Als Zeitreise bezeichnet man in der Physik und der Science-Fiction eine Bewegung in der Zeit, die vom gewöhnlichen gerichteten Zeitablauf abweicht, bzw. auch eine Bewegung durch die Zeit. Mittels der Relativitätstheorie sind Szenarien beschreibbar, in denen durch den Effekt der Zeitdilatation „Reisen“ in die Zukunft stattfinden. Dass hingegen auch Reisen in die Vergangenheit, wie sie in vielen Werken der Science-Fiction beschrieben werden, überhaupt physikalisch, logisch oder metaphysisch möglich seien, wird vielfach bezweifelt und es gibt dafür keine empirische Evidenz.
Die Relativitätstheorie Albert Einsteins bietet verschiedene Möglichkeiten für Zeitreisen:
Verlässt man mit einem fast lichtschnellen Raumschiff (es reichen u. U. auch relativistische Geschwindigkeiten um 10 % der Lichtgeschwindigkeit) die Erde und kehrt nach Ablauf einer bestimmten Reisedauer wieder zurück, ist auf der Erde ein längerer Zeitraum verstrichen als an Bord des Raumschiffes. Die Ursache dafür ist die Zeitdilatation, die nach der speziellen Relativitätstheorie von Albert Einstein bei derartig hohen Geschwindigkeiten auftritt. Der genaue Ablauf einer solchen Zeitreise ist unter Zwillingsparadoxon beschrieben.
Bei hinreichend großer Reisegeschwindigkeit und Beschleunigung wäre dabei im Prinzip in beliebig kurzer Reisedauer für den Reisenden eine beliebig ferne Zukunft auf der Erde erreichbar. Bei einer dem Menschen zumutbaren Beschleunigung erfordert jedoch eine Zeitverschiebung von Jahren auch eine Reisezeit aus der Sicht der Raumschiffbesatzung von über einem Jahr (jeweils rund 347 Tage für Beschleunigung und Abbremsen mit 9,81 m/s²).
Für ein Objekt, das sich mit Vakuumlichtgeschwindigkeit bewegt, würde die Zeit stillstehen. Ein Photon, das sich im Vakuum bewegt, kann also theoretisch die Zeitspanne vom Beginn bis zum Ende des Universums „in einem Augenblick“ durchmessen.
Nach der allgemeinen Relativitätstheorie ist der Lauf der Zeit auch von den Gravitations- und Beschleunigungsbedingungen abhängig, denen ein System unterworfen ist. So vergeht die Zeit etwa auf einem hohen Berg geringfügig schneller als auf Meereshöhe. Dieses Phänomen ließe sich als Zeitreise in die Zukunft interpretieren, wobei nicht nur eine raschere, sondern auch eine gebremste Reise möglich ist.
Auf einem Neutronenstern kann die gravitative Zeitdilatation erheblich sein. So könnte ein hypothetischer Bewohner eines Neutronensterns eine zeitaufwendige Aufgabe in einer Umlaufbahn um den Stern erledigen, um einen Termin auf der Sternoberfläche leichter einhalten zu können. Im noch extremeren Gravitationspotential nahe dem Schwarzschildradius Schwarzer Löcher kann sich die Zeit gemäß der Allgemeinen Relativitätstheorie beliebig dehnen.
Nach derzeitigem Stand der Wissenschaft sind Zeitreisen in die Vergangenheit prinzipiell nicht möglich. Bestehende Theorien, nach denen eine solche Reise möglich sei, sind spekulativ und umstritten. Unbestritten ist jedenfalls, dass die praktische Umsetzung derartiger Theorien in absehbarer Zeit unmöglich ist.
1949 entdeckte Kurt Gödel, dass eine Lösung der Allgemeinen Relativitätstheorie, bei der das Universum rotiert, das Zurückkehren eines Objekts in seine eigene Vergangenheit ermöglicht. Ein solches Universum wird als Gödeluniversum (R-Universum) bezeichnet.
Auch wenn bewiesen werden kann, dass unser Universum nicht rotiert, zeigt das R-Universum, dass die Einsteinschen Feldgleichungen ein Universum mit geschlossenen zeitartigen Kurven zulassen. Folglich gehört das gleichförmige Vergehen der Zeit nicht zu den von vorneherein notwendigen Eigenschaften eines Universums, das den Gleichungen genügt.
