Das Lambert-Beer’sche Gesetz oder Bouguer-Lambert-Beer’sche Gesetz beschreibt die Abschwächung der Intensität einer Strahlung in Bezug zu deren Anfangsintensität bei dem Durchgang durch ein Medium mit einer absorbierenden Substanz in Abhängigkeit von der Konzentration der absorbierenden Substanz und der Schichtdicke. Das Gesetz bildet die Grundlage der modernen Photometrie als analytische Methode. Es ist ein Spezialfall der Strahlungstransport-Gleichung ohne Emissionsterm.
Das Bouguer-Lambert’sche Gesetz wurde von Pierre Bouguer vor dem Jahre 1729 formuliert und beschreibt die Schwächung der Strahlungsintensität mit der Weglänge beim Durchgang durch eine absorbierende Substanz. Es wird auch Johann Heinrich Lambert zugeschrieben, teils sogar kurz als Lambert’sches Gesetz bezeichnet, obwohl Lambert selbst Bouguers Werk „{{Modul:Vorlage:lang}} Modul:Multilingual:149: attempt to index field 'data' (a nil value)“[1] in seiner „Photometria“ (1760)[2] anführt und sogar daraus zitiert.
Als Lambert’sches Gesetz wird darüber hinaus auch das Lambert’sche Kosinusgesetz bezeichnet.
Im Jahre 1852 erweiterte August Beer das Bouguer-Lambert’sche Gesetz, indem er die Konzentration des Absorbanten in Abhängigkeit zum transmittierten Licht stellte.[3] Dieser Zusammenhang wird als Lambert-Beer’sches Gesetz oder seltener als Bouguer-Lambert-Beer’sches Gesetz[4] bezeichnet.
Die Extinktion $ E_{\lambda } $ (Absorbanz des Materials für Licht der Wellenlänge $ \lambda $) ist gegeben durch
mit
Die differentielle Abnahme der Strahlungsintensität $ \mathrm {d} I_{1} $ durch Absorption ist proportional zur Intensität $ I_{1} $, zum Extinktionskoeffizienten $ \varepsilon ^{*} $, der molaren Konzentration $ c $ der absorbierenden Substanz und ihrer differentiellen Schichtdicke $ \mathrm {d} d $:
oder
und nach Integration
nachdem die Integrationskonstante für $ d=0 $ zu $ \ln \left(I_{0}\right) $ bestimmt wurde. Daraus erhält man die fallende Exponentialfunktion, mit der die Abnahme der Lichtintensität beim Durchqueren einer Probelösung mit der Konzentration $ c $ beschrieben werden kann:
Durch Umformen der Gleichung ergibt sich:
Die Extinktion und der Extinktionskoeffizient werden allerdings nicht über den natürlichen Logarithmus definiert. Da der dekadische und der natürliche Logarithmus linear zusammenhängen, entspricht der Übergang einem konstanten Faktor in der Gleichung. Dieser wird einfach in die Gleichung einbezogen: Aus $ \varepsilon ^{*} $ wird $ \varepsilon =\log _{10}(e)\varepsilon ^{*}\approx 0{,}434\varepsilon ^{*} $.
Dabei ist $ \varepsilon $ der dekadische molare Extinktionskoeffizient.
Mit der Potenzregel des Logarithmus ergibt sich die übliche Schreibweise:
Die Extinktion eines Stoffes hängt durch die Dispersion des komplexen Brechungsindex von der Wellenlänge $ \lambda $ des eingestrahlten Lichtes ab.
