Asteroid (225088) 2007 OR10 | |
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2007 OR10 und sein Mond, Aufnahme vom Hubble-Weltraumteleskop 2010 | |
Eigenschaften des Orbits (Animation) Epoche: 4. September 2017 (JD 2.458.000,5)
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Orbittyp | RKBO (10:3-Resonanz) oder SDO |
Asteroidenfamilie | nicht bekannt |
Große Halbachse | 67,1437 AE |
Exzentrizität | 0,5058 |
Perihel – Aphel | 33,1841 AE – 101,1032 AE |
Neigung der Bahnebene | 30,868° |
Länge des aufsteigenden Knotens | 336,826° |
Argument der Periapsis | 207,185° |
Siderische Umlaufzeit | 550 a 208,3 d |
Mittlere Orbitalgeschwindigkeit | 3,388 [1] km/s |
Physikalische Eigenschaften | |
Mittlerer Durchmesser | 1535 +75−225 km [2] |
Masse | ≈ 3,79 ⋅ 1021 | kg
Albedo | 0,089 +0,031−0,009 [2] 0,185 +0,076−0,052 [3] |
Mittlere Dichte | ≈ 2,0 g/cm³ |
Rotationsperiode | 44 h 49 min [2] |
Absolute Helligkeit | 1,8 mag |
Geschichte | |
Entdecker | Megan E. Schwamb Michael E. Brown David L. Rabinowitz |
Datum der Entdeckung | 17. Juli 2007 |
Quelle: Wenn nicht einzeln anders angegeben, stammen die Daten von JPL Small-Body Database Browser. Bitte auch den Hinweis zu Asteroidenartikeln beachten. |
(225088) 2007 OR10 ist eines der größten bekannten transneptunischen Objekte (TNO). Es wird als Scattered Disk Object (SDO) oder als resonantes Kuipergürtel-Objekt (RKBO) eingestuft. Dieser Asteroid und Zwergplanetenkandidat ist der größte bekannte noch unbenannte Körper im Sonnensystem und verfügt über einen Mond mit der Bezeichnung S/2016 (225088) 1.
2007 OR10 wurde am 17. Juli 2007 von einem Astronomenteam am California Institute of Technology in Pasadena entdeckt. Die Entdeckung erfolgte im Rahmen einer Suche nach neuen Objekten in der Region von Sedna als Teil der Doktorarbeit von Megan E. Schwamb, die zu dieser Zeit Akademiestudentin bei Mike Brown war. Brown gab dem Asteroiden den Spitznamen „Snow White“ (Schneewittchen) aufgrund seiner hellen Erscheinung, die seiner damaligen Meinung nach nicht aufgrund seiner Größe, sondern aufgrund seiner Weißfärbung zustande komme. Später stellte sich heraus, dass er eine stark rötliche Färbung besitzt, sodass sich der Name als unpassend erwies.[4] 2007 OR10 war die siebte Entdeckung eines großen TNO und wahrscheinlichen Zwergplaneten des Astronomenteams um Mike Brown. Browns Team entdeckte Quaoar (2002), Sedna (2003), Haumea und Orcus (2004), sowie Makemake und Eris (2005).
Die Entdeckung wurde am 7. Januar 2009 formell bekannt gegeben. 2007 OR10 ist gegenwärtig (Stand Juli 2017) das größte bekannte Objekt im Sonnensystem ohne einen offiziellen Namen. Im August 2011 postete Brown im Internet,[4] dass er genügend Informationen über den Planetoiden habe, die eine Namensvergabe rechtfertigen würden, da durch die Entdeckung von Wassereis und der Möglichkeit von Methan das Objekt „genügend bemerkenswert“ für weiterführende Studien sei.