Nach der allgemeinen Relativitätstheorie ist es denkbar, dass zwei verschiedene Bereiche der Raumzeit über sogenannte Wurmlöcher miteinander verbunden sein könnten. Wenn die beiden Ausgänge eines solchen Wurmloches zwei Bereiche unterschiedlicher Zeit verbinden würden, wäre eine Zeitreise auch in die Vergangenheit möglich. Allerdings zeigen Rechnungen, dass Wurmlöcher normalerweise nicht stabil sind und so schnell zusammenbrechen, dass eine Passage nicht möglich ist. Hätte man eine hypothetische Materie mit negativer Energiedichte zur Verfügung, die sogenannte exotische Materie, so könnte man damit ein Wurmloch stabilisieren. Die dazu erforderliche Menge an exotischer Materie steht aber nach derzeitigem Wissensstand im gesamten derzeit bekannten Universum nicht zur Verfügung.
Eventuell wäre auf einer speziellen Flugbahn in der Umgebung eines hinreichend schnell rotierenden Schwarzen Loches eine Reise in die eigene Vergangenheit möglich. Man nimmt jedoch an, dass es keine derart schnell rotierenden Schwarzen Löcher gibt.
Eine Zeitreise in die Vergangenheit wäre auch in der Umgebung zweier kosmischer Strings möglich, die hinreichend schnell aneinander vorbeifliegen. Es existieren jedoch keine Belege für die Existenz kosmischer Strings.
Nach einer sehr umstrittenen Interpretation wurde durch Superluminares Tunneln für Teilchen beziehungsweise Photonen eine Zeitumkehr erreicht, das heißt, aus der experimentellen Anordnung – dem „Tunnel“ – schienen die Teilchen herauszukommen, bevor sie hineingestrahlt wurden. Jedoch wurde bei diesen Experimenten eine sehr umstrittene Definition des Signalzeitpunktes verwendet.
Sollten Reisen in die Vergangenheit möglich sein, würde sich die Frage stellen, wie die Paradoxa vermieden werden, die sich in diesem Zusammenhang aus der Verletzung der Kausalität ergeben können, wie beispielsweise das Großvaterparadoxon. Als mögliche Antwort käme vor allem die Everettsche Vielwelten-Theorie in Frage. Danach wäre die Vergangenheit, in die man reist, in einer Parallelwelt angesiedelt. Der ursprüngliche Ablauf der Dinge und ein durch einen Eingriff in die Vergangenheit modifizierter Ablauf würden sich beide abspielen. Insbesondere wäre es für den Reisenden unmöglich, wieder in seine ursprüngliche Version der Gegenwart zurückzukehren, wohl aber in eine Parallelwelt, die dieser nahezu identisch wäre.
Gelegentlich werden, wenn von Reisen in die Vergangenheit die Rede ist, hypothetische überlichtschnelle Teilchen, sogenannte Tachyonen, ins Spiel gebracht. Könnte sich ein Teilchen mit Überlichtgeschwindigkeit von A nach B bewegen, so ließe sich immer ein Beobachter finden, für den die Bewegung von B nach A stattfände. Da die Beobachter die zeitliche Reihenfolge der Ereignisse A und B unterschiedlich beurteilen, bewegt sich für alle Beteiligten das Tachyon von der Vergangenheit in die Zukunft. Aus einer hypothetisch überlichtschnellen Bewegung die Möglichkeit einer Reise in die Vergangenheit abzuleiten, ist nicht möglich.
Zeitreisen sind ein alter Menschheitstraum und werden daher oft in Science-Fiction-Literatur und im Science-Fiction-Film thematisiert. Meist erfolgt dort eine Zeitreise mittels einer Zeitmaschine (so etwa in Zurück in die Zukunft), seltener mittels anderer Methoden, beispielsweise in der Highland-Saga von Diana Gabaldon per Gang durch einen Steinkreis oder aber durch Zauberei, wie in der Serie Charmed – Zauberhafte Hexen. Anders aber bei der Serie Zurück in die Vergangenheit, wo Dr. Samuel „Sam“ Beckett (gespielt von Scott Bakula), ein mit dem Nobelpreis ausgezeichneter Quantenphysiker und Erfinder des „Quantenbeschleunigers“, infolge eines gescheiterten Selbstversuchs unkontrolliert innerhalb seiner eigenen Lebenszeit durch die Zeit reist und dabei temporär die Identität verschiedener Menschen dieser Zeit annimmt und mit ihnen den Körper tauscht. In der Science-Fiction-Fernsehserie Star Trek ist die Zeitreise ein wiederkehrendes, beliebtes und sowohl methodologisch als auch narrativ variiertes Thema.
