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[[Datei:B-H loop. | [[Datei:B-H loop.svg|hochkant=1.6|mini|Hysterese-Kurven-Schar für kornorientiertes [[Elektroblech]]: B<sub>R</sub> ist die ''[[Remanenz]]'', H<sub>C</sub> die ''magnetische Koerzitivfeldstärke'']] | ||
Als '''magnetische Koerzitivfeldstärke''' <math>H_c</math> (''H'' für die [[magnetische Feldstärke]] und ''c'' für ''coercivity'' von [[latein]]isch ''coercere'' = bändigen, zusammenhalten) bezeichnet man die magnetische Feldstärke, die notwendig ist, um eine zuvor bis zur Sättigungsflussdichte aufgeladene, [[Ferromagnetismus|ferromagnetische Substanz]] vollständig zu entmagnetisieren, so dass der resultierende Gesamtfluss bzw. die lokale Flussdichte gleich null ist. Je höher die Koerzitivfeldstärke ist, desto besser behält ein Magnet seine Magnetisierung, wenn er einem Gegenfeld ausgesetzt wird. | Als '''magnetische Koerzitivfeldstärke''' <math>H_c</math> (''H'' für die [[magnetische Feldstärke]] und ''c'' für ''coercivity'' von [[latein]]isch ''coercere'' = bändigen, zusammenhalten) bezeichnet man die magnetische Feldstärke, die notwendig ist, um eine zuvor bis zur Sättigungsflussdichte aufgeladene, [[Ferromagnetismus|ferromagnetische Substanz]] vollständig zu entmagnetisieren, so dass der resultierende Gesamtfluss bzw. die lokale Flussdichte gleich null ist. Je höher die Koerzitivfeldstärke ist, desto besser behält ein Magnet seine Magnetisierung, wenn er einem Gegenfeld ausgesetzt wird. | ||
Die [[SI-Einheit]] ist wie bei allen magnetischen Feldstärken | Die [[SI-Einheit]] ist wie bei allen magnetischen Feldstärken A/m. Gelegentlich wird noch die veraltete Einheit [[Oersted (Einheit)|Oe]] (Oersted: 1 Oe entspricht knapp 80 A/m) verwendet. | ||
Werden ferromagnetische oder ferrimagnetische Werkstoffe einem Magnetfeld ausgesetzt, so bleibt auch nach Entfernen des Feldes ein Restmagnetismus, die [[Remanenz]]. Dies gilt auch für [[Spin-Glas|Spingläser]], wenn auch in abgeschwächter Form. | Werden ferromagnetische oder ferrimagnetische Werkstoffe einem Magnetfeld ausgesetzt, so bleibt auch nach Entfernen des Feldes ein Restmagnetismus, die [[Remanenz]]. Dies gilt auch für [[Spin-Glas|Spingläser]], wenn auch in abgeschwächter Form. | ||
Analog dazu nennt man die [[elektrische Feldstärke]], die nötig ist, um die remanente [[dielektrische Verschiebung]] ([[Polarisation]]) eines [[Ferroelektrikum]]s aufzuheben, '''elektrische Koerzitivfeldstärke'''. Je höher sie ist, desto besser behält der | Analog dazu nennt man die [[elektrische Feldstärke]], die nötig ist, um die remanente [[dielektrische Verschiebung]] ([[Polarisation]]) eines [[Ferroelektrikum]]s oder [[Elektret]]s aufzuheben, '''elektrische Koerzitivfeldstärke'''. Je höher sie ist, desto besser behält der Stoff seine Polarisation. Sie hat Einfluss auf die piezoelektrischen Eigenschaften ([[Piezoelektrizität]]). | ||
Für die magnetische Koerzitivfeldstärke wurde früher der nicht präzise und inzwischen veraltete Begriff '''Koerzitivkraft''' verwendet.<ref>Siehe dazu {{Literatur | Autor=Wilhelm H. Westphal | Titel=Physik | Verlag=Springer-Verlag | Ort=Berlin/Heidelberg/New York}} Während in der {{Google Buch | BuchID=ZVXQBgAAQBAJ | Seite=381 | Hervorhebung=Koerzitivkraft | Linktext=21. Auflage von 1953 | KeinText=ja}} noch der Begriff ''Koerzitivkraft'' verwendet wurde, ist er in der {{Google Buch | BuchID=RdbJBgAAQBAJ | Seite=383 | Hervorhebung=Koerzitivfeldstärke Koerzitivkraft | Linktext=25./26. Auflage von 1970 | KeinText=ja}} in Text und Sachverzeichnis durch ''Koerzitivfeldstärke'' ersetzt worden, und im Text wurde explizit ein ''"(nicht gut: Koerzitivkraft)"'' hinter die Definition der Koerzitivfeldstärke gestellt.</ref> | |||
