Elektrostatische Entladungen (englisch electrostatic discharge, kurz ESD) sind durch große Potentialdifferenzen entstehende Spannungsdurchschläge. Diese Durchschläge (eventuell als Funken sichtbar) bewirken einen kurzen, hohen elektrischen Strom und können zur Zündung von entzündlichen Stoffen führen. Unter ungünstigen Umständen entstehen Brand- und Explosionsgefährdungen sowie Gefährdungen von Personen durch elektrischen Schlag. Andere unerwünschte Folgen elektrostatischer Entladungen sind Schädigungen von elektrischen Komponenten in Geräten. Davon sind besonders Feldeffekttransistoren betroffen.
Ursache der Potentialdifferenz ist meist eine Aufladung durch Reibungselektrizität (triboelektrischer Effekt) oder Influenz. Reibungselektrizität tritt zum Beispiel beim Gehen auf einem Teppichboden auf. Liegt die Luftfeuchtigkeit unter 20 %, kann ein Mensch auf bis zu 35.000 V aufgeladen werden. Liegt die Luftfeuchtigkeit über 65 %, sinkt die mögliche Aufladung unter 1.500 V.[1]
Elektrostatische Aufladungen sind Teil der Elektrostatik und treten nahezu überall in unserem Alltag auf. Erst ab einer bestimmten Stärke der elektrostatischen Entladung (Faustformel: ca. 2.000 V) ist diese für den Menschen wahrnehmbar. Die bekannteste Wahrnehmung ist das Spüren eines elektrischen Schlags, wenn man nach einer statischen Aufladung, z. B. durch Laufen auf einem Kunstfaserteppich oder das Entlangfahren mit der Hand an einem Kunststoff-Treppengeländer anschließend ein geerdeter Körper, z. B. ein Heizkörper, berührt wird. Weiterhin können Blitze einer Entladung in dunkler Umgebung mit dem Auge wahrgenommen werden. Dies ist beispielsweise besonders gut beim Ausziehen eines Kunstfaser-Pullovers in einem komplett dunklen Raum zu sehen. Viele elektrostatische Entladungen liegen unter der Wahrnehmbarkeitsschwelle des Menschen, können aber z. B. für elektronische Bauelemente schädlich sein. Elektrostatische Aufladungen können teilweise durch leichte und isolierende Objekte wie Papierschnipsel oder Haare wahrnehmbar gemacht werden.
Je nach Stärke der Entladung kann es zu Personenschäden und zu Bränden kommen. Während elektrostatische Entladungen an Körperteilen meist nur aufgrund der Schreckreaktion Gefährdungen verursachen, können sie in explosionsgeschützten Bereichen unter Umständen schwerwiegende Folgen haben. Das trifft auf den Umgang mit brennbaren Flüssigkeiten und Gasen zu (z. B. Tankstellen, Gasanlagen), als auch bei staubtrockenem Schüttgut (Staubexplosionen von Mehl, Getreide, Kohlebergwerke).
Die Technische Regel für Gefahrstoffe TRGS 727 beschreibt die Methoden der Analyse von Gefährdungen durch elektrostatische Aufladungen und regelt die Maßnahmen zur Vermeidung von Zündgefahren in explosionsgefährdeten Bereichen. Im Anhang D der TRGS 727 werden Gefährdungen des elektrischen Schlags durch Entladung statischer Elektrizität erläutert und Maßnahmen dargestellt. Beispielsweise wird die Entzündung von Benzindämpfen beim Tanken v. a. durch leitfähige Tankschläuche und ausreichend geerdete Reifen verhindert, sowie einen elektrischen Kontakt von Fahrzeugkarosserie und Zapfventil, das im Fall einer Entzündung z. B. durch minderwertig geerdete Reifen lediglich abgestellt, aber nicht herausgezogen werden soll.[2]
Auch Papiermaschinen, Webstuhlbäume, Anlagen zur Folienherstellung und -verarbeitung und Getreidemühlen sind gefährdet. Hier tritt Ladungstrennung der gefertigten Folienbahnen oder des Schüttgutes ähnlich wie in einem Bandgenerator auf, wodurch sich Maschinenteile auch auf für Menschen gefährliche Spannungen aufladen können. Überschläge können Staub und – bei ständig wiederholten Entladungen – auch brennbare Materialien entzünden.
