Das idealisierte Treibhausmodell ist ein einfaches Modell zur Bestimmung der Oberflächen- und der Atmosphärentemperatur der Erde oder eines anderen Planeten. Mit Hilfe eines idealisierten Planeten kann der Treibhauseffekt illustriert werden, dieses Modell ist üblich in entsprechenden Lehrbüchern.[1]
Die Oberfläche der Sonne strahlt elektromagnetische Wellen im sichtbaren Bereich und darüber hinaus, etwas als Wärmestrahlung, ab. Die Strahlung entspricht der eines Körpers einer effektiven Temperatur von ca. 5.500 °C. Die Erde ist erheblich kälter und strahlt – wie es das plancksche Strahlungsgesetz beschreibt – bei erheblich längeren Wellenlängen, vor allem im Infrarotbereich. Das idealisierte Treibhausmodell fußt darauf, dass bestimmte Gase der Erdatmosphäre für kurzwellige elektromagnetische Sonnenstrahlen (wie z. B. sichtbares Licht) transparent, für die von der Erdoberfläche emittierte langwellige Wärmestrahlung jedoch wenig durchlässig sind. Zu diesen Gasen zählen z. B. Kohlenstoffdioxid und Wasserdampf. Wärme kann also leicht in die Atmosphäre eindringen, wird dort aber teilweise festgehalten. Das beeinflusst den Strahlungshaushalt der Erde nachhaltig.
Das Kirchhoffsche Strahlungsgesetz besagt, dass jeder Körper, der sich im thermischen Gleichgewicht befindet, die von ihm absorbierte Energie wieder emittieren muss. Ein isotroper Körper strahlt in alle Richtungen gleichermaßen. Folglich strahlt die Atmosphäre im langwelligen Infrarotbereich auch in Richtung Boden, was Atmosphärische Gegenstrahlung genannt wird. In diesem Modell erwärmen die Treibhausgase die Planetenoberfläche auf eine höhere Temperatur, als ohne sie beobachtbar wäre. Dieser Temperaturversatz führt zu einer verstärkten Abstrahlung, bis letztlich auch der zunächst zurückgehaltene Teil der eingestrahlten Wärme an der Oberseite der Atmosphäre abgestrahlt wird.[2]
Für den Modellplaneten wird eine konstante Temperatur der Erdoberfläche Ts und eine Atmosphäre konstanter Temperatur Ta angenommen. Alternativ kann Ts auch als die Temperatur der unteren Atmosphäre und Ta als Temperatur der oberen Atmosphäre betrachtet werden. Um zu rechtfertigen, dass Ta und Ts überall auf dem Planeten konstant sind, wird angenommen, dass sich Temperaturunterschiede innerhalb der Gebiete durch Konvektion angleichen. An der Erdoberfläche geschieht dies beispielsweise durch das Vorhandensein von Meeresströmungen, die zu einer starken Durchmischung führen. Daneben wird zwecks Vereinfachung angenommen, dass es weder signifikante tägliche noch saisonale Schwankungen der Temperatur gibt.
Im Modell lassen sich Werte für Ts und Ta finden, so dass die von der Oberseite der Atmosphäre abgegebene Strahlungsleistung gleich der von der Atmosphäre absorbierten Strahlungsleistung ist. Das ankommende Sonnenlicht ist kurzwellig und die vom Planeten abgegebene Strahlung langwellig. Beide Strahlungsströme haben eigene, unterschiedliche Emissions- und Absorptionscharakteristiken. Im idealisierten Modell nehmen wir an, dass die Atmosphäre für Sonnenlicht vollständig transparent ist und die Oberfläche für langwellige Strahlung einen Emissionsgrad von 1 besitzt, also ein Schwarzkörper ist. Sie emittiert entsprechend dem Stefan-Boltzmann-Gesetz einen Strahlungsfluss von
wobei σ die Stefan-Boltzmann-Konstante ist. Wie oben schon erwähnt, ist nach dem Kirchhoffschen Strahlungsgesetz der Absorptionsgrad der Atmosphäre bei jeder Wellenlänge gleich ihrem Emissionsgrad. Die von der Oberfläche des Planeten abgegebene Strahlung kann im Vergleich zur Atmosphäre eine leicht verschiedene spektrale Zusammensetzung zeigen. Im Modell wird angenommen, dass der mittlere Emissionsgrad (= Absorptionsgrad) beider Strahlströme bei der Interaktion mit der Atmosphäre identisch ist. Folglich steht das Symbol ε für Emissions- und Absorptionsgrad jedes Infrarotstrahlungsstroms der Atmosphäre.
