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Das ''' | Das '''friedelsche Gesetz''' geht auf [[Georges Friedel]] zurück und wird in der [[Kristallographie]] bei der [[Kristallstrukturanalyse]] mit Hilfe von [[Röntgenstrahlung]] angewendet. | ||
Es besagt, dass das Beugungsbild eines [[Kristall]]s immer [[Symmetriezentrum#Punktsymmetrie|zentrosymmetrisch]] ist, unabhängig davon, ob der Kristall selbst ein Symmetriezentrum besitzt. Oder genauer: Die Intensitäten der Reflexe ''hkl'' und ''{{overline|h}}{{overline|k}}{{overline|l}}'' sind gleich, auch wenn der Kristall nicht zentrosymmetrisch ist: | Es besagt, dass das [[Beugungsbild]] eines [[Kristall]]s immer [[Symmetriezentrum #Punktsymmetrie|zentrosymmetrisch]] ist, unabhängig davon, ob der Kristall selbst ein [[Symmetriezentrum]] besitzt. Oder genauer: Die [[Intensität (Physik)|Intensitäten]] der [[Reflexion (Physik)|Reflexe]] ''hkl'' und ''{{overline|h}}{{overline|k}}{{overline|l}}'' sind gleich, auch wenn der Kristall nicht zentrosymmetrisch ist: | ||
:<math> I_{hkl} = I_{\bar{h}\bar{k}\bar{l}} </math> | |||
Diese beiden Reflexe stammen von den beiden Seiten derselben [[Gitterebene| | :<math>I_{hkl} = I_{\bar{h}\bar{k}\bar{l}}</math> | ||
Diese beiden Reflexe stammen von den beiden Seiten derselben [[Gitterebene|Netzebenen]]<nowiki />schar (''hkl'') und werden auch als ''Friedel-Paare'' bezeichnet. | |||
== Herleitung == | == Herleitung == | ||
Die [[Bragg-Gleichung| | Die Intensität ''I<sub>hkl</sub>'' eines [[Bragg-Gleichung|Braggreflexes]] eines Kristalls (beschrieben durch die [[Laue-Indizes]] ''hkl'') ergibt sich als [[Betragsquadrat]] des [[Strukturfaktor]]s ''F<sub>hkl</sub>'': | ||
:<math>I_{hkl} = F_{hkl} \cdot F_{hkl}^*,</math> wobei * [[Konjugation (Mathematik)|konjugiert komplex]] bedeutet. | |||
:<math>I_{hkl} = F_{hkl} \cdot F_{hkl}^* = |F_{hkl}|^{2},</math> | |||
wobei * [[Konjugation (Mathematik)|konjugiert komplex]] bedeutet. | |||
Für den Strukturfaktor ''F<sub>hkl</sub>'' gilt: | |||
::<math>F_{hkl} = \sum_n f_n e^{2\pi i (hx_n + ky_n + lz_n)}</math>, | |||
wobei die Summe sich über alle n Atome mit dem [[Atomformfaktor]]en f<sub>n</sub> der [[Kristallbasis|Basis eines Kristalls]] erstreckt, die an den Stellen x<sub>n</sub>, y<sub>n</sub>, z<sub>n</sub> liegen. | |||
Für den | Für den dazu zentrosymmetrisch liegenden Reflex (''{{overline|h}}{{overline|k}}{{overline|l}}'') gilt entsprechend: | ||
::<math>F_{\bar{h}\bar{k}\bar{l}} = \sum_n f_n e^{2\pi i (-hx_n - ky_n - lz_n)} = ^{(1)} \left( \sum_n f_n e^{2\pi i (hx_n + ky_n + lz_n)} \right)^* = F_{hkl}^*.</math> | |||
:<math> F_{\bar{h}\bar{k}\bar{l}} = \sum_n f_n e^{2\pi i (-hx_n-ky_n-lz_n)} =^{(1)} (\sum_n f_n e^{2\pi i (hx_n+ky_n+lz_n)})^* = F_{hkl}^*. </math> | |||
Damit gilt auch: | Damit gilt auch: | ||
Daraus folgt für die Intensitäten: | ::<math>F_{\bar{h}\bar{k}\bar{l}}^* = F_{hkl}. </math> | ||
:<math>I_{hkl} = F_{hkl} \cdot F_{hkl}^* = F_{\bar{h}\bar{k}\bar{l}}^* \cdot F_{\bar{h}\bar{k}\bar{l}} = I_{ \bar{h}\bar{k}\bar{l}} </math> | |||
Daraus folgt für die Intensitäten: | |||
:<math>\Rightarrow I_{hkl} = F_{hkl} \cdot F_{hkl}^* = F_{\bar{h}\bar{k}\bar{l}}^* \cdot F_{\bar{h}\bar{k}\bar{l}} = I_{\bar{h}\bar{k}\bar{l}}</math> | |||
Umformung (1) gilt nur, wenn alle f<sub>n</sub> reelle Größen sind, was in der Regel erfüllt ist. | |||
=== Anmerkung === | === Anmerkung === | ||
Das | Das friedelsche Gesetz ist eine konkrete Anwendung einer Eigenschaft der [[Fouriertransformation]]en [[Reelle Funktion|reeller Funktionen]] f(x): | ||
Für die Fouriertransformation | Für die Fouriertransformation | ||
:<math>F(k)=\int^{+\infty}_{-\infty}f(x)e^{i k \cdot x }dx</math> | :<math>F(k) = \int^{+\infty}_{-\infty}f(x)e^{i k \cdot x }dx</math> | ||
der reellen Funktion f(x) gilt: | der reellen Funktion f(x) gilt: | ||
:<math>F(k)=F^*(-k) \,</math>. | :<math>F(k) = F^*(-k) \,</math>. | ||