Fahrzeuge laden sich durch die Reibung der Gummireifen auf der Straße auf. Dieser Effekt wird jedoch oft überschätzt – der Reifengummi weist in der Regel eine ausreichende Leitfähigkeit auf, um die Ladungen abzuleiten. Beim Aussteigen beobachtete Entladungen rühren meist von der Reibung der Kleidung auf dem Polstermaterial der Autositze her und führen zu einer Aufladung des Fahrers gegenüber der Karosserie. Sie sind daher nicht mit einem sogenannten Antistatik-Band am Heck zu verhindern.
Bei vertikal ausgedehnten, gegen Erde isolierten metallischen Objekten kann die elektrostatische Aufladung durch das natürliche elektrische Feld der Erde beachtliche Werte annehmen. So kann der Kontakt einer geerdeten Person mit einem gegen Erde isolierten Sendemast auch dann einen (unter Umständen sogar lebensgefährlichen) elektrischen Schlag verursachen, wenn der Sender außer Betrieb ist und kein Gewitter naht.
Die bekannteste elektrostatische Entladung ist der Blitz. Der Blitz kann Menschen und Tiere verletzen oder töten, Schäden an Geräten verursachen oder Feuer und Explosionen verursachen, insbesondere, wenn entzündliche Gase in der Luft vorhanden sind.
Ein Blitz entsteht im weiteren, umgangssprachlichen Sinne immer dann, wenn zwischen zwei unterschiedlich aufgeladenen Körpern die elektrische Grenzfeldstärke überschritten wird und es zu einer Funkenentladung zwischen den Körpern kommt.
Durch eine elektrostatische Entladung bei der Landung wurde beim Luftschiff Hindenburg der in der Hülle enthaltene Wasserstoff entzündet. Die Hüllenverkleidung und der Inhalt der Hülle des Luftschiffs verbrannten darauf hin.
Eine Koronaentladung, auch Elmsfeuer genannt, tritt durch hohe Feldstärken an spitz zulaufenden oder jedenfalls nicht glatten Oberflächen einer Elektrode auf. An Nadelspitzen kommt es durch die starke Änderung des Normalenvektors zu einer hohen Konzentration der Ladungsträger, so dass die freien Ladungsträger aus der Elektrode langsam – also nicht blitzartig – austreten können.[3] Der Kurvenverlauf der Oberfläche verursacht hierbei eine große Änderung des elektrischen Potentialgradienten direkt im Bereich der Nadelspitze.
Bei einem Elektrodenradius von 5 mm bis 50 mm tritt gegen eine Platte bei einer elektrischen Feldstärke in der Größenordnung von 500 kV/m eine sogenannte Bürstenentladung auf[4].
Zur Gruppe von ESD-empfindlichen (ESDS, engl. electrostatic discharge sensitive[5]) Bauelementen gehören nahezu alle elektrischen, elektronischen und optoelektronischen Bauelemente. Weiterhin fallen unter diese Kategorie ebenfalls noch zahlreiche elektromechanische Bauelemente. All solche Bauelemente können durch elektrostatische Entladungen in ihrer Funktion beeinträchtigt oder zerstört werden.
Elektrostatische Entladungen können in mikroelektronischen Bauteilen Schäden anrichten, denn im Verhältnis zur Bauteilgröße verhält sich die Energie einer statischen Entladung in einen Halbleiter wie die Energie eines Blitzschlags in einen Baum. Anschaulich wird das, wenn man ESD-Zerstörungen in einem Chip unter einem Mikroskop sieht, die dort einen 'Krater' erzeugt haben. Verglichen mit einem Blitz in der Natur hat eine elektrostatische Entladung eine sehr viel kleinere Ladungsmenge und somit eine viel kleinere gespeicherte elektrische Energie. Es muss aber die elektrische Leistung, die während der Entladung wirkt, betrachtet werden. Da die Entladedauer im sehr geringen Zeitbereich von ps bis ns liegen kann und der Schadensbereich oder Einschlagsbereich der Entladung häufig im Bereich um die 5 µm bis 10 µm liegt, tritt trotz der verhältnismäßig geringen elektrischen Energie eine sehr hohe elektrische Leistung und eine sehr hohe Leistungsdichte (Leistung pro Fläche) im Bauelement auf.
Insbesondere bei Integrierten Schaltkreisen auf Halbleiterbasis ist ESD eine der häufigsten Ausfallursachen. Besonders empfindlich sind Schaltungen aus der Hochfrequenztechnik, Diodenlaser (GaAs-Halbleiter) sowie Feldeffekttransistoren und Leuchtdioden, die oft nur Sperrspannungen von 5 – 30 V vertragen. Da man Entladungen erst ab ca. 2.000 V spüren kann, müssen Maßnahmen getroffen werden, die Aufladungen zuverlässig zu verhindern.