In der Mangareihe Dragonball wird die Thematik in der Cell-Saga ebenfalls thematisiert, da ein Besucher aus der Zukunft die Gegenwart ändert. Hier wird jedoch absichtlich ein neuer Zeitstrang geschaffen.
Insbesondere sind die Probleme im Zusammenhang mit der Kausalität bei Zeitreisen in die Vergangenheit ein beliebtes Thema der Science-Fiction-Literatur, etwa in den Romanen Der Schutzengel von Dean Koontz oder Geschichte machen von Stephen Fry.
Dabei wird gerne der Schmetterlingseffekt aus der Chaostheorie thematisiert. Das bedeutet, dass selbst kleinste Veränderungen in der Vergangenheit extreme Auswirkungen auf die weitere Entwicklung haben können (siehe z. B. Butterfly Effect oder Zurück in die Zukunft), die unter Umständen mit der Nicht-Existenz des Zeitreisenden enden. Gelöst wird dieses Problem nicht selten mit der überraschenden Pointe, dass die Zeitreise von Beginn an Teil der bekannten Vergangenheit war und durch die Zeitreise ein Kreis geschlossen wird. Dadurch wird wiederum die Annahme in Abrede gestellt, durch eine Zeitreise könne man die „Zeitlinie“ verändern oder gar zerstören.
Eine andere wiederkehrende Idee ist die der Zeitschleife, in welcher der Protagonist festsitzt. Das ist zum Beispiel in den Filmen 12:01, Retroactive oder Und täglich grüßt das Murmeltier, in Supernatural Staffel 3 Folge 11 („Und täglich grüßt …“) und der Animationsserie Steins;Gate der Fall.
In der britischen BBC-Serie Doctor Who geht es um einen mysteriösen Zeitreisenden, der nur als ‚der Doktor‘ bekannt ist. Er reist mit seinen Begleitern in der TARDIS, die von außen wie eine alte Polizei-Notrufzelle aussieht, durch Zeit und Raum und wird dabei in verschiedene Abenteuer verwickelt.
Erdoğan Ercivan behauptet in seinen Büchern, dass das Ägyptische Unterweltsbuch Amduat eine exakte Reisebeschreibung des verstorbenen Pharao zum Doppelstern Sirius enthält, der sich 8,6 Lichtjahre von der Erde entfernt befindet. Unter anderem sollen die Götter der Ägypter ein Wurmloch südwestlich vom Orion verwendet haben, das sie Wamemti nannten.
Michael Crichton verwendet in seinem Buch Timeline die These, dass unterschiedliche Zeiten nur unterschiedliche Welten in der Viele-Welten-Interpretation sind. Eine Zeitreise erfolgt daher durch die Reise in eine Parallelwelt.
Eine ähnliche Interpretation findet sich in den Romanen Der letzte Tag der Schöpfung und Das Cusanus-Spiel von Wolfgang Jeschke, in denen Menschen in die Vergangenheit reisen und dadurch parallele, voneinander abweichende Zukünfte schaffen, aus denen verschiedene weitere Personen in die Vergangenheit reisen.
Das Problem der grammatikalischen Tempusbildung für Zeitreisende wird von Douglas Adams in seinem Roman Das Restaurant am Ende des Universums thematisiert.
Die Beschreibung einer Zeitreise in die Zukunft bietet dem Autor die Möglichkeit, Fehlentwicklungen und Gesellschaftskritik zugespitzt darzustellen. Davon hat unter anderem H. G. Wells 1895 in seinem Buch Die Zeitmaschine Gebrauch gemacht.
