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Der '''Seiliger-Kreisprozess''' ist ein gemischter Vergleichsprozess ([[Gleichraumprozess|Gleichraum-]] und [[Gleichdruckprozess]]), der verwendet wird, um die Vorgänge in [[Verbrennungsmotor]]en darzustellen. Er bildet den sogenannten vollkommenen Motor ab. Sowohl der Gleichdruckprozess als auch der Gleichraumprozess sind als Spezialfälle im Seiliger-Prozess enthalten. | Der '''Seiliger-Kreisprozess''' ist ein gemischter Vergleichsprozess ([[Gleichraumprozess|Gleichraum-]] und [[Gleichdruckprozess]]), der verwendet wird, um die Vorgänge in [[Verbrennungsmotor]]en darzustellen. Er bildet den sogenannten vollkommenen Motor ab. Sowohl der Gleichdruckprozess als auch der Gleichraumprozess sind als Spezialfälle im Seiliger-Prozess enthalten. | ||
Der Gleichdruckprozess (Diesel-Prozess) mit seiner rein [[Isobare Zustandsänderung|isobaren]] Wärmezufuhr kann in der Praxis nicht realisiert werden, da eine Wärmezufuhr ohne Druckerhöhung nicht möglich ist. Der Gleichraumprozess (Otto-Prozess) mit seiner rein [[Isochore Zustandsänderung|isochoren]] Wärmezufuhr kann in der Praxis nicht realisiert werden, da eine beliebig schnelle Wärmezuführung nicht möglich ist. Die teilweise isobare und teilweise isochore Wärmezufuhr im Seiliger-Prozess liefert eine gute Annäherung an die real ablaufenden Prozesse in Diesel- und Ottomotoren. | Der Gleichdruckprozess (Diesel-Prozess) mit seiner rein [[Isobare Zustandsänderung|isobaren]] Wärmezufuhr kann in der Praxis nicht realisiert werden, da eine Wärmezufuhr ohne Druckerhöhung nicht möglich ist. Der Gleichraumprozess (Otto-Prozess) mit seiner rein [[Isochore Zustandsänderung|isochoren]] Wärmezufuhr kann in der Praxis nicht realisiert werden, da eine beliebig schnelle Wärmezuführung nicht möglich ist. Die teilweise isobare und teilweise isochore Wärmezufuhr im Seiliger-Prozess liefert eine sehr gute Annäherung an die real ablaufenden Prozesse in Diesel- und Ottomotoren. | ||
== Prozessablauf == | == Prozessablauf == | ||
Der 1922 von [[Myron Seiliger]] vorgeschlagene Vergleichsprozess gliedert sich bei Motoren ohne [[Motoraufladung]] in fünf Prozessschritte: | Der 1922 von [[Miron Pawlowitsch Seiliger|Myron Seiliger]] vorgeschlagene Vergleichsprozess gliedert sich bei Motoren ohne [[Motoraufladung]] in fünf Prozessschritte: | ||
* (1 - 2) [[isentrope]] Verdichtung. Energieübertragung in Form von Arbeitsaufwand <math>w > 0</math>. | * (1 - 2) [[isentrope]] Verdichtung. Energieübertragung in Form von Arbeitsaufwand <math>w>0</math>. | ||
* (2 - 3) [[isochore]] Verbrennung. Energieübertragung | * (2 - 3) [[isochore]] Verbrennung. Energieübertragung durch Heizwärme <math>q>0</math>. | ||
* (3 - 4) [[isobare]] Verbrennung. Energieübertragung durch Heizwärme und Nutzarbeit | * (3 - 4) [[isobare]] Verbrennung und Entspannung. Energieübertragung durch Heizwärme und Nutzarbeit <math>q>0, \, w<0</math>. | ||
