Weltraumwetter: Unterschied zwischen den Versionen

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Der Begriff '''Weltraumwetter''' ist analog zu irdischen atmosphärischen [[Wetter]]phänomenen definiert und beschreibt Veränderungen des [[interplanetarer Staub|interplanetaren]] und [[interstellares Medium|interstellaren Mediums]], die speziell im erdnahen Bereich der [[Magnetosphäre]] (bis 50.000 km Abstand zur Erde) wahrgenommen werden. Hauptsächliche Ursachen sind der [[Sonnenwind]] und die galaktische [[kosmische Strahlung]] der [[Milchstraße]]. Durch diese Einflüsse wird der [[Van-Allen-Strahlungsgürtel]] beeinflusst und es gelangen in unregelmäßigen Abständen verstärkt Materie, Teilchen- und Strahlungsströme in das Umfeld der Erde. Diese beeinflussen damit die irdische Magnetosphäre, [[Ionosphäre]] und [[Erdatmosphäre]].
Der Begriff '''Weltraumwetter''' ist [[Analogie (Rhetorik)|analog]] zu irdischen atmosphärischen [[Wetter]]phänomenen definiert und beschreibt Veränderungen des [[interplanetarer Staub|interplanetaren]] und [[interstellares Medium|interstellaren Mediums]], die speziell im erdnahen Bereich der [[Magnetosphäre]] (bis 50.000 km Abstand zur Erde) wahrgenommen werden. Hauptsächliche Ursachen sind der [[Sonnenwind]] und die galaktische [[kosmische Strahlung]] der [[Milchstraße]]. Durch diese Einflüsse wird der [[Van-Allen-Strahlungsgürtel]] beeinflusst und es gelangen in unregelmäßigen Abständen verstärkt Materie, Teilchen- und Strahlungsströme in das Umfeld der Erde. Diese beeinflussen damit die irdische Magnetosphäre, [[Ionosphäre]] und [[Erdatmosphäre]].


Auf Grund der umfassenden Auswirkungen auf das irdische Leben stellt das Weltraumwetter heute ein wichtiges Forschungsgebiet dar. Ziel ist es, die zu Grunde liegenden physikalischen Mechanismen zu verstehen, um derartige Ereignisse vorherzusagen oder zumindest rechtzeitig erkennen zu können, so dass geeignete Schutzmaßnahmen getroffen werden können.
Aufgrund der umfassenden Auswirkungen auf das irdische Leben stellt das Weltraumwetter ein wichtiges Forschungsgebiet dar. Ziel ist es, die zu Grunde liegenden physikalischen Mechanismen zu verstehen, um derartige Ereignisse vorherzusagen oder zumindest rechtzeitig erkennen zu können, damit dann möglicherweise geeignete Schutzmaßnahmen getroffen werden können.


== Ursachen und Phänomene ==
== Ursachen und Phänomene ==
=== Überblick ===
=== Überblick ===
[[Datei:Sonnenwind.svg|mini|Schema zum Weltraumwetter]]
[[Datei:Sonnenwind.svg|mini|Schema zum Weltraumwetter]]
Die Erde verfügt über umfangreiche natürliche Schutzmechanismen vor äußeren Einflüssen. So wirken [[Magnetosphäre]], [[Ionosphäre]] und [[Erdatmosphäre]] als Filter für Materie und Strahlung aus dem Weltraum. Insbesondere die Magnetosphäre als äußerste Schicht stellt ein bedeutendes Hindernis für den Sonnenwind dar und lenkt diesen in einem großen Bogen um die Erde herum. Erst bei starken Einflüssen genügt dieser Schutz nicht mehr und die externen Faktoren werden auf der Erdoberfläche für Menschen spürbar.
Die Erde verfügt über umfangreiche natürliche Schutzmechanismen vor äußeren Einflüssen. So wirken die [[Magnetosphäre]] und die [[Erdatmosphäre]] als Filter für Materie und Strahlung aus dem Weltraum. Insbesondere die Magnetosphäre als äußerste Schicht stellt ein bedeutendes Hindernis für den Sonnenwind dar und lenkt diesen in einem großen Bogen um die Erde herum. Erst bei starken Einflüssen genügt dieser Schutz nicht mehr und die externen Faktoren werden auf der Erdoberfläche für Menschen spürbar.


Als Hauptursache des Weltraumwetters gelten die Strukturen und Variabilität der [[Sonnenkorona]]. Durch sogenannte [[Koronaler Massenauswurf|CMEs]] (engl. ''coronal mass ejections'' – koronale Massenauswürfe) und [[Sonneneruption]]en werden riesige Mengen Materie freigesetzt. Dabei entstehen enorme [[Stoßwelle]]n, die den sonst relativ kontinuierlichen Sonnenwind, der Teilchen der Sonne in Richtung der Erde transportiert, abrupt verstärken. Der Sonnenwind übt daher einen wesentlich größeren Druck auf die Magnetosphäre aus. Die daraus resultierenden kurzfristig veränderlichen Erscheinungen werden als Weltraumwetter bezeichnet.
Als Hauptursache des Weltraumwetters gelten die Strukturen und Variabilität der [[Sonnenkorona]]. Durch [[Koronaler Massenauswurf|koronale Massenauswürfe]] und [[Sonneneruption]]en werden riesige Mengen Materie freigesetzt. Dabei entstehen enorme [[Stoßwelle]]n, die den sonst relativ kontinuierlichen Sonnenwind, der Teilchen der Sonne in Richtung der Erde transportiert, abrupt verstärken. Der Sonnenwind übt daher einen wesentlich größeren Druck auf die Magnetosphäre aus. Die daraus resultierenden kurzfristig veränderlichen Erscheinungen werden als Weltraumwetter bezeichnet.


[[Datei:171879main LimbFlareJan12 lg.jpg|mini|Eruption an der Photosphäre der Sonne (Aufnahme des [[Hinode]]-Teleskops)]]
[[Datei:171879main LimbFlareJan12 lg.jpg|mini|Eruption an der Photosphäre der Sonne (Aufnahme des [[Hinode]]-Teleskops)]]
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{{Hauptartikel|Koronaler Massenauswurf}}
{{Hauptartikel|Koronaler Massenauswurf}}


Unter einem koronalen Massenauswurf (CME) versteht man den Ausstoß großer Mengen Materie (mehrere 10&nbsp;Milliarden Tonnen) aus der [[Korona (Sonne)|Korona]] (der äußersten Schicht der Sonnenatmosphäre) in den umgebenden Weltraum. Dies erfolgt in Form von riesigen Gaswolken mit enormer Geschwindigkeit. Im Gegensatz zu den Flares lassen sich CMEs jedoch auch unter Zuhilfenahme optischer Geräte nicht direkt beobachten. Erst der [[Koronograph]], der die eigentliche Sonnenscheibe gezielt abgedeckt und nur Licht der Korona zum Detektor hindurch lässt, macht dieses Phänomen beobachtbar. Aus dieser Tatsache begründet sich auch der spätere Zeitpunkt der erstmaligen Entdeckung 1971 durch Richard Tousey.<ref>[http://hesperia.gsfc.nasa.gov/summerschool/lectures/vourlidas/AV_intro2CMEs/additional%20material/corona_history.pdf R.A.Howard, A Historical Perspective on Coronal Mass Ejections] (PDF; 183&nbsp;kB)</ref>
Unter einem koronalen Massenauswurf (engl. CME – ''coronal mass ejections'') versteht man den Ausstoß großer Mengen Materie (mehrere 10&nbsp;Milliarden Tonnen) aus der [[Korona (Sonne)|Korona]] (der äußersten Schicht der Sonnenatmosphäre) in den umgebenden Weltraum. Dies erfolgt in Form von riesigen Gaswolken mit enormer Geschwindigkeit. Im Gegensatz zu den Flares lassen sich CMEs jedoch auch unter Zuhilfenahme optischer Geräte nicht direkt beobachten. Erst der [[Koronograph]], der die eigentliche Sonnenscheibe gezielt abgedeckt und nur Licht der Korona zum Detektor hindurch lässt, macht dieses Phänomen beobachtbar. Aus dieser Tatsache begründet sich auch der spätere Zeitpunkt der erstmaligen Entdeckung 1971 durch [[Richard Tousey]].<ref>R. A. Howard: ''A Historical Perspective on Coronal Mass Ejections''. In: Natchimuthukonar Gopalswamy, Richard Mewaldt, Jarmo Torsti (Hg.): ''Solar Eruptions and Energetic Particles'' Bd. 16. [[American Geophysical Union]], 2006, ISBN 978-0-87590-430-6, DOI doi.org/10.1029/165GM03 ([http://hesperia.gsfc.nasa.gov/summerschool/lectures/vourlidas/AV_intro2CMEs/additional%20material/corona_history.pdf zum Artikel]; PDF; 0,2&nbsp;MB)</ref>


Das Material, das mit dem Sonnenwind Richtung Erde transportiert wird, ist elektrisch geladen. Durch die Interaktion mit dem interplanetaren Magnetfeld wird dieses stark verformt. Das interplanetare Magnetfeld geht von der Sonne aus und breitet sich normalerweise auf Grund der [[Sonnenrotation|Eigenrotation der Sonne]] spiralförmig bis zum Rand des [[Sonnensystem]]s aus. Bezogen auf die Erde liegt es zusätzlich in deren Bahnebene. Durch die geladenen Teilchen einer CME kann dieses Magnetfeld jedoch aus dieser Ebene herausgedreht werden. Entsteht dabei eine [[Magnetfeld|Feldkomponente]], die den [[Feldlinie]]n des irdischen Magnetfeldes entgegengesetzt ist, kommt es an der der Sonne zugewandten Seite der Magnetosphäre zu einem Kurzschluss und interplanetares und irdisches Magnetfeld verbinden sich. Längs der entstehenden gemeinsamen Magnetfeldlinien können die geladenen Teilchen der CME nun in die Magnetosphäre eindringen und massive Folgen hervorrufen. Die Häufigkeit der CMEs variiert mit der Sonnenaktivität: In Jahren niedriger Sonnenaktivität gibt es nur einige dutzende starke CMEs; in den aktiven Phasen kann es mehr als hundert CMEs geben.<ref>[http://cdaw.gsfc.nasa.gov/CME_list/ SOHO LASCO CME Katalog]</ref><ref>H. Cremades, V. Bothmer: ''On the three-dimensional configuration of coronal mass ejections'' In: ''[[Astronomy and Astrophysics]]'' 422/2004. EDP Sciences, S. 307–322, {{ISSN|0004-6361}}, [http://www.aanda.org/index.php?option=article&access=standard&Itemid=129&url=/articles/aa/abs/2004/28/aa0776/aa0776.html zum Artikel]</ref>
Das Material, das mit dem Sonnenwind Richtung Erde transportiert wird, ist elektrisch geladen. Durch die Interaktion mit dem interplanetaren Magnetfeld wird dieses stark verformt. Das interplanetare Magnetfeld geht von der Sonne aus und breitet sich normalerweise auf Grund der [[Sonnenrotation|Eigenrotation der Sonne]] spiralförmig bis zum Rand des [[Sonnensystem]]s aus. Bezogen auf die Erde liegt es zusätzlich in deren Bahnebene. Durch die geladenen Teilchen einer CME kann dieses Magnetfeld jedoch aus dieser Ebene herausgedreht werden. Entsteht dabei eine [[Magnetfeld|Feldkomponente]], die den [[Feldlinie]]n des irdischen Magnetfeldes entgegengesetzt ist, kommt es an der der Sonne zugewandten Seite der Magnetosphäre zu einem Kurzschluss und interplanetares und irdisches Magnetfeld verbinden sich. Längs der entstehenden gemeinsamen Magnetfeldlinien können die geladenen Teilchen der CME nun in die Magnetosphäre eindringen und massive Folgen hervorrufen. Die Häufigkeit der CMEs variiert mit der Sonnenaktivität: In Jahren niedriger Sonnenaktivität gibt es nur einige dutzende starke CMEs; in den aktiven Phasen kann es mehr als hundert CMEs geben.<ref>[http://cdaw.gsfc.nasa.gov/CME_list/ SOHO LASCO CME Katalog]</ref><ref>H. Cremades, V. Bothmer: ''On the three-dimensional configuration of coronal mass ejections'' In: ''[[Astronomy and Astrophysics]]'' 422/2004. EDP Sciences, S. 307–322, {{ISSN|0004-6361}}, [https://www.aanda.org/articles/aa/abs/2004/28/aa0776/aa0776.html zum Artikel]</ref>