Nicht nur äußere Entladungen, sondern auch durch die Handhabung entstehende elektrische Felder können diese Bauteile zerstören, wenn die Spannungsfestigkeit deren teilweise sehr hochohmiger Anschlüsse im Eingangsbereich überschritten wird. Es kommt durch innere Spannungüberschläge oder Spannungsdurchschläge zu Zerstörungen oder einer Vorschädigung, was zum sofortigen oder späteren Ausfall führt.
Eine Auswertung eines Herstellers von elektronischen Bauelementen hat ergeben, das bei ca. einem Viertel der als defekt gekennzeichneten Bauelemente ein Schaden aufgrund elektrostatischer Entladung vorliegt.[6]
Zur Prüfung der ESD-Empfindlichkeit werden Geräte oder Systeme mit normierten Entladungen beaufschlagt und auf Fehlfunktion oder Ausfall geprüft. Die ESD-Empfindlichkeit wird im Rahmen der elektromagnetischen Verträglichkeit (EMV) behandelt und untersucht. Die ESD-Festigkeit ist ein wichtiges Thema in der Elektronikproduktion, Industrieelektronik, Computertechnik, Telekommunikationstechnik und Automobilelektronik.
Zur Vermeidung von ESD-Schäden müssen alle ESD-kritischen Bauelemente (insbesondere Integrierte Schaltkreise, Leuchtdioden, Halbleiterlaser, Schottky-Dioden, MOSFETs und IGBTs) und Baugruppen (zum Beispiel Computerkomponenten) in ESD-geschützter Umgebung (Electrostatic Protected Area, EPA) gehandhabt, verpackt und gelagert werden. Solche ESD-Arbeitsplätze und ESD-geschützte Bereiche in der Halbleiterfertigung leiten bestehende elektrostatische Ladungen kontrolliert gegen Erde ab und verhindern die meist durch Reibungselektrizität entstehenden Aufladungen. Dies geschieht durch elektrisch leitfähige Arbeitsoberflächen, Antistatikbänder, entsprechende Möbel, Bekleidung, Schuhe, Bodenbeläge, ionisierte Umgebungsluft und Erdung aller Komponenten.
Der Schutz vor elektrostatischen Entladungen ist im Wesentlichen darauf gerichtet
Um die Haltbarkeit von elektronischen Komponenten zu testen, sind verschiedene Simulationsmodelle für ESD Impulse eingeführt worden. Diese werden grob in 4 ESD-Simulationsmodelle eingeteilt:
Die Zahlenwerte der einzelnen Modelle können nach bisherigen Erfahrungen nicht mit einem festen Faktor zwischen den Modellen umgerechnet werden. Aufgrund des Modells ist aber der Zahlenwert beim Human Body Model größer als der Zahlenwert beim Machine Model. Grundsätzlich gilt aber die Aussage, dass die Bauelemente umso robuster sind, je größer der jeweilige Zahlenwert ist.
Zur Ableitung von elektrischen Ladungen werden bei externen Anschlüssen Schutzschaltungen wie ggNMOS in die integrierten Schaltungen mit eingebaut. Diese wirken innerhalb von Baugruppen bzw. an deren Anschlüssen. Zu berücksichtigen ist, dass diese Schutzschaltungen pro Entladung jeweils nur eine maximale Energiemenge aufnehmen können. Wird diese Energiemenge überschritten, kann die Schaltung samt der eigentlichen Schaltungsfunktion irreversibel beschädigt werden. Entsprechend dem allgemeinen Trend der Verkleinerung der Strukturen der Halbleiterbausteine werden auch die Schutzstrukturen innerhalb der Bausteine, welche den ESD-Schutz gewährleisten, mit verkleinert.
Um die Robustheit von Baugruppen im Bereich der Kundenschnittstellen zu erhöhen, können an die elektrischen Leitungen auf der Baugruppe im Eingangsbereich spezielle Schutzbauelemente eingebaut werden, deren Aufgabe nur der ESD-Schutz oder der EMV-Schutz ist. Diese Bauelemente unterstützen dann die Ableitung von Spannungen auf den Leitungen gegenüber dem Bezugspotential auf der Baugruppe.