* (4 - 5) isentrope Entspannung. Energieübertragung in Form von Nutzarbeit <math>w < 0</math>. | * (4 - 5) isentrope Entspannung. Energieübertragung in Form von Nutzarbeit <math>w<0</math>. | ||
* (5 - 1) isochores Auspuffen. Energieübertragung | * (5 - 1) isochores Auspuffen. Energieübertragung durch Abwärme und Arbeitsaufwand <math>q<0, \, w>0</math>. | ||
Dabei bedeuten positive Wärme- oder Arbeitsenergiewerte eine Energiezufuhr und negative Arbeits- oder Wärmeenergiewerte eine Energieabgabe | Dabei bedeuten positive Wärme- oder Arbeitsenergiewerte eine Energiezufuhr (Arbeitsaufwand) und negative Arbeits- oder Wärmeenergiewerte eine Energieabgabe (Nutzarbeit). Der Gaswechselzyklus (isobares Ausstoßen und Ansaugen) ist nicht berücksichtigt. | ||
== Wirkungsgrad == | == Wirkungsgrad == | ||
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:<math>\varepsilon=\frac{V_1}{V_2}</math>; V<sub>1</sub> ist das Expansionsvolumen bzw. der Ausdehnungsraum. V<sub>2</sub> das Kompressionsvolumen bzw. der Verdichtungsraum. | :<math>\varepsilon=\frac{V_1}{V_2}</math>; V<sub>1</sub> ist das Expansionsvolumen bzw. der Ausdehnungsraum. V<sub>2</sub> das Kompressionsvolumen bzw. der Verdichtungsraum. | ||
:<math>\kappa = \frac{c_p}{c_V}</math>; Isentropenexponent (Brenngas bzw. Abgas von 1000 °C hat einen Wert von ca. 1,3). Je höher das Verhältnis von c<sub>p</sub> zu c<sub>V</sub> desto höher der Wirkungsgrad. | :<math>\kappa = \frac{c_p}{c_V}</math>; Isentropenexponent (Brenngas bzw. Abgas von 1000 °C hat einen Wert von ca. 1,3). Je höher das Verhältnis von c<sub>p</sub> zu c<sub>V</sub> desto höher der Wirkungsgrad. | ||
::<math>c_p </math>; [[Spezifische Wärmekapazität]] bei konstantem Druck (Brenn- bzw. Abgas von 1000 °C hat ca. | ::<math>c_p </math>; [[Spezifische Wärmekapazität]] bei konstantem Druck (Brenn- bzw. Abgas von 1000 °C hat ca. 1,25 kJ/(kg K). | ||
::<math>c_V </math>; Spezifische Wärmekapazität bei konstantem Volumen (Brenn- bzw. Abgas von 1000 °C hat ca. | ::<math>c_V </math>; Spezifische Wärmekapazität bei konstantem Volumen (Brenn- bzw. Abgas von 1000 °C hat ca. 0,96 kJ/(kg K). | ||
::<math>R_s = c_p - c_V</math>; [[Spezifische Gaskonstante]]. Sie bleibt über einen großen Temperaturbereich konstant und beträgt für Frischgas und Abgas ca. | ::<math>R_s = c_p - c_V</math>; [[Spezifische Gaskonstante]]. Sie bleibt über einen großen Temperaturbereich konstant und beträgt für Frischgas und Abgas ca. 0,29 kJ/(kg K). | ||
:<math>\xi=\frac{p_3}{p_2}=\frac {T_3}{T_2}</math>; Druck- und Temperatursteigerungsverhältnis mit isochorer Verbrennung. Je größer die Druck- und Temperatursteigerung, desto höher der thermische Wirkungsgrad. | :<math>\xi=\frac{p_3}{p_2}=\frac {T_3}{T_2}</math>; Druck- und Temperatursteigerungsverhältnis mit isochorer Verbrennung. Je größer die Druck- und Temperatursteigerung, desto höher der thermische Wirkungsgrad. | ||
:<math>p_2 = p_1\cdot\varepsilon^\kappa</math>; Verdichtungsdruck. p<sub>1</sub> ist der Anfangsdruck, z. B. 1 bar. | :<math>p_2 = p_1\cdot\varepsilon^\kappa</math>; Verdichtungsdruck. p<sub>1</sub> ist der Anfangsdruck, z. B. 1 bar. | ||