=== Galaktische kosmische Strahlung ===
=== Galaktische kosmische Strahlung ===
{{Hauptartikel|Kosmische Strahlung}}
{{Hauptartikel|Kosmische Strahlung}}


Auch die galaktische kosmische Strahlung beeinflusst das irdische Leben. Sie besteht aus extrem energiereichen und somit enorm schnellen Teilchen (mehr als 1&nbsp;GeV), die ihren Ursprung außerhalb des Sonnensystems, aber innerhalb der Milchstraße haben. Treffen diese Teilchen auf die die Erde umgebenden Schichten, so kommt es zur [[Ionisation]] von Atomen und Molekülen in der unteren [[Stratosphäre]] und oberen [[Troposphäre]] in 10 bis 20&nbsp;km Höhe. Wachsen Ionen schnell genug, könnte dies zur Bildung von [[Kondensationskern]]en führen – der Grundlage der Wolkenentstehung.<ref>Franck Arnold: ''Wolken unter kosmischen Einfluss''. In: ''[[MaxPlanckForschung]]'' 1/2003, S. 7-8, {{ISSN|0341-7727}}, ([http://www.mpg.de/bilderBerichteDokumente/multimedial/mpForschung/2003/heft01/1_03MPF_07_08.pdf zum Artikel])</ref> Die Vermutung, dass kosmische Strahlung so Einfluss auf das irdische Wetter und Klima nimmt, ließ sich bislang durch Beobachtungen nicht sicher bestätigen.<ref>{{Literatur | Sammelwerk=J. Space Weather Space Clim. | DOI=10.1051/swsc/2012018 | Titel=A cosmic ray-climate link and cloud observations | Autor=Benjamin A. Laken et al. | Band=2 | Jahr=2012}}</ref>
Auch die galaktische kosmische Strahlung beeinflusst das irdische Leben. Sie besteht aus extrem energiereichen und somit enorm schnellen Teilchen (mehr als 1&nbsp;GeV), die ihren Ursprung außerhalb des Sonnensystems, aber innerhalb der Milchstraße haben. Treffen diese Teilchen auf die die Erde umgebenden Schichten, so kommt es zur [[Ionisation]] von Atomen und Molekülen in der unteren [[Stratosphäre]] und oberen [[Troposphäre]] in 10 bis 20&nbsp;km Höhe. Wachsen Ionen schnell genug, könnte dies zur Bildung von [[Kondensationskern]]en führen – der Grundlage der Wolkenentstehung.<ref>Franck Arnold: ''Wolken unter kosmischen Einfluss''. In: ''[[MaxPlanckForschung]]'' 1/2003, S. 7–8, {{ISSN|0341-7727}}</ref> Die Vermutung, dass kosmische Strahlung so Einfluss auf das irdische Wetter und Klima nimmt, ließ sich bislang durch Beobachtungen nicht sicher bestätigen.<ref>{{Literatur | Sammelwerk=J. Space Weather Space Clim. | DOI=10.1051/swsc/2012018 | Titel=A cosmic ray-climate link and cloud observations | Autor=Benjamin A. Laken et al. | Band=2 | Jahr=2012}}</ref>
Es entsteht auch eine sekundäre kosmische Strahlung durch Teilchenanregung. Daraus resultiert eine erhöhte Strahlenexposition für die Luftfahrt und das Flugzeugpersonal.
Es entsteht auch eine sekundäre kosmische Strahlung durch Teilchenanregung. Daraus resultiert eine erhöhte Strahlenexposition für die Luftfahrt und das Flugzeugpersonal.


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=== Weitere Ursachen ===
=== Weitere Ursachen ===
[[Datei:Soleil Coronographe.jpg|mini|Aufnahme der Korona]]
[[Datei:Soleil Coronographe.jpg|mini|Aufnahme der Korona]]
Neben diesen Teilchen- und Strahlungsströmen der Sonne und der Milchstraße wirken weitere Faktoren auf das Weltraumwetter. Kosmische Katastrophen im Sonnensystem, der Milchstraße oder auch [[Extragalaktische Astronomie|extragalaktischer]] Natur, wie beispielsweise eine [[Supernova]], können ebenfalls Einfluss auf das Weltraumwetter haben. So erzeugt eine Supernova sehr hohe Intensitäten an Röntgen- und Gammastrahlung. Extragalaktische kosmische Strahlung kann wegen ihrer extrem hohen Energien (&gt;<math>10^{20}</math> eV) einen besonders starken Einfluss auf das irdische Leben haben. Dieser Faktor ist in den letzten Jahrtausenden jedoch anscheinend relativ konstant geblieben.
Neben diesen Teilchen- und Strahlungsströmen der Sonne und der Milchstraße wirken weitere Faktoren auf das Weltraumwetter. Kosmische Katastrophen im Sonnensystem, der Milchstraße oder auch [[Extragalaktische Astronomie|extragalaktischer]] Natur, wie beispielsweise eine [[Supernova]], können ebenfalls Einfluss auf das Weltraumwetter haben. So erzeugt eine Supernova sehr hohe Intensitäten an Röntgen- und Gammastrahlung. Extragalaktische kosmische Strahlung kann wegen ihrer extrem hohen Energien (> 10<sup>20</sup> eV) einen besonders starken Einfluss auf das irdische Leben haben. Dieser Faktor ist in den letzten Jahrtausenden jedoch anscheinend relativ konstant geblieben.


Deutlich wird der Einfluss kosmischer Ereignisse an sogenannten [[Gammablitz|Gamma-Ray-Bursts]]. Ein Gamma-Ray-Burst (oder auch Gammablitz) äußert sich in einem extrem kurzen, sehr hellen Aufleuchten eines Objekts, bei dem gewaltige Energiemengen freiwerden. Als Ursache für diesen Vorgang werden heute Kollisionen von [[Neutronenstern]]en sowie spezielle Supernovaeexplosionen (sogenannte [[Hypernova]]e) diskutiert. Obwohl die emittierte Gammastrahlung die irdische Biosphäre nicht erreichen kann (die Atmosphäre verhindert ein Eindringen der Strahlung), erzeugt diese Strahlung giftige Stickoxide, welche eine Zerstörung der [[Ozonschicht]] zur Folge hätten (vgl. [[Gammablitz]]). Würde ein Gammablitz in der Nähe des Sonnensystems stattfinden, so würde dabei die Ozonschicht für mehrere Jahre zerstört: Erhebliche Strahlenschäden des irdischen Lebens wären die Folge.
Deutlich wird der Einfluss kosmischer Ereignisse an sogenannten [[Gammablitz|Gamma-Ray-Bursts]]. Ein Gamma-Ray-Burst (oder auch Gammablitz) äußert sich in einem extrem kurzen, sehr hellen Aufleuchten eines Objekts, bei dem gewaltige Energiemengen freiwerden. Als Ursache für diesen Vorgang werden heute Kollisionen von [[Neutronenstern]]en sowie spezielle Supernovaeexplosionen (sogenannte [[Hypernova]]e) diskutiert. Obwohl die emittierte Gammastrahlung die irdische Biosphäre nicht erreichen kann (die Atmosphäre verhindert ein Eindringen der Strahlung), erzeugt diese Strahlung giftige Stickoxide, welche eine Zerstörung der [[Ozonschicht]] zur Folge hätten (vgl. [[Gammablitz]]). Würde ein Gammablitz in der Nähe des Sonnensystems stattfinden, so würde dabei die Ozonschicht für mehrere Jahre zerstört: Erhebliche Strahlenschäden des irdischen Lebens wären die Folge.


== Auswirkungen ==
== Auswirkungen ==
[[Datei:Sunspots-gn-yr-total-smoothed-de.svg|mini|Maunder-Minimum zwischen 1645 und 1715]]
[[Datei:Sunspots-gn-yr-total-smoothed-de.svg|mini|Maunder-Minimum zwischen 1645 und 1715]]
Heute existieren viele Technologien, die durch das Weltraumwetter beeinflusst werden können. Durch Zerstörung der Bordelektronik kann energiereiche Partikelstrahlung die Übertragung von TV- oder Mobilfunk-Satelliten direkt unterbrechen. Auch die Ausbreitungsbedingungen für die in Telekommunikations- und Navigationssystemen genutzten Funkwellen können sich unter dem Einfluss des Weltraumwetters verschlechtern. Nach Schätzungen verschiedener Wissenschaftler soll es allein durch Einflüsse und Änderungen des Weltraumwetters auf US-amerikanischer Seite 150 Ausfälle von Satelliten pro Jahr geben.<ref name="Sonnenwind und Weltraumwetter">R. Schwenn, K. Schlegel: ''Sonnenwind und Weltraumwetter''. In: ''Spektrum der Wissenschaft Dossier - Die Trabanten der Sonne'' 3/2001, S. 15-23, {{ISSN|0947-7934}}, ([http://www.mps.mpg.de/dokumente/publikationen/pa/pa_0107_weltraumwetter.pdf zum Artikel]; PDF; 432&nbsp;kB)</ref>
Heute existieren viele Technologien, die durch das Weltraumwetter beeinflusst werden können. Durch Zerstörung der Bordelektronik kann energiereiche Partikelstrahlung die Übertragung von TV- oder Mobilfunk-Satelliten direkt unterbrechen. Auch die Ausbreitungsbedingungen für die in Telekommunikations- und Navigationssystemen genutzten Funkwellen können sich unter dem Einfluss des Weltraumwetters verschlechtern. Nach Schätzungen verschiedener Wissenschaftler soll es allein durch Einflüsse und Änderungen des Weltraumwetters auf US-amerikanischer Seite 150 Ausfälle von Satelliten pro Jahr geben.<ref name="Sonnenwind und Weltraumwetter">R. Schwenn, K. Schlegel: ''Sonnenwind und Weltraumwetter''. In: ''Spektrum der Wissenschaft Dossier Die Trabanten der Sonne'' 3/2001, S. 15–23, {{ISSN|0947-7934}} ({{Webarchiv|text=zum Artikel |url=http://www.mps.mpg.de/dokumente/publikationen/pa/pa_0107_weltraumwetter.pdf |wayback=20070610211552}}; PDF; 0,4&nbsp;MB)</ref>
Auch für das [[Klima]] wird eine Kopplung an interplanetare Phänomene untersucht. Es gibt Vermutungen, dass sie während der „[[Kleine Eiszeit|Kleinen Eiszeit]]“ im Zeitraum des [[Maunderminimum]]s von 1665 bis 1715 regional eine Rolle gespielt haben könnten, in diesem Zeitraum korrelierten eine geringe [[Sonnenaktivität]] und niedrige Temperaturen. Mögliche Wirkungsweisen sind jedoch nach wie vor spekulativ.<ref>[[Willie Wei-Hock Soon]] and Steven H. Yaskell: ''The Maunder Minimum and the Variable Sun-Earth Connection'', World Scientific, 2003, ISBN 981-238-274-7</ref><ref>{{Internetquelle | autor=Tony Phillips | titel=Solar Variability and Terrestrial Climate | datum=2013-01-08 | zugriff=2016-09-20 | werk=NASA Science News | url=https://science.nasa.gov/science-news/science-at-nasa/2013/08jan_sunclimate/}}</ref>
Auch für das [[Klima]] wird eine Kopplung an interplanetare Phänomene untersucht. Es gibt Vermutungen, dass sie während der „[[Kleine Eiszeit|Kleinen Eiszeit]]“ im Zeitraum des [[Maunderminimum]]s von 1665 bis 1715 regional eine Rolle gespielt haben könnten, in diesem Zeitraum korrelierten eine geringe [[Sonnenaktivität]] und niedrige Temperaturen. Mögliche Wirkungsweisen sind jedoch nach wie vor spekulativ.<ref>[[Willie Wei-Hock Soon]] and Steven H. Yaskell: ''The Maunder Minimum and the Variable Sun-Earth Connection'', World Scientific, 2003, ISBN 981-238-274-7</ref><ref>{{Internetquelle | autor=Tony Phillips | titel=Solar Variability and Terrestrial Climate | datum=2013-01-08 | zugriff=2016-09-20 | werk=NASA Science News | url=https://science.nasa.gov/science-news/science-at-nasa/2013/08jan_sunclimate/}}</ref>