Die Arbeit mit elektrostatisch gefährdeten Bauelementen, beispielsweise elektronischen Bauelementen, erfordert besondere Vorsichtsmaßnahmen. Maßnahmen in der Elektronik gegen statische Entladungen und elektrische Felder sind in der DIN EN 61340-5-1 beschrieben.[5] Im dazugehörigen Benutzerhandbuch sind konkrete Ausführungshinweise enthalten, welche jedoch keine zusätzlichen normativen Festlegungen enthalten.[7]
Im industriellen Umfeld wird zur Verarbeitung von elektrostatisch gefährdeten Bauelementen eine ESD-Schutzzone (engl. EPA = Electrostatic Protected Area) eingerichtet. Entsprechend dem Stand der Technik soll die Spannungshöhe der elektrostatischen Aufladung innerhalb von ESD-Schutzzonen den Grenzwert von 100 V nicht überschreiten.[5] Um dies dauerhaft zu gewährleisten, müssen verschiedene bauliche und administrative Vorbereitungen getroffen werden.
Als weitere Anforderung dürfen elektrische Feldstärken von 10 kV/m in ESD-Zonen nicht überschritten werden. Dieser Zahlenwert klingt zunächst sehr hoch, bedeutet aber in der Praxis doch sehr viel Aufwand. Beispielsweise gehen von elektrostatisch aufgeladenen Kunststoffkörpern elektrische Felder aus. Kommt ein Bauelement in den Wirkungsbereich dieses Feldes, kann es entweder durch die direkte Feldwirkung beschädigt werden oder es kann elektrostatisch aufgeladen werden und beim Kontakt mit einem nicht aufgeladenen Bauelement oder mit hart geerdeten Arbeitsoberfläche beschädigt werden.
Als elementare Voraussetzung muss der Fußboden dieser ESD-Schutzzonen eine ausreichende Leitfähigkeit gegenüber dem Bezugspotential PE besitzen. In der Praxis haben sich hier Fußböden mit einem Ableitwiderstand von 1 MΩ bewährt. Gemäß dem Stand der Technik darf in ESD-Schutzzonen ein Widerstand von 1 GΩ angewandt werden, wenn durch einen Walking-Test nachgewiesen werden kann, dass die maximale Aufladung der Mitarbeiter nicht größer als 100 V ist.[5]
Je nach Ausführung der ESD-Fußböden kann die leitfähige Schicht in Form von Platten, Rollenware, Beschichtungen oder Lackierungen aufgebracht werden. In der Breite werden heute meist Beschichtungen oder Rollenwaren als ESD-Fußboden verwendet.
Zur Ableitung der elektrostatischen Aufladung über den Fußboden an das Erdpotential müssen die Menschen in ESD-Schutzzonen ableitfähige Schuhe tragen. Der Gesamtwiderstand des Systems Mensch – Erdpotential soll hierbei einen Widerstandswert von 35 MΩ nicht überschreiten.[5] Bei dem Grenzwert handelt es sich um die Reihenschaltung der nachfolgenden Teilwiderstände: Fußboden, Übergangswiderstand Fußboden-Schuhwerk, Schuhwerk, Körperwiderstand des Menschen und Übergangswiderstand Mensch-Bauelement. Der Widerstand der Schuhe liegt in der Praxis häufig im einstelligen MΩ-Bereich. Der Körperwiderstandswert eines Menschen ist gegenüber den anderen Widerstandswerten meist deutlich geringer und geht mit einem Wert von einigen kΩ in die Rechnung mit ein. Der Übergangswiderstand Mensch-Schuh und der Übergangswiderstand Mensch-Bauelement hängen von verschiedenen Faktoren ab, unter anderem von der Hautfeuchtigkeit, und kann über einen größeren Bereich variieren.
In der Vergangenheit gab es keine eigene Norm für Schutzhandschuhe und somit keine expliziten antistatischen Grenzwerte bzw. Vorgaben.[8] Zukünftig wird es die EN 16350 (Schutzhandschuhe gegen elektrostatische Risiken) geben. Diese gibt einen maximalen Widerstandswert von 108 Ohm vor. Als Mindestisolationsschutz wird 105 Ohm vorgegeben. ESD-gerechte (ableitfähige) Handschuhe sollten somit einen Durchgangswiderstand von 105 bis 108 Ohm aufweisen und auf die Norm EN 16350 bzw. die Prüfmethode EN 1149-1 verweisen.