:<math>T_2 = T_1\cdot\varepsilon^{\kappa-1}</math>; Verdichtungstemperatur. T<sub>1</sub> ist die Anfangstemperatur in [[Kelvin]] (Frischgas und Restabgas) vor dem Verdichtungstakt, z. B. 400 K (ca. 127 °C). | :<math>T_2 = T_1\cdot\varepsilon^{\kappa-1}</math>; Verdichtungstemperatur. T<sub>1</sub> ist die Anfangstemperatur in [[Kelvin]] (Frischgas und Restabgas) vor dem Verdichtungstakt, z. B. 400 K (ca. 127 °C). | ||
:<math>p_3=p_2\frac{T_3}{T_2}</math> und <math>T_3 = T_2 \frac{p_3}{p_2}</math>; Druck und Temperatur nach der Gleichraumverbrennung. p<sub>3</sub> und T<sub>3</sub> ergeben sich | :<math>p_3=p_2\frac{T_3}{T_2}</math> und <math>T_3 = T_2 \frac{p_3}{p_2}</math>; Druck und Temperatur nach der Gleichraumverbrennung. p<sub>3</sub> und T<sub>3</sub> ergeben sich aus der gewählten Heizenergiemenge für die isochore Temperatur- und Drucksteigerung. | ||
:<math>\psi=\frac {V_4}{V_3}=\frac {T_4}{T_3}</math>; | :<math>\psi=\frac {V_4}{V_3}=\frac {T_4}{T_3}</math>; Raum- und Temperatursteigerungsverhältnis (Ausdehnungs-, Volldruckverhältnis) bei isobarer Verbrennung. T<sub>4</sub> und V<sub>4</sub> ergeben sich aus der gewählten Aufteilung von Gleichraum- und Gleichdruckverhältnis. Je geringer die Gleichdruckzahl desto höher der Wirkungsgrad. | ||
::::<math>\eta_{th \, \mathrm{Carnot}} = 1 - \frac {T_1}{T_4}</math>; Der [[Carnot-Wirkungsgrad]] bestimmt die theoretische Obergrenze aller thermodynamischen [[Kreisprozess]]e. | ::::<math>\eta_{th \, \mathrm{Carnot}} = 1 - \frac {T_1}{T_4}</math>; Der [[Carnot-Wirkungsgrad]] bestimmt die theoretische Obergrenze aller thermodynamischen [[Kreisprozess]]e. | ||
Zur Veranschaulichung der Zustandsgrößen wird im Folgenden ein ideales Gas mit temperaturunabhängiger und gleicher Wärmekapazität für Verdichtung und Expansion benutzt. | Zur Veranschaulichung der Zustandsgrößen wird im Folgenden ein ideales Gas mit temperaturunabhängiger und gleicher Wärmekapazität für Verdichtung und Expansion benutzt. | ||
== Aufteilung Drucksteigerung | == Aufteilung Drucksteigerung – Raumsteigerung == | ||
Die Wärmezufuhr des gemischten Prozesses setzt sich wie folgt zusammen: | Die Wärmezufuhr des gemischten Prozesses setzt sich wie folgt zusammen: | ||
:<math>Q_{zu}=Q_{ | :<math>Q_{zu}=Q_{V}+Q_{P}=m \left[c_V (\frac {T_3}{T_2}-1)T_2 + c_p (\frac{T_4}{T_3}-1)T_3 \right]</math> Wärmezufuhr (kJ) für den gesamten Arbeitstakt. Q<sub>V</sub> ist der Wärmeumsatz bei konstantem Volumen und Q<sub>P</sub> ist der Wärmeumsatz bei konstantem Druck. Beim Dieselmotor mit mehrfacher Direkteinspritzung kann die Aufteilung frei gewählt werden. Beim Benzinmotor ohne Direkteinspritzung kann die Aufteilung nur über den Zündzeitpunkt beeinflusst werden. m ist die Heiz- oder Gemischmasse des Arbeitsgases (kg). | ||