Eng damit verwandt ist das Thema der Parallelwelten, wie etwa im Film Ist das Leben nicht schön? oder in der Serie Sliders.
In dem Roman von Audrey Niffenegger Die Frau des Zeitreisenden muss die Hauptfigur (Henry) wegen eines Gendefekts durch die Zeit reisen.
Im Roman Das Jesus Video von Andreas Eschbach reist ein unfreiwillig Zeitreisender zum Schauplatz der letzten Lebenswochen Jesu Christi und sorgt ebenfalls unfreiwillig durch ein in die Gegenwart überliefertes Video für Dramen ob der tatsächlichen Begebenheiten und Berichterstattungen in der Bibel über das Leben Jesu. Mit dem 2014 erschienenen Buch Der Jesus-Deal wird die Geschichte fortgesetzt und im evangelikalen Milieu der USA angesiedelt.
In der Serie Unterwegs nach Atlantis, nach Johanna von Koczian und Ota Hofman, wird eine Reise durch die Zeit mit Vorgängen beim Träumen verglichen.
Im Stargate-Franchise (SG-1, SGA & SGU) wird häufig das Stargate in Verbindung mit Wurmlöchern, die durch genau zu diesem Zeitpunkt stattfindende Sonneneruptionen führen, als Mittel für Zeitreisen angegeben. Dabei sind Reisen in beide Richtungen, sowohl in die Zukunft als auch in die Vergangenheit, möglich.
In der Edelstein-Trilogie Liebe geht durch alle Zeiten von Kerstin Gier geht es um ein Mädchen, das unkontrolliert durch die Zeiten springt.
In Fabian Lenks Kinderbuchreihe Die Zeitdetektive reisen drei Teenager und eine magische Katze mithilfe eines Tempus durch die Zeit und klären Fälle in der Geschichte auf.
Im Film Star Trek (2009) reisen der Romulaner Nero und der alte Mr. Spock mithilfe eines Wurmloches 154 Jahre in die Vergangenheit.
In der ersten Staffel der Jugendserie Hotel 13 reisen drei beste Freunde in einer Kugel aus Metall ins Jahr 1927. Die kleinste Veränderung in der Vergangenheit kann große Folgen in der Gegenwart haben.
Auch im Film zur Serie Hotel 13: Rock ’n’ Roll Highschool treffen die drei Freunde auf ein Mädchen aus der Vergangenheit. Sie müssen das Mädchen wieder zurück in ihre Gegenwart, die 1950er Jahre, bringen, sonst würden die drei Freunde sich niemals kennenlernen. In der zweiten Staffel erleben die drei Freunde ein Abenteuer in der Zukunft.
In dem Buch Der Anschlag reist der Lehrer Jacob Epping aus der Jetzt-Zeit in die fünfziger Jahre mit Hilfe eines Zeitportals in einem Diner. Dort will er nach einigen Versuchen und deren Überprüfung in der Jetzt-Zeit (das Portal ist beiderseitig begehbar), das Attentat auf Kennedy verhindern. Die Besonderheit bei dieser Geschichte ist, dass die Zeitlinie sich bei jeder erneuten Reise in die Vergangenheit auf die ursprüngliche zurücksetzt und vom Protagonisten vorgenommene Änderungen wieder verschwinden. Auch führt das Portal zu immer genau demselben Ort und Zeitpunkt (zum 9. September 1958). Außerdem werden die Schwierigkeiten, denen Epping gegenübersteht, umso größer, je stärker er die Zeitlinie zu beeinflussen sucht. Die Zeit scheint sich zu wehren.
Im illustrierten Roman Das andere Ufer der Zeit (1970) greift Jack Finney die Idee einer Zeitreise mit Hilfe von Autosuggestion auf. Die Idee wurde vom Autor im Jahr 1995 in dem Roman Im Strom der Zeit fortgesetzt.
In den letzten beiden Episoden (Eine tierische Zeitreise zu den Dodos und Eine tierische Zeitreise zu den Beutelwölfen) der Kinderserie Go Wild! Mission Wildnis reist das Wild-Team mithilfe eines Zeitreise-Trampolins in die Vergangenheit und beobachtet auf diese Weise die ausgestorbenen Dodos und Tasmanischen Beutelwölfe.
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