=== Elektromagnetische Strahlung und magnetische Stürme ===
=== Elektromagnetische Strahlung und magnetische Stürme ===
[[Datei:Magnetosphere rendition.jpg|mini|Wirkung der Magnetosphäre]]
[[Datei:Magnetosphere rendition.jpg|mini|Wirkung der Magnetosphäre]]
Sonneneruptionen verstärken den Fluss hochenergetischer Teilchen zur Erde. Dadurch können auch elektronische Bauteile auf der Erdoberfläche gestört werden. Die Ausschussrate bei der Anfertigung von empfindlichen [[Halbleiter]]elementen während der Magnetstürme ist erheblich höher.<ref>Thomas Bührke: ''Jenseits der Milchstraße''. Themenheft des [[BMBF]] (2000), ([http://www.weltderphysik.de/fileadmin/user_upload/Redaktion/Broschueren_PDF/Highlights_der_Physik/2000_HdPThemenheft_JenseitsderMilchstrasse.pdf zum Artikel]; PDF; 1,1&nbsp;MB)</ref> Durch den Aufprall eines CMEs auf die Erdmagnetosphäre kommt es zur Ausbildung von [[Magnetischer Sturm|erdmagnetischen Stürmen]]. Diese sind mit einer raschen Änderung der Richtung und Stärke des Magnetfelds am Boden verbunden. Daraufhin können in ausgedehnten elektrischen Leitern wie z.&nbsp;B. Hochspannungsleitungen oder in [[Pipeline]]s hohe Ströme induziert werden. Die Störung industrieller Produktionen, wie beispielsweise der Computerchip-Herstellung, Zusammenbrüche von Hochspannungsnetzen und Korrosionen in Öl-Pipelines offenbaren erhebliche Korrelationen zwischen Sonnenaktivität und Auftreten dieser wirtschaftlichen Ausfälle.<ref name="Auswirkungen">F. Kneer et al. (Hrsg.): ''Perspektiven der Erforschung von Sonne und Heliosphäre in Deutschland'', Copernicus GmbH, Katlenburg-Lindau 2003, S. , ISBN 3-936586-19-5 ([http://www.mps.mpg.de/homes/schuessler/perspektiven.pdf zum Artikel]; PDF; 3,8&nbsp;MB)</ref>
Sonneneruptionen verstärken den Fluss hochenergetischer Teilchen zur Erde. Dadurch können auch elektronische Bauteile auf der Erdoberfläche gestört werden. Die Ausschussrate bei der Anfertigung von empfindlichen [[Halbleiter]]elementen während der Magnetstürme ist erheblich höher.<ref>Thomas Bührke: ''Jenseits der Milchstraße''. Themenheft des [[BMBF]] (2000; [http://www.weltderphysik.de/fileadmin/user_upload/Redaktion/Broschueren_PDF/Highlights_der_Physik/2000_HdPThemenheft_JenseitsderMilchstrasse.pdf zum Artikel]; PDF; 1&nbsp;MB)</ref> Durch den Aufprall eines CMEs auf die Erdmagnetosphäre kommt es zur Ausbildung von [[Magnetischer Sturm|erdmagnetischen Stürmen]]. Diese sind mit einer raschen Änderung der Richtung und Stärke des Magnetfelds am Boden verbunden. Daraufhin können in ausgedehnten elektrischen Leitern wie z.&nbsp;B. Hochspannungsleitungen oder in [[Pipeline]]s hohe Ströme induziert werden. Die Störung industrieller Produktionen, wie beispielsweise der Computerchip-Herstellung, Zusammenbrüche von Hochspannungsnetzen und Korrosionen in Öl-Pipelines offenbaren erhebliche Korrelationen zwischen Sonnenaktivität und Auftreten dieser wirtschaftlichen Ausfälle.<ref name="Auswirkungen">F. Kneer et al. (Hrsg.): ''Perspektiven der Erforschung von Sonne und Heliosphäre in Deutschland'', Copernicus GmbH, Katlenburg-Lindau 2003, ISBN 3-936586-19-5 ([http://www.mps.mpg.de/homes/schuessler/perspektiven.pdf zum Artikel]; PDF; 4&nbsp;MB)</ref>


Das Weltraumwetter kann moderne Kommunikationssysteme durch eine direkte (Zer-)Störung der elektronischen Geräte an Bord der dafür genutzten Satelliten beeinträchtigen. Satellitenkommunikation, -navigation und -orientierung werden dabei sowohl durch Teilchenströme als auch durch schwankende Magnetfelder erheblich eingeschränkt. Auch können Sonnenstürme Bauteile von Satelliten beschädigen, zerstören oder zu Systemabstürzen führen. Es wird erwartet, dass dies besonders bei Satelliten auftreten dürfte, deren Elektronikkomponenten '''nicht''' weltraumgehärtet sind und welche, um wenig Energie zu verbrauchen, mit geringer Spannung arbeiten<ref>http://www.raumfahrer.net/news/raumfahrt/06092012200933.shtml Thomas Weyrauch: ''Kann ein Sonnensturm Elektronik einfrieren?'', in Raumfahrer.net, Datum: 6. September 2012, abgerufen: 7. September 2012</ref>. Dies hat gravierende Auswirkungen auf Telefon, Fernsehen, Wettervorhersage und vor allem Datenübertragungen und Satellitennavigation. Infolge hochenergetischer Strahlung oder Partikel kommt es auch zu einer Verschlechterung der Bedingungen für die Signalausbreitung in der Ionosphäre. Normalerweise wirkt die Ionosphäre für hochfrequente Signale (3–30&nbsp;MHz) und darunter wie ein Spiegel. Diese Reflexionseigenschaften ändern sich im Rahmen intensiver Weltraumeinflüsse jedoch so erheblich, dass es zu unerwünschten Signalüberlagerungen kommen kann. Im Bereich der oberen Atmosphäre und Ionosphäre entstehen unterbrochene oder fehlgeleitete Funkwellenausbreitungen. So kam es beispielsweise am 29. Oktober 2003 in Deutschland zu einer Störung von [[Global Positioning System|GPS]]-Referenzdiensten. Auch der Satellitenpositionierungsdienst [[SAPOS|ASCOS]] der E.ON Ruhrgas erlitt einen mehrstündigen Ausfall.<ref>[http://www.dlr.de/desktopdefault.aspx/tabid-831/1330_read-2477/ Weltraum-Wetter: DLR-Forscher erwarten neue Erkenntnisse über Auswirkungen des Sonnenwindes], Mitteilung der [[Deutsches Zentrum für Luft- und Raumfahrt|DLR]] vom 30. Oktober 2003</ref> Ebenfalls durch die Veränderung des irdischen Magnetfeldes kam es 1989 in [[Québec]] ([[Kanada]]) zu einem neunstündigen Stromausfall. Ursache waren [[Geomagnetisch induzierter Strom|geomagnetisch induzierte Ströme]] in den Überlandleitungen und Ausfälle von [[Leistungstransformator]]en.<ref>ESA: [http://www.esa.int/esaCP/ESAFM97708D_Austria_0.html Weltraumwetter: Gefahren für die Erde], Information vom 15. November 2002</ref>
Das Weltraumwetter kann moderne Kommunikationssysteme durch eine direkte (Zer-)Störung der elektronischen Geräte an Bord der dafür genutzten Satelliten beeinträchtigen. Satellitenkommunikation, -navigation und -orientierung werden dabei sowohl durch Teilchenströme als auch durch schwankende Magnetfelder erheblich eingeschränkt. Auch können geomagnetische Stürme Bauteile von Satelliten beschädigen, zerstören oder zu Systemabstürzen führen. Es wird erwartet, dass dies besonders bei Satelliten auftreten dürfte, deren Elektronikkomponenten ''nicht'' weltraumgehärtet sind und welche, um wenig Energie zu verbrauchen, mit geringer Spannung arbeiten<ref>Thomas Weyrauch: ''Kann ein Sonnensturm Elektronik einfrieren?'', in Raumfahrer.net, Datum: 6. September 2012, abgerufen: 7. September 2012 ([http://www.raumfahrer.net/news/raumfahrt/06092012200933.shtml zum Artikel])</ref>. Dies hat gravierende Auswirkungen auf Telefon, Fernsehen, Wettervorhersage und vor allem Datenübertragungen und Satellitennavigation. Infolge hochenergetischer Strahlung oder Partikel kommt es auch zu einer Verschlechterung der Bedingungen für die Signalausbreitung in der Ionosphäre. Normalerweise wirkt die Ionosphäre für hochfrequente Signale (3–30&nbsp;MHz) und darunter wie ein Spiegel. Diese Reflexionseigenschaften ändern sich im Rahmen intensiver Weltraumeinflüsse jedoch so erheblich, dass es zu unerwünschten Signalüberlagerungen kommen kann. Im Bereich der oberen Atmosphäre und Ionosphäre entstehen unterbrochene oder fehlgeleitete Funkwellenausbreitungen. So kam es beispielsweise am 29. Oktober 2003 in Deutschland zu einer Störung von [[Global Positioning System|GPS]]-Referenzdiensten. Auch der Satellitenpositionierungsdienst [[SAPOS|ASCOS]] der E.ON Ruhrgas erlitt einen mehrstündigen Ausfall.<ref>[http://www.dlr.de/desktopdefault.aspx/tabid-831/1330_read-2477/ Weltraum-Wetter: DLR-Forscher erwarten neue Erkenntnisse über Auswirkungen des Sonnenwindes], Mitteilung der [[Deutsches Zentrum für Luft- und Raumfahrt|DLR]] vom 30. Oktober 2003</ref> Ebenfalls durch die Veränderung des irdischen Magnetfeldes kam es 1989 in [[Québec]] ([[Kanada]]) zu einem neunstündigen Stromausfall. Ursache waren [[Geomagnetisch induzierter Strom|geomagnetisch induzierte Ströme]] in den Überlandleitungen und Ausfälle von [[Leistungstransformator]]en.<ref>ESA: [http://www.esa.int/esaCP/ESAFM97708D_Austria_0.html Weltraumwetter: Gefahren für die Erde], Information vom 15. November 2002</ref>