Die Strahlungsdichte der die Oberseite der Atmosphäre verlassenden Infrarotstrahlung ist:
(1) Gesamtabstrahlung an der Oberseite der Atmosphäre (a) nach oben = Abstrahlung der Atmosphäre (a) nach oben + nicht von der Atmosphäre absorbierter Teil der Abstrahlung der Erdoberfläche (s)
(1) $ F_{\uparrow }=\varepsilon \sigma T_{a}^{4}+(1-\varepsilon )\sigma T_{s}^{4} $
Im letzten Term ist ε der Anteil nach oben gerichteter und vom Boden kommender Strahlung, der absorbiert wird, also der Absorptionsgrad der Atmosphäre. Im ersten Term rechts ist ε der Emissionsgrad der Atmosphäre, die Anpassung des Stefan-Boltzmann Gesetzes, um dem Umstand gerecht zu werden, dass die Atmosphäre nicht optisch dicht ist. Folglich übernimmt ε in der Rechnung die Rolle einer sauberen Mischung der beiden Strahlungsströme bei der Berechnung der nach außen gerichteten Flussdichte.
Damit der Netto-Strahlungsfluss an der Oberseite der Atmosphäre = 0 ist, muss gegeben sein:
(2) − Einstrahlung von der Sonne + Abstrahlung der Atmosphäre (a) nach oben + nicht von der Atmosphäre absorbierter Teil der Abstrahlung der Planetenoberfläche (s) = 0
(2) $ -{\frac {1}{4}}S_{0}(1-\alpha _{p})+\varepsilon \sigma T_{a}^{4}+(1-\varepsilon )\sigma T_{s}^{4}=0 $
Die planetare Albedo αP ist der Teil einfallender Solarstrahlung, der zurück ins All reflektiert wird. Dabei ist es gleichgültig, ob die Albedo durch Reflexion an der Oberfläche des Planeten, an der Oberseite der Atmosphäre oder einer Mischung aus beidem hervorgerufen wird. Die Flussdichte einfallender Solarstrahlung wird durch die Solarkonstante S0 spezifiziert. Da die Oberfläche des idealisierten Planeten als Kugel das Vierfache ihres Querschnitts (= Schatten) ist, ist die einfallende Strahlung S0/4.
Für einen Netto-Strahlungsfluss = 0 an der Planetenoberfläche muss gegeben sein:
(3) Einstrahlung von der Sonne + Abstrahlung der Atmosphäre (a) nach unten − Abstrahlung der Planetenoberfläche (s) = 0
(3) $ {\frac {1}{4}}S_{0}(1-\alpha _{p})+\varepsilon \sigma T_{a}^{4}-\sigma T_{s}^{4}=0 $
Ein Energiegleichgewicht der Atmosphäre kann entweder von den oben beschriebenen Bedingungen oder unabhängig davon abgeleitet werden:
(4) Gesamte Abstrahlung der Atmosphäre (a) − Abstrahlung der Planetenoberfläche (s) = 0
(4) $ 2\varepsilon \sigma T_{a}^{4}-\varepsilon \sigma T_{s}^{4}=0 $
Man beachte den wichtigen Faktor 2, der sich daraus ergibt, dass die Atmosphäre sowohl nach oben wie auch nach unten abstrahlt. Folglich ist das Verhältnis Ta zu Ts von ε unabhängig. Gleichung (4) kann umgestellt werden zu:
(5) $ T_{a}^{4}={\frac {T_{s}^{4}}{2}}\qquad {\text{bzw.}}\qquad T_{a}={\frac {T_{s}}{2^{1/4}}}={\frac {T_{s}}{1{,}189}} $
Ta kann also als Funktion von Ts ausgedrückt werden. Mit (5) eingesetzt in (2) erhält man eine Lösung für Ts als Funktion der Eingangsparameter:
oder umgestellt:
(6) $ T_{s}=\left[{\frac {S_{0}(1-\alpha _{p})}{4\sigma }}{\frac {1}{1-{\frac {\varepsilon }{2}}}}\right]^{1/4} $
Die Stefan Boltzmann Konstante lässt sich aus anderen Naturkonstanten ableiten und hat den Wert $ \sigma =5{,}670\cdot 10^{-8}\,\mathrm {W\,m^{-2}K^{-4}} $[3] Beim Planeten Erde beträgt $ S_{0}=1366\;\mathrm {W\,m^{-2}} $ und $ \alpha _{p}=0{,}3 $.