Damit sich die Menschen in den ESD-Schutzzonen durch Bewegung oder Reibung an anderen Körpern nicht unzulässig aufladen, muss spezielle ableitfähige Schutzkleidung getragen werden. Je nach Ausführung und Anforderung handelt es sich hierbei um reine Gewebe aus Baumwolle oder um ein Spezialgewebe mit unterschiedlichen Grundstoffen und dem Zugeben von speziellen Leitgarnfasern, welche eine hohe elektrische Leitfähigkeit besitzen. Damit die Kleidung ihre Schutzfunktion erfüllen kann, muss diese eng anliegend und geschlossen getragen werden. Beispielsweise kann diese Kleidung aus einem langen Arbeitsmantel bestehen. Beim Tragen von ESD-Schutzkleidung ist zu beachten, dass die darunter liegenden Kleidungsstücke komplett bedeckt sind, da sonst die Schutzwirkung der ESD-Schutzkleidung wieder aufgehoben werden kann. Die ESD-Schutzkleidung erfüllt im Wesentlichen zwei Aufgaben:
Nach dem aktuellen Stand der Technik wurden bisher ESD-gerechte Kleidungsstücke meist aus reiner Baumwolle hergestellt. Mit zunehmender Empfindlichkeit der Bauelemente kommt man mit Baumwolle immer mehr in den Grenzbereich, so dass sich neue ESD-Kleidungsstücke aus einem speziellen Stoffgewebe mit leitfähigen Fasern immer mehr durchsetzen.
Damit in den ESD-Schutzzonen keine unzulässig hohen Ladungen entstehen, müssen die Arbeitsoberflächen, z. B. von Tischen, Regalen etc. ausreichend ableitend sein. Als Grenzwert betrachtet die Norm einen oberen Grenzwert von 1 GΩ.[5] Bei Arbeitsoberflächen sollte immer bedacht werden, dass hart geerdete metallische Anordnungen häufig nicht optimal sind, da diese sehr schnelle elektrostatische Entladungen zulassen und den fließenden Entladestrom kaum vermindern.
Beim Sitzen auf einem Stuhl bestehen erhöhte Risiken einer elektrostatischen Aufladung, auch wenn diese in ESD-Schutzzonen ausgestellt werden und mit einem statisch ableitfähigen Gewebe ausgeführt sind. Bei sitzenden Tätigkeiten ist zusätzlich ein Handgelenkserdungsband zu tragen, da die Ableitfähigkeit des Menschen über das System ESD-Schuhe und ESD-Fußboden wegen der zu geringen Anpresskraft nicht mehr ausreichend gewährleistet ist.[5]
Es gilt der Grundsatz: „Was nicht vorhanden ist, kann sich nicht aufladen“. Konkret bedeutet das, alles, was innerhalb der ESD-Schutzzonen erforderlich ist, muss erstens auf die Notwendigkeit hin überprüft werden und zweitens auf das ESD-gerechte Verhalten überprüft werden. Grundsätzlich sind immer ESD-gerechte und entsprechend der DIN EN 61340-5-1[5] zertifizierte Produkte dringend anzuraten. Sofern dies nicht möglich ist, grundsätzlich Einrichtungen und Betriebsmittel verwenden, welche geerdet oder elektrostatisch ableitend sind. Die Leitfähigkeit kann durch eine Widerstandsmessung ermittelt werden. Dies alleine reicht aber meistens nicht aus. Darüber hinaus sollten alle Einrichtungen und Betriebsmittel mit einem isolierenden Reibungspartner aufgeladen werden und die maximale Spannung der statischen Elektrizität ermittelt werden. Darüber hinaus ist die Selbstentladung der Einrichtungen und Betriebsmittel (wie schnell fällt die Ladung wieder auf einen unkritischen Wert ab) zu berücksichtigen.
In ESD-Schutzzonen sollen alle Werkzeuge, die mit elektrostatisch gefährdeten Bauteilen in Berührung kommen, weitgehend leitfähig sein. Beispielsweise können Kunststoffgriffe von Werkzeugen elektrostatische Potentialunterschiede verursachen, die zur Schädigung von empfindlichen Bauteilen führen können. Werkzeuge aus Metall können teilweise bereits kritisch sein. Beispielsweise kann es im Bereich von spitzen Werkzeugen, z. B. Pinzetten, zur Konzentration von elektrischen Ladungsträgern kommen. Durch die hohe elektrische Leitfähigkeit des Werkzeugs kann es auch bei geringen Aufladungen zu schnellen Entladungen kommen. Diese können dann zu einem ESD-Schaden führen.