Neben diesen technischen Ausfällen stellen die von Flares und CMEs erzeugten energiereichen Protonen und Elektronen jedoch auch eine Gefahr für Lebewesen dar. Insbesondere Astronauten und Flugzeugpersonal sowie Flugreisende sind aufgrund der Höhe, in der sie sich aufhalten, einer verstärkten Strahlung ausgesetzt. Teilchenkonzentrationen, wie sie nach einem großen Flare im Oktober 1989 gemessen wurden, erweisen sich auch für Astronauten in Schutzkleidung als tödlich.<ref name="Sonnenwind und Weltraumwetter" /> Dieser Aspekt spielt vor allem bei langen Weltraumfahrten oder bei Arbeiten außerhalb des Raumfahrzeuges eine bedeutende Rolle. Einzelne, besonders energiereiche Teilchen erreichen gelegentlich sogar den Erdboden und tragen so zur natürlichen Strahlenbelastung bei. Indirekt – durch die dadurch entstehenden Mutationen – hat das Weltraumwetter auch einen Einfluss auf die Evolution der Lebewesen.<ref>[http://www.staff.uni-mainz.de/bpfeiffe/Vhs04f-w.pdf Kosmische Strahlung – Boten aus dem Weltall] (PDF; 3,4&nbsp;MB), Vortrag von Dr. B. Pfeiffer (Universität Mainz)</ref> Stärkere geomagnetische Stürme äußern sich z.&nbsp;B. auch in einem Schwanken der [[Kompass]]nadel und führen zu Irritationen bei Tieren, die sich vom Magnetfeld der Erde leiten lassen (Brieftauben oder Zugvögel).<ref>[http://www.exploratorium.com/spaceweather/sway.html Space Weather Research Explorer], Informationen des [[Exploratorium]]</ref>
Neben diesen technischen Ausfällen stellen die von Flares und CMEs erzeugten energiereichen Protonen und Elektronen jedoch auch eine Gefahr für Lebewesen dar. Insbesondere Astronauten und Flugzeugpersonal sowie Flugreisende sind aufgrund der Höhe, in der sie sich aufhalten, einer verstärkten Strahlung ausgesetzt. Teilchenkonzentrationen, wie sie nach einem großen Flare im Oktober 1989 gemessen wurden, erweisen sich auch für Astronauten in Schutzkleidung als tödlich.<ref name="Sonnenwind und Weltraumwetter" /> Dieser Aspekt spielt vor allem bei langen Weltraumfahrten oder bei Arbeiten außerhalb des Raumfahrzeuges eine bedeutende Rolle. Einzelne, besonders energiereiche Teilchen erreichen gelegentlich sogar den Erdboden und tragen so zur natürlichen Strahlenbelastung bei. Indirekt – durch die dadurch entstehenden Mutationen – hat das Weltraumwetter auch einen Einfluss auf die Evolution der Lebewesen.<ref>{{Webarchiv| url=http://www.staff.uni-mainz.de/bpfeiffe/Vhs04f-w.pdf |text=Kosmische Strahlung – Boten aus dem Weltall| wayback=20181030090627}} (PDF; 3&nbsp;MB), Vortrag von Dr. B. Pfeiffer (Universität Mainz)</ref> Stärkere geomagnetische Stürme äußern sich z.&nbsp;B. auch in einem Schwanken der [[Kompass]]nadel und führen zu Irritationen bei Tieren, die sich vom Magnetfeld der Erde leiten lassen (Brieftauben oder Zugvögel).<ref>{{Webarchiv|text=Space Weather Research Explorer |url=http://www.exploratorium.com/spaceweather/sway.html |wayback=20070927220014 }}, Informationen des [[Exploratorium (San Francisco)|Exploratorium]]</ref>
[[Datei:Sun in X-Ray.png|mini|Aufnahme der Sonne im Röntgenbereich]]
[[Datei:Sun in X-Ray.png|mini|Aufnahme der Sonne im Röntgenbereich]]


=== Röntgen- und Gammastrahlung ===
=== Röntgen- und Gammastrahlung ===
Flares erzeugen eine vielfach höhere Radio- und Röntgenstrahlung und beeinflussen dadurch die Ionosphäre. Störungen im (Kurzwellen-)Funkverkehr und Signalempfang durch erhöhte Strahlungsmengen sind die Folge. Die Strahlung führt auch zu einer Erwärmung und damit zu einer Ausdehnung der oberen Atmosphärenschichten. Satelliten können dadurch zu Bahnkorrekturen gezwungen werden, [[Skylab#Absturz|Skylab-Absturz]] oder ISS.
Flares erzeugen eine vielfach höhere Radio- und Röntgenstrahlung und beeinflussen dadurch die Ionosphäre. Störungen im (Kurzwellen-)Funkverkehr und Signalempfang durch erhöhte Strahlungsmengen sind die Folge. Die Strahlung führt auch zu einer Erwärmung und damit zu einer Ausdehnung der oberen Atmosphärenschichten. Satelliten können dadurch zu Bahnkorrekturen gezwungen werden, [[Skylab#Endphase der Raumstation und Absturz|Skylab-Absturz]] oder ISS.<ref>[http://www.spiegel.de/wissenschaft/mensch/kurskorrektur-atlantis-bringt-iss-in-hoehere-umlaufbahn-a-77965.html ''Kurskorrektur: Atlantis bringt ISS in höhere Umlaufbahn.'' Spiegel Online], 24. Mai 2000.</ref>
<ref>[http://www.spiegel.de/wissenschaft/mensch/kurskorrektur-atlantis-bringt-iss-in-hoehere-umlaufbahn-a-77965.html Spiegel Online], 24. Mai 2000, "Kurskorrektur: Atlantis bringt ISS in höhere Umlaufbahn"</ref>


Auch der oft um mehrere Größenordnungen höhere Fluss von
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[[Datei:Polarlicht gerade.jpg|mini|Polarlicht]]
[[Datei:Polarlicht gerade.jpg|mini|Polarlicht]]
Durch die Elektronen und Protonen der CMEs kommt es zur Anregung und Ionisation der oberen Atmosphäre. Es entstehen [[Polarlicht]]er: Lichterscheinungen vor allem im Bereich der Polkappen; bei starken Sonneneruptionen kann es jedoch auch bis zur Ausdehnung in nördlicherer bzw. südlicherer Breiten kommen.<ref name="Das Wetter aus dem All">K. Scherer, H. Fichtner: ''Das Klima aus dem All''. In ''[[Physik Journal]]'', 3/2007, Wiley-CH, S. 59-63, {{ISSN|1617-9439}}, ([http://www.mps.mpg.de/events/2007ihy/dokumente/publikationen/scherer.pdf zum Artikel]; PDF; 8,5&nbsp;MB)</ref>
Durch die Elektronen und Protonen der CMEs kommt es zur Anregung und Ionisation der oberen Atmosphäre. Es entstehen [[Polarlicht]]er: Lichterscheinungen vor allem im Bereich der Polkappen; bei starken Sonneneruptionen kann es jedoch auch bis zur Ausdehnung in nördlichere bzw. südlichere Breiten kommen.<ref name="Das Wetter aus dem All">K. Scherer, H. Fichtner: ''Das Klima aus dem All''. In ''[[Physik Journal]]'', 3/2007, Wiley-CH, S. 59–63, {{ISSN|1617-9439}} ([https://www.pro-physik.de/restricted-files/109851 zum Artikel]; PDF; 8&nbsp;MB)</ref>


=== Kosmische Strahlung ===
=== Kosmische Strahlung ===
Die kosmische Strahlung gefährdet mit ihren hochenergetischen Teilchen vor allem die bemannte [[Kosmische Strahlung#Höhenstrahlung und Luftverkehr|Luft-]] und Raumfahrt. Sie stellt für Flugpersonal und Astronauten ein erhöhtes Gesundheitsrisiko (Steigerung des Krebsrisikos) dar, da die Fluggeräte gegen die starke galaktische kosmische Strahlungen nicht hinreichend abgeschirmt sind.
Die kosmische Strahlung gefährdet mit ihren hochenergetischen Teilchen vor allem die bemannte [[Kosmische Strahlung#Höhenstrahlung und Luftverkehr|Luft-]] und Raumfahrt. Sie stellt für Flugpersonal und Astronauten ein erhöhtes Gesundheitsrisiko (Steigerung des Krebsrisikos) dar, da die Fluggeräte gegen die starken galaktischen kosmischen Strahlungen nicht hinreichend abgeschirmt sind.


== Geschichte ==
== Geschichte ==
[[Datei:Carrington flare.jpg|mini|Originalzeichnung von Carrington zum Ausbruch der Sonne 1859]]
[[Datei:Carrington flare.jpg|mini|Originalzeichnung von Carrington zum Ausbruch der Sonne 1859]]
Die ersten Zusammenhänge zwischen dem Sonnenfleckenzyklus und Schwankungen im globalen Magnetismus wurden von Beobachtungsstationen des britischen Kolonialreiches angestellt. Der englische Astronom [[Richard Christopher Carrington]] registrierte am 1. September 1859 beim [[Carrington-Event]] von 1859 die Ursachen magnetischer Stürme.<ref name="Carrington">R.C. Carrington: ''Description of a Singular Appearance seen in the Sun on September 1, 1859''. In: ''[[Monthly Notices of the Royal Astronomical Society]]'' 20/1859, S. 13-15, {{ISSN|0035-8711}}, ([http://articles.adsabs.harvard.edu//full/seri/MNRAS/0020//0000013.000.html zum Artikel])</ref> Er sah durch sein Teleskop eine riesige Explosion auf der Sonne, die sich als sehr heller, nur wenige Minuten andauernder Lichtblitz äußerte (diese Explosion zählt heute zu den zehn stärksten jemals beobachteten Flares). Etwa 20&nbsp;Stunden später erreichte die ausgeschleuderte Materie sowie die emittierte Strahlung die Erde und löste einen magnetischen Sturm aus, der sogar die Kompassnadeln beeinflusste.<ref>M.A. Shea, D.F. Smart: ''Compendium of the eight articles on the “Carrington Event” attributed to or written by Elias Loomis in the American Journal of Science, 1859–1861''. In: ''Advances in Space Research'', 38/2/2006, S. 313-385, {{ISSN|0273-1177}}, {{doi|10.1016/j.asr.2006.07.005}}.</ref> Dieses Ereignis kann als Beginn der Untersuchungen über die solar-terrestrischen Zusammenhänge und des Weltraumwetters angesehen werden. Carrington vermutete zu dieser Zeit einen Zusammenhang zwischen den Flares und den geomagnetischen Effekten. Diese Idee musste jedoch revidiert werden, da für die Veränderungen im Erdmagnetismus primär die CMEs sowie die von ihnen verursachten Stoßwellen und Magnetfeldverbiegungen verantwortlich sind.
Die ersten Zusammenhänge zwischen dem Sonnenfleckenzyklus und Schwankungen im globalen Magnetismus wurden von Beobachtungsstationen des britischen Kolonialreiches angestellt. Der englische Astronom [[Richard Christopher Carrington]] registrierte am 1. September 1859 beim [[Carrington-Event]] von 1859 die Ursachen magnetischer Stürme.<ref name="Carrington">R.C. Carrington: ''Description of a Singular Appearance seen in the Sun on September 1, 1859''. In: ''[[Monthly Notices of the Royal Astronomical Society]]'' 20/1859, S. 13–15, {{ISSN|0035-8711}} ([http://articles.adsabs.harvard.edu//full/seri/MNRAS/0020//0000013.000.html zum Artikel])</ref> Er sah durch sein Teleskop eine riesige Explosion auf der Sonne, die sich als sehr heller, nur wenige Minuten andauernder Lichtblitz äußerte (diese Explosion zählt heute zu den zehn stärksten jemals beobachteten Flares). Etwa 20&nbsp;Stunden später erreichten die ausgeschleuderte Materie sowie die emittierte Strahlung die Erde und lösten einen magnetischen Sturm aus, der sogar die Kompassnadeln beeinflusste.<ref>M.A. Shea, D.F. Smart: ''Compendium of the eight articles on the “Carrington Event” attributed to or written by Elias Loomis in the American Journal of Science, 1859–1861''. In: ''Advances in Space Research'', 38/2/2006, S. 313–385, {{ISSN|0273-1177}}, {{DOI|10.1016/j.asr.2006.07.005}}.</ref> Dieses Ereignis kann als Beginn der Untersuchungen über die solar-terrestrischen Zusammenhänge und des Weltraumwetters angesehen werden. Carrington vermutete zu dieser Zeit einen Zusammenhang zwischen den Flares und den geomagnetischen Effekten. Diese Idee musste jedoch revidiert werden, da für die Veränderungen im Erdmagnetismus primär die CMEs sowie die von ihnen verursachten Stoßwellen und Magnetfeldverbiegungen verantwortlich sind.