Nach seiner Entdeckung ließ sich 2007 OR10 auf Fotos bis ins Jahr 1985 zurückgehend finden und so konnte seine Umlaufbahn genauer berechnet werden. Seither wurde der Planetoid durch verschiedene Teleskope wie das Hubble-, Herschel- und das Kepler-Weltraumteleskop[5] und erdbasierte Teleskope wie das Keck- und das Palomar-Observatorium beobachtet. Im Juli 2017 lagen 230 Beobachtungen über einen Zeitraum von 30 Jahren vor.[6]
2007 OR10 umkreist die Sonne auf einer hochgradig elliptischen Umlaufbahn zwischen 33,18 AE und 101,1 AE Abstand zu deren Zentrum. Die Bahnexzentrizität beträgt 0,506, die Bahn ist 30,868° gegenüber der Ekliptik geneigt.
Die Umlaufzeit beträgt 550,19 Jahre. Dies ist mit der Umlaufzeit des Zwergplaneten Eris (556,43 Jahre) vergleichbar.
Das Deep Ecliptic Survey zeigt die Umlaufbahn in einer 10:3-Resonanz mit Neptun, die jedoch bisher noch nicht unabhängig bestätigt und gesichert ist; es könnte sich lediglich um eine Nah-Resonanz handeln.[7] In ersterem Fall wäre 2007 OR10 damit jedenfalls ein Resonantes KBO (RKBO). Das Minor Planet Center klassifiziert das Objekt dagegen als Scattered Disk Object (SDO)[8], weswegen die eindeutige Einordnung bisher ausbleibt.
2007 OR10 erreichte zuletzt im Jahr 1857 sein Perihel und entfernt sich derzeit von der Sonne; 2013 übertraf er Sedna in der Entfernung. Im Juli 2017 war er 87,8 AE von der Sonne entfernt.[9] Dies macht ihn nach Eris (96,2 AE) zum gegenwärtig zweitweitest entfernten bekannten großen Objekt im Sonnensystem. 2045 wird er Eris überholen und damit das am weitesten entfernte der bisher entdeckten großen Objekte sein. Sein Aphel wird 2007 OR10 im Jahr 2132 erreichen. Gegenwärtig befindet er sich von der Erde aus gesehen etwa in Richtung des Galaktischen Zentrums[10].
Durch die Kombination von Kepler und Herschel konnten die ersten Berechnungen verbessert werden. Kepler erlaubte die Bestimmung, welcher Bruchteil des Sonnenlichts reflektiert wird, und eine Bestimmung der Rotationsperiode. Herschel konnte messen, welcher Teil des Lichts absorbiert und als Wärmestrahlung wieder abgegeben wird. Diese Daten zusammen erlaubten eine genauere Bestimmung der Größe und des Reflexionsgrades.[5] Eine Gruppe ungarischer Astronomen untersuchte im Rahmen des Kepler K2-Programms auch 2007 OR10 und ermittelte eine Rotationsperiode von 44,81 h. Die Albedo bestimmten sie auf 0,089 +0,031−0,009, woraus sich ein Durchmesser von 1535 + 75-225 km ableiten lässt.[2] Damit wäre das Objekt deutlich dunkler und größer als ursprünglich angenommen. Das Objekt wäre somit größer als Haumea und Makemake und definitiv ein Zwergplanet. 2012 wurde noch von einem Durchmesser von 1280 km ausgegangen.[3]
Bestimmungen des Durchmessers für 2007 OR10
Jahr | Abmessungen km | Quelle |
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2011 | 1200 +300−200 | Brown u. a.[11] |
2012 | 1280 +210−210 | Santos-Sanz u. a.[3] |
2013 | 1290 | Brown u. a.[12] |
2015 | 1535 +75−225 | Szabó u. a.[2] |
2017 | 1520 | Kiss u. a.[13] |
Die präziseste Bestimmung ist fett markiert.
