imported>Aka K (zu großen Zeilenabstand entfernt) |
imported>Acky69 K (→Fermi-Kugel: weitere Ergänzung der Formel) |
||
Zeile 1: | Zeile 1: | ||
Die '''Fermi-Fläche''' (benannt nach dem italienischen Physiker [[Enrico Fermi]]) ist eine mathematische Konstruktion, die in der [[Festkörperphysik]] zur Beschreibung der Energiezustände der | Die '''Fermi-Fläche''' (benannt nach dem italienischen Physiker [[Enrico Fermi]]) ist eine mathematische Konstruktion, die in der [[Festkörperphysik]] zur Beschreibung der [[Energiezustand|Energiezustände]] der [[Elektron]]en eines [[Metall]]s benutzt wird. | ||
== Bedeutung == | == Bedeutung == | ||
[[Datei:Einfache_kubische_fermi_flaeche.JPG|mini|Fläche konstanter Energie eines primitiven kubischen Gitters in der 1. Brillouin-Zone ]] | [[Datei:Einfache_kubische_fermi_flaeche.JPG|mini|Fläche konstanter Energie eines primitiven kubischen Gitters in der 1. [[Brillouin-Zone]]]] | ||
Die Fermi-Fläche | Die Fermi-Fläche ist eine Fläche konstanter Energie, und zwar nicht im gewöhnlichen [[Ortsraum]], sondern im [[Reziproker Raum|reziproken Raum]]. Dies ist der [[Impulsraum]], den man rein mathematisch durch eine [[Fourier-Transformation]] aus dem Ortsraum erhält. Die Benutzung dieses abstrakten Raumbegriffs hat bei der Beschreibung [[kristallin]]er Systeme viele Vorteile, z. B. lassen sich die Reflexe bei der [[Röntgenstrukturanalyse]] direkt dem [[Reziprokes Gitter|reziproken Gitter]] zuordnen. | ||
Insbesondere lässt sich im reziproken Raum die Energie direkt als Funktion des | Insbesondere lässt sich im reziproken Raum die Energie direkt als Funktion des [[Impuls]]es der Elektronen darstellen. Bei Metallen sind die [[Energieniveau]]s des [[Bändermodell|Leitungsbandes]] im energieärmsten Zustand (am [[Absoluter Nullpunkt|absoluten Nullpunkt]]) nur bis zu einer bestimmten Energie, der [[Fermi-Energie]], besetzt. Die Menge der Punkte, auf die Impulsvektoren von Elektronen mit der Fermi-Energie zeigen, bilden eine geschlossene Fläche bzw. wenige geschlossene Flächen, die Fermi-Fläche(n) genannt wird bzw. werden. Mit ihrer Hilfe lassen sich viele elektronische und magnetische Eigenschaften des Metalls beschreiben. Beispielsweise tragen nur die Elektronen mit Fermi-Energie und somit an der Fermi-Fläche zum [[elektrischer Strom|elektrischen Strom]] bei. | ||
Die Fermi-Flächen der [[Alkalimetall]]e sowie der Metalle [[Kupfer|Cu]], [[Silber|Ag]] und [[Gold|Au]] sind relativ einfach, weil alle Leitungselektronen innerhalb der ersten [[Brillouin-Zone]] liegen. Die Fermi-Flächen sind daher nahezu Kugeln. Bei Cu, Ag und Au haben die Fermiflächen allerdings in den [[Millersche Indizes|<math>\langle</math>111<math>\rangle</math>-Richtungen]] jeweils einen „Hals“ zum Rand der Brillouin-Zone; auch bei [[Cäsium|Cs]] treten kleine „Hälse“ auf. Die Flächen und Hälse lassen sich | Die Fermi-Flächen der [[Alkalimetall]]e sowie der Metalle [[Kupfer|Cu]], [[Silber|Ag]] und [[Gold|Au]] sind relativ einfach, weil alle Leitungselektronen innerhalb der ersten [[Brillouin-Zone]] liegen. Die Fermi-Flächen sind daher nahezu Kugeln. Bei Cu, Ag und Au haben die Fermiflächen allerdings in den [[Millersche Indizes|<math>\langle</math>111<math>\rangle</math>-Richtungen]] jeweils einen „Hals“ zum Rand der Brillouin-Zone; auch bei [[Cäsium|Cs]] treten kleine „Hälse“ auf. Die Flächen und Hälse lassen sich z. B. unter Ausnutzung des [[De-Haas-van-Alphen-Effekt]]s experimentell vermessen. | ||
[[ | [[Ferromagnet]]ische Metalle haben im einfachsten Fall zwei Fermi-Flächen wegen der zwei möglichen Orientierungen des [[Elektronenspin]]s. | ||
