Kosmologie: Unterschied zwischen den Versionen

Kosmologie: Unterschied zwischen den Versionen

imported>Matzematik
K (Änderungen von 109.45.3.189 (Diskussion) auf die letzte Version von Mabschaaf zurückgesetzt)
 
178.2.192.252 (Diskussion)
(Kommasetzung nach DUDEN, z. B. keines vor sowie und keines vor wie, es sei denn, es folgt ein Nebensatz mit Subjekt und Prädikat. - Dottore E. (unangemeldet, da Passwort vergessen und noch nicht zugesandt!))
 
Zeile 1: Zeile 1:
[[Datei:HUDF-JD2.jpg|mini|hochkant=1.5|Die Aufnahme [[Hubble Ultra Deep Field]] zeigt Galaxien verschiedenen Alters, Größe, Form. Die kleinsten, rotesten Galaxien, gehören zu den am weitesten entfernten bekannten Galaxien. Diese Galaxien sind in einem Stadium zu sehen, als das Universum 800 Millionen Jahre alt war.]]
[[Datei:HUDF-JD2.jpg|mini|hochkant=1.5|Die Aufnahme [[Hubble Ultra Deep Field]] zeigt Galaxien verschiedenen Alters, Größe, Form. Die kleinsten, rotesten Galaxien, gehören zu den am weitesten entfernten bekannten Galaxien. Diese Galaxien sind in einem Stadium zu sehen, als das Universum 800 Millionen Jahre alt war.]]
Die '''Kosmologie''' ({{elS|κοσμολογία}} „die Lehre von der Welt“) beschäftigt sich mit dem Ursprung, der Entwicklung und der grundlegenden [[Struktur des Kosmos]] sowie mit dem [[Universum (Astronomie)|Universum]] als Ganzes. Sie ist ein Teilgebiet der [[Astronomie]], das in enger Beziehung zur [[Astrophysik]] steht.
Die '''Kosmologie''' ({{grcS|κοσμολογία}}, kosmología, „die Lehre von der Welt“) beschäftigt sich mit dem Ursprung, der Entwicklung und der grundlegenden [[Struktur des Kosmos]] sowie mit dem [[Universum (Astronomie)|Universum]] als Ganzes. Sie ist ein Teilgebiet der [[Astronomie]], das in enger Beziehung zur [[Astrophysik]] steht. Ihre Wurzeln liegen in [[Kosmogonie]]n, die die Herkunft der Welt zunächst anhand mythischer Vorstellungen anschaulich machten, bei den [[Vorsokratiker]]n jedoch in Versuche mündeten, dafür abstrakte Prinzipien zu formulieren. So nahm [[Parmenides]] einen [[Dualismus#Kosmologischer Dualismus|Grunddualismus]] an, der das kosmische Geschehen gemäß der „Wahrscheinlichkeit“ bestimme.


Die Kosmologie beschreibt das Universum mittels physikalischer Gesetzmäßigkeiten. Dabei ist besonders die heute beobachtete, im Nahbereich „klumpige“ Verteilung der [[Galaxie]]n und [[Galaxienhaufen]] mit großen dazwischenliegenden Leerräumen ([[Void (Astronomie)|Voids]]) im Gegensatz zur räumlichen Homogenität auf größeren Skalen zu verstehen.<ref>[[Robert Osserman]], Rainer Sengerling: ''Geometrie des Universums''. Von der Göttlichen Komödie zu Riemann und Einstein, Vieweg, 1. Aufl., 1997, S.&nbsp;112</ref><ref>[[Hans Joachim Störig]]: ''Knaurs moderne Astronomie''. Droemer Knaur, 1992, S.&nbsp;271</ref><ref>[[Klapdor-Kleingrothaus|Hans V. Klapdor-Kleingrothaus]], Kai Zuber: ''Teilchenastrophysik''. Teubner, 1997, S.&nbsp;111</ref>
Die heutige Kosmologie beschreibt das Universum durch Anwendung physikalischer Theorien, wobei für die großen Skalen insbesondere die [[Allgemeine Relativitätstheorie]] wichtig ist, für die kleinsten die [[Quantenphysik]]. Ausgangspunkt der Modellbildung sind astronomische Beobachtungen der Verteilung und der Eigenschaften von [[Galaxie]]n im Universum. Die [[Rotverschiebung]] der Spektrallinien im Licht von Galaxien und deren systematische Zunahme mit der Entfernung werden als [[Expansion des Universums|Größenwachstum des Universums]] interpretiert und führen zu der Vorstellung, dass das Universum aus einem extrem dichten und heißen Anfangszustand hervorging und sich daraus zu seinem derzeit beobachteten Zustand entwickelte. Formal führt die Theorie auf eine [[Singularität (Astronomie)|Singularität]], den [[Urknall]], der vor 13,75 Milliarden Jahren den Beginn des Universums markiert. Ab einer bestimmten Größe und Dichte der Energien im sehr frühen Universum wird allerdings die Gültigkeit der bekannten physikalischen Theorien überschritten. Insbesondere fehlt eine gültige Theorie der [[Quantengravitation]]. Während der Anfang des Universums somit derzeitigen [[Theorie]]n nicht zugänglich ist, besteht mit dem [[Lambda-CDM-Modell]] ein sehr erfolgreiches Standardmodell für die Entwicklung des Universums, das mit einer Vielzahl von Beobachtungen in guter Übereinstimmung ist.


Weiterhin muss die Kosmologie die insgesamt geringe [[Raumkrümmung]], die zeitlich unterschiedlichen Strukturen (Strahlung, [[Quasar]]e, Galaxien), die [[Kosmische Hintergrundstrahlung]], die als [[Expansion des Universums]] gedeutete [[Rotverschiebung]] des Lichts, die numerischen Werte der [[Naturkonstante]]n und die Häufigkeit der [[Chemisches Element|chemischen Elemente]] im Universum zusammenfassend beschreiben.
Zu den kosmologisch relevanten messbaren Gegenständen der Astronomie gehören die Häufigkeiten der durch die [[primordiale Nukleosynthese]] entstandenen leichtesten Elemente (Wasserstoff, Helium und Lithium) sowie die [[kosmische Hintergrundstrahlung]], die etwa 380.000 Jahre nach dem Urknall freigesetzt wurde, als die Temperatur des sich ausdehnenden Universums soweit abgesunken war, dass neutrale [[Atom]]e existieren konnten. In der weiteren Folge entwickelte sich aus kleinen Dichtefluktuationen durch die Wirkung der [[Gravitation]] die großräumige Verteilung der [[Galaxie]]n und [[Galaxienhaufen]], die durch Klumpung, Filamente und dazwischenliegende Leerräumen ([[Void (Astronomie)|Voids]]) charakterisiert ist und auf größten Skalen zunehmend homogen wird. Die Kosmologie erfasst außerdem die großskalig gemessen geringe [[Raumkrümmung|Krümmung des Raumes]], dazu die [[Allgemeine Relativitätstheorie|raumzeitliche]] [[Isotropie]] und [[Homogenität (Physik)|Homogenität]] des Kosmos im Ganzen,<ref>[[Robert Osserman]], Rainer Sengerling: ''Geometrie des Universums''. Von der Göttlichen Komödie zu Riemann und Einstein, Vieweg, 1. Aufl., 1997, S.&nbsp;112</ref><ref>[[Hans Joachim Störig]]: ''Knaurs moderne Astronomie''. Droemer Knaur, 1992, S.&nbsp;271</ref><ref>[[Klapdor-Kleingrothaus|Hans V. Klapdor-Kleingrothaus]], Kai Zuber: ''Teilchenastrophysik''. Teubner, 1997, S.&nbsp;111</ref> die numerischen Werte der [[Naturkonstante]]n und die Häufigkeitsverteilung der [[Chemisches Element|chemischen Elemente]].
 
Insgesamt zeigt sich damit eine zeitlich vorwärts gerichtete Entwicklung des Kosmos, die in bestimmten Schritten abläuft, von denen die markantesten als  [[Phasenübergang|Phasenübergänge]] bezeichnet werden wie z. B. die [[Baryogenese]], die [[primordiale Nukleosynthese]] oder die [[Urknall#Stark gekoppeltes Plasma|Rekombination]].


