Die UV/VIS-Spektroskopie ist ein spektroskopisches Verfahren der optischen Molekülspektroskopie, das elektromagnetische Wellen des ultravioletten (UV) und des sichtbaren (englisch visible, VIS) Lichts nutzt. Die Methode ist auch unter UV/VIS-Spektralphotometrie oder als Elektronenabsorptionsspektroskopie[1] bekannt. Im Alltag werden die verwendeten Geräte häufig ungenau als Photometer bezeichnet.
UV/VIS-Spektroskopie beruht auf Messung der Extinktion von sichtbaren und ultravioletten Licht durch eine Probe. Die spektrale, d. h. wellenlängenabhängige, Information kann entweder durch Selektion und Scannen der Wellenlänge des einfallenden Lichts vor der Probe (siehe unten, Zweistrahl-Spektrometer) oder durch Trennen der Wellenlängen des transmittierten Lichts nach der Probe (siehe unten, Diodenarray-Spektrometer) gewonnen werden. Das Verhältnis der spektralen Intensität des transmittierten und des einfallenden Lichts liefert das Transmissionspektrum. Der logarithmische Kehrwert der Transmission ergibt das Extinktionsspektrum.
Grundsätzlich liefert die Extinktion Informationen über die Absorption, Streuung, Beugung und Reflexion an und in der Probe. Häufig werden in der UV/VIS-Spektroskopie Erscheinungen der Strahlungsabsorption ausgewertet, da die Photonenenergie des sichtbaren und ultravioletten Lichts der Übergangsenergie der Zustände von äußeren Elektronen vieler Atome und Moleküle entspricht. Durch Absorption von Photonen im sichtbaren und ultravioletten Spektralbereich können Valenzelektronen (beispielsweise die der p- und d-Orbitale) angeregt werden, das heißt, in einen Zustand höherer Energie übergehen. Das Transmissions- oder Extinktionsspektrum erlaubt daher die Identifikation und quantitative Bestimmung von Analyten.
Um ein Elektron beispielsweise von einem besetzten (HOMO) auf ein unbesetztes, höheres Orbital (LUMO) anzuheben, muss die Energie des absorbierten Photons genau der Energiedifferenz zwischen den beiden Energieniveaus entsprechen. Über den Zusammenhang
kann die Wellenlänge des absorbierten Lichtes für die aufzuwendende Energie berechnet werden, wobei $ E $ die Energie, $ h $ das plancksche Wirkungsquantum, $ c $ die Lichtgeschwindigkeit, $ f $ die Frequenz und $ \lambda $ die Wellenlänge der elektromagnetischen Welle sind. Dieser Zusammenhang wird manchmal auch als Einstein-Bohr-Gleichung bezeichnet.[2] Näherungsweise lässt sich dieser Zusammenhang in Form einer zugeschnittenen Größengleichung vereinfacht darstellen:
Stoffe, die nur im UV-Bereich ($ {\lambda } $ < 400 nm) absorbieren, erscheinen dem menschlichen Auge farblos. Einen Stoff nennt man dann farbig, wenn er Strahlung im Bereich des sichtbaren Spektrums absorbiert. Dies ist sowohl bei Verbindungen zu erwarten, die über niedrige Anregungsenergien verfügen (π-zu-π*-Übergänge, konjugierten π-Elektronensystemen wie beispielsweise bei den Polyenen), als auch bei anorganischen Ionenkomplexen mit unvollständig aufgefüllten Elektronenniveaus (Beispiel: Cu2+-Verbindungen (meist bläulich – grünlich) gegenüber farblosen Cu+-Verbindungen). Ebenfalls erscheinen Verbindungen farbig, wenn stark polarisierende Wechselwirkungen zwischen benachbarten Teilchen bestehen, wie es z. B. beim gelben AgI der Fall ist. Bei nur einem Absorptionsgebiet nimmt das Auge die zur absorbierten Strahlung komplementäre Farbe wahr.[3]
Die Lichtquelle strahlt ultraviolettes, sichtbares und nahinfrarotes Licht im Wellenlängenbereich von etwa 200 nm bis 1100 nm aus. Im Monochromator wird zunächst die zur Messung ausgewählte Wellenlänge selektiert, worauf der Lichtstrahl auf den Sektorspiegel fällt. Der Sektorspiegel lässt das Licht abwechselnd durch die Messlösung und durch die Vergleichslösung fallen. Beide Lösungen befinden sich in sogenannten Küvetten. Die zwei Lichtstrahlen werden im Detektor empfangen und die Intensitäten im Verstärker verglichen. Der Verstärker passt dann die Intensität des Lichtstrahls aus der Vergleichslösung durch Einfahren der Kammblende der Intensität des Lichtstrahls aus der Messlösung an. Diese Bewegung wird auf einen Schreiber übertragen oder die Messwerte an eine Datenverarbeitung weitergegeben.