Bei einem perfekten Treibhaus, bei dem keine Strahlung von der Oberfläche entweichen kann, also ε = 1 gilt:
mit (6) $ {\begin{aligned}T_{s}&=303~\mathrm {K} =30~{}^{\circ }\mathrm {C} \\T_{a}&=254~\mathrm {K} =-18~{}^{\circ }\mathrm {C} \end{aligned}} $
Für ε = 0,78, was bedeutet, dass 22 % der von der Oberfläche emittierten Strahlung direkt ins All entweicht, gilt:
mit (6) $ {\begin{aligned}T_{s}&=288{,}3~\mathrm {K} =15{,}1~^{\circ }\mathrm {C} \\T_{a}&=242{,}5~\mathrm {K} =-30{,}7~^{\circ }\mathrm {C} \end{aligned}} $.
Dieser Wert von Ts ist nahe an der globalen durchschnittlichen Oberflächentemperatur von ungefähr 288 K.[4]
Eine Lösung kann auch als Funktion der effektiven Temperatur Te angegeben werden. Es ist dies die Temperatur, die die Strahldichte des ausgehenden Infrarotstrahlungsflusses $ F $ charakterisiert, unter der Annahme, dass der Strahler ein perfekter Strahler mit $ F=\sigma T_{e}^{4} $ wäre. In diesem Modell ist dies einfach darstellbar. Te ist ebenso die Lösung für Ts für den Fall von ε = 0, also einer fehlenden Atmosphäre. In diesem Fall verschwindet der rechte Term in der eckigen Klammer von (6) und (6) wird zu (7):
(7) $ T_{e}\equiv \left[{\frac {S_{0}(1-\alpha _{p})}{4\sigma }}\right]^{1/4} $
Mit der nun in (7) definierten Te ergibt sich eingesetzt in (6)
(8) $ T_{s}=T_{e}\left[{\frac {1}{1-{\frac {\varepsilon }{2}}}}\right]^{1/4} $
Unter Verwendung der oben angegebenen, für den Planeten Erde passenden Parameter ergibt sich:
mit (8) $ T_{e}=255~\mathrm {K} =-18~{}^{\circ }\mathrm {C} $
Der aus einer Verdopplung der atmosphärischen Kohlenstoffdioxidkonzentration resultierende Strahlungsantrieb beträgt bei einfacher Parametrierung 3,71 W m−2 Dies ist auch der vom IPCC angegebene Wert.
Aus der Gleichung für $ F_{\uparrow } $ (1) folgt:
Mit den Werten von Ts und Ta für ε = 0,78 ergibt sich für $ \Delta F_{\uparrow }=-3{,}71\;\mathrm {Wm^{-2}} $ mit Δε = 0,019. Folglich ist eine Veränderung von ε von 0,78 auf 0,80 in Übereinstimmung mit dem Strahlungsantrieb, der aus der Verdoppelung der Kohlenstoffdioxidkonzentration erwächst. Für ε = 0,80 beträgt:
Folglich sagt dieses Modell eine globale Erwärmung um ΔTs = 1,2 K für eine Verdopplung der Kohlenstoffdioxidkonzentration voraus. Eine Vorhersage eines typischen Klimamodells ergibt eine Erwärmung der Erdoberfläche um 3 K. Dies liegt primär daran, dass Klimamodelle die positive Rückkopplung berücksichtigen, die in erster Linie aus der Wasserdampf-Rückkopplung resultiert. Mit einem einfachen Trick kann dieser Effekt berücksichtigt werden. Hierzu wird Δε um 0,02 auf insgesamt Δε = 0,04 erhöht. Damit wird dem Effekt einer durch die Erwärmung ausgelösten erhöhten Wasserdampfkonzentration näherungsweise Rechnung getragen. Dieses idealisierte Modell sagt für eine verdoppelte Kohlenstoffdioxidkonzentration dann eine globale Erwärmung um ΔTs = 2,4 K voraus, was mit den Angaben des IPCC in etwa übereinstimmt.
Dieses einfache, einschichtige Atmosphärenmodell kann unmittelbar in ein mehrschichtiges Atmosphärenmodell umgewandelt werden. Hierfür müssen die Gleichungen für die Temperaturen in eine Reihe gekoppelter Gleichungen für die einzelnen Schichten umgeformt werden. Dieses einfache Modell sagt immer eine mit zunehmender Höhe abnehmende Temperatur voraus und die Temperatur aller Schichten nimmt mit steigender Treibhausgaskonzentration zu. Keine dieser Annahmen ist vollständig realistisch: In der realen Atmosphäre steigen die Temperaturen oberhalb der Tropopause an und bei Erhöhung der Treibhausgaskonzentration wird erwartet[5] und beobachtet,[6] dass die Temperaturen dort (in der Stratosphäre) sinken. Der Grund ist, dass die reale Atmosphäre nicht für alle optischen Wellenlängenbereiche dieselbe Transmissivität besitzt.