== Standardmodell ==
== Standardmodell ==
{{Hauptartikel|Urknall}}
{{Hauptartikel|Urknall|Lambda-CDM-Modell}}
Das Standard- oder Urknallmodell sieht den Beginn des Universums in einem nahezu punktförmigen Zustand, von dem aus es sich in einer Urknall genannten Expansion zum heute [[Beobachtbares Universum|beobachtbaren Kosmos]] entwickelte. Es beruht wesentlich auf der [[Allgemeine Relativitätstheorie|Allgemeinen Relativitätstheorie]] und wird durch Beobachtungen gestützt:
Das Standard- oder Urknallmodell sieht den Beginn des Universums in einem nahezu unendlich dichten Zustand, von dem aus es sich in einer Urknall genannten Expansion zum heutigen Zustand entwickelte, wobei sich der heute [[Beobachtbares Universum|beobachtbare Kosmos]] von einer beinahe punktförmigen Ausdehnung auf einen Radius von mehr als 45 Mrd. Lichtjahren aufblähte.<ref>[[Edward L. Wright|Ed Wright]]: [http://www.astro.ucla.edu/~wright/infpoint.html ''How can the Universe be infinite if it was all concentrated into a point at the Big Bang?'']</ref><ref>[[Tamara Davis|Davis]] & Lineweaver: [https://arxiv.org/pdf/astro-ph/0310808.pdf#page=3 ''Expanding Confusion''], Fig. 1</ref> Es beruht wesentlich auf der [[Allgemeine Relativitätstheorie|allgemeinen Relativitätstheorie]] und wird durch Beobachtungen gestützt:


=== Dichtefluktuationen ===
=== Dichtefluktuationen ===
Die über verschiedene Längenskalen gemittelte Dichte zeigt unterschiedlich starke Schwankungen. Auf der Längenskala von 10.000 [[Megaparsec]] (Mpc) betragen die Schwankungen weniger als 1 %, während auf Skalen von 100&nbsp;Mpc bis 1&nbsp;Mpc die Strukturen immer klumpiger werden.<ref name="LiLin">Ming-Hua Li, Hai-Nan Lin: ''Testing the homogeneity of the Universe using gamma-ray bursts''. Submitted to Astronomy & Astrophysics, {{arxiv|1509.03027}}.</ref> Zu den größten Strukturen gehören die [[Sloan Great Wall]] mit einer Länge von gut 400 Mega[[parsec]]<ref name="CAA">Kenneth R. Lang: ''A Companion to Astronomy and Astrophysics''. Chronology and Glossary with Data Tables, Springer, 2006, (a)&nbsp;S.&nbsp;103, (b)&nbsp;S.&nbsp;242</ref> und die bisher nur durch ein gutes Dutzend [[Gammablitz|GRBs]] markierte [[Hercules–Corona Borealis Great Wall]] mit einer Ausdehnung von 2000 bis 3000&nbsp;Mpc.<ref>István Horváth et al.: ''Possible structure in the GRB sky distribution at redshift two''. Astronomy & Astrophysics 561, 2014, {{DOI|10.1051/0004-6361/201323020}}.</ref>
Die über verschiedene Längenskalen gemittelte Dichte zeigt unterschiedlich starke Schwankungen. Auf der Längenskala von 10.000 [[Megaparsec]] (Mpc) betragen die Schwankungen weniger als 1 %, während auf Skalen von 100 Mpc bis 1 Mpc die Strukturen immer klumpiger werden.<ref name="LiLin">Ming-Hua Li, Hai-Nan Lin: ''Testing the homogeneity of the Universe using gamma-ray bursts''. Submitted to Astronomy & Astrophysics, {{arXiv|1509.03027}}.</ref> Zu den größten Strukturen gehören die [[Sloan Great Wall]] mit einer Länge von gut 400 Mega[[parsec]]<ref name="CAA">Kenneth R. Lang: ''A Companion to Astronomy and Astrophysics''. Chronology and Glossary with Data Tables, Springer, 2006, (a)&nbsp;S.&nbsp;103, (b)&nbsp;S.&nbsp;242</ref> und die bisher nur durch ein gutes Dutzend [[Gammablitz]]e (GRB) markierte [[Hercules–Corona Borealis Great Wall]] mit einer Ausdehnung von 2000 bis 3000 Mpc.<ref>István Horváth et al.: ''Possible structure in the GRB sky distribution at redshift two''. Astronomy & Astrophysics 561, 2014, [[doi:10.1051/0004-6361/201323020]].</ref>


Die heute zu beobachtenden Schwankungen sollen sich aus Quantenfluktuationen während der [[Inflation (Kosmologie)|Inflation]], also kurz nach dem Beginn der Zeit, entwickelt haben, wobei die Entwicklung auf großen Skalen langsamer fortschreitet als auf kleineren Skalen.
Die heute zu beobachtenden Schwankungen sollen sich aus Quantenfluktuationen während der [[Inflation (Kosmologie)|Inflation]], also kurz nach dem Beginn der Zeit, entwickelt haben, wobei die Entwicklung auf großen Skalen langsamer fortschreitet als auf kleineren Skalen.


=== Häufigkeit der Elemente ===
=== Häufigkeit der Elemente ===
In der [[Primordiale Nukleosynthese|primordialen Nukleosynthese]] (englisch ''Big Bang Nucleosynthesis'') kurz nach dem Urknall (10<sup>−2</sup> s) war das Universum so heiß, dass Materie in [[Quark (Physik)|Quarks]] und [[Gluon]]en aufgelöst war. Durch die Expansion und Abkühlung des Universums entstanden [[Proton]]en und [[Neutron]]en. Nach einer Sekunde verschmolzen aus Protonen und Neutronen die [[Atomkern|Kerne]] leichter Elemente ([[Deuterium|<sup>2</sup>H]], [[Helium-3|<sup>3</sup>He]], [[Helium|<sup>4</sup>He]], [[Lithium|<sup>7</sup>Li]]). Dieser Prozess endete nach etwa drei Minuten.<ref>Vgl. Steven Weinberg (Literatur).</ref> Es wurden also die relativen Häufigkeiten dieser leichten Elemente schon vor der Bildung der ersten Sterne weitgehend festgelegt.
In der [[Primordiale Nukleosynthese|primordialen Nukleosynthese]] (englisch ''Big Bang Nucleosynthesis'') kurz nach dem Urknall (10<sup>−2</sup> s) war das Universum so heiß, dass Materie in [[Quark (Physik)|Quarks]] und [[Gluon]]en aufgelöst war. Durch die Expansion und Abkühlung des Universums entstanden [[Proton]]en und [[Neutron]]en. Nach einer Sekunde verschmolzen aus Protonen und Neutronen die [[Atomkern|Kerne]] leichter Elemente ([[Deuterium|<sup>2</sup>H]], [[Helium-3|<sup>3</sup>He]], [[Helium|<sup>4</sup>He]], [[Lithium|<sup>7</sup>Li]]). Dieser Prozess endete nach etwa drei Minuten.<ref>Vgl. Steven Weinberg (Literatur).</ref> Es wurden also die relativen Häufigkeiten dieser leichten Elemente schon vor der Bildung der ersten Sterne weitgehend festgelegt.


=== Kosmische Hintergrundstrahlung ===
=== Kosmische Hintergrundstrahlung ===
1946 von [[George Gamow]] postuliert, wurde der {{enS|cosmic microwave background}} (CMB) 1964 durch [[Arno Penzias]] und [[Robert Woodrow Wilson]] entdeckt – mit einer mittleren Temperatur von 2,725 [[Kelvin]].<ref name="CAA" /> Die Hintergrundstrahlung stammt aus dem Zeitraum 300.000 Jahre nach dem Urknall, als das Universum etwa ein Tausendstel seiner heutigen Größe hatte. Das ist der Zeitpunkt, zu dem das Weltall transparent wurde, vorher bestand es aus undurchsichtigem ionisiertem Gas. Messungen beispielsweise durch [[COBE]], [[BOOMERanG]], [[Wilkinson Microwave Anisotropy Probe|WMAP]], [[Planck-Weltraumteleskop]].


1946 von [[George Gamow]] postuliert, wurde der {{EnS|''cosmic microwave background''}} (CMB) 1964 durch [[Arno Penzias]] und [[Robert Woodrow Wilson]] entdeckt – mit einer mittleren Temperatur von 2,725&nbsp;[[Kelvin]].<ref name="CAA" /> Die Hintergrundstrahlung stammt aus dem Zeitraum 300.000&nbsp;Jahre nach dem Urknall, als das Universum etwa ein Tausendstel seiner heutigen Größe hatte. Das ist der Zeitpunkt, zu dem das Weltall transparent wurde, vorher bestand es aus undurchsichtigem ionisiertem Gas. Messungen beispielsweise durch [[COBE]], [[BOOMERanG]], [[WMAP]], [[Planck-Weltraumteleskop]].
=== Expansion des Universums ===
 
{{Hauptartikel|Expansion des Universums}}
=== Expansion des Universums===
[[Edwin Hubble]] konnte 1929 die Expansion des Weltalls nachweisen, da Galaxien mit wachsender Entfernung eine zunehmende [[Rotverschiebung]] in den [[Spektrallinie]]n zeigen. Proportionalitätsfaktor ist die [[Hubble-Konstante]] ''H'', deren heutiger Wert bei 67,74 (± 0,46) km/s Mpc<sup>−1</sup> liegt (Stand: 2016). ''H'' ist keine Konstante, sondern verändert sich mit der Zeit. Wir stehen nicht im Mittelpunkt der Expansion – der Raum selbst dehnt sich überall gleichmäßig aus (''isotropes Universum''). Durch Zurückrechnen der Expansion wird das ''Alter des Universums'' bestimmt, das bei etwa 13,7 Milliarden Jahren liegt. Aufgrund der bisher von der Sonde [[Wilkinson Microwave Anisotropy Probe|WMAP]] gewonnenen Daten und Supernova-Beobachtungen wird inzwischen ein offenes, beschleunigt expandierendes Universum mit einem Alter von 13,7 Milliarden Jahren angenommen.
 