[[ | [[Nichtleiter|Isolatoren]] und un[[Dotierung|dotierte]] [[Halbleiter]] haben keine Fermi-Fläche, weil bei ihnen die Fermi-Energie in die [[Bandlücke]] fällt und es somit keine Elektronenzustände gibt, deren Energie gleich der Fermi-Energie ist. Durch Einbringen zusätzlicher [[Ladungsträger (Physik)|Ladungsträger]] in einen Halbleiter ([[Halbleiter #Donatoren_und_Akzeptoren|Donator- oder Akzeptordotierung]]) kann allerdings das Fermi-Niveau verschoben und damit die Ausbildung einer Fermi-Fläche erzwungen werden. | ||
Hieraus folgt auch die vermutlich genaueste Definition des Begriffs „Metall“ im Sinne einer Abgrenzung zu anderen (festen) Stoffen: Ein Metall ist ein Festkörper mit einer Fermi-Fläche. Nach dieser Definition wäre flüssiges [[Quecksilber]] (und | Hieraus folgt auch die vermutlich genaueste Definition des Begriffs „Metall“ im Sinne einer Abgrenzung zu anderen (festen) Stoffen: Ein Metall ist ein Festkörper mit einer Fermi-Fläche. Nach dieser Definition wäre flüssiges [[Quecksilber]] (und [[Schmelze]]n anderer „Metalle“) kein Metall. | ||
==Fermi-Kugel== | == Fermi-Kugel == | ||
In einem freien Elektronengas werden die Zustände im reziproken Raum energetisch sukzessive aufgefüllt, | In einem freien [[Elektronengas]] werden die Zustände im reziproken Raum energetisch sukzessive aufgefüllt, d. h. beginnend mit einem [[Wellenvektor]] <math>k = 0</math> bis zu einem Grenzwellenvektor <math>k = k_F</math> werden die Zustände mit jeweils zwei Spin-Einstellungen besetzt, wobei <math>k_F</math> als Fermi-Wellenvektor bezeichnet wird. Die Zustände liegen daher im reziproken Raum alle innerhalb einer Kugel, der ''Fermi-Kugel''. Die Elektronen auf der Oberfläche der Fermi-Kugel haben die Energie | ||
: <math>E_F = | |||
:<math>E_F = \frac{\hbar^2 k_F^2}{2 m_e} = \frac1 2 \frac{p_F^2}{m_e}</math>, | |||
wobei <math>p_F = \hbar k_F</math> auch als [[Fermi-Impuls]] bezeichnet wird. | |||
Das Volumen der Fermi-Kugel im reziproken (dreidimensionalen) Raum beträgt dann | Das Volumen der Fermi-Kugel im reziproken (dreidimensionalen) Raum beträgt dann | ||
: <math> V_F = {{4 \pi} \over {3} } k_F^3 = {{4 \pi} \over {3} } \left( {{2 m_e E_F} \over {\hbar^2} } \right) ^{3/2} </math>. | : <math> V_F = {{4 \pi} \over {3} } k_F^3 = {{4 \pi} \over {3} } \left( {{2 m_e E_F} \over {\hbar^2} } \right) ^{3/2} </math>. | ||
Das Modell des freien Elektronengases trifft näherungsweise für Metalle zu, insbesondere für Alkali-Metalle wie Natrium oder Kalium, weil diese nur ein Elektron pro Elementarzelle als freien Ladungsträger haben. Durch die kugelförmige Gestalt lassen sich manche physikalischen Berechnungen vereinfachen, um zu einem qualitativen Verständnis zu gelangen. | Das Modell des freien Elektronengases trifft näherungsweise für Metalle zu, insbesondere für Alkali-Metalle wie Natrium oder Kalium, weil diese nur ein Elektron pro [[Elementarzelle]] als freien Ladungsträger haben. Durch die kugelförmige Gestalt lassen sich manche physikalischen Berechnungen vereinfachen, um zu einem qualitativen Verständnis zu gelangen. | ||
==Weblinks== | ==Weblinks== | ||
Zeile 33: | Zeile 36: | ||
{{SORTIERUNG:FermiFlache}} | {{SORTIERUNG:FermiFlache}} | ||
[[Kategorie:Festkörperphysik]] | [[Kategorie:Festkörperphysik]] | ||
[[Kategorie:Enrico Fermi]] | [[Kategorie:Enrico Fermi als Namensgeber]] |
Die Fermi-Fläche (benannt nach dem italienischen Physiker Enrico Fermi) ist eine mathematische Konstruktion, die in der Festkörperphysik zur Beschreibung der Energiezustände der Elektronen eines Metalls benutzt wird.