Zunehmend werden küvettenfreie UV/VIS-Spektrometer zur Konzentrationsbestimmung kleiner Probevolumina (unter 2 Mikroliter) von Proben höherer Konzentrationen eingesetzt.[4][5][6] Sogenannte Nanophotometer arbeiten mit Schichtdicken in Bereichen von 0,04 mm bis 2 mm. Sie benötigen keine Küvetten, keine Verdünnungen und können Proben mit einem Volumen von nur 0,3 µl analysieren (bei kleinster Schichtdicke), besitzen jedoch aufgrund der geringen Schichtdicke eine höhere Nachweisgrenze. Eine bewährte Technik basiert auf einer Kompression der Probe, welche somit unabhängig von der Oberflächenspannung und Verdunstung der Probe ist. Diese Methode findet Verwendung bei der Analyse von Nukleinsäuren (DNA, RNA, Oligonucleotide) und Proteinen (UV-Absorption bei 280 nm). Nach dem Lambert-Beer’schen Gesetz besteht ein Zusammenhang zwischen Absorption und Schichtdicke. Die Absorptionswerte bei den verschiedenen Schichtdicken (0,04 mm bis 2 mm) können somit berechnet werden. Geringe Schichtdicken wirken wie eine virtuelle Verdünnung der Probe, können jedoch nur bei entsprechend höheren Konzentrationen eingesetzt werden. Oftmals kann daher auf eine manuelle Verdünnung der Probe ganz verzichtet werden.
Eine weitere Technologie ist die Diodenarray-Technologie[7]. Die Probe in der Küvette wird mit einem Lichtstrahl bestrahlt, bestehend aus dem kontinuierlichen Wellenlängenbereich der Lichtquelle (z. B. Xenonblitzlichtlampe, 190 nm bis 1100 nm). Die Probe absorbiert bei einer Messung unterschiedliche Wellenlängen der Lichtquelle. Nicht absorbiertes Licht gelangt durch den Eintrittsspalt und wird an einem Beugungsgitter nach seiner Wellenlänge aufgespalten. Das Spektrum wird mithilfe eines CCD-Sensors detektiert und anschließend ausgewertet. Bei nicht automatisierten Geräten muss die Referenzprobe zusätzlich gemessen werden. Vorteile der Technologie sind kurze Messzeiten, da das gesamte UV/VIS-Spektrum mit einer Messung aufgenommen werden kann, ein niedriger Wartungsaufwand, da keine beweglichen Bauteile im Spektrometer vorhanden sind und dass die Geräte kompakt konstruiert werden können.
Nützlich sind die π-zu-π*-Übergänge bei ungesättigten Kohlenwasserstoffen (beispielsweise Alkenen). Sie erfolgen über längerwelliges UV-Licht und sind einfach zu messen. Man erhält Informationen über die absorbierende Wellenlänge des Moleküls, die Struktur und Farbe. Dabei erfolgt die Lichtabsorption im umso längerwelligen Bereich, je größer die Anzahl der konjugierten Doppelbindungen ist.[8] Liegt die Energie der π-zu-π*-Übergänge im Bereich des sichtbaren Lichts, so erscheint das Molekül farbig. Dabei nimmt es immer die Komplementärfarbe des absorbierten Lichts an.
Bei den betrachteten Elektronenübergängen sind stets die folgenden Auswahlregeln zu beachten (u. a. Laporte-Regel):
Bei dem Laporte-Verbot müssen nach der Ligandenfeldtheorie zwei Abfragen getätigt werden.
Bsp.:
Achtung: Verboten heißt nicht, dass diese Übergänge nicht vorkommen! Die schwache Farbe von Komplexen entsteht durch Schwingungen der Liganden relativ zum Metallzentrum. Dadurch wird die beim Laporte-Verbot wichtige Inversionssymmetrie kurzzeitig aufgehoben und ein Übergang kann stattfinden.