[[Edwin Hubble]] konnte 1929 die Expansion des Weltalls nachweisen, da Galaxien mit wachsender Entfernung eine zunehmende Rotverschiebung in den [[Spektrallinie]]n zeigen. Proportionalitätsfaktor ist die [[Hubble-Konstante]]&nbsp;H, deren Wert bei 67,74&nbsp;&nbsp;0,46)&nbsp;km/s&nbsp;Mpc<sup>−1</sup> angenommen wird (Stand: 2016). H ist keine Konstante, sondern verändert sich mit der Zeit – invers proportional zum Alter des Universums. Wir stehen nicht im Mittelpunkt der Expansion – der Raum selbst dehnt sich überall gleichmäßig aus (''isotropes Universum''). Durch Zurückrechnen der Expansion wird das ''Alter des Universums'' bestimmt. Ist die Hubble-Konstante (siehe [[Hubble-Zeit]]) korrekt, so liegt es bei etwa 13,7 Milliarden Jahren. Aufgrund der bisher von der Sonde [[WMAP]] gewonnenen Daten und Supernova-Beobachtungen wird inzwischen ein offenes, beschleunigt expandierendes Universum mit einem Alter von 13,7 Milliarden Jahren angenommen.


== Entwicklung des Universums ==
== Entwicklung des Universums ==
Nach dem Standardmodell der Kosmologie ergibt sich grob folgender Ablauf.
Nach dem Standardmodell der Kosmologie ergibt sich grob folgender Ablauf.
* Planck-Ära; bis 10<sup>−43</sup> Sekunden; alle [[Grundkräfte der Physik|vier Kräfte]] noch vereint;
* Planck-Ära; bis 10<sup>−43</sup> Sekunden; alle [[Grundkräfte der Physik|vier Kräfte]] noch vereint;
* [[Inflation (Kosmologie)|Inflationäre Phase]] auch GUT-Ära; endet nach 10<sup>−33</sup>s bis 10<sup>−30</sup> Sekunden; extreme Expansion um einen Faktor zwischen 10<sup>30</sup> und 10<sup>50</sup>;
* [[Inflation (Kosmologie)|Inflationäre Phase]] auch GUT-Ära; endet nach 10<sup>−33</sup> s bis 10<sup>−30</sup> Sekunden; extreme Expansion um einen Faktor zwischen 10<sup>30</sup> und 10<sup>50</sup>;
* [[Quark (Physik)|Quark]]-Ära; bis 10<sup>−7</sup> Sekunden; es bilden sich Quarks, [[Lepton]]en und [[Photon]]en; das Ungleichgewicht von Materie und Antimaterie entsteht in der [[Baryogenese]];
* [[Quark (Physik)|Quark]]-Ära; bis 10<sup>−7</sup> Sekunden; es bilden sich Quarks, [[Lepton]]en und [[Photon]]en; das Ungleichgewicht von Materie und Antimaterie entsteht in der [[Baryogenese]];
* [[Hadron]]en-Ära; bis 10<sup>−4</sup> Sekunden; Protonen, Neutronen und deren Antiteilchen entstehen; außerdem [[Myon]]en, [[Elektron]]en, [[Positron]]en, [[Neutrino]]s und Photonen;
* [[Hadron]]en-Ära; bis 10<sup>−4</sup> Sekunden; Protonen, Neutronen und deren Antiteilchen entstehen; außerdem [[Myon]]en, [[Elektron]]en, [[Positron]]en, [[Neutrino]]s und Photonen;
* Lepton-Ära; bis zehn Sekunden; Myonen zerfallen, Elektronen und Positronen [[Annihilation|annihilieren]];
* Lepton-Ära; bis zehn Sekunden; Myonen zerfallen, Elektronen und Positronen [[Annihilation|annihilieren]];
* [[Primordiale Nukleosynthese]]; bis drei Minuten; [[Wasserstoff]], [[Helium]], [[Lithium]] entstehen;
* [[Primordiale Nukleosynthese]]; bis drei Minuten; [[Wasserstoff]], [[Helium]], [[Lithium]] entstehen;
* Strahlungs-Ära; etwa 300.000&nbsp;Jahre;
* Strahlungs-Ära; etwa 300.000 Jahre;
* Materie-Ära; bis heute; Universum wird durchsichtig, Galaxien entstehen.
* Materie-Ära; bis heute; Universum wird durchsichtig, Galaxien entstehen.


Wichtige Instrumente zur Erforschung des Universums werden heute von [[Satellit (Raumfahrt)|Satelliten]] und [[Raumsonde]]n getragen: Das [[Hubble-Weltraumteleskop]], [[ROSAT]], [[Hipparcos]] und [[WMAP]].
Wichtige Instrumente zur Erforschung des Universums werden heute von [[Satellit (Raumfahrt)|Satelliten]] und [[Raumsonde]]n getragen: Das [[Hubble-Weltraumteleskop]], [[Chandra (Teleskop)|Chandra]], [[Gaia (Raumsonde)|Gaia]] und [[Planck-Weltraumteleskop|Planck]].
 
Zur Erklärung der beobachteten Expansion und der flachen [[Geometrie]] des Universums im Großen wird das Urknallmodell heute ergänzt nach Ideen von [[Alan Guth]], dass es durch eine [[Symmetriebrechung]] in der Frühzeit des Universums zu einer sehr starken kurzzeitigen Expansion kam, welche die Gleichförmigkeit des Universums am Rand des beobachtbaren Bereiches (Horizont) erklärt. Die größte Herausforderung an die kosmologische Theorie stellt das Missverhältnis zwischen beobachtbarer Materie und deren Verteilung sowie der beobachteten mittleren Ausbreitungsgeschwindigkeit des Universums dar. Die übliche Erklärung macht für die nicht mittels elektromagnetischer Strahlung beobachtbaren Anteile der benötigten Materiedichte [[Dunkle Materie]] (mit 23 %) und [[Dunkle Energie]] (mit 73 %) verantwortlich.  


Diese Anteile sind zeitabhängig: Nach der strahlungsdominierten Ära in der Frühzeit des Universums folgte die Materie-Ära, in der die Materie den größten Anteil stellte. Diese Ära endete, als das Universum etwa 10 Milliarden Jahre alt war; seitdem macht die Dunkle Energie den größten Teil aus. Dementsprechend änderte sich der zeitliche Verlauf der Expansion: Bis zum Ende der Materie-Ära war sie abgebremst, seither erfolgt die Expansion beschleunigt. Dieser Übergang kann durch Beobachtung von Supernovae über einen weiten Entfernungsbereich direkt und modellunabhängig nachvollzogen werden.<ref>Riess et al. (2004), Astrophysical Journal 607, 665, {{bibcode|2004ApJ...607..665R}}</ref>
Zur Erklärung der beobachteten Expansion und der flachen [[Geometrie]] des Universums im Großen wird das Urknallmodell heute ergänzt nach Ideen von [[Alan Guth]], dass es durch eine [[Symmetriebrechung]] in der Frühzeit des Universums zu einer sehr starken kurzzeitigen Expansion kam, welche die Gleichförmigkeit des Universums am Rand des beobachtbaren Bereiches (Horizont) erklärt. Die größte Herausforderung an die kosmologische Theorie stellt das Missverhältnis zwischen beobachtbarer Materie und deren Verteilung sowie der beobachteten mittleren Ausbreitungsgeschwindigkeit des Universums dar. Die übliche Erklärung macht für die nicht mittels elektromagnetischer Strahlung beobachtbaren Anteile der benötigten Materiedichte [[Dunkle Materie]] (mit 23 %) und [[Dunkle Energie]] (mit 73 %) verantwortlich.


=== Dunkle Materie ===
Diese Anteile sind zeitabhängig: Nach der strahlungsdominierten Ära in der Frühzeit des Universums folgte die Materie-Ära, in der die Materie den größten Anteil stellte. Diese Ära endete, als das Universum etwa 10 Milliarden Jahre alt war; seitdem macht die Dunkle Energie den größten Teil aus. Dementsprechend änderte sich der zeitliche Verlauf der Expansion: Bis zum Ende der Materie-Ära war sie abgebremst, seither erfolgt die Expansion beschleunigt. Dieser Übergang kann durch Beobachtung von Supernovae über einen weiten Entfernungsbereich direkt und modellunabhängig nachvollzogen werden.<ref>Riess et al. (2004), Astrophysical Journal 607, 665, {{bibcode|2004ApJ...607..665R}}</ref>
Teilweise wird vermutet, dass es sich bei der Dunklen Materie um die [[Supersymmetrie|supersymmetrischen]] Partner der bereits bekannten [[Elementarteilchen]] handelt; solche Teilchen werden – unabhängig von der Kosmologie – von manchen [[Elementarteilchenphysik]]ern  postuliert. Sofern es sie gibt, könnten sie aufgrund ihrer erwarteten Energieniveaus mit den verfügbaren [[Teilchenbeschleuniger]]n eventuell innerhalb der nächsten Jahre, bis zum Jahr 2030 experimentell nachgewiesen werden. Alternativ dazu wurde eine Veränderung der [[Einsteinsche Feldgleichungen|einsteinschen Gravitationsgleichungen]] zur Erklärung vorgeschlagen.