== Anwendung == | == Anwendung == | ||
Man unterscheidet zwischen der Koerzitivfeldstärke (''H<sub>cB</sub>'') der [[Magnetische Flussdichte|magnetischen Flussdichte]] und der Koerzitivfeldstärke (''H<sub>cJ</sub>'') der [[Magnetische Polarisation|magnetischen Polarisation]]. Wird ein [[Permanentmagnet]] einer Feldstärke ''H<sub>cB</sub>'' ausgesetzt, verschwindet die [[magnetische Flussdichte]] im Magneten. Er ist jedoch nach dem Entfernen aus dem Feld immer noch magnetisch. Erst bei einer entmagnetisierenden Feldstärke H<sub>cJ</sub> verliert der Permanentmagnet seine magnetische Polarisation und somit seine Magnetisierung vollständig, das heißt die angelegte Feldstärke verursacht eine magnetische Flussdichte der Größe ''µ''<sub>0</sub> · ''H'' | Man unterscheidet zwischen der Koerzitivfeldstärke (''H<sub>cB</sub>'') der [[Magnetische Flussdichte|magnetischen Flussdichte]] und der Koerzitivfeldstärke (''H<sub>cJ</sub>'') der [[Magnetische Polarisation|magnetischen Polarisation]]. Wird ein [[Permanentmagnet]] einer Feldstärke ''H<sub>cB</sub>'' ausgesetzt, verschwindet die [[magnetische Flussdichte]] im Magneten. Er ist jedoch nach dem Entfernen aus dem Feld immer noch magnetisch. Erst bei einer entmagnetisierenden Feldstärke H<sub>cJ</sub> verliert der Permanentmagnet seine magnetische Polarisation und somit seine Magnetisierung vollständig, das heißt die angelegte Feldstärke H verursacht eine magnetische Flussdichte der Größe ''µ''<sub>0</sub> · ''H'' ohne Offset. | ||
In derselben Weise kann man auch die elektrische Koerzitivfeldstärke definieren. | In derselben Weise kann man auch die elektrische Koerzitivfeldstärke definieren. | ||
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Gemessen wird die magnetische Koerzitivfeldstärke mit einem sogenannten '''Koerzimeter''', welches in Abhängigkeit einer angelegten äußeren magnetischen Feldstärke die Polarisation über Induktion in einer bewegten Spule misst. Da die Magnetisierbarkeit und damit auch die Remanenz bzw. die Koerzitivfeldstärke vom Gefüge des Werkstoffes abhängt, lassen sich aus den magnetischen Eigenschaften Erkenntnisse über das Werkstoffgefüge (z. B. Verformungsgrad) ableiten. | Gemessen wird die magnetische Koerzitivfeldstärke mit einem sogenannten '''Koerzimeter''', welches in Abhängigkeit einer angelegten äußeren magnetischen Feldstärke die Polarisation über Induktion in einer bewegten Spule misst. Da die Magnetisierbarkeit und damit auch die Remanenz bzw. die Koerzitivfeldstärke vom Gefüge des Werkstoffes abhängt, lassen sich aus den magnetischen Eigenschaften Erkenntnisse über das Werkstoffgefüge (z. B. Verformungsgrad) ableiten. | ||
Um die elektrische Koerzitivfeldstärke zu messen, werden auf den zu untersuchenden Stoff feste Elektroden aufgedampft oder flüssige aufgebracht. Die Anordnung entspricht dann der eines Plattenkondensators. Aus der | Um die elektrische Koerzitivfeldstärke zu messen, werden auf den zu untersuchenden Stoff feste Elektroden aufgedampft oder flüssige aufgebracht. Die Anordnung entspricht dann der eines Plattenkondensators. Aus dem Umladestrom und der gemessenen [[Elektrische Spannung|Spannung]] kann die [[Elektrische Ladung|Plattenladung]] und zusammen mit den Abmessungen die [[elektrische Feldstärke]] und die [[dielektrische Verschiebung]] bestimmt werden. Mit Aufnahme der kompletten [[Hysterese]]kurve lässt sich die elektrische Koerzitivfeldstärke bestimmen. | ||
== Werte == | == Typische Werte und Abhängigkeiten == | ||
{| class="wikitable" | Die Werte der magnetischen Koerzitivfeldstärke ferro- und ferrimagnetischer Werkstoffe schwanken bei ähnlicher oder gleicher Zusammensetzung zum Teil erheblich. Sie ist außer vom Stoff oder dem Stoffgemisch unter anderem von folgenden weiteren Parametern abhängig: | ||