Statt mit absoluten Heizenergien und Massen zu rechnen, wird im Folgenden mit spezifischen Heizenergien und Massen gerechnet. | Statt mit absoluten Heizenergien und Massen zu rechnen, wird im Folgenden mit spezifischen Heizenergien und Massen gerechnet. | ||
:<math>\! H_u = H_{ | :<math>\! H_u = H_{V} + H_{P}</math>; spezifische Heizenergie (kJ/kg) für den gesamten Arbeitstakt. H<sub>V</sub> ist der Heizenergieanteil für die Gleichraumphase und H<sub>P</sub> für die Gleich- oder Volldruckphase. Zum Beispiel: 42'000 kJ/kg H<sub>u</sub> = 20'000 kJ/kg H<sub>V</sub> + 22'000 kJ/kg H<sub>P</sub>. Je mehr Energie für die Gleichraumphase, desto höher der Wirkungsgrad. | ||
:<math>T_3=T_2+\frac{H_{ | :<math>T_3=T_2+\frac{H_{V}}{m_H c_V}</math>; Temperatur nach der Gleichraumverbrennung. m<sub>H</sub> ist die spezifische Heizmasse zu Brennstoffmasse (kg/kg). Für ein [[Luftverhältnis]] von <math>\lambda</math>=1 braucht es 18 kg Luft und Restabgas pro kg [[Motorenbenzin|Benzin]], also etwa 20 % mehr als das Minimum für Luft. c<sub>V</sub> = c<sub>p</sub> / κ. | ||
:<math>T_4=T_3+\frac{H_{ | :<math>T_4=T_3+\frac{H_{P}}{m_H c_p}</math>; Höchsttemperatur nach der Gleichdruckverbrennung. m<sub>H</sub> ist die spezifische Heizmasse pro Brennstoffmasse (kg/kg). Für ein Luftverhältnis von <math>\lambda</math>=1,4 braucht es 25 kg Luft und Luftüberschuss und Restabgas pro kg [[Dieselkraftstoff|Diesel]]. c<sub>p</sub> = c<sub>V</sub> · κ. Die spezifische Wärmekapazität c<sub>p</sub> der Heizmasse (Brenngas bzw. Abgas bei ca. 1000 °C) beträgt etwa 1.2 kJ/(kg K), für c<sub>v</sub> etwa 0.9 kJ/(kg K). | ||
== Drucksteigerungsverhältnis == | == Drucksteigerungsverhältnis == | ||
Die Drucksteigerung p<sub>3</sub>/p<sub>2</sub> entspricht auch der Temperaturerhöhung T<sub>3</sub>/T<sub>2</sub> während der Gleichraumphase. Die absolute Druckzunahme p<sub>3</sub>-p<sub>2</sub> ist direkt abhängig von der spezifischen Energiezufuhr H<sub> | Die Drucksteigerung p<sub>3</sub>/p<sub>2</sub> entspricht auch der Temperaturerhöhung T<sub>3</sub>/T<sub>2</sub> während der Gleichraumphase. Die absolute Druckzunahme p<sub>3</sub>-p<sub>2</sub> ist direkt abhängig von der gewählten spezifischen Energiezufuhr H<sub>V</sub>. | ||
:<math>\xi=\frac{H_{ | :<math>\xi=\frac{H_{V}}{m_H c_V T_2}+1</math>; Drucksteigerungszahl. H<sub>V</sub> ist die Heizenergie (kJ/kg) für die Gleichraumphase. Je höher die Drucksteigerung desto höher der Wirkungsgrad. | ||
:<math>p_3=p_2\cdot\xi</math> und <math>T_3=T_2\cdot\xi</math>; Druck und Temperatur nach der Gleichraumverbrennung. p<sub>3</sub> ist der Maximaldruck. | :<math>p_3=p_2\cdot\xi</math> und <math>T_3=T_2\cdot\xi</math>; Druck und Temperatur nach der Gleichraumverbrennung. p<sub>3</sub> ist der Maximaldruck. | ||
== | == Raumsteigerungsverhältnis == | ||