1932 wurde die kosmische [[Radiostrahlung]] von [[Karl Guthe Jansky]] entdeckt; zehn Jahre später die Radiostrahlung der Sonne durch [[James Stanley Hey]] als er Störungen an britischen Radarstationen im Zweiten Weltkrieg untersuchte. In den folgenden Jahren wurde Radiostrahlung mittels umgebauter [[Aggregat 4|V2-Raketen]] näher untersucht. Da die Erdatmosphäre einen Großteil der Radiostrahlung der Sonne abblockt, wurden die erbeuteten Raketen mit Messinstrumenten bestückt und abgeschossen. So konnten Messungen weit entfernt vom Erdboden, wo der störende Einfluss der Atmosphäre geringer ist, durchgeführt werden.<ref>B. Lovell: ''The Emergence of Radio Astronomy in the U.K. after World-War''. In: ''Quarterly Journal of the Royal Astronomical Society'' 28/1/1987, S. 1-9, {{bibcode|1987QJRAS..28....1L}}</ref>
1932 wurde die kosmische [[Radiostrahlung]] von [[Karl Guthe Jansky]] entdeckt; zehn Jahre später die Radiostrahlung der Sonne durch [[James Stanley Hey]], als er Störungen an britischen Radarstationen im Zweiten Weltkrieg untersuchte. In den folgenden Jahren wurde Radiostrahlung mittels umgebauter [[Aggregat 4|V2-Raketen]] näher untersucht. Da die Erdatmosphäre einen Großteil der Radiostrahlung der Sonne abblockt, wurden die erbeuteten Raketen mit Messinstrumenten bestückt und abgeschossen. So konnten Messungen weit entfernt vom Erdboden, wo der störende Einfluss der Atmosphäre geringer ist, durchgeführt werden.<ref>B. Lovell: ''The Emergence of Radio Astronomy in the U.K. after World-War''. In: ''Quarterly Journal of the Royal Astronomical Society'' 28/1/1987, S. 1–9, {{bibcode|1987QJRAS..28....1L}}</ref>


[[Koronaler Massenauswurf|Koronale Massenauswürfe]] (CMEs) wurden aufgrund der schlechten Sichtbarkeit erst 1974 mit Hilfe der Raumstation [[Skylab]] entdeckt.<ref>R.M. MacQueen, J.R. Eddy, J.T. Gosling et al.: ''The outer Solar Corona as observed from ''Skylab'': Preliminary Results''. In: ''[[Astrophysical Journal]]'', 187/1974, S. L85-L88, {{bibcode|1974ApJ...187L..85M}}</ref>
[[Koronaler Massenauswurf|Koronale Massenauswürfe]] (CMEs) wurden aufgrund der schlechten Sichtbarkeit erst 1974 mit Hilfe der Raumstation [[Skylab]] entdeckt.<ref>R.M. MacQueen, J.R. Eddy, J.T. Gosling et al.: ''The outer Solar Corona as observed from ''Skylab'': Preliminary Results''. In: ''[[Astrophysical Journal]]'', 187/1974, S. L85-L88, {{bibcode|1974ApJ...187L..85M}}</ref>


== Forschung ==
== Forschung ==
Die potentiell negativen Auswirkungen des Weltraumwetters machen dessen Erforschung und Vorhersage zu einem wichtigen Zweig der aktuellen Forschung. Das Hauptproblem dabei ist allerdings immer noch ein unzureichendes Verständnis der Grundlagen. Da bis heute die Entstehung von Flares und CMEs noch weitgehend unklar ist und keine verlässlichen Hinweise für bevorstehende Eruptionen und der Stärke bekannt sind, ist eine Vorhersage des Weltraumwetters kaum möglich.
Die potentiell negativen Auswirkungen des Weltraumwetters machen dessen Erforschung und Vorhersage zu einem wichtigen Zweig der aktuellen Forschung. Das Hauptproblem dabei ist allerdings immer noch ein unzureichendes Verständnis der Grundlagen. Da bis heute die Entstehung von Flares und CMEs noch weitgehend unklar ist und keine verlässlichen Hinweise für bevorstehende Eruptionen und der Stärke bekannt sind, ist eine Vorhersage des Weltraumwetters kaum möglich.


Die gesamte Kette der solar-terrestrischen Beziehungen wird in vielen verschiedenen Projekten erforscht:
Die gesamte Kette der solar-terrestrischen Beziehungen wird in vielen verschiedenen Projekten erforscht:
* Bei der [[ESA]] wurde dafür ein Space Weather Working Team (SWWT) gebildet, das zur Auswertung der Daten des Satelliten [[Solar and Heliospheric Observatory|SOHO]] (Solar and Heliospheric Observatory) dient.
* Bei der [[ESA]] wurde dafür ein Space Weather Working Team (SWWT) gebildet, das zur Auswertung der Daten des Satelliten [[Solar and Heliospheric Observatory|SOHO]] (Solar and Heliospheric Observatory) dient.
* Der Satellit [[Cluster (Satellit)|Cluster]] soll die die Sonnenaktivitäten erforschen bzw. Wechselwirkungen zwischen Sonnenwind und Erdmagnetfeld aufzeichnen.
* Der Satellit [[Cluster (Satellit)|Cluster]] soll die die Sonnenaktivitäten erforschen bzw. Wechselwirkungen zwischen Sonnenwind und Erdmagnetfeld aufzeichnen.
* Das EUV Imaging Telescope (EIT) des Weltraumobservatoriums SOHO liefert im Minutenabstand Bilder von der Sonne im UV-Licht, wodurch Strukturen und dynamische Vorgänge in der Korona sichtbar werden und [[Protuberanzen]], Flares, aktive Gebiete, [[Sonnenflecken]], magnetische Feinstrukturen etc. untersucht werden können.
* Das EUV Imaging Telescope (EIT) des Weltraumobservatoriums SOHO liefert im Minutenabstand Bilder von der Sonne im UV-Licht, wodurch Strukturen und dynamische Vorgänge in der Korona sichtbar werden und [[Protuberanzen]], Flares, aktive Gebiete, [[Sonnenflecken]], magnetische Feinstrukturen etc. untersucht werden können.
* [[LASCO]] (Large Angle and Spectroscopic Coronograph) beobachtet das gesamte Umfeld der Sonne, vom Sonnenrand bis auf 32&nbsp;Sonnenradien Abstand. Es ist somit eine Beobachtung von CMEs und Halo-CMEs, die sich genau auf der Sonne-Erde-Linie bewegen, möglich. Mit LASCO wurden mit größerer Treffsicherheit der Vorhersage und besserer Einschätzung der Laufzeit der Ereignisse bis zur Erde wichtige Fortschritte in der Forschung gemacht.
* [[LASCO]] (Large Angle and Spectroscopic Coronograph) beobachtet das gesamte Umfeld der Sonne, vom Sonnenrand bis auf 32&nbsp;Sonnenradien Abstand. Es ist somit eine Beobachtung von CMEs und Halo-CMEs, die sich genau auf der Sonne-Erde-Linie bewegen, möglich. Mit LASCO wurden mit größerer Treffsicherheit der Vorhersage und besserer Einschätzung der Laufzeit der Ereignisse bis zur Erde wichtige Fortschritte in der Forschung gemacht.
* Das [[Deep Space Climate Observatory]] soll der NOAA und der US Air Force Daten über das Weltraumwetter liefern und auch Warnmeldungen vor [[magnetischer Sturm|geomagnetischen Stürmen]] mit einer Vorwarnzeit von 15 bis 60&nbsp;Minuten ermöglichen.<ref>http://www.nesdis.noaa.gov/DSCOVR/press.html</ref>
* Das [[Deep Space Climate Observatory]] soll der NOAA und der US Air Force Daten über das Weltraumwetter liefern und auch Warnmeldungen vor [[magnetischer Sturm|geomagnetischen Stürmen]] mit einer Vorwarnzeit von 15 bis 60&nbsp;Minuten ermöglichen.<ref>{{Internetquelle |autor= |url=https://www.nesdis.noaa.gov/content/dscovr-deep-space-climate-observatory |titel=DSCOVR: Deep Space Climate Observatory {{!}} NOAA National Environmental Satellite, Data, and Information Service (NESDIS) |werk= |hrsg=[[National Oceanic and Atmospheric Administration]] (NOAA) |datum= |abruf=2019-09-03 |sprache=en}}</ref>


Weitere Messungen des Sonnenwindes, energiereicher Teilchen und des Strahlungsflusses von außerhalb der Magnetosphäre sowie anderer Teilchen und Ströme wurden mit Hilfe von Radargeräten durchgeführt und somit grundlegende Auswirkungen auf die Ionosphäre und Atmosphäre untersucht.
Weitere Messungen des Sonnenwindes, energiereicher Teilchen und des Strahlungsflusses von außerhalb der Magnetosphäre sowie anderer Teilchen und Ströme wurden mit Hilfe von Radargeräten durchgeführt und somit grundlegende Auswirkungen auf die Ionosphäre und Atmosphäre untersucht.
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[[Datei:Ionensturm-Voraussage.jpg|mini|Ionensturm-Voraussage]]
[[Datei:Ionensturm-Voraussage.jpg|mini|Ionensturm-Voraussage]]
Heute können die besonders für Astronauten gefährlichen Ionenstürme exakter vorhergesagt werden. Bisher war bereits bekannt, dass einem Ionenstrom bei Sonnen-Eruptionen eine erhöhte Anzahl von Elektronen vorausgeht. Jedoch war eine zuverlässige Voraussage nur schwer möglich, da eine Zunahme an Elektronen nicht immer einen gefährlichen Ionensturm nach sich zog. Nun konnte mittels Daten von SOHO eine Voraussage-Software entwickelt werden, die Vorwarnzeiten von bis zu 74&nbsp;Minuten möglich macht.<ref name="Forschung2">[http://science.nasa.gov/headlines/y2007/25may_costep.htm?list53494 Pressemitteilung] der NASA zur neuen Vorhersagesoftware</ref>
Heute können die besonders für Astronauten gefährlichen Ionenstürme exakter vorhergesagt werden. Bisher war bereits bekannt, dass einem Ionenstrom bei Sonnen-Eruptionen eine erhöhte Anzahl von Elektronen vorausgeht. Jedoch war eine zuverlässige Voraussage nur schwer möglich, da eine Zunahme an Elektronen nicht immer einen gefährlichen Ionensturm nach sich zog. Nun konnte mittels Daten von SOHO eine Voraussage-Software entwickelt werden, die Vorwarnzeiten von bis zu 74&nbsp;Minuten möglich macht.<ref name="Forschung2">{{Webarchiv|text=Pressemitteilung Science@NASA|url=http://science.nasa.gov/headlines/y2007/25may_costep.htm?list53494 |wayback=20070827052454 }} der NASA zur neuen Vorhersagesoftware vom 25. Mai 2007</ref>
 
