Kollaps der Wellenfunktion oder Zustandsreduktion ist ein Begriff der Kopenhagener Deutung der Quantenmechanik.
In der Quantenmechanik wird ein physikalisches System durch eine Überlagerung (Superposition) unterschiedlicher Zustände beschrieben. In der Bra-Ket-Notation schreibt man dafür:
Der Gesamtzustand $ |\psi \rangle $ ist eine Überlagerung aller möglichen Eigenzustände $ |\varphi _{i}\rangle $ jeweils mit Gewicht $ c_{i} $. Wird an einem solchen System eine Messung durchgeführt, so werden die Experimentatoren stets einen einzigen Messwert (Eigenwert eines Eigenzustands) ermitteln. Formal bedeutet dies, dass die Superposition von Zuständen durch die Messung auf einen einzelnen dieser Zustände reduziert wird, der Gesamtzustand wird dabei auf einen Eigenraum projiziert. Das gemessene System befindet sich dadurch nach der Messung in exakt dem gemessenen Zustand. Dieser Übergang vom Zustand der Superposition in einen eindeutig bestimmten Zustand wird als Zustandsreduktion bezeichnet. Da der Ausgangszustand als Zustand der Schrödinger’schen Wellenfunktion dargestellt wird, spricht die Kopenhagener Interpretation auch vom „Kollaps der Wellenfunktion“.
Der Kollaps der Wellenfunktion erfolgt instantan, d. h., auch an räumlich weit getrennten Orten ergeben sich sofortige Konsequenzen für die Vorhersage von Messungen am System. Diese Eigenschaft wird als Quanten-Nichtlokalität bezeichnet. An verschränkten Systemen führt die Quanten-Nichtlokalität zur statistischen Korrelation der Messergebnisse, selbst wenn die Orte der Messungen so weit von einander entfernt sind, dass keine physikalische Wirkung (Information) übertragen werden kann. Etwas missverständlich wird dieses Phänomen oft als Fernwirkung bezeichnet.
Erste Ansätze zur Erklärung stammen von Werner Heisenberg[1] und wurden von John von Neumann 1932 in seinem Buch Mathematische Grundlagen der Quantenmechanik als Postulate formuliert. Das Postulat eines instantanen Kollapses der Wellenfunktion ruft seit seiner Einführung Widerspruch hervor. So sollte Schrödingers Katze, ein populäres Gedankenexperiment von Erwin Schrödinger, die Idee eines beobachterabhängigen Kollapses der Wellenfunktion ad absurdum führen.
Andere Interpretationen der Quantenmechanik wie die De-Broglie-Bohm-Theorie oder die Viele-Welten-Interpretation kommen ohne dieses Konzept aus. Die Viele-Welten-Interpretation muss jedoch zur Vermeidung des Kollapses der Wellenfunktion eine Vielzahl messtechnisch unerreichbarer „Welten“ zulassen. Die Dekohärenz spielt hier eine zentrale Rolle, sie kann aber auch in Interpretationen mit Kollaps dazu genutzt werden, den Zeitpunkt des Kollapses zu beschreiben.
Das Konzept der quantenmechanischen Messung und damit der Kollaps der Wellenfunktion wird in vielen ein- und weiterführenden Lehrbüchern behandelt.