Die Herleitung der Konzentrationsabhängigkeit basiert auf der elektromagnetischen Theorie.[5] Demnach ergibt sich die makroskopische Polarisation eines Medium $ P $ in Abwesenheit von Wechselwirkungen zu
wobei $ p $ das Dipolmoment und $ N $ die Teilchenzahldichte ist. Die Polarisation ist andererseits gegeben durch:
Hierin ist $ \varepsilon _{r} $ die relative dielektrische Funktion, $ \varepsilon _{0} $ die elektrische Feldkonstante und $ E $ das elektrische Feld. Nach Gleichsetzen und Auflösen nach der relativen dielektrischen Funktion ergibt sich:
Berücksichtigt man, dass die Polarisierbarkeit $ \alpha $ definiert ist über $ p=\alpha \cdot E $ und für die Teilchenzahldichte $ N=N_{\mathrm {A} }\cdot c $ gilt, so folgt:
Gemäß der aus den Maxwell-Gleichungen resultierenden elektromagnetischen Wellengleichung und der Definition des Brechungsindex gilt für unmagnetische, isotrope und homogene Medien der Zusammenhang von komplexer dielektrische Funktion und dem komplexen Brechungsindex $ \varepsilon _{r}={\hat {n}}^{2} $. Damit folgt:
Der Imaginärteil des komplexen Brechungsindexes ist der Absorptionsindex $ k $. Mit dem Imaginärteil der Polarisierbarkeit $ \alpha '' $und der Näherung $ {\sqrt {1+x}}\approx 1+x/2 $ ergibt sich:
Bedenkt man den Zusammenhang zwischen $ k $ und $ E_{\lambda } $, $ E_{\lambda }=4\pi (\log _{10}e)k\cdot c\cdot d/\lambda $ so folgt letztendlich
Daraus folgt, dass der lineare Zusammenhang zwischen Konzentration und der Extinktion generell nur näherungsweise, also für kleine Polarisierbarkeiten und damit schwächeren Absorptionen gegeben ist. Führt man die Näherung $ {\sqrt {1+x}}\approx 1+x/2 $ nicht ein, und nutzt stattdessen den folgenden Zusammenhang zwischen Imaginärteil der relativen dielektrischen Funktion und Brechungs- und Absorptionsindex $ \varepsilon _{r}''=2nk $ so sieht man, dass der Extinktionskoeffizient vom Brechungsindex abhängt (welcher seinerseits ebenfalls konzentrationsabhängig ist):
Für stärkere Oszillatoren und höhere Konzentrationen können die Abweichungen von der Linearität erheblich sein.[6] In solchen Fällen kann stattdessen die integrierte Absorbanz benutzt werden, denn diese ist auch für höhere Konzentrationen und stärkere Oszillatoren linear von der Konzentration abhängig, solange die anderen Bedingungen (siehe Gültigkeit) eingehalten werden.[7] Die Ableitung der Konzentrationsabhängigkeit der Absorbanz folgt nicht von ungefähr der Ableitung der Lorentz-Lorenz-Gleichung (bzw. der Clausius-Mossotti-Gleichung). Tatsächlich lässt sich zeigen, dass die näherungsweise lineare Konzentrationsabhängigkeit auch für Brechungsindexänderungen von Lösungen gilt,[8] da beides auch aus der Lorentz-Lorenz Gleichung folgt.[9]
Das Gesetz gilt für:
Generell ist anzumerken, dass das Lambert-Beer’sche Gesetz nicht kompatibel zu den Maxwell-Gleichungen ist.[14][15] Streng genommen beschreibt es nicht die Transmission durch ein Medium, sondern nur die Propagation innerhalb desselben. Die Kompatibilität kann jedoch hergestellt werden, indem man die Transmission eines gelösten Stoffes auf die Transmission des reinen Lösungsmittels bezieht, so wie das standardmäßig in der Spektrophotometrie gemacht wird. Für reine Medien ist dies jedoch nicht möglich. Dort kann die unkritische Anwendung des Lambert-Beer’schen Gesetz zu Fehlern in der Größenordnung von 100 % und mehr führen.[14] In diesem Fall muss die Transfer-Matrix-Methode angewendet werden.