== Siehe auch ==
 
* [[Weltraum-Erosion|Weltraumerosion]]
* [[Weltraumforschung]]
* [[Meteorologie]]
* [[Mögel-Dellinger-Effekt]]
* [[Weltraumlagezentrum]]


== Literatur ==
== Literatur ==
 
* Gerd W. Prölss: ''Physik des erdnahen Weltraums. Eine Einführung''. Springer, Berlin 2004, ISBN 3-540-40088-5.
* Gerd W. Prölss: ''Physik des erdnahen Weltraums. Eine Einführung''. Springer, Berlin 2004, ISBN 3540400885
* Ioannis. A. Daglis (Hrsg.): ''Effects of Space Weather on Technology Infrastructure. Proceedings of the NATO ARW''. Springer Netherlands, 2005, ISBN 1-4020-2747-8.
* Ioannis. A. Daglis (Hrsg.): ''Effects of Space Weather on Technology Infrastructure. Proceedings of the NATO ARW''. Springer Netherlands, 2005, ISBN 1402027478
* Barbara B. Poppe, Kristen P. Jorden: ''Sentinels of the Sun: Forecasting Space Weather.'' Johnson Books, 2006, ISBN 1-55566-379-6.
* Barbara B. Poppe, Kristen P. Jorden: ''Sentinels of the Sun: Forecasting Space Weather''. Johnson Books, 2006, ISBN 1555663796
* Volker Bothmer, Ioannis A. Daglis: ''Space Weather: Physics and Effects.'' Springer Verlag, Heidelberg 2007, ISBN 3-540-34578-7.
* Volker Bothmer, Ioannis A. Daglis: ''Space Weather: Physics and Effects'', Springer Verlag, Heidelberg, 2007, ISBN 3540345787
* Yohsuke Kamide, Abraham C.-L. Chian: ''Handbook of the Solar-Terrestrial Environment.'' Springer, Berlin 2007, ISBN 3-540-46314-3.
* Yohsuke Kamide, Abraham C.-L. Chian: ''Handbook of the Solar-Terrestrial Environment''. Springer, Berlin 2007, ISBN 3540463143
* [[Arnold Hanslmeier]]: ''The Sun and Space Weather.'' Springer, Dordrecht 2007, ISBN 978-1-4020-5603-1.
* [[Arnold Hanslmeier]]: ''The Sun and Space Weather.'' Springer, Dordrecht 2007, ISBN 978-1-4020-5603-1
* Mark Moldwin: ''An introduction to space weather.'' Cambridge University Press, Cambridge MA 2008, ISBN 978-0-521-86149-6.
* Mark Moldwin: ''An introduction to space weather.'' Cambridge Univ. Press, Cambridge 2008, ISBN 978-0-521-86149-6
* Karl-Heinz Glassmeier, Joachim Vogt: ''Magnetic polarity transitions and biospheric effects.'' Space Sci. Rev., 155, 387–410, 2010.
* Karl-Heinz Glassmeier, Joachim Vogt: ''Magnetic polarity transitions and biospheric effects'', Space Sci. Rev., 155, 387-410, 2010.


== Weblinks ==
== Weblinks ==
* [http://www.swpc.noaa.gov/portal/ National Space Weather Program (USA)]
* [http://www.swpc.noaa.gov/portal/ National Space Weather Program (USA)]
* NOAA: [http://www.swpc.noaa.gov/ aktuelles Weltraumwetter] & [http://www.swpc.noaa.gov/noaa-scales-explanation Scales]
* NOAA: [http://www.swpc.noaa.gov/ aktuelles Weltraumwetter] & [http://www.swpc.noaa.gov/noaa-scales-explanation Scales]
* [http://www.lund.irf.se Lund Space Weather Center]
* [http://www.lund.irf.se/ Lund Space Weather Center]
* [https://sonnen-sturm.info/ Sonnen-Sturm.info] - Nachrichten, Vorhersagen, Bilder und Videos zum aktuellen Weltraumwetter [deutsch]
* [http://www.spaceweather.com/ Spaceweather.com] – Nachrichten, Vorhersagen und Bilder zum Weltraumwetter [englisch]
* [http://www.spaceweather.com/ Spaceweather.com] – Nachrichten, Vorhersagen und Bilder zum Weltraumwetter [englisch]
* [https://www.spaceweatherlive.com/ Spaceweatherlive.com] -  Weltraumwetter-Blog [englisch]
* [http://www.solarmonitor.org/index.php Solar Monitor] – aktuelle Bilder von der Sonne
* [http://www.solarmonitor.org/index.php Solar Monitor] – aktuelle Bilder von der Sonne
* ESA: [http://esa-spaceweather.net Space Weather Web Server]
* ESA: [http://swe.ssa.esa.int/ Space Weather Web Server]
* [http://www.iswi-secretariat.org/ www.iswi-secretariat.org Internationale Weltraumwetter-Initiative]
* [http://www.iswi-secretariat.org/ www.iswi-secretariat.org Internationale Weltraumwetter-Initiative]



Aktuelle Version vom 22. Januar 2022, 11:41 Uhr

Der Begriff Weltraumwetter ist analog zu irdischen atmosphärischen Wetterphänomenen definiert und beschreibt Veränderungen des interplanetaren und interstellaren Mediums, die speziell im erdnahen Bereich der Magnetosphäre (bis 50.000 km Abstand zur Erde) wahrgenommen werden. Hauptsächliche Ursachen sind der Sonnenwind und die galaktische kosmische Strahlung der Milchstraße. Durch diese Einflüsse wird der Van-Allen-Strahlungsgürtel beeinflusst und es gelangen in unregelmäßigen Abständen verstärkt Materie, Teilchen- und Strahlungsströme in das Umfeld der Erde. Diese beeinflussen damit die irdische Magnetosphäre, Ionosphäre und Erdatmosphäre.

Aufgrund der umfassenden Auswirkungen auf das irdische Leben stellt das Weltraumwetter ein wichtiges Forschungsgebiet dar. Ziel ist es, die zu Grunde liegenden physikalischen Mechanismen zu verstehen, um derartige Ereignisse vorherzusagen oder zumindest rechtzeitig erkennen zu können, damit dann möglicherweise geeignete Schutzmaßnahmen getroffen werden können.

Ursachen und Phänomene

Überblick

Schema zum Weltraumwetter

Die Erde verfügt über umfangreiche natürliche Schutzmechanismen vor äußeren Einflüssen. So wirken die Magnetosphäre und die Erdatmosphäre als Filter für Materie und Strahlung aus dem Weltraum. Insbesondere die Magnetosphäre als äußerste Schicht stellt ein bedeutendes Hindernis für den Sonnenwind dar und lenkt diesen in einem großen Bogen um die Erde herum. Erst bei starken Einflüssen genügt dieser Schutz nicht mehr und die externen Faktoren werden auf der Erdoberfläche für Menschen spürbar.

Als Hauptursache des Weltraumwetters gelten die Strukturen und Variabilität der Sonnenkorona. Durch koronale Massenauswürfe und Sonneneruptionen werden riesige Mengen Materie freigesetzt. Dabei entstehen enorme Stoßwellen, die den sonst relativ kontinuierlichen Sonnenwind, der Teilchen der Sonne in Richtung der Erde transportiert, abrupt verstärken. Der Sonnenwind übt daher einen wesentlich größeren Druck auf die Magnetosphäre aus. Die daraus resultierenden kurzfristig veränderlichen Erscheinungen werden als Weltraumwetter bezeichnet.

Eruption an der Photosphäre der Sonne (Aufnahme des Hinode-Teleskops)

Flares

Ein Flare kann mittels optischer Hilfsmittel als ein wenige Minuten andauernder Lichtblitz auf der Sonnenoberfläche beobachtet werden. Obwohl das Gebiet auf der Sonne selbst eng begrenzt ist, nimmt die Intensität der Röntgenstrahlung, der energiereichen Protonen und Elektronen (bis etwa 100 MeV) oft um mehr als das Tausendfache zu. Das Abklingen auf den Ausgangswert dauert dann mehrere Stunden. Auf Grund der sehr unterschiedlichen Stärke der einzelnen Flares schwanken auch diese Werte. Bei besonders intensivem Auftreten ist zusätzlich die Freisetzung von Gammastrahlen möglich. Dieses Phänomen ist vor allem in den Jahren der maximalen Sonnenaktivität zu verzeichnen; etwa bis zu zehn Flares am Tag sind dann möglich.

Die Flares werden auf Grund der Lichtgeschwindigkeit mit etwa acht Minuten Verzögerung gegenüber der tatsächlichen Eruption von der Erde aus beobachtet. Gleichzeitig trifft auch die freigesetzte Strahlung ungehindert ein. Die Teilchenströme aber folgen den interplanetaren Magnetfeldlinien und erreichen die Erde daher (je nach der Energie der Teilchen) erst 10 bis 30 Minuten später. Diese einprasselnden Teilchen stellen eine Gefahr für Menschen und Geräte in den oberen Atmosphärenschichten dar. Röntgenstrahlung kann bis in die unterste Schicht der Ionosphäre (etwa 60 bis 90 km über dem Erdboden) vordringen und auch Teilchen werden teilweise erst in einer Höhe von 40 bis 60 km abgebremst.

CME

Unter einem koronalen Massenauswurf (engl. CME – coronal mass ejections) versteht man den Ausstoß großer Mengen Materie (mehrere 10 Milliarden Tonnen) aus der Korona (der äußersten Schicht der Sonnenatmosphäre) in den umgebenden Weltraum. Dies erfolgt in Form von riesigen Gaswolken mit enormer Geschwindigkeit. Im Gegensatz zu den Flares lassen sich CMEs jedoch auch unter Zuhilfenahme optischer Geräte nicht direkt beobachten. Erst der Koronograph, der die eigentliche Sonnenscheibe gezielt abgedeckt und nur Licht der Korona zum Detektor hindurch lässt, macht dieses Phänomen beobachtbar. Aus dieser Tatsache begründet sich auch der spätere Zeitpunkt der erstmaligen Entdeckung 1971 durch Richard Tousey.[1]

Das Material, das mit dem Sonnenwind Richtung Erde transportiert wird, ist elektrisch geladen. Durch die Interaktion mit dem interplanetaren Magnetfeld wird dieses stark verformt. Das interplanetare Magnetfeld geht von der Sonne aus und breitet sich normalerweise auf Grund der Eigenrotation der Sonne spiralförmig bis zum Rand des Sonnensystems aus. Bezogen auf die Erde liegt es zusätzlich in deren Bahnebene. Durch die geladenen Teilchen einer CME kann dieses Magnetfeld jedoch aus dieser Ebene herausgedreht werden. Entsteht dabei eine Feldkomponente, die den Feldlinien des irdischen Magnetfeldes entgegengesetzt ist, kommt es an der der Sonne zugewandten Seite der Magnetosphäre zu einem Kurzschluss und interplanetares und irdisches Magnetfeld verbinden sich. Längs der entstehenden gemeinsamen Magnetfeldlinien können die geladenen Teilchen der CME nun in die Magnetosphäre eindringen und massive Folgen hervorrufen. Die Häufigkeit der CMEs variiert mit der Sonnenaktivität: In Jahren niedriger Sonnenaktivität gibt es nur einige dutzende starke CMEs; in den aktiven Phasen kann es mehr als hundert CMEs geben.[2][3]

Galaktische kosmische Strahlung

Auch die galaktische kosmische Strahlung beeinflusst das irdische Leben. Sie besteht aus extrem energiereichen und somit enorm schnellen Teilchen (mehr als 1 GeV), die ihren Ursprung außerhalb des Sonnensystems, aber innerhalb der Milchstraße haben. Treffen diese Teilchen auf die die Erde umgebenden Schichten, so kommt es zur Ionisation von Atomen und Molekülen in der unteren Stratosphäre und oberen Troposphäre in 10 bis 20 km Höhe. Wachsen Ionen schnell genug, könnte dies zur Bildung von Kondensationskernen führen – der Grundlage der Wolkenentstehung.[4] Die Vermutung, dass kosmische Strahlung so Einfluss auf das irdische Wetter und Klima nimmt, ließ sich bislang durch Beobachtungen nicht sicher bestätigen.[5] Es entsteht auch eine sekundäre kosmische Strahlung durch Teilchenanregung. Daraus resultiert eine erhöhte Strahlenexposition für die Luftfahrt und das Flugzeugpersonal.