* [[Kristallit]]struktur und -größe | |||
* in [[Legierung]]en vorkommende [[Mischphase]]n | |||
* Eigenspannungszustand ([[Härten|gehärtet]], [[kaltumformung|kaltverformt]], [[anlassen|angelassen]], [[glühen|geglüht]]) | |||
Die Messung der Koerzitivfeldstärke dient daher insbesondere auch zur [[zerstörungsfreie Werkstoffprüfung|zerstörungsfreien Werkstoffprüfung]] von ferromagnetischen Werkstoffen (insbesondere Eisen und [[Stahl]] als [[Konstruktionswerkstoff]]) hinsichtlich ihrer Gefügeeigenschaften, ihrer thermischen Vorbehandlung und eventuell vorausgegangener plastischer Verformungen. Die mechanische [[Härte]] korrespondiert mit der magnetischen Härte, also der Koerzitivkraft. | |||
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! Material | ! Material | ||
! magnetische Koerzitivfeldstärke ''H<sub>cJ</sub>''< | ! style="line-height:110%;" | magnetische<br>Koerzitivfeldstärke<br>''H<sub>cJ</sub>'' (A/m) | ||
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| Dilanthanid-Komplexe<ref>{{cite web|url=https://www.spektrum.de/news/supermagnete-neues-molekuel-ist-der-staerkste-bekannte-magnet/1973011 |title=Neues Molekül ist der stärkste bekannte Magnet |date=2022-01-20 |accessdate=2022-01-23 |site=spektrum.de}}</ref> ||style="text-align:center"| > 3000 · 10<sup>3</sup> | |||
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| [[Neodym-Eisen-Bor]] ||style="text-align:center"| (870…2750) · 10<sup>3</sup> | |||
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| [[Eisen]]<br />(technisch rein) ||style="text-align:center"| | | [[Eisen]]<br />(technisch rein) ||style="text-align:center"| 10…200 | ||
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| [[Elektroblech|Dynamoblech]] I ||style="text-align:center"| 200 | | [[Elektroblech|Dynamoblech]] I ||style="text-align:center"| 200 | ||
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| Dynamoblech IV ||style="text-align:center"| | | Dynamoblech IV ||style="text-align:center"| 25…60 | ||
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| | | kaltgewalzte Bleche ||style="text-align:center"| 20…35 | ||
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| Nickeleisen<br />(50 % Ni) ||style="text-align:center"| | | Nickeleisen<br />(50 % Ni) ||style="text-align:center"| 3…16 | ||
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| [[Mu-Metall]]<br />( | | [[Mu-Metall]]<br />(76–80 % Ni, 15–16 % Fe, 4–5 % Cu, 2–3 % Cr) ||style="text-align:center"| 0,8…5 | ||
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== Weblinks == | == Weblinks == | ||
* | * {{Webarchiv | url=http://www.bama.ua.edu/~tmewes/Java/Reversal/reversal.shtml | wayback=20160303180902 | text=Applet zum Ursprung der Koerzitivitaet im Makrospin-Modell (englisch)}} | ||
== Einzelnachweise == | |||
<references /> | |||
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[[Kategorie:Magnetismus]] | [[Kategorie:Magnetismus]] |
Als magnetische Koerzitivfeldstärke $ H_{c} $ (H für die magnetische Feldstärke und c für coercivity von lateinisch coercere = bändigen, zusammenhalten) bezeichnet man die magnetische Feldstärke, die notwendig ist, um eine zuvor bis zur Sättigungsflussdichte aufgeladene, ferromagnetische Substanz vollständig zu entmagnetisieren, so dass der resultierende Gesamtfluss bzw. die lokale Flussdichte gleich null ist. Je höher die Koerzitivfeldstärke ist, desto besser behält ein Magnet seine Magnetisierung, wenn er einem Gegenfeld ausgesetzt wird. Die SI-Einheit ist wie bei allen magnetischen Feldstärken A/m. Gelegentlich wird noch die veraltete Einheit Oe (Oersted: 1 Oe entspricht knapp 80 A/m) verwendet.