== Folgen == | == Folgen == | ||
Aufgrund des | Aufgrund des friedelschen Gesetzes kann man mit Röntgenbeugung eine [[Punktgruppe]], die kein Symmetriezentrum hat, von derselben Punktgruppe mit einem zusätzlichen Symmetriezentrum ''nicht'' unterscheiden. Daher lassen sich nicht alle 32 Punktgruppen kristallographisch bestimmen, sondern nur die 11 [[Lauegruppe]]n. | ||
== Abweichungen == | |||
Grundlage des friedelschen Gesetzes ist, dass die Atomformfaktoren [[reell]]e Größen sind (vgl. oben Anmerkung). | |||
Für [[Wellenlänge]]n in der Nähe der [[Absorptionskante]] eines Atoms bekommt der Atomformfaktor aber einen deutlichen [[Imaginäre Zahl|imaginären Anteil]]. Daher gilt die Beziehung <math>F_{hkl} = F_{ \bar{h}\bar{k}\bar{l}}^*</math> nicht mehr. Das friedelsche Gesetz ist dann nur noch erfüllt, wenn die Punktgruppe ein Symmetriezentrum besitzt. | |||
Die Differenz <math>F_{hkl}^2 - F_{\bar{h}\bar{k}\bar{l}}^2</math> heißt [[Johannes Martin Bijvoet|Bijvoet]]-Differenz.<ref>{{Literatur |Autor=Lothar Spieß, u. a. |Titel=Moderne Röntgenbeugung |Verlag=Vieweg und Teubner |Datum=2009 |ISBN=978-3-8351-0166-1}}</ref> Durch ihre Auswertung kann man das [[Phasenproblem]] lösen. | |||
== Literatur == | |||
* D. Schwarzenbach: ''Kristallographie'' Springer Verlag, Berlin 2001, ISBN 3-540-67114-5. | |||
* Walter Borchardt-Ott: ''Kristallographie.'' Springer, 2002, ISBN 3-540-43964-1. | |||
* Werner Massa: ''Kristallstrukturbestimmung.'' Teubner, 2002, ISBN 3-519-23527-7. | |||
== Einzelnachweise == | == Einzelnachweise == | ||
<references /> | <references /> | ||
[[Kategorie:Kristallographie]] | [[Kategorie:Kristallographie]] |
Das friedelsche Gesetz geht auf Georges Friedel zurück und wird in der Kristallographie bei der Kristallstrukturanalyse mit Hilfe von Röntgenstrahlung angewendet.
Es besagt, dass das Beugungsbild eines Kristalls immer zentrosymmetrisch ist, unabhängig davon, ob der Kristall selbst ein Symmetriezentrum besitzt. Oder genauer: Die Intensitäten der Reflexe hkl und hkl sind gleich, auch wenn der Kristall nicht zentrosymmetrisch ist:
Diese beiden Reflexe stammen von den beiden Seiten derselben Netzebenenschar (hkl) und werden auch als Friedel-Paare bezeichnet.
Die Intensität Ihkl eines Braggreflexes eines Kristalls (beschrieben durch die Laue-Indizes hkl) ergibt sich als Betragsquadrat des Strukturfaktors Fhkl:
wobei * konjugiert komplex bedeutet.
Für den Strukturfaktor Fhkl gilt:
wobei die Summe sich über alle n Atome mit dem Atomformfaktoren fn der Basis eines Kristalls erstreckt, die an den Stellen xn, yn, zn liegen.
Für den dazu zentrosymmetrisch liegenden Reflex (hkl) gilt entsprechend:
Damit gilt auch:
Daraus folgt für die Intensitäten:
Umformung (1) gilt nur, wenn alle fn reelle Größen sind, was in der Regel erfüllt ist.
Das friedelsche Gesetz ist eine konkrete Anwendung einer Eigenschaft der Fouriertransformationen reeller Funktionen f(x):
Für die Fouriertransformation
der reellen Funktion f(x) gilt:
Aufgrund des friedelschen Gesetzes kann man mit Röntgenbeugung eine Punktgruppe, die kein Symmetriezentrum hat, von derselben Punktgruppe mit einem zusätzlichen Symmetriezentrum nicht unterscheiden. Daher lassen sich nicht alle 32 Punktgruppen kristallographisch bestimmen, sondern nur die 11 Lauegruppen.
Grundlage des friedelschen Gesetzes ist, dass die Atomformfaktoren reelle Größen sind (vgl. oben Anmerkung).
Für Wellenlängen in der Nähe der Absorptionskante eines Atoms bekommt der Atomformfaktor aber einen deutlichen imaginären Anteil. Daher gilt die Beziehung $ F_{hkl}=F_{{\bar {h}}{\bar {k}}{\bar {l}}}^{*} $ nicht mehr. Das friedelsche Gesetz ist dann nur noch erfüllt, wenn die Punktgruppe ein Symmetriezentrum besitzt.
Die Differenz $ F_{hkl}^{2}-F_{{\bar {h}}{\bar {k}}{\bar {l}}}^{2} $ heißt Bijvoet-Differenz.[1] Durch ihre Auswertung kann man das Phasenproblem lösen.