkeit, Vortizität) stellt eine zentrale Größe der Strömungsmechanik und der Meteorologie dar und kann anschaulich als die Tendenz eines Fluidelements zur Eigendrehung um eine Achse beschrieben werden.
Die Wirbelstärke ist definiert als die Rotation der Geschwindigkeit $ {\vec {u}} $:
und ist somit ein Pseudovektorfeld, wie es jede Rotation eines Vektorfelds ist. Allgemein kann jedem Vektorfeld eine Wirbelstärke zugeordnet werden. Die SI-Einheit der Wirbelstärke ist $ {\tfrac {1}{s}} $.
Die Wirbelstärke ist gleich der flächenbezogenen Zirkulationsrate $ \Gamma $:[1]
In der Meteorologie liegen - außer bei regelrechten dreidimensionalen Wirbeln wie z. B. Tornados - oft zweidimensionale Geschwindigkeitsfelder vor (in der xy-Ebene). Die entsprechende Vortizität lautet:
und zeigt in z-Richtung.
In der Hydrodynamik ist die Vortizität die Rotation der Fluidgeschwindigkeit, die in Richtung der Rotationsachse bzw. für zweidimensionale Flüsse senkrecht zur Flussebene orientiert ist. Für Fluide mit einer festen Rotation um eine Achse (z. B. einen rotierenden Zylinder) ist die Wirbelstärke gleich der doppelten Winkelgeschwindigkeit ω0 des Fluidelements:
Fluide ohne Wirbelstärke heißen rotations- oder wirbelfrei $ \left({\vec {\omega }}=0\;{\text{bzw.}}\;\zeta =0\right) $ Allerdings können auch die Fluidelemente eines solchen rotationsfreien Fluids eine Winkelgeschwindigkeit $ {\vec {\omega _{0}}}\neq 0 $ besitzen, d. h. sich auf gekrümmten Bahnen bewegen, vgl. die folgende Abbildung:
(Achtung Verwechselungsgefahr: der Buchstabe $ \omega $ steht hier im Text für die Wirbelstärke und in der Abbildung für die Winkelgeschwindigkeit)
Man betrachte ein infinitesimal kleines, quadratisches Gebiet einer Flüssigkeit. Wenn dieses Gebiet rotiert, ist die Wirbelstärke der Strömung ungleich null. Die Wirbelstärke bezieht sich auf erzwungene Wirbel mit $ {\vec {\omega }}=\operatorname {rot} \ {\vec {u}}\neq 0 $.
Die Vorstellung der Vortizität ist ein geeignetes Mittel für Flüssigkeiten mit kleiner Viskosität. Dann kann die Vortizität an fast allen Orten der Strömung (mit Ausnahme einer kleinen Region) als gleich null angesehen werden. Dies ist offensichtlich für zweidimensionale Strömungen, in denen der Fluss auf der komplexen Ebene dargestellt werden kann. Derartige Probleme können meist analytisch gelöst werden.
Für jede Strömung können die bestimmenden Gleichungen durch einfaches Ersetzen auf die Wirbelstärke anstatt auf die Geschwindigkeit bezogen werden. Dies führt zur Wirbeldichtegleichung, die für inkompressible, nichtviskose Flüssigkeiten wie folgt lautet:[2]
Auch für reale Strömungen (dreidimensional, endliche Reynoldszahl, d. h. Viskosität ungleich Null) ist die Betrachtung des Flusses über die Wirbelstärke mit Einschränkungen nutzbar, wenn man annimmt, dass das Vortizitätsfeld als eine Anordnung einzelner Wirbel darstellbar ist. Die Diffusion dieser Wirbel durch die Strömung wird dann durch die Wirbeltransportgleichung beschrieben:
wobei $ \nabla ^{2} $ den Laplace-Operator darstellt.[3]
Hier wurde die Wirbeldichtegleichung durch den Diffusionsterm $ {\frac {\eta }{\rho }}\cdot \nabla ^{2}{\vec {\omega }} $ ergänzt. Für hochviskose Strömungen, beispielsweise Couette-Strömungen, kann es sinnvoller sein, direkt das Geschwindigkeitsfeld des Fluids anstelle der Wirbelstärke zu betrachten, da die hohe Viskosität zu einer sehr starken Diffusion der Wirbel führt.
Der Begriff der Wirbellinie hängt eng mit der Wirbelstärke zusammen: Wirbellinien sind immer eine Tangente an die Wirbelstärke. Die Gesamtheit der durch ein Flächenelement $ dA $ gehenden Wirbellinien wird als Wirbelfaden bezeichnet. Die Helmholtzschen Wirbelsätze sagen aus, dass der Wirbelfluss $ \iint {\vec {\omega }}\cdot d{\vec {A}} $ sowohl zeitlich als auch räumlich konstant ist.
In der Meteorologie wird mit der Vortizität hauptsächlich die Rotation von Luft um eine Achse beschrieben. Die absolute Vortizität eines Volumenelements oder eines Körpers in der Meteorologie setzt sich aus zwei Summanden zusammen, der planetaren und der relativen Vortizität:
Aufgrund der Erddrehung erfährt jeder Körper in Erdnähe eine Rotation um die Erdachse und besitzt somit eine feste Vortizität. Diese wird durch den breitengradabhängigen Coriolisfaktor
bestimmt und als planetare Vortizität bezeichnet. Die relative Vortizität ist die mit der Eigendrehung des Körpers zusammenhängende Größe. Addiert ergibt sich die absolute Vortizität:
Da in der Meteorologie meist zweidimensionale Strömungsfelder auftreten, wird die relative Vortizität oft durch die Rotation in zwei Dimensionen ausgedrückt:
Damit ergibt sich für die absolute Vortizität
Die Richtung des Wirbelstärke-Vektors lässt sich mit der Korkenzieherregel bestimmen: Dreht sich das Fluid gegen den Uhrzeigersinn, so zeigt die Wirbelstärke nach oben. $ \eta $ ist in diesem Fall positiv.
Auf der Nordhalbkugel wird Rotation gegen den Uhrzeigersinn, also mit positivem $ \eta $, als zyklonale Rotation und Rotation mit dem Uhrzeigersinn, also mit negativem $ \eta $, als antizyklonale Rotation bezeichnet. Auf der Südhalbkugel gilt dies entsprechend umgekehrt.
Umgewandelt in natürliche Koordinaten ergibt sich:
Dabei werden
$ K_{s} $ ist hier die Krümmung der Stromlinien, während n und s die Komponenten des Koordinatensystems sind.
Die Helmholtzschen Erhaltungssätze für den Wirbelfluss führen zum Begriff der potentiellen Vortizität PV:[5] durch Kombination der Wirbeldichtegleichung mit der Kontinuitätsgleichung kann man zeigen, dass
zeitlich erhalten ist.
In der Literatur ist ebenfalls die Definition
Die Begriffe Wirbelstärke, Wirbeldichte, Wirbelhaftigkeit, Wirbeligkeit, Wirbelung, Vortizität, Wirbelfaden sowie die Benennung der Wirbeldichte- und Wirbeltransportgleichung sind nicht klar definiert und somit schwer gegeneinander abgrenzbar. In der Literatur finden sich teilweise widersprüchliche Angaben und Definitionen.