Ein Schatten ist die unbeleuchtete Fläche eines Gegenstands („Schattseite“: Eigenschatten, Körperschatten), die mittels einer Lichtquelle erzeugte Projektion eines Gegenstands auf weiteren Gegenständen („einen Schatten werfen“: Schlagschatten, Schattenriss) oder allgemeiner der gesamte unbeleuchtete Raum hinter einem beleuchteten Körper („im Schatten“) – dieser Raum erstreckt sich in den Grenzen der abgeschatteten Seite bis zum Schattenwurf.
Man unterscheidet je nach Anzahl und Ausdehnung der Lichtquellen und diversen optischen Effekten mehrere Arten von Schatten (Kernschatten, Halbschatten, Mischschatten). Der Rand des unbeleuchteten Schattens heißt Schattengrenze oder Hell-Dunkel-Grenze, in Astronomie und Meteorologie auch Terminator oder Tag-Nacht-Grenze.
Der Eigenschatten (Körperschatten) eines Körpers ist der Schatten, den der Körper auf sich selbst durch sich selbst verursacht. Dabei sind aber nur Schattenflächen gemeint, die auf den schattenverursachenden Flächen liegen. Anders formuliert ist der Eigenschatten die Menge der nicht beleuchteten, also der Lichtquelle abgewandten Seiten.
Ein Schatten ist der hinter einem Objekt entstehende Mangel an Strahlung, die das Objekt auf seiner der Strahlenquelle zugewandten Seite empfängt. Ein Eigenschatten wird immer von einem Objekt in die der von ihm empfangenen Strahlung entgegengesetzten Richtung geworfen, auch wenn dieser Schatten auf kein anderes Objekt trifft.
Der Schlagschatten wird auf einem hellen Hintergrund hervorgerufen, wenn das Objekt davor von einer nahezu punktförmigen Lichtquelle (Sonne, Scheinwerfer, Fotoblitz) beleuchtet wird. Dieser Schatten ist bemerkenswert scharf und wird daher vom Betrachter besonders intensiv wahrgenommen. Er bildet das Objekt zumindest teilweise ab und lässt – ebenso wie der Körperschatten – erkennen, aus welcher Richtung das Licht kommt.
Die Schattenprojektion nennt man auch Schattenriss, sie zeigt den Umriss, also die Silhouette des Objektes. Schattenriss wird auch eine Zeichnung genannt, die durch Nachzeichnen der Schattenprojektion entsteht. Im Schattentheater kann die Vergrößerung des Schattens zur Veränderung der scheinbaren Proportionen zweier Gegenstände zueinander ausgenutzt werden, indem diese verschieden nahe zur Lichtquelle positioniert werden.
Einen negativen Aspekt hat diese Schattenwirkung im Zusammenhang mit sehr starken Belichtungsereignissen, wie sie durch den Atombombenblitz hervorgerufen werden. Die enorme Strahlungsdichte bewirkt thermische Materialveränderungen im nicht abgeschatteten Bereich, wodurch die wenig bestrahlte Schattenfläche einen Kontrast als dauerhafte Abbildung hinterlässt.
Einen echten Schlagschatten gibt es nur unter idealisierten Bedingungen, also einer punktförmigen Lichtquelle, außer dieser nur schwarzen (reflexionslosen) Körpern, und im Vakuum.
Dann ist der Schattenraum das Volumen zwischen Eigenschatten des Körpers und seinem Schattenriss, die Punkte der Schattengrenze geradlinig mit ihren jeweiligen Projektionen auf den Umriss des Schlagschattens verbunden. Diese Linien laufen von der Punktquelle konisch auseinander (Lichtkegel), sodass der Schattenwurf größer ist als der schattenwerfende Körper, um so größer, je weiter dieser von der Projektionsfläche weg ist, um so kleiner, je weiter er von der Lichtquelle weg ist. Nur bei unendlich weit entfernter Lichtquelle sind die Linien parallel (für Fragestellungen auf der Erde ist die Sonne als „unendlich weit entfernt“ anzunehmen).
In der Darstellenden Geometrie verwendet man Schatten von räumlichen Objekten (Haus, Turm, Brücke usw.), um Bilder attraktiver zu machen, oder um Beleuchtungs- und Belichtungsprobleme in der Planungsphase zu erkennen. Schattenkonstruktionen für Schatten von parallelem (Sonne) oder zentralem (Lampe) Licht auf eine horizontale Ebene sind sowohl bei Parallelprojektionen als auch bei Zentralprojektionen relativ einfach. Komplizierte Fälle überlässt man heute dem Computer, da moderne Bildsynthese (Rendering) sowieso auf Strahlenverfolgung (Raytracing) beruht.
Der Kernschatten (Umbra) ist der Raum hinter einem beleuchteten Objekt, der von keiner Lichtquelle beleuchtet wird.
