Die Molekularfeldtheorie (engl. mean field theory) ist eine Näherung, die Systeme von miteinander wechselwirkenden Teilchen als Systeme freier Teilchen in einem externen Feld betrachtet. Das externe Feld wird dabei als konstant angesehen und berücksichtigt somit nicht, dass jedes Teilchen durch sein Verhalten das Feld lokal verändert (d. h. Fluktuationen werden vernachlässigt). [1]
Obwohl bei dieser Näherung für viele Größen quantitativ ungenaue Werte entstehen, so gibt sie doch zahlreiche qualitative Hinweise auf das Skalenverhalten, also auf die kritischen Exponenten bei Phasenübergängen. Die Molekularfeldtheorie hängt eng mit der Landau-Theorie der Phasenübergänge zusammen.
Die Molekularfeldtheorie findet häufige Anwendung in der statistischen Physik oder der statistischen Thermodynamik, unter anderem bei der Bestimmung der Permittivität polarisierbarer Medien[2], im Ising-Modell (Gitter aus N Spins) und in der Van-der-Waals-Theorie (Flüssigkeiten), wobei sich die Beziehung zwischen dem Isingmodell und der Flüssigkeitstheorie aus der sog. Gittergas-Interpretation des erstgenannten Modells ergibt ('Spin up' $ {\hat {=}} $ 'Gitterplatz ist besetzt', 'Spin down' $ {\hat {=}} $ 'Gitterplatz ist leer').
Formal betrachtet die Molekularfeldtheorie den Zustand mit dem größten Beitrag zur Zustandssumme, weshalb sie auch als klassische Näherung oder Molekularfeldnäherung bezeichnet wird.
Ein System aus N Spins ist durch seinen Hamilton-Operator charakterisiert:
wobei im ersten Term der Energiebeitrag durch die Wechselwirkung der Spins mit einem äußeren Magnetfeld repräsentiert ist und im zweiten Term die Wechselwirkung der Spins untereinander, deren Eintrag in der Wechselwirkungsmatrix $ J_{ji} $ von Null verschieden ist.
Im Sinn der Molekularfeldtheorie wird dieser Wechselwirkungsterm nun abgeschätzt indem man die Spins $ {\hat {{\vec {S}}_{i}}} $ durch den Mittelwert über das gesamte System ersetzt. Der mittlere Spin des Systems ist:
Der Erwartungswert eines einzelnen Spins $ S_{i} $ ist dann in der Molekularfeldnäherung $ \langle {\hat {{\vec {S}}_{i}}}\rangle =\langle {\hat {\vec {S}}}\rangle $. Der Hamilton-Operator
wird damit zu
wobei $ J_{j}={\sum }_{i}J_{ji} $.
In einer weiteren Abschätzung wird $ J_{j} $ als gleich für alle $ j $ angenommen. Der Term in der Klammer $ {\vec {B}}_{\text{eff}}=\left({\vec {B}}+{\frac {1}{g\mu _{b}}}J\langle {\hat {\vec {S}}}\rangle \right) $ ist nun unabhängig von den einzelnen Wechselwirkungen im System und kann wie ein effektives äußeres Magnetfeld verstanden werden. Dieses kann man nun in die Lösungen für das Problem freier Spins ($ J_{ji}=0 $) anstelle des Magnetfelds einsetzen. Im Fall eines entlang der z-Achse ausgerichteten Magnetfeldes $ {\vec {B}}=B{\vec {e}}_{z} $ ergibt sich aus dem Erwartungswert der z-Komponente der Spinssumme S:
mit der Brillouin-Funktion $ \operatorname {B} _{S}(\cdot ) $ zum Spin S der Erwartungswert für wechselwirkende Spins zu
Die Molekularfeldtheorie vernachlässigt Korrelationen der physikalischen Größen, d. h. es wird angenommen, dass $ \langle S_{1}S_{2}\rangle =\langle S_{1}\rangle \langle S_{2}\rangle $. Daraus folgt unmittelbar, dass die Molekularfeldtheorie am kritischen Punkt eines Phasenübergangs, und in dessen Nähe, zusammenbricht.
Der Kern der Theorie besteht darin, dass für einen komplizierteren Operator eine lineare Näherung, d.h. eine Einteilchennäherung gemacht wird. Analog kann man z. B. in der Quantentheorie eine komplizierte Vielteilchentheorie auf eine optimal angepasste Einteilchentheorie zurückführen, indem man den Hamiltonoperator beispielsweise durch die zugehörige Hartree-Fock-Näherung approximiert oder passende sog. Quasiteilchen einführt.