== Steady-State-Theorie ==
== Steady-State-Theorie ==
Die ''[[Steady-State-Theorie]]'' (stationärer Zustand) wurde 1949 durch [[Fred Hoyle]], [[Thomas Gold]] und anderen als Alternative zur [[Urknall]]theorie entwickelt. Während der 1950er und bis in die 1960er Jahre hinein wurde diese Theorie von den meisten Kosmologen als mögliche Alternative akzeptiert.
Die ''[[Steady-State-Theorie]]'' (stationärer Zustand) besagt, dass der Raum einerseits expandiert und dass anderseits permanent und homogen im gesamten Raum neue Materie erzeugt wird, wodurch die Dichte der [[Materie (Physik)|Materie]] konstant gehalten wird.
Sie wurde 1949 durch [[Fred Hoyle]], [[Thomas Gold (Physiker)|Thomas Gold]] und anderen als Alternative zur [[Urknall]]theorie entwickelt. Während der 1950er und bis in die 1960er Jahre hinein wurde diese Theorie von den meisten Kosmologen als mögliche Alternative akzeptiert.


Die „Steady-State-Theorie“ wurde aufgrund von Berechnungen postuliert, die zeigten, dass ein rein ''statisches Universum'' mit den Annahmen der [[Allgemeine Relativitätstheorie|allgemeinen Relativitätstheorie]] nicht verträglich wäre. Zudem zeigten Beobachtungen von [[Edwin Hubble]], dass das Universum expandiert. Die Theorie postuliert nun, dass das Universum sein Aussehen nicht ändert, obwohl es größer wird. Dazu muss ständig Materie neu gebildet werden, um die durchschnittliche Dichte gleich zu halten. Da die Menge der neu zu bildenden Materie sehr klein ist (nur einige hundert Wasserstoffatome pro Jahr in der Milchstraße), kann die Neubildung von Materie nicht direkt beobachtet werden. Obwohl diese Theorie den Energieerhaltungssatz verletzt, hatte sie unter anderem die „attraktive“ Eigenschaft, dass das Universum keinen Anfang hat und Fragen nach dem ''Vorher'' oder nach dem ''Grund'' des Beginns der Expansion überflüssig sind.
Die „Steady-State-Theorie“ wurde aufgrund von Berechnungen postuliert, die zeigten, dass ein rein ''statisches Universum'' mit den Annahmen der [[Allgemeine Relativitätstheorie|allgemeinen Relativitätstheorie]] nicht verträglich wäre. Zudem zeigten Beobachtungen von [[Edwin Hubble]], dass das Universum expandiert. Die Theorie postuliert nun, dass das Universum sein Aussehen nicht ändert, obwohl es größer wird. Dazu muss ständig Materie neu gebildet werden, um die durchschnittliche Dichte gleich zu halten. Da die Menge der neu zu bildenden Materie sehr klein ist (nur einige hundert Wasserstoffatome pro Jahr in der Milchstraße), kann die Neubildung von Materie nicht direkt beobachtet werden. Obwohl diese Theorie den Energieerhaltungssatz verletzt, hatte sie unter anderem die „attraktive“ Eigenschaft, dass das Universum keinen Anfang hat und Fragen nach dem ''Vorher'' oder nach dem ''Grund'' des Beginns der Expansion überflüssig sind.


Die Schwierigkeiten dieser Theorie begannen in den späten 1960er Jahren. Beobachtungen zeigten, dass sich das Universum zeitlich tatsächlich verändert, die Stationaritätsbedingung also explizit verletzt ist: Quasare und [[Radiogalaxie]]n wurden nur in weit entfernten Galaxien gefunden. [[Halton Arp]] interpretierte die vorliegenden Daten seit den 1960er Jahren anders und gab an, dass es [[Quasar]]e im nahe liegenden [[Virgohaufen]] gäbe. Der Niedergang der Steady-State-Theorie wurde beschleunigt durch die Entdeckung der kosmischen Hintergrundstrahlung, welche von der Urknall-Theorie vorausgesagt worden war.
Die Schwierigkeiten dieser Theorie begannen in den späten 1960er Jahren. Beobachtungen zeigten, dass sich das Universum zeitlich tatsächlich verändert, die Stationaritätsbedingung also explizit verletzt ist: Quasare und [[Radiogalaxie]]n wurden nur in weit entfernten Galaxien gefunden. [[Halton Arp]] interpretierte die vorliegenden Daten seit den 1960er Jahren anders und gab an, dass es [[Quasar]]e im nahe liegenden [[Virgohaufen]] gebe. Der Niedergang der Steady-State-Theorie wurde beschleunigt durch die Entdeckung der kosmischen Hintergrundstrahlung, welche von der Urknall-Theorie vorausgesagt worden war.


Seitdem gilt nicht die ''Steady-State-Theorie'', sondern die ''Urknalltheorie'' bei der Mehrheit der Astronomen als erfolgreiches Standardmodell der Kosmologie. In den meisten Publikationen über [[Astrophysik]] wird sie implizit vorausgesetzt.
Seitdem gilt nicht die ''Steady-State-Theorie'', sondern die ''Urknalltheorie'' bei der Mehrheit der Astronomen als erfolgreiches Standardmodell der Kosmologie. In den meisten Publikationen über [[Astrophysik]] wird sie implizit vorausgesetzt.
Zeile 60: Zeile 58:


=== Anfänge und ptolemäisches Weltbild ===
=== Anfänge und ptolemäisches Weltbild ===
[[Datei:Codice di hammurabi 03.JPG|mini|Das Relief im oberen Teil der Stele zeigt Ḫammurapi vor dem thronenden Sonnen-, Wahrheits- und Gerechtigkeitsgott [[Šamaš]]]]
[[Datei:Codice di hammurabi 03.JPG|mini|Das Relief im oberen Teil der Stele zeigt Ḫammurapi vor dem thronenden Sonnen-, Wahrheits- und Gerechtigkeitsgott [[Šamaš]]]]
[[Datei:EpizykelBahn.png|mini|[[Planetenschleife|Schleifenbahn]] eines Planeten nach der Epizykeltheorie]]
[[Datei:EpizykelBahn.svg|mini|[[Planetenschleife|Schleifenbahn]] eines Planeten nach der Epizykeltheorie]]
 
Aufzeichnungen von mythischen Kosmologien sind aus [[China]] ([[I Ging]], Buch der Wandlungen), aus [[Babylon]] ([[Enuma Elish]]) und Griechenland ([[Theogonie]] des [[Hesiod]]) bekannt. Kosmologische Vorstellungen hatten in der chinesischen Kultur besonders im [[Daoismus]] und [[Neokonfuzianismus]] einen hohen Stellenwert. Die babylonischen Mythen –&nbsp;welche vermutlich auf ältere sumerische Mythen zurückgehen und ihrerseits wieder Vorlage für die biblische [[1. Buch Mose|Genesis]] sein dürften&nbsp;– und Himmelsbeobachtungen haben wahrscheinlich die späteren griechischen kosmologischen Vorstellungen beeinflusst, die zur Grundlage der [[Kosmologie des Mittelalters|mittelalterlichen abendländischen Kosmologie]] wurden. Kosmologische Aufzeichnungen erfolgten nicht nur seitens der babylonischen, sondern seitens der ägyptischen Priesterschaft.<ref name="PWB" /> In den [[Pyramidentexte]]n wird die Götterwelt mit kosmischen Wesenheiten in Verbindung gebracht, die hauptsächlich auf die Sonne bezogen sind, aber auch auf den Mond und zahlreiche Gestirne. Es wird damit ein astronomischer Hintergrund deutlich.<ref>{{Internetquelle |autor=[[Alexandra von Lieven]] |titel=Götter / Götterwelt Ägyptens. |werk=Das Bibellexikon |hrsg=[[Deutsche Bibelgesellschaft]] |datum=2006-01 |url=http://www.bibelwissenschaft.de/stichwort/19700/ |zugriff=2018-01-24 |abruf-verborgen=1}}</ref> Dieser geht aus dem Relief des [[Codex Hammurapi]] hervor, der den [[Kosmopolitismus|kosmopolitisch]] denkenden König vor dem thronenden Sonnengott zeigt.
Aufzeichnungen von mythischen Kosmologien sind aus [[China]] ([[I Ging]], Buch der Wandlungen), aus [[Babylon]] ([[Enuma Elish]]) und Griechenland ([[Theogonie]] des [[Hesiod]]) bekannt. Kosmologische Vorstellungen hatten in der chinesischen Kultur besonders im [[Daoismus]] und [[Neokonfuzianismus]] einen hohen Stellenwert. Die babylonischen Mythen –&nbsp;welche vermutlich auf ältere sumerische Mythen zurückgehen und ihrerseits wieder Vorlage für die biblische [[1. Buch Mose|Genesis]] sein dürften&nbsp;– und Himmelsbeobachtungen haben wahrscheinlich die späteren griechischen kosmologischen Vorstellungen beeinflusst, die zur Grundlage der [[Kosmologie des Mittelalters|mittelalterlichen abendländischen Kosmologie]] wurden. Kosmologische Aufzeichnungen erfolgten nicht nur seitens der babylonischen, sondern seitens der ägyptischen Priesterschaft.<ref name="PWB" /> In den [[Pyramidentexte]]n wird die Götterwelt mit kosmischen Wesenheiten in Verbindung gebracht, die hauptsächlich auf die Sonne bezogen sind, aber auch auf den Mond und zahlreiche Gestirne. Es wird damit ein astronomischer Hintergrund deutlich.<ref>[[Alexandra von Lieven]]: ''Götter / Götterwelt Ägyptens''. WiBiLex [http://www.bibelwissenschaft.de/nc/wibilex/das-bibellexikon/details/quelle/WIBI/referenz/19700/cache/100969dc1119b4ec6c0ea3a57dd2196d/ online]</ref> Dieser geht aus dem Relief des [[Codex Hammurapi]] hervor, der den [[Kosmopolitismus|kosmopolitisch]] denkenden König vor dem thronenden Sonnengott zeigt.