Werden ferromagnetische oder ferrimagnetische Werkstoffe einem Magnetfeld ausgesetzt, so bleibt auch nach Entfernen des Feldes ein Restmagnetismus, die Remanenz. Dies gilt auch für Spingläser, wenn auch in abgeschwächter Form.
Analog dazu nennt man die elektrische Feldstärke, die nötig ist, um die remanente dielektrische Verschiebung (Polarisation) eines Ferroelektrikums oder Elektrets aufzuheben, elektrische Koerzitivfeldstärke. Je höher sie ist, desto besser behält der Stoff seine Polarisation. Sie hat Einfluss auf die piezoelektrischen Eigenschaften (Piezoelektrizität).
Für die magnetische Koerzitivfeldstärke wurde früher der nicht präzise und inzwischen veraltete Begriff Koerzitivkraft verwendet.[1]
Man unterscheidet zwischen der Koerzitivfeldstärke (HcB) der magnetischen Flussdichte und der Koerzitivfeldstärke (HcJ) der magnetischen Polarisation. Wird ein Permanentmagnet einer Feldstärke HcB ausgesetzt, verschwindet die magnetische Flussdichte im Magneten. Er ist jedoch nach dem Entfernen aus dem Feld immer noch magnetisch. Erst bei einer entmagnetisierenden Feldstärke HcJ verliert der Permanentmagnet seine magnetische Polarisation und somit seine Magnetisierung vollständig, das heißt die angelegte Feldstärke H verursacht eine magnetische Flussdichte der Größe µ0 · H ohne Offset.
In derselben Weise kann man auch die elektrische Koerzitivfeldstärke definieren.
Zu beachten ist die starke Temperaturabhängigkeit dieser Feldstärken, die nicht zuletzt auch in der Temperaturabhängigkeit des Ferromagnetismus bzw. der Ferroelektrizität zu suchen ist.
Gemessen wird die magnetische Koerzitivfeldstärke mit einem sogenannten Koerzimeter, welches in Abhängigkeit einer angelegten äußeren magnetischen Feldstärke die Polarisation über Induktion in einer bewegten Spule misst. Da die Magnetisierbarkeit und damit auch die Remanenz bzw. die Koerzitivfeldstärke vom Gefüge des Werkstoffes abhängt, lassen sich aus den magnetischen Eigenschaften Erkenntnisse über das Werkstoffgefüge (z. B. Verformungsgrad) ableiten.
Um die elektrische Koerzitivfeldstärke zu messen, werden auf den zu untersuchenden Stoff feste Elektroden aufgedampft oder flüssige aufgebracht. Die Anordnung entspricht dann der eines Plattenkondensators. Aus dem Umladestrom und der gemessenen Spannung kann die Plattenladung und zusammen mit den Abmessungen die elektrische Feldstärke und die dielektrische Verschiebung bestimmt werden. Mit Aufnahme der kompletten Hysteresekurve lässt sich die elektrische Koerzitivfeldstärke bestimmen.
Die Werte der magnetischen Koerzitivfeldstärke ferro- und ferrimagnetischer Werkstoffe schwanken bei ähnlicher oder gleicher Zusammensetzung zum Teil erheblich. Sie ist außer vom Stoff oder dem Stoffgemisch unter anderem von folgenden weiteren Parametern abhängig:
Die Messung der Koerzitivfeldstärke dient daher insbesondere auch zur zerstörungsfreien Werkstoffprüfung von ferromagnetischen Werkstoffen (insbesondere Eisen und Stahl als Konstruktionswerkstoff) hinsichtlich ihrer Gefügeeigenschaften, ihrer thermischen Vorbehandlung und eventuell vorausgegangener plastischer Verformungen. Die mechanische Härte korrespondiert mit der magnetischen Härte, also der Koerzitivkraft.
Material | magnetische Koerzitivfeldstärke HcJ (A/m) |
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Dilanthanid-Komplexe[2] | > 3000 · 103 |
Neodym-Eisen-Bor | (870…2750) · 103 |
Eisen (technisch rein) |
10…200 |
Dynamoblech I | 200 |
Dynamoblech IV | 25…60 |
kaltgewalzte Bleche | 20…35 |
Nickeleisen (50 % Ni) |
3…16 |
Mu-Metall (76–80 % Ni, 15–16 % Fe, 4–5 % Cu, 2–3 % Cr) |
0,8…5 |