Die Intensität der Strahlung schwankt antizyklisch zur Sonnenaktivität. Bei Phasen hoher Sonnenaktivität treten auf der Sonnenoberfläche stärkere Turbulenzen auf. So entstehen im interplanetaren Raum Stoßwellen des Sonnenplasmas. Diese schirmen das innere Sonnensystem schalenförmig ab und schützen es so vor eindringender Strahlung. Dieser natürliche Schutz ist in Phasen niedriger Sonnenaktivität geringer. Die Erde ist dann stärker der kosmischen Strahlung ausgesetzt.

Weitere Ursachen

Aufnahme der Korona

Neben diesen Teilchen- und Strahlungsströmen der Sonne und der Milchstraße wirken weitere Faktoren auf das Weltraumwetter. Kosmische Katastrophen im Sonnensystem, der Milchstraße oder auch extragalaktischer Natur, wie beispielsweise eine Supernova, können ebenfalls Einfluss auf das Weltraumwetter haben. So erzeugt eine Supernova sehr hohe Intensitäten an Röntgen- und Gammastrahlung. Extragalaktische kosmische Strahlung kann wegen ihrer extrem hohen Energien (> 1020 eV) einen besonders starken Einfluss auf das irdische Leben haben. Dieser Faktor ist in den letzten Jahrtausenden jedoch anscheinend relativ konstant geblieben.

Deutlich wird der Einfluss kosmischer Ereignisse an sogenannten Gamma-Ray-Bursts. Ein Gamma-Ray-Burst (oder auch Gammablitz) äußert sich in einem extrem kurzen, sehr hellen Aufleuchten eines Objekts, bei dem gewaltige Energiemengen freiwerden. Als Ursache für diesen Vorgang werden heute Kollisionen von Neutronensternen sowie spezielle Supernovaeexplosionen (sogenannte Hypernovae) diskutiert. Obwohl die emittierte Gammastrahlung die irdische Biosphäre nicht erreichen kann (die Atmosphäre verhindert ein Eindringen der Strahlung), erzeugt diese Strahlung giftige Stickoxide, welche eine Zerstörung der Ozonschicht zur Folge hätten (vgl. Gammablitz). Würde ein Gammablitz in der Nähe des Sonnensystems stattfinden, so würde dabei die Ozonschicht für mehrere Jahre zerstört: Erhebliche Strahlenschäden des irdischen Lebens wären die Folge.

Auswirkungen

Maunder-Minimum zwischen 1645 und 1715

Heute existieren viele Technologien, die durch das Weltraumwetter beeinflusst werden können. Durch Zerstörung der Bordelektronik kann energiereiche Partikelstrahlung die Übertragung von TV- oder Mobilfunk-Satelliten direkt unterbrechen. Auch die Ausbreitungsbedingungen für die in Telekommunikations- und Navigationssystemen genutzten Funkwellen können sich unter dem Einfluss des Weltraumwetters verschlechtern. Nach Schätzungen verschiedener Wissenschaftler soll es allein durch Einflüsse und Änderungen des Weltraumwetters auf US-amerikanischer Seite 150 Ausfälle von Satelliten pro Jahr geben.[6] Auch für das Klima wird eine Kopplung an interplanetare Phänomene untersucht. Es gibt Vermutungen, dass sie während der „Kleinen Eiszeit“ im Zeitraum des Maunderminimums von 1665 bis 1715 regional eine Rolle gespielt haben könnten, in diesem Zeitraum korrelierten eine geringe Sonnenaktivität und niedrige Temperaturen. Mögliche Wirkungsweisen sind jedoch nach wie vor spekulativ.[7][8]

Elektromagnetische Strahlung und magnetische Stürme

Wirkung der Magnetosphäre

Sonneneruptionen verstärken den Fluss hochenergetischer Teilchen zur Erde. Dadurch können auch elektronische Bauteile auf der Erdoberfläche gestört werden. Die Ausschussrate bei der Anfertigung von empfindlichen Halbleiterelementen während der Magnetstürme ist erheblich höher.[9] Durch den Aufprall eines CMEs auf die Erdmagnetosphäre kommt es zur Ausbildung von erdmagnetischen Stürmen. Diese sind mit einer raschen Änderung der Richtung und Stärke des Magnetfelds am Boden verbunden. Daraufhin können in ausgedehnten elektrischen Leitern wie z. B. Hochspannungsleitungen oder in Pipelines hohe Ströme induziert werden. Die Störung industrieller Produktionen, wie beispielsweise der Computerchip-Herstellung, Zusammenbrüche von Hochspannungsnetzen und Korrosionen in Öl-Pipelines offenbaren erhebliche Korrelationen zwischen Sonnenaktivität und Auftreten dieser wirtschaftlichen Ausfälle.[10]

Das Weltraumwetter kann moderne Kommunikationssysteme durch eine direkte (Zer-)Störung der elektronischen Geräte an Bord der dafür genutzten Satelliten beeinträchtigen. Satellitenkommunikation, -navigation und -orientierung werden dabei sowohl durch Teilchenströme als auch durch schwankende Magnetfelder erheblich eingeschränkt. Auch können geomagnetische Stürme Bauteile von Satelliten beschädigen, zerstören oder zu Systemabstürzen führen. Es wird erwartet, dass dies besonders bei Satelliten auftreten dürfte, deren Elektronikkomponenten nicht weltraumgehärtet sind und welche, um wenig Energie zu verbrauchen, mit geringer Spannung arbeiten[11]. Dies hat gravierende Auswirkungen auf Telefon, Fernsehen, Wettervorhersage und vor allem Datenübertragungen und Satellitennavigation. Infolge hochenergetischer Strahlung oder Partikel kommt es auch zu einer Verschlechterung der Bedingungen für die Signalausbreitung in der Ionosphäre. Normalerweise wirkt die Ionosphäre für hochfrequente Signale (3–30 MHz) und darunter wie ein Spiegel. Diese Reflexionseigenschaften ändern sich im Rahmen intensiver Weltraumeinflüsse jedoch so erheblich, dass es zu unerwünschten Signalüberlagerungen kommen kann. Im Bereich der oberen Atmosphäre und Ionosphäre entstehen unterbrochene oder fehlgeleitete Funkwellenausbreitungen. So kam es beispielsweise am 29. Oktober 2003 in Deutschland zu einer Störung von GPS-Referenzdiensten. Auch der Satellitenpositionierungsdienst ASCOS der E.ON Ruhrgas erlitt einen mehrstündigen Ausfall.[12] Ebenfalls durch die Veränderung des irdischen Magnetfeldes kam es 1989 in Québec (Kanada) zu einem neunstündigen Stromausfall. Ursache waren geomagnetisch induzierte Ströme in den Überlandleitungen und Ausfälle von Leistungstransformatoren.[13]

Neben diesen technischen Ausfällen stellen die von Flares und CMEs erzeugten energiereichen Protonen und Elektronen jedoch auch eine Gefahr für Lebewesen dar. Insbesondere Astronauten und Flugzeugpersonal sowie Flugreisende sind aufgrund der Höhe, in der sie sich aufhalten, einer verstärkten Strahlung ausgesetzt. Teilchenkonzentrationen, wie sie nach einem großen Flare im Oktober 1989 gemessen wurden, erweisen sich auch für Astronauten in Schutzkleidung als tödlich.[6] Dieser Aspekt spielt vor allem bei langen Weltraumfahrten oder bei Arbeiten außerhalb des Raumfahrzeuges eine bedeutende Rolle. Einzelne, besonders energiereiche Teilchen erreichen gelegentlich sogar den Erdboden und tragen so zur natürlichen Strahlenbelastung bei. Indirekt – durch die dadurch entstehenden Mutationen – hat das Weltraumwetter auch einen Einfluss auf die Evolution der Lebewesen.[14] Stärkere geomagnetische Stürme äußern sich z. B. auch in einem Schwanken der Kompassnadel und führen zu Irritationen bei Tieren, die sich vom Magnetfeld der Erde leiten lassen (Brieftauben oder Zugvögel).[15]

Aufnahme der Sonne im Röntgenbereich

Röntgen- und Gammastrahlung

Flares erzeugen eine vielfach höhere Radio- und Röntgenstrahlung und beeinflussen dadurch die Ionosphäre. Störungen im (Kurzwellen-)Funkverkehr und Signalempfang durch erhöhte Strahlungsmengen sind die Folge. Die Strahlung führt auch zu einer Erwärmung und damit zu einer Ausdehnung der oberen Atmosphärenschichten. Satelliten können dadurch zu Bahnkorrekturen gezwungen werden, Skylab-Absturz oder ISS.[16]

Auch der oft um mehrere Größenordnungen höhere Fluss von Ringstromteilchen während der Magnetstürme kann Satelliten beschädigen, da sich isolierte Teile der Oberfläche eines Satelliten stark elektrisch aufladen können und Hochspannungsüberschläge Defekte und Ausfälle verursachen. Auch die im Zusammenhang mit solaren Flares beobachtbaren verstärkten Radioemissionen können, insbesondere in den Morgen- und Abendstunden, den täglichen Mobilfunkverkehr beeinflussen.

Polarlichter

Polarlicht

Durch die Elektronen und Protonen der CMEs kommt es zur Anregung und Ionisation der oberen Atmosphäre. Es entstehen Polarlichter: Lichterscheinungen vor allem im Bereich der Polkappen; bei starken Sonneneruptionen kann es jedoch auch bis zur Ausdehnung in nördlichere bzw. südlichere Breiten kommen.[17]

Kosmische Strahlung

Die kosmische Strahlung gefährdet mit ihren hochenergetischen Teilchen vor allem die bemannte Luft- und Raumfahrt. Sie stellt für Flugpersonal und Astronauten ein erhöhtes Gesundheitsrisiko (Steigerung des Krebsrisikos) dar, da die Fluggeräte gegen die starken galaktischen kosmischen Strahlungen nicht hinreichend abgeschirmt sind.

Geschichte

Originalzeichnung von Carrington zum Ausbruch der Sonne 1859

Die ersten Zusammenhänge zwischen dem Sonnenfleckenzyklus und Schwankungen im globalen Magnetismus wurden von Beobachtungsstationen des britischen Kolonialreiches angestellt. Der englische Astronom Richard Christopher Carrington registrierte am 1. September 1859 beim Carrington-Event von 1859 die Ursachen magnetischer Stürme.[18] Er sah durch sein Teleskop eine riesige Explosion auf der Sonne, die sich als sehr heller, nur wenige Minuten andauernder Lichtblitz äußerte (diese Explosion zählt heute zu den zehn stärksten jemals beobachteten Flares). Etwa 20 Stunden später erreichten die ausgeschleuderte Materie sowie die emittierte Strahlung die Erde und lösten einen magnetischen Sturm aus, der sogar die Kompassnadeln beeinflusste.[19] Dieses Ereignis kann als Beginn der Untersuchungen über die solar-terrestrischen Zusammenhänge und des Weltraumwetters angesehen werden. Carrington vermutete zu dieser Zeit einen Zusammenhang zwischen den Flares und den geomagnetischen Effekten. Diese Idee musste jedoch revidiert werden, da für die Veränderungen im Erdmagnetismus primär die CMEs sowie die von ihnen verursachten Stoßwellen und Magnetfeldverbiegungen verantwortlich sind.