Die Masse von 2007 OR10 wird ausgehend von Helligkeit und Albedo auf etwa 3,79 ⋅ 1021 kg geschätzt und es ist davon auszugehen, dass er anhand der verfügbaren Daten die Kriterien erfüllt und als Zwergplanet eingestuft werden müsste. Nach Mike Brown muss es fast sicher ein Zwergplanet sein, nach Scott Sheppard ist es nur wahrscheinlich einer.
Gemäß dem Entdeckerteam um Mike Brown besteht der Aufbau von 2007 OR10 wahrscheinlich aus einem Gesteinskern, mit einem dicken Mantel aus Wassereis, dessen Berechnung die Beobachtungsdaten und eine angenommene Dichte von 2,0 g/cm³ zugrunde liegt.
Spektrale Untersuchungen zeigten hohe Mengen Wassereis auf mindestens der Hälfte der Oberfläche. Weiterhin gibt es spektrale Spuren von Methan, das sich in Form einer dünnen Schicht gefrorenen Methans von stark rötlicher Farbe über den Eismantel zieht. Laut Mike Brown besitzt der Planetoid eine der rotesten Oberflächen im Sonnensystem, was einen starken Kontrast zum reichlich vorhandenen Wassereis bildet.[11] In dieser Zusammensetzung weist 2007 OR10 Ähnlichkeit mit der von Quaoar auf. Die rote Farbe könnte durch die Reaktion der dünnen Methaneisschicht auf das Bombardement durch Partikel des Sonnenwinds und kosmischer Strahlung zu erklären sein.
2007 OR10 ist insgesamt das sechsthellste transneptunische Objekt, er ist mit 1,8m etwas dunkler als Sedna (1,5m) und etwas heller als Orcus (2,2m).
Das Entdeckerteam um Mike Brown geht davon aus, dass die Oberfläche nach der Entstehungsphase vor etwa 4 Milliarden Jahren eine kurze Periode von Umgestaltungen durch kryovulkanische Prozesse erlebt hat.[14]
Die Präsenz einer Schicht aus rotem Methanfrost – vermutlich Überbleibsel einer ehemaligen Atmosphäre – auf der Oberfläche von 2007 OR10 weist auf die Existenz einer schwachen Methanatmosphäre hin, die sich langsam in den umgebenden Raum verflüchtigt. Obwohl 2007 OR10 der Sonne näher kommt als Quaoar und daher warm genug wird, dass eine Methanschicht sublimiert, kann seine größere Masse leichter eine schwache Atmosphäre halten.[11]
Am 17. Oktober 2016 wurde die Entdeckung eines Mondes um 2007 OR10 bekannt gegeben. Die Entdeckung beruht auf Aufnahmen des Hubble-Weltraumteleskops, die schon im September 2010 erstellt wurden. Der als S/2016 (225088) 1 bezeichnete Mond hat einen Durchmesser von grob abgeschätzt 300 Kilometern.[15][16] Seine Entfernung zum Hauptkörper wird mit mindestens 15.000 Kilometern angegeben.[17][18] Zur Bestimmung genauerer Bahndaten (Umlaufzeit und tatsächlicher Bahnradius) sind weitere Beobachtungen notwendig;[17] aus solchen Daten ließe sich die Masse des Systems genauer bestimmen.
Das 2007 OR10–System in der Übersicht:
Komponenten | Physikalische Parameter | Bahnparameter | Entdeckung | |||||
---|---|---|---|---|---|---|---|---|
Name | Durch- messer (km) |
Relativ- größe % |
Masse (kg) |
Große Halbachse (km) |
Umlaufzeit (d) |
Exzentrizität |
Inklination zu 2007 OR10 Äquator |
Datum Entdeckung Datum Veröffentlichung |
(225088) 2007 OR10 |
1535,0 | 100,0 | ? | — | — | — | — | 17. Juli 2007 7. Januar 2009 |
S/2016 (225088) 1 (225088 I) |
300,0 | 19,5 | ? | 15000 | 6,0 | ? | ? | 18. September 2010 17. Oktober 2016 |