Handelsüblich werden heute Werkzeuge angeboten, welche anstelle von hochisolierenden Kunststoffmaterialien für die Griffe elektrostatisch leitfähige Materialien verwenden. Durch die Leitfähigkeit kommt es zum Potentialausgleich zwischen dem Menschen und dem Werkzeug. Beim Berühren von Bauteilen oder Baugruppen kommt es dann zu einem definierten, langsamen Ladungsausgleich, welcher ESD-Schäden verhindert. Einsatz finden diese Werkzeuge beispielsweise im Bereich der Elektronikproduktion oder beim Service beim Kunden, wenn an Baugruppen gearbeitet werden muss.
Allgemein muss aber noch besonders darauf hingewiesen werden, dass diese Art von Werkzeugen nicht in Umgebungen eingesetzt werden kann, in denen mit offenen Spannungen gearbeitet wird oder in denen unter elektrischer Spannung stehende Teile zufällig berührt werden können. Hierzu sind schutzisolierende Werkzeuge entsprechend den VDE-Vorschriften zu verwenden.
Durch ionisierte Luft bauen sich elektrostatische Ladungen auf Körpern beschleunigt ab. Hierzu kann ein Ionisator eingesetzt werden, der ionisierte Luft gezielt auf stärker aufladbare Einrichtungen und Betriebsmittel oder auf besonders gefährdete Bauelemente abgibt. Durch Ionisation können elektrische Ladungen sowohl auf einen Isolator (beispielsweise hochisolierendes Kunststoffteil) als auch auf einen elektrisch isolierten Leiter (beispielsweise Metallkörper, der durch hochisolierende Kunststoffteile gehalten wird) abgegeben werden. Ionisation ist aber kein Mittel, um einen unzureichenden ESD-Schutz zu verbessern. Ionisation kann gezielt bei besonders kritischen Stellen eingesetzt werden, um einzelne, lokal begrenzte Risiken eines Arbeitsplatzes zu minimieren. Weiterhin sind beim Einsatz der Ionisation grundsätzlich die gesundheitlichen Auswirkungen auf die Menschen im Umfeld besonders zu berücksichtigen.
Neben der Verarbeitung der elektrostatisch gefährdeten Bauelementen ist ebenfalls ein sicherer Transport der Bauelemente erforderlich. Daher müssen Verpackungen für ESD-empfindliche Bauelemente aus elektrisch ableitfähigen Materialien, z. B. elektrostatisch dissipativen Kunststoffen bestehen. Manche elektronischen Bauteile werden bereits durch den Transport in einer Plastiktüte zerstört.
Verpackungen für ESD-empfindliche Bauteile müssen aus ableitfähig ausgerüsteten (elektrostatisch dissipativen) Kunststoffen bestehen. Es gibt durch Füllstoffe ableitende oder metallbedampfte Folien, Füllmaterialien und Schaumstoffe. Oft sind die empfindlichen Anschlüsse der Bauteile zum Transport mit einer Kurzschlussbrücke verbunden.
Die ESD-gerechte Ausführung von Verpackungen ist in der DIN EN 61340-5-3 beschrieben.[9]
Elemente die zu Verpacken sind | EPA | UPA | ||
---|---|---|---|---|
ESDS | Direkt anliegend | Umhüllend | Direkt anliegend | Umhüllend |
elektrostatisch leitfähig ESD-C oder ableitfähig ESD-D (siehe Anmerkung 1) | elektrostatisch leitfähig ESD-C oder ableitfähig ESD-D | wie für innerhalb der EPA ESD-C oder ESD-D und mit Schirmwirkung gegen elektrostatische Entladung ESD-S (siehe Anmerkung 2) | Schirmwirkung gegen elektrostatische Entladung ESD-S |
Anmerkung 1: Für batteriebetriebene ESDS sollte die Auswahl des Materials oder die Ausführung der Verpackung sicherstellen, das die Batterie nicht entladen wird
Anmerkung 2: Schirmwirkung gegen elektrostatische Entladung wird nur benötigt, wenn die umhüllende Verpackung keine Schirmung gegen elektrostatische Entladung bietet Begriffe: ESDS – Electrostatic-sensitive device(elektrostatisch empfindliches Bauteil), EPA – Electrostatic Protected Area (elektrostatisch geschützter Bereich), UPA – Unprotected Area (elektrostatisch nicht-geschützter Bereich)
Üblicherweise werden Verpackungen aufgrund der elektrischen Leitfähigkeit in die Kategorie (S), (C), (D) und (F) eingeteilt.