Frühere Kosmologien unterlagen dem Prinzip ''Aufzeichnung astronomischer Daten und anschließendes Deuten der Daten''. Aus den Deutungen und [[Prophezeiung]]en entwickelten sich die [[Mythologie]]n. Zusätzlich stellten die astronomischen Aufzeichnungen nützliche Angaben für die historischen Kalender dar, z.&nbsp;B. Ur-3 Kalender, mit deren Hilfe die Abläufe in der Landwirtschaft geordnet wurden. Bei den griechischen Gelehrten [[Thales von Milet]], vor allem bei [[Anaximander]] (6.&nbsp;Jahrhundert v.&nbsp;Chr.), begann der Prozess der Rationalisierung. Anaximander entwarf erstmals ein Weltbild, welches auf gesetzmäßigen [[kausal]]en Zusammenhängen basierte und den Himmelsobjekten eine physikalische Natur zuordnete. Nach [[Anaximander]] sei das unendliche Universum die Quelle einer unendlichen Zahl von Welten, von denen die erlebte Welt nur eine sei, die sich abgespalten habe und ihre Teile durch Drehbewegung gesammelt habe. In die gleiche Richtung gingen die kosmologischen Entwürfe der Atomisten [[Demokrit]] und [[Anaxagoras]].
Frühere Kosmologien unterlagen dem Prinzip ''Aufzeichnung astronomischer Daten und anschließendes Deuten der Daten''. Aus den Deutungen und [[Prophezeiung]]en entwickelten sich die [[Mythologie]]n. Zusätzlich stellten die astronomischen Aufzeichnungen nützliche Angaben für die historischen Kalender dar, z.&nbsp;B. Ur-3 Kalender, mit deren Hilfe die Abläufe in der Landwirtschaft geordnet wurden. Bei den griechischen Gelehrten [[Thales von Milet]], vor allem bei [[Anaximander]] (6.&nbsp;Jahrhundert v.&nbsp;Chr.), begann der Prozess der Rationalisierung. Anaximander entwarf erstmals ein Weltbild, welches auf gesetzmäßigen [[kausal]]en Zusammenhängen basierte und den Himmelsobjekten eine physikalische Natur zuordnete. Nach Anaximander sei das unendliche Universum die Quelle einer unendlichen Zahl von Welten, von denen die erlebte Welt nur eine sei, die sich abgespalten habe und ihre Teile durch Drehbewegung gesammelt habe. In die gleiche Richtung gingen die kosmologischen Entwürfe der Atomisten [[Demokrit]] und [[Anaxagoras]].


[[Anaximenes]] arbeitete die Ideen von Anaximander weiter aus und sah dabei die Luft als Urmaterie an. [[Pythagoras]] –&nbsp;für den alle Dinge in Wirklichkeit Zahlen oder Zahlenverhältnisse waren&nbsp;– vertrat die Auffassung, dass der Himmel das Unendliche eingeatmet habe, um Gruppen von Zahlen zu bilden.  
[[Anaximenes]] arbeitete die Ideen von Anaximander weiter aus und sah dabei die Luft als Urmaterie an. [[Pythagoras]] –&nbsp;für den alle Dinge in Wirklichkeit Zahlen oder Zahlenverhältnisse waren&nbsp;– vertrat die Auffassung, dass der Himmel das Unendliche eingeatmet habe, um Gruppen von Zahlen zu bilden.


Eine weitere wichtige Entwicklung war das erste historisch überlieferte System, in dem die Erde nicht im Zentrum stand, das von [[Philolaos]], einem [[Pythagoreer]], im 5. Jahrhundert v. Chr. entworfen wurde.
Eine weitere wichtige Entwicklung war das erste historisch überlieferte System, in dem die Erde nicht im Zentrum stand, das von [[Philolaos]], einem [[Pythagoreer]], im 5. Jahrhundert v. Chr. entworfen wurde. Ein weiterer Pythagoreer, [[Archytas von Tarent]], gab ein Argument für die Unendlichkeit des Kosmos ([[Archytas von Tarent#Kosmologie|„Stab des Archytas“]]).


In der Kosmologie [[Platon]]s (5./4. Jahrhundert v. Chr.), die er im ''[[Timaios]]'' schildert, beschrieb er die Himmelsobjekte als ''von personalen, mit Verstand ausgerüstete göttliche Wesen''. Die Erde war in Platons Vorstellung eine Kugel, die im Zentrum des Kosmos ruhte.  
In der Kosmologie [[Platon]]s (5./4. Jahrhundert v. Chr.), die er im ''[[Timaios]]'' schildert, beschrieb er die Himmelsobjekte als ''von personalen, mit Verstand ausgerüstete göttliche Wesen''. Die Erde war in Platons Vorstellung eine Kugel, die im Zentrum des Kosmos ruhte.


Platons Schüler [[Aristoteles]] widersprach in seiner Kosmologie teilweise der Auffassung seines Lehrers hinsichtlich der göttlichen Natur von Himmelsobjekten. Die Himmelskörper nennt er göttlich und mit Intellekt begabt; sie bestehen aus dem „[[Quintessenz (Philosophie)|fünften Element]]“ und werden von der „[[Erste Philosophie|ersten Philosophie]]“ erforscht.<ref>Vgl. [[Jonathan Barnes]]: ''Aristoteles''. Reclam, Stuttgart 1992, 40 ff, 100 ff</ref> Die Bewegungen der Himmelskörper und -sphären werden letztlich von einem [[Aristoteles#Theologie|''ersten unbewegten Beweger'']] (im Sinne von Veränderer) hervorgerufen. Aristoteles vertrat ein Modell des Universums, welches ein Zentralfeuer annahm (er meinte damit explizit nicht die Sonne), um welches die Himmelskörper in Kreisen liefen.<ref>[[John David North]]: ''Viewegs Geschichte der Astronomie und Kosmologie''. Vieweg, 2001, S. 42 ff.</ref>
Platons Schüler [[Aristoteles]] widersprach in seiner Kosmologie teilweise der Auffassung seines Lehrers hinsichtlich der göttlichen Natur von Himmelsobjekten. Die Himmelskörper nennt er göttlich und mit Intellekt begabt; sie bestehen aus dem „[[Quintessenz (Philosophie)|fünften Element]]“ und werden von der „[[Erste Philosophie|ersten Philosophie]]“ erforscht.<ref>Vgl. [[Jonathan Barnes]]: ''Aristoteles''. Reclam, Stuttgart 1992, 40 ff, 100 ff</ref> Die Bewegungen der Himmelskörper und -sphären werden letztlich von einem [[Aristoteles#Theologie|''ersten unbewegten Beweger'']] (im Sinne von Veränderer) hervorgerufen. Aristoteles vertrat ein Modell des Universums, welches ein Zentralfeuer annahm (er meinte damit explizit nicht die Sonne), um welches die Himmelskörper in Kreisen liefen.<ref>[[John David North]]: ''Viewegs Geschichte der Astronomie und Kosmologie''. Vieweg, 2001, S. 42 ff.</ref>
Zeile 85: Zeile 81:


=== Die kopernikanische Wende ===
=== Die kopernikanische Wende ===
[[Datei:De Revolutionibus manuscript p9b.jpg|mini|Seite aus Copernicus' Manuskript von ''De revolutionibus orbium coelestium'']]
[[Datei:De Revolutionibus manuscript p9b.jpg|mini|Seite aus Copernicus' Manuskript von ''De revolutionibus orbium coelestium'']]
[[Nikolaus Kopernikus]] schuf in seinem 1543 erschienenen Buch ''[[De revolutionibus orbium coelestium]]'' das erste Weltbild, das in seiner Vollständigkeit und Genauigkeit dem ptolemäischen System gleichkam, aber wesentlich einfacher aufgebaut war. Wichtig an dem kopernikanischen System ist die Annahme, dass auch die Erde nur ein Planet der Sonne ist, also keine Sonderstellung mehr genießt. Im heliozentrischen Weltall des Kopernikus bewegen sich die Planeten auf Kombinationen von gleichförmigen Kreisbewegungen um einen Punkt, der nahe der Sonne liegt und auch von dieser umkreist wird.<ref name="Dijksterhuis">{{Literatur |Autor=E.J. Dijksterhuis |Titel=Die Mechanisierung des Weltbildes |Auflage= |Verlag=Springer |Ort=Berlin |Datum=1956 |ISBN= |Seiten=}}</ref>


Bereits im 15. Jahrhundert wurden durch den deutschen Universalgelehrten und Kardinal [[Nikolaus von Kues]] (1401–1464) wichtige Gedanken der späteren Kosmologie vorweggenommen und das ptolemäische Weltbild in Frage gestellt, indem er die Vorstellung eines begrenzten Universums verwarf, in dessen Mittelpunkt sich unbeweglich die Erde befindet. Im Gegensatz dazu war das von [[Nicolaus Copernicus|Copernicus]] 1543 in seiner Schrift ''[[De revolutionibus orbium coelestium]]'' beschriebene Universum endlich und durch eine materielle Fixsternsphäre begrenzt. Diese sei viel größer als zuvor angenommen, erklärte Copernicus das Fehlen einer Fixstern[[parallaxe]]. Wichtig an dem kopernikanischen System war der Verlust der Sonderstellung der Erde und die Einführung eines heliozentrischen Weltalls mit kreisförmigen Bahnen der Planeten um die Sonne. Erst [[Thomas Digges]] (1576, A Perfit Description of the Caelestiall Orbes) vertrat ein modifiziertes kopernikanisches Weltbild ohne materielle Fixsternsphäre mit unendlichem euklidischen Raum. Von [[Giordano Bruno]] (1548–1600) wurde ein unendliches Universum mit unendlich vielen Sonnen und Planeten postuliert, in dem die beobachteten Fixsterne ferne Sonnen sind. Aufgrund dessen und anderer Aussagen, die den katholischen Glaubensgrundsätzen widersprachen, wurde er als Ketzer verurteilt und auf dem Scheiterhaufen hingerichtet.
Das von Kopernikus beschriebene Universum war ebenso wie das ptolemäische durch eine materielle Fixsternsphäre begrenzt, die aber, um das Fehlen einer beobachtbaren Fixstern[[parallaxe]] erklären zu können, viel größer angenommen werden musste als früher gedacht.
Dabei hatte schon [[Nikolaus von Kues]] (1401–1464) den wichtigen Gedanke eines unbegrenzten Universums ohne bestimmten Mittelpunkt als Ort für die Erde vorweggenommen. [[Thomas Digges]] (1576, A Perfit Description of the Caelestiall Orbes) vertrat ein modifiziertes kopernikanisches Weltbild ohne materielle Fixsternsphäre mit unendlichem euklidischen Raum. Von [[Giordano Bruno]] (1548–1600) wurde ein unendliches Universum mit unendlich vielen Sonnen und Planeten postuliert, in dem die beobachteten Fixsterne ferne Sonnen sind. Aufgrund dessen und anderer Aussagen, die den katholischen Glaubensgrundsätzen widersprachen, wurde Bruno als Ketzer verurteilt und auf dem Scheiterhaufen hingerichtet.


Weitere wichtige Gründe für die Abkehr vom ptolemäischen Weltbild waren die von [[Tycho Brahe]] beobachtete [[Supernova]] von 1572 und sein Nachweis, dass ein 1577 beobachteter [[Komet]] sich außerhalb der [[Mond]]bahn befand, womit der Himmel nicht, wie von Aristoteles beschrieben, unveränderlich war. Tycho Brahe steigerte die Präzision der Planetenbeobachtung erheblich. Sein Assistent [[Johannes Kepler]] erkannte nach dessen Tod bei der Auswertung der Beobachtungsdaten, dass die Planetenbahnen nicht, wie von Copernicus angenommen, [[Kreis (Geometrie)|kreisförmig]], sondern [[Ellipse|elliptisch]] sind. Er formuliert die Gesetze für die Planetenbewegung, die heute als die [[Keplersche Gesetze|keplerschen Gesetze]] bezeichnet werden. Kepler versuchte die Planetenbewegung durch eine [[Magnetismus|magnetische Kraft]] zu erklären. Er wandte sich damit einem [[Mechanik|mechanistischen]] Bild der Planetenbewegung zu, in dem die Planeten nicht mehr wie bei Ptolemäus [[Seele|beseelt]] waren. Allerdings glaubte Kepler noch an ein endliches Universum und versuchte dies durch Argumente zu zeigen, die später als [[olberssches Paradoxon]] bekannt wurden. Gestützt wurde das kopernikanische System durch [[Galileo Galilei|Galileis]] Entdeckung der [[Jupiter (Planet)|Jupitermonde]], der Beobachtung der Mondoberfläche und seines Nachweises, dass Fixsterne scheinbar punktförmig sind.
Weitere wichtige Gründe für die Abkehr vom ptolemäischen Weltbild waren die Beobachtungen von [[Tycho Brahe]], dass die [[Supernova]] von 1572 und der [[Komet]] von 1577 sich außerhalb der [[Mond]]bahn befinden mussten, womit die Unveränderlichkeit des Himmels, wie von Aristoteles gelehrt, widerlegt war. Tycho Brahe steigerte die Präzision der Planetenbeobachtung erheblich. Aufgrund seiner genaueren Beobachtungsdaten entwickelte sein Assistent [[Johannes Kepler]] ein Weltbild, in dem jeder Planet, auch die Erde, mit variabler Geschwindigkeit auf einer [[Ellipse]] um die ruhende [[Sonne]] läuft, anstatt, wie von Kopernikus angenommen, auf einer Kombination mehrerer gleichförmig durchlaufener Kreise um einen Punkt in der Nähe der Sonne. Kepler formulierte die Gesetze für die Planetenbewegung, die heute als die [[Keplersche Gesetze|keplerschen Gesetze]] bezeichnet werden, und betrachtete die Sonne als Quelle einer [[Magnetismus|magnetischen Kraft]], die die Planeten auf ihren Bahnen bewegt und ihnen dabei ihre variable Geschwindigkeit erteilt. Er wandte sich damit einem [[Mechanik|mechanistischen]] Bild der Planetenbewegung zu, in dem die Planeten nicht mehr wie bei Ptolemäus [[Seele|beseelt]] waren. Berechnungen der Planetenpositionen wurden durch Keplers heliozentrisches System ca. 10fach genauer als vorher bei Kopernikus und Ptolemäus. Allerdings nahm Kepler wieder ein endliches Universum an und belegte dies durch Argumente, die später als [[olberssches Paradoxon]] bekannt wurden. Weiter gestützt wurde das kopernikanische System durch [[Galileo Galilei]], der mit seinem neuartigen [[Teleskop]] die [[Jupiter (Planet)|Jupitermonde]] und auf der Mondoberfläche Gebirge und ihre Schatten entdeckte, wobei die Fixsterne aber weiterhin punktförmig erschienen.<ref name="Dijksterhuis" />


Durch [[Isaac Newton]] ([[Philosophiae Naturalis Principia Mathematica]], 1687) wurden mit seiner Theorie von der [[Gravitation]] die Kosmologie und die [[Mechanik]] erstmals miteinander verknüpft. Dadurch brachte Newton eine Physik in die Kosmologie, in der gleiche Gesetze für himmlische (Planetenbewegung) und irdische Bereiche (Schwerkraft) galten. Erst durch die newtonsche Mechanik wurde das kopernikanische System gegenüber dem ptolemäischen System ausgezeichnet, da der gemeinsame Schwerpunkt zwar nicht exakt im Mittelpunkt der [[Sonne]] liegt, jedoch innerhalb der Sonne. Ein wichtiger Schritt für diese Entwicklung war die vorausgegangene Entwicklung der Mechanik, insbesondere des [[Trägheit]]sbegriffes ([[Galileo Galilei|Galilei]], [[Descartes]]).
Durch [[Isaac Newton]] ([[Philosophiae Naturalis Principia Mathematica]], 1687) wurde die Kosmologie erstmals mit einer ausgearbeiteten [[Mechanik]] verknüpft. Mit seinen Begriffen von [[Kraft]] und [[Trägheit]] sowie dem Postulat einer allgemeinen [[Gravitation]] brachte Newton eine Physik in die Kosmologie, in der gleiche Gesetze für himmlische (Planetenbewegung) und irdische Bereiche (Schwerkraft) galten. Ein wichtiger Schritt in dieser Entwicklung war die vorausgegangene Entwicklung der Mechanik, insbesondere die Vorbereitung des Trägheitsbegriffes ([[Galileo Galilei|Galilei]], [[Descartes]]). Die newtonsche [[Himmelsmechanik]] erlaubte die Betrachtung der gegenseitigen [[Bahnstörung]]en der Planeten aufgrund ihrer wechselseitigen Gravitation und führte im 18. Jahrhundert mit wachsenden mathematischen Kenntnissen zu einer weiteren Steigerung der Genauigkeit um etwa das 50fache. Demnach ist die Planetenbewegung nicht mehr allein durch Einwirkung der Sonne gegeben, vielmehr bewegen sich alle Körper, auch die Sonne, unter dem Einfluss der gegenseitigen Kräfte um den gemeinsamen Schwerpunkt des Sonnensystems ([[Baryzentrum]]), der maximal einige Sonnenradien vom Sonnenmittelpunkt entfernt liegt.<ref name="Dijksterhuis" />