Die Volumenvergrößerung V<sub>4</sub>/V<sub>3</sub> entspricht auch der Temperaturerhöhung T<sub>4</sub>/T<sub>3</sub> während der Gleichdruckphase. Die absolute Temperaturzunahme T<sub>4</sub>-T<sub>3</sub> ergibt sich direkt aus der spezifischen Energiezufuhr H<sub> | Die Volumenvergrößerung V<sub>4</sub>/V<sub>3</sub> entspricht auch der Temperaturerhöhung T<sub>4</sub>/T<sub>3</sub> während der Gleichdruckphase. Die absolute Temperaturzunahme T<sub>4</sub>-T<sub>3</sub> ergibt sich direkt aus der verbliebenen (H<sub>u</sub> - H<sub>V</sub>) spezifischen Energiezufuhr H<sub>P</sub>. | ||
:<math>\psi=\frac{H_{ | :<math>\psi=\frac{H_{P}}{m_H c_p T_3}+1</math>; Temperatur- und Raumsteigerungszahl für den Gleichdruckprozess. T<sub>1</sub> ist die Anfangstemperatur nach dem Ansaugtakt vor der Verdichtung und H<sub>u</sub> die zugeführte spezifische Heizenergie (kJ/kg) für den gesamten Arbeitstakt. Wenn <math>\xi</math> bekannt ist, kann auch folgende Formel angewandt werden: | ||
:<math>\psi=\frac{H_u} {m_H c_p T_1 \varepsilon^{\kappa-1}\xi}-\frac {1}{\kappa}+ \frac{1}{\kappa\xi}+1</math> | |||
:<math>T_4=T_3\cdot\psi</math> und <math>V_4=V_3\cdot\psi</math>; Temperatur und Volumen nach der Gleichdruckverbrennung. T<sub>4</sub> ist die Höchsttemperatur. | :<math>T_4=T_3\cdot\psi</math> und <math>V_4=V_3\cdot\psi</math>; Temperatur und Volumen nach der Gleichdruckverbrennung. T<sub>4</sub> ist die Höchsttemperatur. | ||
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* (1 - 2) Der Kolben bewegt sich in Richtung oberer Totpunkt. Die sich im Zylinder befindliche Luft wird verdichtet. Das heißt, es wird Arbeit an der Luft verrichtet. | * (1 - 2) Der Kolben bewegt sich in Richtung oberer Totpunkt. Die sich im Zylinder befindliche Luft wird verdichtet. Das heißt, es wird Arbeit an der Luft verrichtet. | ||
* (2 - 3) Der Dieselkraftstoff wird vor dem oberen Totpunkt in den Brennraum eingespritzt. Durch die hohe Temperatur der komprimierten Luft entzündet sich der Einspritzstrahl und die innere Energie des Brennstoffs wird in Form von Wärme freigesetzt. Dies erfolgt in diesem Prozessschritt zunächst bei ungefähr gleichbleibendem Volumen. | * (2 - 3) Der Dieselkraftstoff wird vor dem oberen Totpunkt in den Brennraum eingespritzt. Durch die hohe Temperatur der komprimierten Luft entzündet sich der Einspritzstrahl und die innere Energie des Brennstoffs wird in Form von Wärme freigesetzt. Dies erfolgt in diesem Prozessschritt zunächst bei ungefähr gleichbleibendem Volumen. | ||
* (3 - 4) Durch die andauernde Verbrennung über den oberen Totpunkt hinaus wird die Temperatur | * (3 - 4) Durch die andauernde Verbrennung über den oberen Totpunkt hinaus wird die Temperatur bei etwa gleichem Druck der Brenngase weiter erhöht. | ||
* (4 - 5) Die Verbrennung endet nun und das Verbrennungsgas entspannt sich bei gleichbleibender Entropie. Es wird technische Arbeit am Kolben geleistet (Kraft mal Weg). Das Volumen des Verbrennungsgases steigt an, Druck und Temperatur sinken bis der Kolben den unteren Totpunkt erreicht. | * (4 - 5) Die Verbrennung endet nun und das Verbrennungsgas entspannt sich bei gleichbleibender Entropie. Es wird technische Arbeit am Kolben geleistet (Kraft mal Weg). Das Volumen des Verbrennungsgases steigt an, Druck und Temperatur sinken, bis der Kolben den unteren Totpunkt erreicht. | ||