Da reale Lichtquellen nicht punktförmig sind, sondern eine gewisse räumliche Ausdehnung haben, sind die Umrisse eines Schattens nicht scharf begrenzt. Der Grund dafür ist, dass am Rand des Schattens Teile der Lichtquelle zwar verdeckt, andere Bereiche der Lichtquelle jedoch noch sichtbar sind (Halbschatten). Ist die Lichtquelle klein genug oder ausreichend weit entfernt, so gibt es im Inneren des Schattens jedoch einen Bereich, in dem die Lichtquelle vollständig verdeckt ist. Dieser Bereich ist der Kernschatten. Seine Projektionslinien laufen, wenn die Lichtquelle größer ist als der schattenwerfende Körper, konisch zusammen (bei einem runden Körper bilden sie einen Kegel). Daher reicht der Kernschatten nur in eine gewisse Entfernung hinter dem schattenwerfenden Körper.
Bei Sonnenfinsternissen erlebt man eine totale Sonnenfinsternis, wenn man sich im Kernschatten des Mondes befindet. Da der Mond von der Erde aus gesehen etwa gleich groß erscheint wie die Sonne, erreicht der Kernschatten die Erde nahezu punktförmig. Im Halbschatten erlebt man nur eine partielle oder eine ringförmige Sonnenfinsternis. In letzterem Fall erreicht der Kernschatten die Erde nicht.
Ein spezieller Effekt ist dabei die Antumbra, deutsch gelegentlich als "Gegenschatten"[1] oder – korrekt übersetzt – "Vorschatten" (von lat. ante "vor") bezeichnet. Sie tritt auf, wenn ein Körper eine ausgedehnte Lichtquelle verdeckt, die größer ist als der Körper selbst. In ausreichender Entfernung erscheint der Umriss des Körpers vollständig vor dem Umriss der Lichtquelle, ohne dass die Lichtquelle völlig verdeckt wird. Somit ist die Antumbra die zentral gelegene Fortsetzung des Kernschattens. Beispielsweise befindet sich der Betrachter einer ringförmigen Sonnenfinsternis in der Antumbra des Mondes. Aus demselben Grund wandern die inneren Planeten (oder andere Himmelskörper, auch Exoplaneten) nur als schwarze Scheibe über die Fläche der Sonne, und man spricht von Durchgang (Transit), nicht „Finsternis“ (die Sonnenfinsternis ist der Transit des Mondes vor die Sonne, die Mondfinsternis der Transit der Erde, vom Mond aus gesehen).
Der Halbschatten (Penumbra) ist der Raum hinter einem beleuchteten Objekt, der nicht von allen Lichtquellen der Umgebung beleuchtet wird (Mischschatten). Eine einzige Punktlichtquelle kann hinter einem schattenwerfenden Gegenstand daher keinen Halbschatten hervorrufen. Erst die Existenz mindestens einer zweiten Punktquelle kann einen Kernschatten und darum herum maximal so viele Halbschattenflächen erzeugen, wie Lichtquellen vorhanden sind.
Die häufigste Ursache für Halbschatten sind jedoch ausgedehnte Lichtquellen. Wird etwa ein mattierter Leuchtkörper zur Ausleuchtung eines Raums verwendet, so lässt sich im Schatten eines Körpers an der Wand ein nahezu schwarzer Schattenbereich und darum herum ein Halbschattenbereich erkennen. Würde man vom Bereich des Kernschattens aus in Richtung Lichtquelle schauen, so wäre sie vollständig durch den Gegenstand verdeckt. Aus dem Halbschatten heraus ist die Lichtquelle dagegen nur teilweise bedeckt. Der dunkle Bereich des Kernschattens ist dabei umso ausgedehnter und auch schärfer begrenzt, je näher der Gegenstand an der Wand ist. Mit zunehmendem Abstand des Gegenstandes von der Wand verschwindet der Kernschatten und es bleiben nur Halbschatten übrig.
Abweichend vom oben gesagten gibt es aber durch diverse optischer Effekte auch bei nur einer Lichtquelle einen Halbschatten. Hauptgrund ist Beugung. Ein Loch ruft einen Halbschatten in der Form der Lichtquelle hervor, wenn das Loch einen kleineren Raumwinkel als die Lichtquelle bildet (Beugung am Spalt). Dies lässt sich in der Natur an kreisförmigen Abbildungen der Sonne unter Bäumen beobachten – auch wenn die Lücken des Blätterdaches eine eckige Form haben, sind die Lichtflecken rund. Diese „Sonnenkringel“ oder „Sonnentaler“ ändern bei einer teilweisen Sonnenfinsternis ihre Form von rundlichen Flecken zu bogenförmigen Sicheln. Der Effekt ist in perfektionierter Form bei der Camera Obscura wiederzufinden.
Brechung gibt es aber auch beispielsweise an der Atmosphäre der Erde, so dass diese einen ausgeprägten Halbschatten nur von der Sonne her wirft. Daher ist eine Mondfinsternis weniger vollständig als eine Sonnenfinsternis, wo der harte Schatten des atmosphärelosen Mondes auf die Erde trifft. Bei der Mondfinsternis ist der Effekt des Halbschattens mit bloßem Auge praktisch nicht zu erkennen ist (und da der innere Halbschatten durch dieselbe Brechung entsteht, die Abend- und Morgenrot erzeugt, ist er auch im Kernschatten beleuchtet und rötlich: „Kupfermond“). Umgekehrt ist aber der Neumond (abgeschattete Seite zeigt zur Erde) darum nicht ganz finster, weil die Reflexion der Erde als zweite Leuchtquelle durchaus kräftig ist.