Die Fermi-Fläche ist eine Fläche konstanter Energie, und zwar nicht im gewöhnlichen Ortsraum, sondern im reziproken Raum. Dies ist der Impulsraum, den man rein mathematisch durch eine Fourier-Transformation aus dem Ortsraum erhält. Die Benutzung dieses abstrakten Raumbegriffs hat bei der Beschreibung kristalliner Systeme viele Vorteile, z. B. lassen sich die Reflexe bei der Röntgenstrukturanalyse direkt dem reziproken Gitter zuordnen.
Insbesondere lässt sich im reziproken Raum die Energie direkt als Funktion des Impulses der Elektronen darstellen. Bei Metallen sind die Energieniveaus des Leitungsbandes im energieärmsten Zustand (am absoluten Nullpunkt) nur bis zu einer bestimmten Energie, der Fermi-Energie, besetzt. Die Menge der Punkte, auf die Impulsvektoren von Elektronen mit der Fermi-Energie zeigen, bilden eine geschlossene Fläche bzw. wenige geschlossene Flächen, die Fermi-Fläche(n) genannt wird bzw. werden. Mit ihrer Hilfe lassen sich viele elektronische und magnetische Eigenschaften des Metalls beschreiben. Beispielsweise tragen nur die Elektronen mit Fermi-Energie und somit an der Fermi-Fläche zum elektrischen Strom bei.
Die Fermi-Flächen der Alkalimetalle sowie der Metalle Cu, Ag und Au sind relativ einfach, weil alle Leitungselektronen innerhalb der ersten Brillouin-Zone liegen. Die Fermi-Flächen sind daher nahezu Kugeln. Bei Cu, Ag und Au haben die Fermiflächen allerdings in den $ \langle $111$ \rangle $-Richtungen jeweils einen „Hals“ zum Rand der Brillouin-Zone; auch bei Cs treten kleine „Hälse“ auf. Die Flächen und Hälse lassen sich z. B. unter Ausnutzung des De-Haas-van-Alphen-Effekts experimentell vermessen.
Ferromagnetische Metalle haben im einfachsten Fall zwei Fermi-Flächen wegen der zwei möglichen Orientierungen des Elektronenspins.
Isolatoren und undotierte Halbleiter haben keine Fermi-Fläche, weil bei ihnen die Fermi-Energie in die Bandlücke fällt und es somit keine Elektronenzustände gibt, deren Energie gleich der Fermi-Energie ist. Durch Einbringen zusätzlicher Ladungsträger in einen Halbleiter (Donator- oder Akzeptordotierung) kann allerdings das Fermi-Niveau verschoben und damit die Ausbildung einer Fermi-Fläche erzwungen werden.
Hieraus folgt auch die vermutlich genaueste Definition des Begriffs „Metall“ im Sinne einer Abgrenzung zu anderen (festen) Stoffen: Ein Metall ist ein Festkörper mit einer Fermi-Fläche. Nach dieser Definition wäre flüssiges Quecksilber (und Schmelzen anderer „Metalle“) kein Metall.
In einem freien Elektronengas werden die Zustände im reziproken Raum energetisch sukzessive aufgefüllt, d. h. beginnend mit einem Wellenvektor $ k=0 $ bis zu einem Grenzwellenvektor $ k=k_{F} $ werden die Zustände mit jeweils zwei Spin-Einstellungen besetzt, wobei $ k_{F} $ als Fermi-Wellenvektor bezeichnet wird. Die Zustände liegen daher im reziproken Raum alle innerhalb einer Kugel, der Fermi-Kugel. Die Elektronen auf der Oberfläche der Fermi-Kugel haben die Energie
wobei $ p_{F}=\hbar k_{F} $ auch als Fermi-Impuls bezeichnet wird.
Das Volumen der Fermi-Kugel im reziproken (dreidimensionalen) Raum beträgt dann
Das Modell des freien Elektronengases trifft näherungsweise für Metalle zu, insbesondere für Alkali-Metalle wie Natrium oder Kalium, weil diese nur ein Elektron pro Elementarzelle als freien Ladungsträger haben. Durch die kugelförmige Gestalt lassen sich manche physikalischen Berechnungen vereinfachen, um zu einem qualitativen Verständnis zu gelangen.