* (5 - 1) Das Auslassventil wird geöffnet, das | * (5 - 1) Das Auslassventil wird geöffnet, das heiße Abgas verlässt mit Überdruck den Brennraum. Restgas und Wärme wird mit wenig Gegendruck ausgestoßen. | ||
== Ottomotor == | == Ottomotor == | ||
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* (1 - 2) Der Kolben bewegt sich in Richtung oberer Totpunkt und das Luft-Kraftstoff-Gemisch wird verdichtet. Das heißt, es wird Arbeit am Luft-Kraftstoff-Gemisch verrichtet. | * (1 - 2) Der Kolben bewegt sich in Richtung oberer Totpunkt und das Luft-Kraftstoff-Gemisch wird verdichtet. Das heißt, es wird Arbeit am Luft-Kraftstoff-Gemisch verrichtet. | ||
* (2 - 3) Die Zündkerze startet die Verbrennung des Luft-Kraftstoff-Gemisches vor dem oberen Totpunkt und die innere Energie des Brennstoffs wird in Form von Wärme und Druck freigesetzt. Dies erfolgt zunächst bei ungefähr gleichem Volumen (isochor). | * (2 - 3) Die Zündkerze startet die Verbrennung des Luft-Kraftstoff-Gemisches vor dem oberen Totpunkt und die innere Energie des Brennstoffs wird in Form von Wärme und Druck freigesetzt. Dies erfolgt zunächst bei ungefähr gleichem Volumen (isochor). | ||
* (3 - 4) Nach dem oberen Totpunkt des Kolbens erreicht die Verbrennung vor der Höchsttemperatur nun Höchstdruck, der solange gehalten wird (isobar) bis der Hauptteil des Gemisches verbrannt ist und die Temperatur wieder sinkt. | * (3 - 4) Nach dem oberen Totpunkt des Kolbens erreicht die Verbrennung vor der Höchsttemperatur nun Höchstdruck, der solange gehalten wird (isobar), bis der Hauptteil des Gemisches verbrannt ist und die Temperatur wieder sinkt. | ||
* (4 - 5) Das Gemisch verbrennt nun vollständig und das Brenngas entspannt sich weiter bei gleichbleibender Entropie bis der Kolben den unteren Totpunkt erreicht. In dieser Prozessphase wird am Kolben technische Arbeit geleistet (Arbeitstakt). | * (4 - 5) Das Gemisch verbrennt nun vollständig und das Brenngas entspannt sich weiter bei gleichbleibender Entropie, bis der Kolben den unteren Totpunkt erreicht. In dieser Prozessphase wird am Kolben technische Arbeit geleistet (Arbeitstakt). | ||
* (5 - 1) Das Auslassventil wird geöffnet und das Abgas | * (5 - 1) Das Auslassventil wird geöffnet und das Abgas entweicht zuerst durch den Restdruck und dann durch die Aufwärtsbewegung des Kolbens. Dabei wird Energie in Form von Restdruck und Wärme abgeführt. | ||
== Realer Prozess beim Viertakter == | == Realer Prozess beim Viertakter == | ||
[[Datei:pV-Diagramm.jpg|mini|pV-Diagramm | [[Datei:pV-Diagramm.jpg|mini|Logarithmisches pV-Diagramm für Viertaktmotoren (inklusiv Ladungswechsel)]] | ||