Die Wellenlängenabhängigkeit des Absorptionskoeffizienten einer Substanz wird durch ihre molekularen Eigenschaften bestimmt. Unterschiede zwischen Substanzen bewirken ihre Farbigkeit und erlauben die quantitative Analyse von Substanzgemischen durch photometrische Messungen. Malachitgrün gehört zu den intensivsten Farbstoffen mit einem molaren Absorptionskoeffizienten von 8,07 · 104 l mol−1cm−1 (622 nm, Ethanol).
Das gleiche Gesetz gilt allgemein für den Abfall der Intensität von sich in dämpfenden Stoffen ausbreitender elektromagnetischer Strahlung. Es beschreibt also die Dämpfung optischer Strahlung in Lichtwellenleitern (LWL) oder in dämpfenden optischen Medien oder die Abschwächung von Gamma- oder Röntgenstrahlung in Materie. Umgekehrt kann mit diesem Zusammenhang bei Kenntnis beider Intensitäten eine Dickenmessung erfolgen.
Die durch ein Medium der Länge $ d $ hindurchtretende Strahlungsleistung $ P(d) $ ist:
mit
Dabei ist $ \varepsilon ' $ oft stark von der Wellenlänge $ \lambda $ und vom Material abhängig.
Für das in Langstrecken-Lichtwellenleitern verwendete Silikatglas verringert sich $ \varepsilon '(\lambda ) $ zwischen dem sichtbaren Bereich um 0,6 µm bis ca. 1,6 µm mit der vierten Potenz der Wellenlänge; an dieser Stelle erfolgt dann eine steile Erhöhung der Dämpfung durch eine Materialresonanz des Glases. Ein weiterer Dämpfungspol liegt im Ultraviolett-Bereich. Hydroxid-Ionen im Glas, die man zwar durch spezielle Herstellungstechnologien zu vermeiden sucht, verursachen eine selektive Dämpfungserhöhung bei etwa 1,4 µm (Infrarotspektroskopie). Die Dämpfungswerte für die in LWL-Kurzstrecken eingesetzten Kunststofffasern sind höher und sind ebenfalls stark material- und wellenlängenabhängig, zweckbestimmt im sichtbaren Bereich am geringsten.
An Stelle der oben angegebenen Schreibweise wird in der Signalübertragungstechnik die Darstellung
verwendet ($ \varepsilon $ die Dämpfung in dB/km und $ d $ die Länge des LWLs in km ist), weil in der Nachrichtentechnik durchweg das Verhältnis von (elektrischen ebenso wie optischen) Leistungen im dezimal-logarithmischen Maß dB (Dezibel) angegeben wird:
Für die Atmosphäre wird das Lambert-Beer’sche Gesetz üblicherweise wie folgt formuliert:
wobei $ m $ für die atmosphärische Masse und $ \tau _{x} $ für die optischen Dicken des enthaltenen Stoffes $ x $ steht. Im Beispiel steht $ x $ für:
Die Bestimmung von $ \tau _{a} $ ist notwendig für die Korrektur von Satellitenbildern und beispielsweise von Interesse bei der Klimabeobachtung.
In der Computertomographie wird die Abschwächung der Röntgenstrahlung durch das Lambert-Beer’sche Gesetz beschrieben. Der Schwächungskoeffizient (Absorptionskoeffizient) $ \mu $ ist dabei eine Funktion des Ortes, d. h., $ \mu $ variiert innerhalb des Objekts (des Patienten) und nimmt zum Beispiel in Knochen einen größeren Wert an als in der Lunge. Die gemessene Intensität $ I $ der Röntgenstrahlung ergibt sich deshalb aus folgendem Integral:
wobei $ I_{0} $ die von der Röntgenröhre emittierte Strahlungsintensität darstellt und das Integral über $ x $ den Weg des Strahls parametrisiert. Das computertomographische Bild stellt dann die Funktion $ \mu (x) $ als Graustufenbild dar (siehe Hounsfield-Skala). Aufgabe der Rekonstruktion ist es somit, aus den gemessenen Intensitäten $ I $ die Absorptionskoeffizienten $ \mu $ zu ermitteln, das heißt, das zugehörige inverse Problem zu lösen.[16]