[[Thomas Wright (Philosoph)|Thomas Wright]] hielt die Sonne nicht für den Mittelpunkt des Weltalls, sondern für einen Fixstern unter vielen. Er wies die Annahme einer homogenen Sternverteilung zurück und identifizierte die [[Milchstraße]] als aus Einzelsternen bestehende Scheibe, in deren [[Ebene (Mathematik)|Ebene]] sich die Sonne befindet. Er betrachtete die von Astronomen beobachteten Nebel als andere Galaxien. [[Immanuel Kant]] entwickelte 1755 in der [[Allgemeine Naturgeschichte und Theorie des Himmels|Allgemeinen Naturgeschichte und Theorie des Himmels]] nicht nur eine Kosmologie ähnlich der von Thomas Wright, sondern eine [[Kosmogonie]], in der eine anfangs [[Chaos|chaotisch]] verteilte Materie sich unter Gravitationswirkung zu den beobachteten Himmelskörpern zusammenballt. Ein ähnliches Entwicklungsschema wurde von [[Pierre-Simon Laplace|Laplace]] entwickelt. Der Astronom [[Wilhelm Herschel]] versuchte durch Klassifizierung der Sterne und Galaxien ein chronologisches Entwicklungsschema abzuleiten.
Im 18. Jahrhundert hielt [[Thomas Wright (Philosoph)|Thomas Wright]] die Sonne nicht für den Mittelpunkt des Weltalls, sondern für einen Fixstern unter vielen. Er wies die Annahme einer homogenen Sternverteilung zurück und identifizierte die [[Milchstraße]] als aus Einzelsternen bestehende Scheibe, in deren [[Ebene (Mathematik)|Ebene]] sich die Sonne befindet. Er betrachtete die von Astronomen beobachteten „Nebel“ als andere Galaxien. [[Immanuel Kant]] entwickelte 1755 in der [[Allgemeine Naturgeschichte und Theorie des Himmels|Allgemeinen Naturgeschichte und Theorie des Himmels]] nicht nur eine Kosmologie ähnlich der von Thomas Wright, sondern eine [[Kosmogonie]], in der eine anfangs [[Chaos|chaotisch]] verteilte Materie sich unter Gravitationswirkung zu den beobachteten Himmelskörpern zusammenballt. Ein ähnliches Entwicklungsschema wurde von [[Pierre-Simon Laplace|Laplace]] entwickelt. Der Astronom [[Wilhelm Herschel]] versuchte durch Klassifizierung der Sterne und Galaxien ein chronologisches Entwicklungsschema abzuleiten.


=== Von Götterwelt und Mythos zur Naturwissenschaft ===
=== Von Götterwelt und Mythos zur Naturwissenschaft ===
[[Datei:Universum.jpg|mini|Die kontemplative Betrachtung der Natur und insbesondere des Kosmos war in der griechischen Kultur beispielgebend für den ''Bios theoretikos''. – C. Flammarion, Holzschnitt, Paris 1888, Kolorit : Heikenwaelder Hugo, Wien 1998]]
Die Übergänge von der Philosophie zur [[Naturwissenschaft]] erfolgten je nach unterschiedlicher Haltung zur [[Metaphysik]].<ref name="PWB">[[Georgi Schischkoff]] (Herausgeber): ''Philosophisches Wörterbuch.'' Alfred-Kröner, Stuttgart <sup>14</sup>1982, ISBN 3-520-01321-5, Lexikon-Stichwort „Kosmologie“ S.&nbsp;376</ref> Allerdings ist der [[Universum|Kosmos]] in der Philosophie als Urbild und Vorbild benutzt worden, um die einem Menschen angemessene Handlungsweise darzustellen. Die harmonische Ordnung des Weltalls war für die griechische Philosophie beispielgebend und diente sowohl als Ideal eines [[kontemplativ]]en Lebens als insbesondere dem Ideal der wissenschaftlichen Einstellung, dem [[Theorie|''Bios theoretikos'']]. Es war möglich sich dieser kosmischen Ordnung durch ''Mimesis'' anzupassen, wie bei der aus griechischer Antike herrührenden [[Sieben freie Künste#Antike|''Artes liberales'']]. Die Kräfte, die in der griechischen kosmologischen Tradition vorwiegend als Götter und übermenschliche Gewalten beschrieben hat, wurden bereits von Parmenides auf einen abstrakten Grunddualismus reduziert, der das kosmische Werden und Vergehen – in Gegensatz zu dem Sein als ebenso unentstandenen wie unzerstörbaren Gedanken der „Wahrheit“ – lediglich der „Wahrscheinlichkeit“ gemäß umfasst.<ref>{{Literatur |Autor=Herman Diels |Titel=Die Vorsokratiker |Kapitel=Parmenides}}</ref> Platon nach ihm unternahm den Versuch, die von ihm als „Idee“ bezeichneten Erkenntniskategorien als „Idealzahlen“ zu formulieren, als eine überschaubare Menge nicht weiter zerlegbarer, miteinander nicht addierbarer, unwandelbarer Entitäten, die den unaufhörlichen Veränderungen der Phänomene zugrunde lägen.<ref>{{Literatur |Autor=Wilhelm Kranz |Titel=Klassische Philosophie |Kommentar={{"|Unter dem Einfluß der Pythagoreer (...)  hat der greise Platon gelehrt, die Ideen seien Zahlen, Idealzahlen, die qualitativ verschieden und nicht addierbar seien; so berichtet Aristoteles z. B. Metaph. 990 ff. Die sehr schwierige Aufgabe, diesen Gedanken Platons ganz zu deuten, ist die Wissenschaft noch nicht imstande. Folgende Andeutungen müssen hier genügen. Idee ist Form, und Form ist nach der Pythagoreischen Lehre Zahl, die zum Wesen der Dinge gehört (vgl. S. 41 ff.). Für Platon, dessen Geist im Alter mit Leidenschaft mathematischen  Problemen hingegeben war, nahm dieser Gedanke zuletzt die Gestalt an: die Zergliederung der Begriffe muß an ihnen endlich viele, bestimmte Unterscheidungsmerkmale feststellen können — das führt der Philebos’ aus —, also ist auch jeder Begriff mit einer bestimmten Zahl verbunden, die, pythagoreisch gedacht, sein Wesen, d. h. eben die Idee selbst, darstellt.}}}}</ref> Selbstverständlich war für Platon, den Begriff der Seele und dieser Leib und Geist als seiner Ideenlehre innewohnend aufzufassen. Die Philosophie später hat die kosmischen Kräfte in denen der Seele wirkend angesehen.<ref name="EUI" /> Daher rührte die Verbindung und teilweise Gleichsetzung von Astronomie und [[Astrologie]] bis ins späte Mittelalter und darüber hinaus bis ins 18. Jahrhundert. [[Hannah Arendt]] sieht noch im [[Uhrengleichnis]] ein ähnliches [[Weltbild]], das aufgrund unvollkommener Naturkenntnisse zur [[Subjekt-Objekt-Spaltung]] neigt.<ref name="VAC">[[Hannah Arendt]]: ''Vita activa oder vom tätigen Leben''. R. Piper, München <sup>3</sup>1983, ISBN 3-492-00517-9, Stichwort „[[Mechanistisches Weltbild]]“ S. 120, 290 f., 305</ref> Entsprechende [[Mystifizierung]]en erklären den Versuch einer Überwindung dieser Spaltung und bedingen den von [[Jürgen Habermas]] kritisierten „objektivistischen Schein“.<ref name="EUI" /> Kosmos als griechisches Wort, das so viel wie Schmuck, Zierde, Ordnung, Einteilung, Einrichtung, Bauart Weltordnung und Weltall bedeutet, besitzt einerseits [[ästhetisch]]e und andererseits [[technisch]]-praktische Aspekte.<ref name="GDW">[[Gustav Eduard Benseler]] et al.: ''Griechisch-Deutsches Schulwörterbuch''. B.G. Teubner, Leipzig <sup>13</sup>1911; S. 522</ref> Dieser Begriff vermittelt die für griechische Wertvorstellungen der Beschäftigung mit dem Schönen passende Rahmenvorstellung, die der [[Ontologie#Alte und neue Ontologie|alten Ontologie]] zugrunde lag und eine Art von sakraler Haltung einschloss.<ref name="EUI">[[Jürgen Habermas]]: ''Erkenntnis und Interesse''. In: Technik und Wissenschaft als »Ideologie«. Suhrkamp, Frankfurt, Edition 287, <sup>4</sup>1970 (<sup>1</sup>1968), [1965 Merkur] zu Stichwort „Kosmologie“, S. (146&nbsp;f.,) 148&nbsp;f., 152&nbsp;f.</ref> Hieran mag der nachfolgende kantsche „Beschluss“ anknüpfen:
{{Zitat
|Text=Zwei Dinge erfüllen das Gemüt mit immer neuer und zunehmenden Bewunderung und Ehrfurcht, je öfter und anhaltender sich das Nachdenken damit beschäftigt: Der bestirnte Himmel über mir und das moralische Gesetz in mir.
|Autor=Immanuel Kant
|Quelle=KpV A288}}