Das Ansaugen und Ausschieben ist mit Reibungs- und Pumpverlusten verbunden (linksdrehende Schleife im pV-Diagramm für die Ladungswechselarbeit). Die Voreinspritzung und die Vorzündung erfolgen weit vor dem oberen Totpunkt, was ebenfalls negativ in die Nutzarbeitsbilanz einfließt. Ein Teil der Verbrennungsenergie (neben endothermer Bildung von Stickoxid und andern schädlichen Abgasen) geht ohne Arbeitsleistung durch Wärmeübergang an die Brennraumwände verloren. Der Höchstdruck ist tiefer als der rechnerische wegen Abdichtungsverlusten. Die Expansionskurve liegt somit unterhalb des idealen Verlaufes. Das Auslassventil wird vor dem unteren Totpunkt geöffnet, was die Prozessfläche (Arbeitsleistung) abrundet und verkleinert. | Das Ansaugen und Ausschieben ist mit Reibungs- und Pumpverlusten verbunden (linksdrehende Schleife im pV-Diagramm für die Ladungswechselarbeit). Die Voreinspritzung und die Vorzündung erfolgen weit vor dem oberen Totpunkt, was ebenfalls negativ in die Nutzarbeitsbilanz einfließt. Ein Teil der Verbrennungsenergie (neben endothermer Bildung von Stickoxid und andern schädlichen Abgasen) geht ohne Arbeitsleistung durch Wärmeübergang an die Brennraumwände verloren. Der Höchstdruck ist tiefer als der rechnerische wegen Abdichtungsverlusten. Die Expansionskurve liegt somit unterhalb des idealen Verlaufes. Das Auslassventil wird vor dem unteren Totpunkt geöffnet, was die Prozessfläche (Arbeitsleistung) abrundet und verkleinert. | ||
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* [http://www.maschinenbau-fh.de/t_seiliger.html ''Seiliger-Kreisprozess''.] | * [http://www.maschinenbau-fh.de/t_seiliger.html ''Seiliger-Kreisprozess''.] | ||
* {{Webarchiv|url= http://www.fbm.fh-frankfurt.de/vkmlabor/kreispro/kreisp08.htm | wayback = 20091108000417 | text=''Der vollkommene Motor''.}} FH-Frankfurt | * {{Webarchiv|url= http://www.fbm.fh-frankfurt.de/vkmlabor/kreispro/kreisp08.htm | wayback = 20091108000417 | text=''Der vollkommene Motor''.}} FH-Frankfurt | ||
* [http://www.unibw.de/lrt10/lehre/thermo/Folien_ThermoI_6_.pdf ''Thermodynamik''.] (PDF; 9,7 MB) Uni München | * [https://web.archive.org/web/20120131172352/http://www.unibw.de/lrt10/lehre/thermo/Folien_ThermoI_6_.pdf ''Thermodynamik''.] (PDF; 9,7 MB) Uni München | ||
* [http://duepublico.uni-duisburg-essen.de/servlets/DerivateServlet/Derivate-17146/Grundlagen%20der%20Technischen%20Thermodynamik%20mit%20%C3%9Cbungsaufgaben.pdf Uni Duisburg-Essen] (PDF; 2,6 MB) | * [http://duepublico.uni-duisburg-essen.de/servlets/DerivateServlet/Derivate-17146/Grundlagen%20der%20Technischen%20Thermodynamik%20mit%20%C3%9Cbungsaufgaben.pdf Uni Duisburg-Essen] (PDF; 2,6 MB) | ||
[[Kategorie:Thermodynamischer Kreisprozess]] | [[Kategorie:Thermodynamischer Kreisprozess]] | ||
[[Kategorie:Verbrennungsmotorentechnik]] | [[Kategorie:Verbrennungsmotorentechnik]] |
Der Seiliger-Kreisprozess ist ein gemischter Vergleichsprozess (Gleichraum- und Gleichdruckprozess), der verwendet wird, um die Vorgänge in Verbrennungsmotoren darzustellen. Er bildet den sogenannten vollkommenen Motor ab. Sowohl der Gleichdruckprozess als auch der Gleichraumprozess sind als Spezialfälle im Seiliger-Prozess enthalten.