ESD-C Conductive: Leitfähig; Widerstand zwischen 1kΩ und 1MΩ
ESD-D Dissipative: Ableitfähig; Widerstand zwischen 1MΩ und1TΩ
ESD-S Shielding: Abschirmend; Abschirmend gegen elektrostatische Entladungen
ESD-F Electrostatic Field Shielding: Abschirmung gegen elektrostatische Felder
Zusätzlich müssen diese Verpackungen neben dem Schutz gegen elektrostatische Entladungen auch noch einen ausreichenden Schutz gegen den Einfluss von statischen Feldern bieten. Neben den bekannten Werkstoffklassen für die Verpackung wurde mit Einführung dieser Norm zusätzlich die Schutzkategorie (F) eingeführt. Werkstoffe und Verpackungsmaterialien dieser Kategorie bieten zusätzlich den erforderlichen Schutz gegen die beschriebenen statischen Felder.[9]
Je nach Art der Ausführung können mehrere Lagen von Verpackungen verwendet werden. Die ESD-gerechte Ausführung muss hierbei mindestens die innere Schicht, welche die Bauteile direkt berührt, aufweisen.
Darüber hinaus müssen diese Verpackungen neben dem ESD-Schutz auch den verpackten Inhalt ausreichend gegenüber mechanischen und klimatischen Einflüssen schützen.
Nicht überall, wo mit elektrostatisch gefährdeten Bauelementen umgegangen wird, ist eine ESD-Schutzzone vorhanden. Denken wir beispielsweise an einen Service-Einsatz im Elektronikbereich bei einem Endkunden. In diesem Fall können aber auch ausreichende ESD-Schutzvorkehrungen getroffen werden. Beispielsweise kann in diesem Fall ein Handgelenkserdungsband, welches mit dem Erdpotential verbunden wird, die Aufladung der Personen verhindern. Weiterhin gibt es leitfähige Matten, die ebenfalls mit dem Erdpotential verbunden werden können und somit eine gefahrlose Ablage von Bauelementen und Baugruppen ermöglichen. Für Arbeiten im Elektronikbereich steht hierzu auch ESD-gerechtes, leitfähiges Werkzeug zur Verfügung, welches sich durch eine ausreichende Eigenleitfähigkeit gegenüber handelsüblichen, isolierenden Werkzeugen unterscheidet.
Die Schutzwirkung bei Materialien der Kategorie abschirmend (engl. shielding) wird bei Metallen durch die hohe elektrische Leitfähigkeit des Werkstoffs sichergestellt. Diese Kategorie besitzt die höchste Leitfähigkeit. Verpackungen dieser Kategorie werden durch den Buchstaben (S) in Verbindung mit dem ESD-Schutzsymbol gekennzeichnet. Nach Norm liegt der Oberflächenwiderstand der Materialien unterhalb von 100 Ω.
Die Schutzkategorie leitfähig (engl. conductive) wird bei Kunststoffen durch die Verwendung von Graphitpartikeln, welche in die Kunststoffmatrix eingebracht werden, erzeugt. Diese Kategorie besitzt eine Leitfähigkeit, welche geringer als die Leitfähigkeit der Kategorie abschirmend aber größer als die Leitfähigkeit der Kategorie statisch ableitfähig ist. Verpackungen dieser Kategorie werden durch den Buchstaben (C) in Verbindung mit dem ESD-Schutzsymbol gekennzeichnet. Nach Norm liegt der Oberflächenwiderstand der Materialien im Bereich zwischen 100 Ω und 100 kΩ.[5]
Die Materialien von Schutzverpackungen der Schutzkategorie statisch ableitfähig (engl. static dissipative) besitzt einen höheren elektrischen Widerstand als die Verpackungen der Kategorie "leitfähig". Die Leitfähigkeit kann durch das Einbringen von Metallionen, z. B. Kupferionen, oder durch das Aufbringen eines Antistatikums auf der Oberfläche erreicht werden. Diese Werkstoffe werden auch als elektrisch ableitfähig bezeichnet. Verpackungen dieser Kategorie werden durch den Buchstaben (D) in Verbindung mit dem ESD-Schutzsymbol gekennzeichnet. Nach Norm liegt der Oberflächenwiderstand der Materialien im Bereich zwischen 100 kΩ und 100 GΩ.[5]
Alle Materialien, deren Oberflächenwiderstand größer als 100 GΩ ist, werden aus ESD-Sicht als elektrische Isolatoren eingruppiert und besitzen nicht mehr die erforderliche elektrische Leitfähigkeit zum ESD-Schutz.[5] Ergänzend zur Betrachtung aus ESD-Sicht muss aber ergänzt werden, dass auch die Werkstoffe dieser Kategorie aus physikalischen Gründen auch den elektrischen Strom leiten, auch wenn der Oberflächenwiderstand größer als der Grenzwert nach Norm ist. Aus ESD-Sicht reicht die ableitende Wirkung von Isolatoren nicht mehr aus und es dürfen Isolatoren aus diesem Grund nicht eingesetzt werden.