Im Gartenbau versteht man unter Halbschatten, wenn ein Gewächs nicht direkt der Sonne ausgesetzt ist. So herrscht zur Haupttriebzeit April und Mai lichter Schatten, im Sommer möglicherweise Baumschatten für einen halben Tag, im Spätherbst wieder lichter Schatten. Allgemein spielen ebenfalls Brechungen und Reflexionen eine Rolle, dass der Schatten auf der Erde nie völlig „lichtlos“ ist. Je diffuser die Beleuchtung durch die Umgebung, desto „weicher“ der Schatten. Deshalb gibt es bei diffus-wolkigem Wetter auch kaum einen Schlagschatten. Umgekehrt ist aber bei diffuser Atmosphäre (Feuchtigkeit, Staub) das Volumen des Schattenswurfs selbst erkennbar, weil auch hier Lichtanteile herausgestreut werden (Schattenstrahlen)
Eine der frühesten künstlerischen Darstellungen von Kern- und Halbschatten findet sich bei Robert Campin (Gemälde des „Gnadenstuhls“, Städel Frankfurt, ca. 1410–30).
Sonne, Mond und Gewitterblitze bei Nacht können sichtbaren Schattenwurf erzeugen. Künstliche Lichtquellen wie Lampen, Glühbirnen, Autoscheinwerfer oder Kerzen erzeugen ebenfalls gut sichtbare Schatten. Schatten sieht man allerdings nur, wenn die Lichtquelle so stark ist, dass außerhalb des Schattens noch eine Lichtreflexion wahrgenommen werden kann. Sterne sind so lichtschwach, dass sie keinen sichtbaren Schatten erzeugen. Selbst Sirius, der hellste Stern am Himmel, ist nicht hell genug, um einen Schatten zu erzeugen. Gelegentlich wird darüber spekuliert, ob die Venus hell genug ist, um einen sichtbaren Schatten zu erzeugen. Dies könnte tatsächlich – unter besonderen Umständen – möglich sein. Wer zur Zeit der größten Venushelligkeit in einer wolkenlosen, klaren Neumondnacht fernab aller künstlichen Lichtquellen mit perfekt adaptierten Augen durch eine Schneelandschaft wandert, hat Chancen, von der Venus erzeugte Schatten zu sehen.
Farbige Schatten entstehen, wenn eine Szene von mindestens zwei verschiedenfarbigen Lichtquellen beleuchtet wird, im Bereich der Halbschatten, die die einzelnen beleuchteten Gegenstände aufeinander und auf den Hinter- beziehungsweise Untergrund der Szene werfen. Sie können auch mit einer einzigen, monochromen Lichtquelle und einem farbigen durchsichtigen Gegenstand, zum Beispiel einem gefärbten Glas, erzeugt werden.
Durch kontrollierten Einsatz verschiedenfarbiger Lichtquellen und entsprechend in der Szene positionierter Gegenstände lassen sich auf einem Projektionsschirm farbige Schatten experimentell erzeugen. Die wahrgenommenen Mischfarben folgen dabei den Gesetzen der additiven Farbmischung.
Bei natürlicher Beleuchtung treten im Halbschattenbereich Wechselwirkungen mit der durch subtraktive Farbmischung generierten Eigenfarbe (beispielsweise der Anstrichfarbe) des Hintergrundes auf:
Bei Beleuchtung mit Tageslicht sind die Schattenbereiche nicht vollständig dunkel, sondern durch Streulicht aus dem Himmelsblau aufgehellt. Dieses ist gegenüber dem primären Sonnenlicht spektral blauverschoben (Rayleigh-Streuung), deshalb enthalten Schattenbereiche einer gleichfarbigen Fläche einen höheren Blauanteil gegenüber den Bereichen, die im direkten Sonnenlicht liegen. Dies wird besonders deutlich im Fall diffus reflektierender Flächen, etwa einer (farbigen) verputzten Hauswand oder einer (rein weißen) Neuschneefläche.
Goethe beschäftigte sich in seiner Farbenlehre intensiv mit diesen natürlichen farbigen Schatten und suchte nach Gründen, warum sie (auch nach Beobachtungen von Horace-Bénédict de Saussure) nicht immer blaustichig sind.
Die genaue Beobachtung der Farbnuancen in farbigen Schatten und anderer Effekte der atmosphärischen Optik war und ist Ausgangspunkt zur Entwicklung wichtiger künstlerischer Stilmittel, insbesondere im Impressionismus. Die Darstellung der Wechselwirkung von abgebildetem Gegenstand und räumlich umgebender Atmosphäre schafft einen Bildraum, der den Beobachter mit einbezieht und den Bildern unmittelbare Lebendigkeit und Frische verleiht.
Ein Horizontoskop ist ein einfaches und schnelles Hilfsmittel, um vor Ort ermitteln zu können, zu welchen Tageszeiten und Jahreszeiten Hindernisse auf einen Punkt einen Schatten werfen.