Der Gleichdruckprozess (Diesel-Prozess) mit seiner rein isobaren Wärmezufuhr kann in der Praxis nicht realisiert werden, da eine Wärmezufuhr ohne Druckerhöhung nicht möglich ist. Der Gleichraumprozess (Otto-Prozess) mit seiner rein isochoren Wärmezufuhr kann in der Praxis nicht realisiert werden, da eine beliebig schnelle Wärmezuführung nicht möglich ist. Die teilweise isobare und teilweise isochore Wärmezufuhr im Seiliger-Prozess liefert eine sehr gute Annäherung an die real ablaufenden Prozesse in Diesel- und Ottomotoren.
Der 1922 von Myron Seiliger vorgeschlagene Vergleichsprozess gliedert sich bei Motoren ohne Motoraufladung in fünf Prozessschritte:
Dabei bedeuten positive Wärme- oder Arbeitsenergiewerte eine Energiezufuhr (Arbeitsaufwand) und negative Arbeits- oder Wärmeenergiewerte eine Energieabgabe (Nutzarbeit). Der Gaswechselzyklus (isobares Ausstoßen und Ansaugen) ist nicht berücksichtigt.
Der thermische Wirkungsgrad des Seiliger-Prozesses hängt neben dem Volumenverhältnis $ \varepsilon $ (Expansionsverhältnis, Verdichtungsverhältnis) und dem Isentropenexponent $ \kappa $ von der Aufteilung der zugeführten Wärmemenge für das Drucksteigerungsverhältnis $ \xi $ und der Wärmemenge für das Voll- oder Gleichdruckverhältnis $ \psi $ ab und lässt sich folgendermaßen bestimmen:
Der erste Hauptfaktor ist der thermodynamische Verlust für den Gleichraumprozess. Der zweite Hauptfaktor ist der zusätzliche Verlust durch den Gleichdruckprozess und somit größer als 1. Der Gleichraumprozess ist effizienter als der Gleichdruckprozess. Der thermische Wirkungsgrad des Seiliger-Prozesses liegt zwischen dem Gleichraumprozess und dem Gleichdruckprozess.
Zur Veranschaulichung der Zustandsgrößen wird im Folgenden ein ideales Gas mit temperaturunabhängiger und gleicher Wärmekapazität für Verdichtung und Expansion benutzt.
Die Wärmezufuhr des gemischten Prozesses setzt sich wie folgt zusammen:
Statt mit absoluten Heizenergien und Massen zu rechnen, wird im Folgenden mit spezifischen Heizenergien und Massen gerechnet.
Die Drucksteigerung p3/p2 entspricht auch der Temperaturerhöhung T3/T2 während der Gleichraumphase. Die absolute Druckzunahme p3-p2 ist direkt abhängig von der gewählten spezifischen Energiezufuhr HV.
Die Volumenvergrößerung V4/V3 entspricht auch der Temperaturerhöhung T4/T3 während der Gleichdruckphase. Die absolute Temperaturzunahme T4-T3 ergibt sich direkt aus der verbliebenen (Hu - HV) spezifischen Energiezufuhr HP.
Im Dieselmotor werden diese fünf Prozessschritte wie folgt realisiert:
Im Ottomotor werden diese fünf Prozessschritte wie folgt realisiert:
Das Ansaugen und Ausschieben ist mit Reibungs- und Pumpverlusten verbunden (linksdrehende Schleife im pV-Diagramm für die Ladungswechselarbeit). Die Voreinspritzung und die Vorzündung erfolgen weit vor dem oberen Totpunkt, was ebenfalls negativ in die Nutzarbeitsbilanz einfließt. Ein Teil der Verbrennungsenergie (neben endothermer Bildung von Stickoxid und andern schädlichen Abgasen) geht ohne Arbeitsleistung durch Wärmeübergang an die Brennraumwände verloren. Der Höchstdruck ist tiefer als der rechnerische wegen Abdichtungsverlusten. Die Expansionskurve liegt somit unterhalb des idealen Verlaufes. Das Auslassventil wird vor dem unteren Totpunkt geöffnet, was die Prozessfläche (Arbeitsleistung) abrundet und verkleinert.