1932 wurde die kosmische Radiostrahlung von Karl Guthe Jansky entdeckt; zehn Jahre später die Radiostrahlung der Sonne durch James Stanley Hey, als er Störungen an britischen Radarstationen im Zweiten Weltkrieg untersuchte. In den folgenden Jahren wurde Radiostrahlung mittels umgebauter V2-Raketen näher untersucht. Da die Erdatmosphäre einen Großteil der Radiostrahlung der Sonne abblockt, wurden die erbeuteten Raketen mit Messinstrumenten bestückt und abgeschossen. So konnten Messungen weit entfernt vom Erdboden, wo der störende Einfluss der Atmosphäre geringer ist, durchgeführt werden.[20]

Koronale Massenauswürfe (CMEs) wurden aufgrund der schlechten Sichtbarkeit erst 1974 mit Hilfe der Raumstation Skylab entdeckt.[21]

Forschung

Die potentiell negativen Auswirkungen des Weltraumwetters machen dessen Erforschung und Vorhersage zu einem wichtigen Zweig der aktuellen Forschung. Das Hauptproblem dabei ist allerdings immer noch ein unzureichendes Verständnis der Grundlagen. Da bis heute die Entstehung von Flares und CMEs noch weitgehend unklar ist und keine verlässlichen Hinweise für bevorstehende Eruptionen und der Stärke bekannt sind, ist eine Vorhersage des Weltraumwetters kaum möglich.

Die gesamte Kette der solar-terrestrischen Beziehungen wird in vielen verschiedenen Projekten erforscht:

  • Bei der ESA wurde dafür ein Space Weather Working Team (SWWT) gebildet, das zur Auswertung der Daten des Satelliten SOHO (Solar and Heliospheric Observatory) dient.
  • Der Satellit Cluster soll die die Sonnenaktivitäten erforschen bzw. Wechselwirkungen zwischen Sonnenwind und Erdmagnetfeld aufzeichnen.
  • Das EUV Imaging Telescope (EIT) des Weltraumobservatoriums SOHO liefert im Minutenabstand Bilder von der Sonne im UV-Licht, wodurch Strukturen und dynamische Vorgänge in der Korona sichtbar werden und Protuberanzen, Flares, aktive Gebiete, Sonnenflecken, magnetische Feinstrukturen etc. untersucht werden können.
  • LASCO (Large Angle and Spectroscopic Coronograph) beobachtet das gesamte Umfeld der Sonne, vom Sonnenrand bis auf 32 Sonnenradien Abstand. Es ist somit eine Beobachtung von CMEs und Halo-CMEs, die sich genau auf der Sonne-Erde-Linie bewegen, möglich. Mit LASCO wurden mit größerer Treffsicherheit der Vorhersage und besserer Einschätzung der Laufzeit der Ereignisse bis zur Erde wichtige Fortschritte in der Forschung gemacht.
  • Das Deep Space Climate Observatory soll der NOAA und der US Air Force Daten über das Weltraumwetter liefern und auch Warnmeldungen vor geomagnetischen Stürmen mit einer Vorwarnzeit von 15 bis 60 Minuten ermöglichen.[22]

Weitere Messungen des Sonnenwindes, energiereicher Teilchen und des Strahlungsflusses von außerhalb der Magnetosphäre sowie anderer Teilchen und Ströme wurden mit Hilfe von Radargeräten durchgeführt und somit grundlegende Auswirkungen auf die Ionosphäre und Atmosphäre untersucht.

Die solar-terrestrischen Beziehungen werden so beinahe lückenlos durch geeignete Beobachtungen mit Hilfe von Raumsonden, Erdsatelliten und bodengebundenen Messanlagen abgedeckt. Die meisten Daten erscheinen sogar in Beinahe-Echtzeit im Internet und sind öffentlich zugänglich. Mehrere Industrieländer nutzen sie für ihre offiziellen Warnzentren zu Beobachtungen und Vorhersagen.

Ein Problem der Weltraumwettervorhersage sind die geringen Vorwarnzeiten, nämlich die Zeit von der Beobachtung auf der Sonne bis zum Erreichen der Erde. Beispielsweise ist die bei Flares emittierte Röntgenstrahlung so schnell wie die optische Information, also wie die Beobachtung selbst. Bei energiereichen Teilchen hat man 10 bis 30 Minuten Verzögerung und bei geomagnetischen Stürmen durch CMEs hat man immerhin eine Vorwarnzeit von 2 bis 4 Tagen.

Ionensturm-Voraussage

Heute können die besonders für Astronauten gefährlichen Ionenstürme exakter vorhergesagt werden. Bisher war bereits bekannt, dass einem Ionenstrom bei Sonnen-Eruptionen eine erhöhte Anzahl von Elektronen vorausgeht. Jedoch war eine zuverlässige Voraussage nur schwer möglich, da eine Zunahme an Elektronen nicht immer einen gefährlichen Ionensturm nach sich zog. Nun konnte mittels Daten von SOHO eine Voraussage-Software entwickelt werden, die Vorwarnzeiten von bis zu 74 Minuten möglich macht.[23]

Literatur

  • Gerd W. Prölss: Physik des erdnahen Weltraums. Eine Einführung. Springer, Berlin 2004, ISBN 3-540-40088-5.
  • Ioannis. A. Daglis (Hrsg.): Effects of Space Weather on Technology Infrastructure. Proceedings of the NATO ARW. Springer Netherlands, 2005, ISBN 1-4020-2747-8.
  • Barbara B. Poppe, Kristen P. Jorden: Sentinels of the Sun: Forecasting Space Weather. Johnson Books, 2006, ISBN 1-55566-379-6.
  • Volker Bothmer, Ioannis A. Daglis: Space Weather: Physics and Effects. Springer Verlag, Heidelberg 2007, ISBN 3-540-34578-7.
  • Yohsuke Kamide, Abraham C.-L. Chian: Handbook of the Solar-Terrestrial Environment. Springer, Berlin 2007, ISBN 3-540-46314-3.
  • Arnold Hanslmeier: The Sun and Space Weather. Springer, Dordrecht 2007, ISBN 978-1-4020-5603-1.
  • Mark Moldwin: An introduction to space weather. Cambridge University Press, Cambridge MA 2008, ISBN 978-0-521-86149-6.
  • Karl-Heinz Glassmeier, Joachim Vogt: Magnetic polarity transitions and biospheric effects. Space Sci. Rev., 155, 387–410, 2010.

Weblinks

Video

Einzelnachweise

  1. R. A. Howard: A Historical Perspective on Coronal Mass Ejections. In: Natchimuthukonar Gopalswamy, Richard Mewaldt, Jarmo Torsti (Hg.): Solar Eruptions and Energetic Particles Bd. 16. American Geophysical Union, 2006, ISBN 978-0-87590-430-6, DOI doi.org/10.1029/165GM03 (zum Artikel; PDF; 0,2 MB)
  2. SOHO LASCO CME Katalog
  3. H. Cremades, V. Bothmer: On the three-dimensional configuration of coronal mass ejections In: Astronomy and Astrophysics 422/2004. EDP Sciences, S. 307–322, ISSN 0004-6361, zum Artikel
  4. Franck Arnold: Wolken unter kosmischen Einfluss. In: MaxPlanckForschung 1/2003, S. 7–8, ISSN 0341-7727
  5. Benjamin A. Laken et al.: A cosmic ray-climate link and cloud observations. In: J. Space Weather Space Clim. Band 2, 2012, doi:10.1051/swsc/2012018.
  6. 6,0 6,1 R. Schwenn, K. Schlegel: Sonnenwind und Weltraumwetter. In: Spektrum der Wissenschaft Dossier – Die Trabanten der Sonne 3/2001, S. 15–23, ISSN 0947-7934 (zum Artikel (Memento vom 10. Juni 2007 im Internet Archive); PDF; 0,4 MB)
  7. Willie Wei-Hock Soon and Steven H. Yaskell: The Maunder Minimum and the Variable Sun-Earth Connection, World Scientific, 2003, ISBN 981-238-274-7
  8. Tony Phillips: Solar Variability and Terrestrial Climate. In: NASA Science News. 8. Januar 2013, abgerufen am 20. September 2016.
  9. Thomas Bührke: Jenseits der Milchstraße. Themenheft des BMBF (2000; zum Artikel; PDF; 1 MB)
  10. F. Kneer et al. (Hrsg.): Perspektiven der Erforschung von Sonne und Heliosphäre in Deutschland, Copernicus GmbH, Katlenburg-Lindau 2003, ISBN 3-936586-19-5 (zum Artikel; PDF; 4 MB)
  11. Thomas Weyrauch: Kann ein Sonnensturm Elektronik einfrieren?, in Raumfahrer.net, Datum: 6. September 2012, abgerufen: 7. September 2012 (zum Artikel)
  12. Weltraum-Wetter: DLR-Forscher erwarten neue Erkenntnisse über Auswirkungen des Sonnenwindes, Mitteilung der DLR vom 30. Oktober 2003
  13. ESA: Weltraumwetter: Gefahren für die Erde, Information vom 15. November 2002
  14. Kosmische Strahlung – Boten aus dem Weltall (Memento vom 30. Oktober 2018 im Internet Archive) (PDF; 3 MB), Vortrag von Dr. B. Pfeiffer (Universität Mainz)
  15. Space Weather Research Explorer (Memento vom 27. September 2007 im Internet Archive), Informationen des Exploratorium
  16. Kurskorrektur: Atlantis bringt ISS in höhere Umlaufbahn. Spiegel Online, 24. Mai 2000.
  17. K. Scherer, H. Fichtner: Das Klima aus dem All. In Physik Journal, 3/2007, Wiley-CH, S. 59–63, ISSN 1617-9439 (zum Artikel; PDF; 8 MB)
  18. R.C. Carrington: Description of a Singular Appearance seen in the Sun on September 1, 1859. In: Monthly Notices of the Royal Astronomical Society 20/1859, S. 13–15, ISSN 0035-8711 (zum Artikel)
  19. M.A. Shea, D.F. Smart: Compendium of the eight articles on the “Carrington Event” attributed to or written by Elias Loomis in the American Journal of Science, 1859–1861. In: Advances in Space Research, 38/2/2006, S. 313–385, ISSN 0273-1177, doi:10.1016/j.asr.2006.07.005.
  20. B. Lovell: The Emergence of Radio Astronomy in the U.K. after World-War. In: Quarterly Journal of the Royal Astronomical Society 28/1/1987, S. 1–9, bibcode:1987QJRAS..28....1L
  21. R.M. MacQueen, J.R. Eddy, J.T. Gosling et al.: The outer Solar Corona as observed from Skylab: Preliminary Results. In: Astrophysical Journal, 187/1974, S. L85-L88, bibcode:1974ApJ...187L..85M
  22. DSCOVR: Deep Space Climate Observatory | NOAA National Environmental Satellite, Data, and Information Service (NESDIS). National Oceanic and Atmospheric Administration (NOAA), abgerufen am 3. September 2019 (Lua-Fehler in Modul:Multilingual, Zeile 149: attempt to index field 'data' (a nil value)).
  23. Pressemitteilung Science@NASA (Memento vom 27. August 2007 im Internet Archive) der NASA zur neuen Vorhersagesoftware vom 25. Mai 2007
Dieser Artikel wurde am 20. September 2007 in dieser Version in die Liste der lesenswerten Artikel aufgenommen.