Das Glan-Thompson-Prisma (nach Paul Glan und Silvanus Phillips Thompson) ist ein auf Doppelbrechung und Totalreflexion basierender Polarisator, der unpolarisiertes Licht linear polarisiert (s-Polarisation, d. h., die Polarisationsebene ist senkrecht zur Einfallsebene). Das Prinzip wurde 1880 von Paul Glan[1] vorgestellt und 1881 von Silvanus Philipps Thompson[2][3] verbessert.[4]
Das Glan-Thompson-Prisma besteht ähnlich wie das zuvor (1828) entwickelte Nicol-Prisma aus einem doppelbrechenden Kristall (ein typisches Material ist Kalkspat). Der Kristall ist so in zwei rechtwinklige Prismen geschnitten, dass seine optischen Achse parallel zu einer Endfläche liegt. Die beiden Prismen sind mit einem durchsichtigen Kleber zu einem Quader zusammengefügt.
Der Schnittwinkel der beiden Prismenhälften ist so gewählt, dass der ordentliche Strahl an der Grenzfläche totalreflektiert während der außerordentliche Strahl nahezu ohne Reflexion hindurch gelassen wird. Dafür muss der Kleber einen Brechungsindex besitzen, der zwischen dem für den ordentlichen und dem für den außerordentlichen Strahl des doppelbrechenden Materials liegt. Im Fall von Kalkspat bei einer Wellenlänge von λ = 589 nm zwischen 1,486 (außerordentlicher Strahl) und 1,658 (ordentlicher Strahl), beispielsweise das früher oft genutzte Kanadabalsam[5] mit nK = 1,54. Heutzutage werden Materialien verwendet, die bessere Transmissioneigenschaften im nahen Infrarot aufweisen, beispielsweise kristalline Glycose oder Glycerin.[5]
Beim Eintritt in ein Material wird der einfallende Lichtstrahl nach dem Snellius-Brechungsgesetz gebrochen. Aufgrund der anisotropen Brechungsindex doppelbrechenden Materialien wird der einfallende Strahl in einen ordentlichen (senkrecht zur optischen Achse des Kristalls polarisierten) und einen außerordentlichen (parallel zur optischen Achse polarisierten) Strahl zerlegt. Da beim Glan-Thompson-Prisma die Schnittflächen des Kristalls parallel zur optischen Achse liegen, werden bei senkrechtem Einfall beide Strahlen gleich gebrochen – durch den senkrechten Einfall ist der Einfallswinkel gleich dem Brechungswinkel, also 0°. Die beiden Strahlenanteile bewegen sich also auf einem gemeinsam Weg im Kristall, wenn auch wegen des unterschiedlichen Brechungsindexes mit unterschiedlicher Geschwindigkeit.
Treffen nun beide Strahlen auf die Schnittfläche, so werden die beiden Strahlen aufgrund entsprechend gewählter Materialien unterschiedlich reflektiert. Für den ordentlichen Strahl stellt der Kleber im Vergleich zu Kalkspat ein optisch dünneres Medium dar. Er wird daher an der Schnittfläche totalreflektiert, so dass er auf eine Außenfläche des Glan-Thompson-Prismas trifft und dort von einem gegebenenfalls platzierten Absorber absorbiert. Für den außerordentlichen Strahl hat Kalkspat einen kleineren Brechungsindex. Er durchdringt daher die Schnittfläche gemäß den Fresnel-Gleichungen nahezu ungestört (T ≈ 99,9 %). Dies wiederholt sich beim Übertritt in die zweite Prismenhälfte. Dabei ist darauf zu achten, dass der Schnittwinkel (und somit der Einfallswinkel) nicht zu groß ist, da der Strahl ansonsten an dieser Grenzfläche totalreflektiert wird. Beim Durchqueren der Kleberschicht erfährt der Strahl einen Strahlversatz, dieser ist aber aufgrund der geringen Dicke der Kleber nur minimal. Beim Austritt aus dem Kristall liegt daher nur noch der linear polarisierte, außerordentliche Strahl vor, dessen Polarisation der Ausrichtung der optischen Achse entspricht.
Der austretende Strahl ist zwar weitgehend, aber nicht vollständig polarisiert. Der Grad der Polarisierung ist neben den Fertigungstoleranzen und der eingesetzten Materialien, welche im Allgemeinen keine idealen Dielektrika sind, auch von der Dicke der Kleberschicht abhängig. Da ein Lichtstrahl bei der Totalreflexion aufgrund von Stetigkeitsbedingungen der Maxwell-Gleichungen in das nachfolgende, optisch dünnere Material eindringt (in Form einer evaneszenten Welle), kann es bei sehr geringen Schichtdicken des Kleber zum sogenannten optischen Tunneleffekt (verhinderte Totalreflexion) kommen. Dabei gelangt in Abhängigkeit von der Schichtdicke ein Teil der eigentlich totalreflektierten Strahlung in die zweite Prismenhälfte. Der ausfallende Strahl ist daher nie hundertprozentig linear polarisiert. Da der Einfluss dieses Effekts jedoch exponentiell mit der Schichtdicke abnimmt, kann durch eine ausreichend dicke Schicht (> 10 µm) nahezu vollständig reduziert werden.
Dieses Prinzip gleicht im Wesentlichen dem des Nicol-Prismas, ein Vorteil liegt darin, dass durch die ausgerichteten Schnittflächen beim Glan-Thompson-Prisma kein Versatz zwischen ein- und ausfallendem Strahl auftritt.
Ein Glan-Thompson-Prisma, das statt eines Klebers einen Luftspalt nutzt, wird als Glan-Foucault-Prisma bezeichnet.[5] Es wird vor allem für Hochleistungsanwendungen genutzt, für die das Glan-Thompson-Prisma weniger geeignet ist, da sich hier der Kleber erhitzen und somit zerstört werden kann. Weitere Primen vom Glan-Thompson-Typ sind das Ahrens-Prisma, bei den zwei Glan-Thompson-Prismen nebeneinander angeordnet sind, und das Grosse-Prisma, im Wesentlichen ein Ahrens-Prisma mit Luftspalt.[5]
Das ähnlich aufgebaute Lippich- bzw. Glan-Taylor-Prisma lässt ebenfalls den außerordentlichen Strahl durch, erzeugt allerdings aufgrund der um 90° in der Einfallsebene gedrehten optischen Achse einen um 90° anders polarisierten Strahl (p-polarisiert).