Zur Erfassung von möglichen Risiken durch elektrostatische Aufladungen ist man auf Messgeräte angewiesen, da Menschen Entladungen erst ab einem Spannungswert von etwa 2.000 V wahrnehmen können. Elektrostatische Aufladungen und deren elektrische Feldstärke können mit einem Elektrofeldmeter messtechnisch ermittelt werden.
Darüber hinaus kann elektrostatische Aufladung in manchen Fällen auch anhand der elektrostatischen Anziehung (siehe Elektrostatik) erkannt werden. Dies setzt aber meist sehr hohe Aufladungen voraus. Hierbei ist aber zu berücksichtigen, dass das bloße Aneinanderhaften von Gegenständen auch auf Adhäsion beruhen kann.
Die Elektrostatische Entladung konnte erst vor wenigen Jahren messtechnisch mit Echtzeit-Oszilloskopen >1 GHz erfasst werden, da die Speicherchips den schnellen einmaligen und nie gleichmäßigen Entladepuls (<1ns) nicht aufzeichnen konnten. Mit schnellen Echtzeit-Oszilloskopen stellte man nun fest, dass z. B. bei der Entladung eines Menschen an der Hand (Person läuft über Teppich und fasst eine Klinke an) es eigentlich zwei Entladungen gibt: 1. Die Hand wird als Erstes schnell entladen (kleine Ladung, schnell) 2. Anschließend wird der ganze Körper entladen (große Ladung, ca. zehnfache Dauer). Da Ladungsverteilung und Funkenerzeugung unter reellen Bedingungen in der Praxis stark variieren sind Spannung, Strom und Entladezeiten stets individuell. Simuliert werden diese mit ESD-Pistolen, welche mit Einsätzen verschiedene Simulationsmodelle abbilden (Human Body Model, Machine Modell etc.).
Der Oberflächenwiderstand von Werkstoffen und der Ableitwiderstand von Einrichtungen gegenüber dem Bezugspotential PE haben einen entscheidenden Einfluss auf den ESD-Schutz. Durch Reibung an Körpern kommt es zur Aufladung. Werkstoffe, die einen ausreichend niedrigen Oberflächenwiderstand besitzen, sorgen dafür, dass zum einen die Höhe der Aufladespannung minimiert wird und zum anderen die elektrostatische Aufladung wieder abbauen kann. Der Ableitwiderstand von Einrichtungen sorgt dafür, dass elektrostatische Aufladungen gegen das Bezugspotential Erde abfließen können und somit keine unzulässig hohen Aufladungen entstehen können.
Die Bewertung von Messergebnissen erfordert meist viel Erfahrung. Wie durch praktische Tests gezeigt werden kann, können Werkstoffe, deren Oberflächenwiderstand auch oberhalb des zulässigen Grenzwerts liegen, in bestimmten Fällen eingesetzt werden. Dies ist dann der Fall, wenn sich diese Stoffe beispielsweise durch Reibung nur gering aufladen und die Ladungsträger bereits nach sehr geringer Zeit wieder abgebaut sind.
Elektrostatische Aufladung kann die Herstellung und Verarbeitung von Kunststoff (besonders Kunststofffolie), Papier, Textilien und Glas behindern. Einerseits wird der Transport des Materials behindert, andererseits haften aufgrund der elektrischen Aufladung an dem Material meist unerwünschte Partikel (Staub, Fussel, Puder). Deshalb werden, besonders an schnellen Industrieanlagen, zur Entladung dieser Materialien Ionisatoren eingesetzt.
Beispielsweise erfordern Produktionsmaschinen für elektrisch isolierende Endloserzeugnisse sowie der Umgang mit isolierenden Schüttgütern besondere Sicherheitsmaßnahmen gegen elektrostatische Aufladung.
Die permanente Erdung arbeitender Personen in ESD-Bereichen wird dabei mittels Erdungsbändern, ESD-Kleidung, ESD-Handschuhen und antistatischen Sicherheitsschuhen erreicht. Weitere Maßnahmen sind antistatische Arbeitsflächen, Bodenbeläge oder leitfähige Bezüge von Büromöbeln.