Der Aufgangspunkt eines Gestirns ist jener Punkt am östlichen Horizont, wo es infolge der Erdrotation scheinbar emporsteigt und für den Beobachter sichtbar wird. Die Richtung wird meist als Azimut angegeben und von Nord über Ost (im Uhrzeigersinn) gezählt. Unter Gestirn werden hier Sonne, Mond, Planeten, Fixsterne und Kometen verstanden, während für künstliche Erdsatelliten andere Verhältnisse gelten.
Der Untergangspunkt eines Gestirns ist analog jener Punkt am westlichen Horizont, wo es das Ende seines scheinbaren Tagbogens erreicht und für den Beobachter unsichtbar wird. Bei idealem (mathematischen) Horizont sind Auf- und Untergangspunkt symmetrisch zum Meridian, d. h. ihre Azimute ergänzen sich auf 360°.
Wo und wann der Aufgang eines Gestirns erfolgt, ist bzw. war aus mehreren Gründen wichtig:
Das Azimut A des Aufgangs bzw. Untergangs lässt sich durch Sphärische Trigonometrie berechnen, wenn mehrere Daten bekannt sind:
Um auch den Zeitpunkt des Aufgangs zu bestimmen, ist zusätzlich die Rektaszension des Gestirns und die Sternzeit am Standort erforderlich. Für letztere benötigt man Datum, genaue Uhrzeit und die geografische Länge des Standorts.
Zur Demonstration der Sonnenbahn im Freien haben manche Volkssternwarten Methoden der Horizontastronomie entwickelt, die durch Horizontmarken, Obelisken, große Sonnenuhren oder Metallbögen die saisonalen Auf- und Untergangspunkte sowie die Höchststände der Sonne und anderer Gestirne darstellen. Einige dieser Verfahren wurden bereits vor Jahrtausenden in Anlagen wie Stonehenge realisiert
Da beim Auf- und Untergang eines Gestirns sein Höhenwinkel h = 0 ist, ergibt ein Cosinussatz im nautischen Dreieck
cos B cos D cos t = 0 - sin B sin D, woraus der Stundenwinkel t des Auf- bzw. Untergangs folgt:
cos t = -tan B tan D, und aus einem Sinussatz das gesuchte Azimut A des Aufgangs:
Wegen der Zweideutigkeit von arcsin A ist noch das Vorzeichen der Deklination D zu berücksichtigen:
Für D > 0 (Stern nördlich des Äquators) gilt 0 < A < 90° (1.Quadrant, A zwischen Nord und Ost) und
für D < 0 (Stern südlich des Äquators) gilt 90 < A < 180° (2.Quadrant, A zwischen Ost und Süd).
Das Azimut des Untergangs ergibt sich aus 360° - A.
Die Deklination der Sonne kann maximal den Winkel der Ekliptikschiefe, derzeit ε = 23,43° erreichen., was zu den Sonnenwenden eintritt: -ε < D < ε
Für einen Beobachter am Erdäquator ( B = 0) geht die Sonne immer zwischen den Azimuten
90° - ε < A < 90° + ε auf (d. h. Morgenweite < ε) und überquert den Horizont senkrecht.
Für eine beliebige geografische Breite B überquert die Sonne den Horizont schräg; die Morgenweite kann wesentlich größer als ε werden, jenseits der Polarkreise im Sommer sogar fast 90° (siehe Mitternachtssonne). In der winterlichen Polarnacht ist die Lösung der Gleichungen hingegen imaginär.
Für die Breitenkreise Mitteleuropas kann die Morgenweite etwa 45° erreichen, d. h. die Sonne geht zur Sommersonnenwende im Nordosten auf, zur Wintersonnenwende im Südosten. Analog liegen die Untergangspunkte zwischen Nordwesten und Südwesten.
Bei den Planeten liegen die Verhältnisse ähnlich, da ihre Bahnebenen nur wenig von der Ekliptik abweichen. Beim Mond hingegen (derzeitige Bahnneigung ca. 5½°, daher D bis 29°) können seine Morgen- und Abendweiten in Mitteleuropa um bis zu 10° von jenen der Sonne abweichen.
Steht ein Fixstern im Himmelsäquator (D = 0°), so geht er – wie die Sonne zur Tag-und-Nacht-Gleiche – genau im Osten auf und im Westen unter. Die anderen Sterne verteilen sich jedoch über den ganzen Himmel, weshalb Deklinationen zwischen +90° (Nordpol) und -90° (Südpol) möglich sind. Daher können ihre Aufgangs-Azimute zwischen 0° (Nordpunkt, Grenze der Zirkumpolarsterne) und 180° (Südpunkt, unsichtbarer Himmelsteil) liegen. Zur Berechnung siehe die obigen Formeln.
Bei künstlichen Erdsatelliten hängt der Auf- und Untergangspunkt von der Bahnneigung i ab. Für i < 90° bewegt sich der Satellit von West nach Ost, geht also in der Westhälfte des Himmels auf und in der Osthälfte unter. Für Bahnneigungen über 90° verläuft die Bewegung von Ost nach West – aber dennoch nicht symmetrisch zum Meridian. Bei Polarbahnen (nahe 90°) geht die Bewegung annähernd Nord-Süd oder umgekehrt, bei i ~ B hingegen recht unsymmetrisch.