[[Datei:Universum.jpg|mini|Die kontemplative Betrachtung der Natur und insbesondere des Kosmos war in der griechischen Kultur beispielgebend für den ''Bios theoretikos''. - C. Flammarion, Holzschnitt, Paris 1888, Kolorit : Heikenwaelder Hugo, Wien 1998]]
== Überlegungen zur fernen Zukunft ==
Die aktuelle Kosmologie ist wesentlich abhängig von [[Information]]en, die aus dem Universum selbst gewonnen wurden (Existenz anderer Galaxien, Rotverschiebung, Hintergrundstrahlung, Elementhäufigkeiten usw.). Solche Informationsquellen werden im Laufe der Zeit durch die Expansion des Universums verloren gehen.<ref name="SdW050801">[[Lawrence Krauss|Lawrence M. Krauss]]: Robert J. Scherrer: ''Das kosmische Vergessen''. In: Spektrum der Wissenschaft. Mai 2008. Spektrum der Wissenschaft Verlagsgesellschaft mbH, Heidelberg, {{ISSN|0170-2971}}</ref> In ferner Zeit (> 100 Mrd. Jahre) werden Wissenschaftler aus ihren Beobachtungen auf ein Bild des Universums schließen, das dem unseren vom Anfang des letzten Jahrhunderts ähnelt: Ein statisches, aus ''einer'' Galaxie bestehendes Universum ohne [[Urknall]].<ref>Lawrence Krauss: ''A Universe from Nothing'', Free Press, Simon & Schuster Inc. Januar 2012, ISBN 978-1-4516-2445-8, S. 119 im Kapitel 7 (S. 105–119): ''Unsere schreckliche Zukunft''.</ref> Zur Begründung wird angeführt:


Die Übergänge von der Philosophie zur [[Naturwissenschaft]] erfolgten je nach unterschiedlicher Haltung zur [[Metaphysik]].<ref name="PWB">[[Georgi Schischkoff]] (Herausgeber): ''Philosophisches Wörterbuch.'' Alfred-Kröner, Stuttgart <sup>14</sup>1982, ISBN 3-520-01321-5, Lexikon-Stichwort „Kosmologie“ S.&nbsp;376</ref> Allerdings ist der [[Universum|Kosmos]] in der Philosophie als Urbild und Vorbild benutzt worden, um die einem Menschen angemessene Handlungsweise darzustellen. Die harmonische Ordnung des Weltalls war für die griechische Philosophie beispielgebend und diente sowohl als Ideal eines [[kontemplativ]]en Lebens als insbesondere dem Ideal der wissenschaftlichen Einstellung, dem [[Theorie|''Bios theoretikos'']]. Es war möglich sich dieser kosmischen Ordnung durch ''Mimesis'' anzupassen, wie bei der aus griechischer Antike herrührenden [[Sieben freie Künste#Antike|''Artes liberales'']]. Die Kräfte, die in der griechischen kosmologischen Tradition als Götter und übermenschliche Gewalten aufgefasst wurden, hat die Philosophie später als Kräfte der Seele angesehen.<ref name="EUI" /> Daher rührte die Verbindung und teilweise Gleichsetzung von Astronomie und [[Astrologie]] bis ins späte Mittelalter und darüber hinaus bis ins 18. Jahrhundert. [[Hannah Arendt]] sieht noch im [[Uhrengleichnis]] ein ähnliches [[Weltbild]], das aufgrund unvollkommener Naturkenntnisse zur [[Subjekt-Objekt-Spaltung]] neigt.<ref name="VAC">[[Hannah Arendt]]: ''Vita activa oder vom tätigen Leben''. R. Piper, München <sup>3</sup>1983, ISBN 3-492-00517-9, Stichwort „[[Mechanistisches Weltbild]]“ S. 120, 290 f., 305</ref> Entsprechende [[Mystifizierung]]en erklären den Versuch einer Überwindung dieser Spaltung und bedingen den von [[Jürgen Habermas]] kritisierten „objektivistischen Schein“.<ref name="EUI" /> Kosmos als griechisches Wort, das so viel wie Schmuck, Zierde, Ordnung, Einteilung, Einrichtung, Bauart Weltordnung und Weltall bedeutet, besitzt einerseits [[ästhetisch]]e und andererseits [[technisch]]-praktische Aspekte.<ref name="GDW">[[Gustav Eduard Benseler]] et al: ''Griechisch-Deutsches Schulwörterbuch''. B.G. Teubner, Leipzig <sup>13</sup>1911; S. 522</ref> Dieser Begriff vermittelt die für griechische Wertvorstellungen der Beschäftigung mit dem Schönen passende Rahmenvorstellung, die der [[Ontologie#Alte und neue Ontologie|alten Ontologie]] zugrunde lag und eine Art von sakraler Haltung einschloss.<ref name="EUI">[[Jürgen Habermas]]: ''Erkenntnis und Interesse''. In: Technik und Wissenschaft als »Ideologie«. Suhrkamp, Frankfurt, Edition 287, <sup>4</sup>1970 (<sup>1</sup>1968), [1965 Merkur] zu Stichwort „Kosmologie“, S. (146&nbsp;f.,) 148&nbsp;f., 152&nbsp;f.</ref> Hieran mag der nachfolgende kantsche „Beschluss“ anknüpfen:
* Der [[Ereignishorizont]] dehnt sich zwar fortwährend aus, wird jedoch im Vergleich zur Ausdehnung des Universums immer kleiner. Jenseits gelegene Objekte, z. B. andere Galaxien, sind dann der Beobachtung entzogen.
{{Zitat|Zwei Dinge erfüllen das Gemüt mit immer neuer und zunehmenden Bewunderung und Ehrfurcht, je öfter und anhaltender sich das Nachdenken damit beschäftigt: Der bestirnte Himmel über mir und das moralische Gesetz in mir.|Immanuel Kant|KpV A288}}
* Die kosmische Hintergrundstrahlung wird immer langwelliger. Bei einer [[Wellenlänge]] von 300 Kilometer ist sie nicht mehr in der Lage, in die Milchstraße einzudringen, sie wird von deren Staub reflektiert.
* Durch die fortwährende [[Nukleosynthese]] in den Sternen werden die Spuren der primordialen Nukleosynthese immer mehr verwischt. Der Anteil des Heliums im Universum wird von 24 % (primordial) über 28 % (heute) bis auf 60 % (in einer Billion Jahren) steigen.
* Milchstraße, [[Andromedanebel]] und einige kleinere nahegelegene Galaxien werden sich zu einer einzigen Riesengalaxie vereinigen. Auf längeren Zeitskalen trifft das für alle Galaxien in einem [[Supergalaxienhaufen]] zu (in unserem Fall: dem [[Laniakea]]-Supercluster).


== Kopernikanisches, kosmologisches und anthropisches Prinzip ==
All dies führt dazu, dass es in 100 Milliarden Jahren für einen Beobachter in diesem Supercluster so aussieht, als würde dieser das gesamte Universum darstellen. Es können keine Rückschlüsse mehr auf den Urknall gezogen werden. Astronomen, die eventuell leben, würden somit ein gänzlich anderes Bild von Aufbau und Entwicklung des Universums bekommen als zurzeit lebende. Dies hat zu der Frage geführt, inwieweit ein solcher Informationsverlust unter Umständen bereits eingetreten ist, und damit zur Frage nach der Zuverlässigkeit heutiger kosmologischer Theorien. Immerhin beinhalten diese mit der [[Inflation (Kosmologie)|inflationären Phase]] bereits einen solchen Informationsverlust, da kurz nach dem Urknall weite Bereiche des Universums nach jenseits des Beobachtbaren verschoben wurden.
 
Die Annahme eines im Wesentlichen homogenen Kosmos wurde später zu Kopernikus' Ehren „[[kopernikanisches Prinzip]]“ genannt.
Die konkrete zusätzliche Forderung der [[Isotropie]] führt zum [[Kosmologisches Prinzip|kosmologischen Prinzip]]. Es gibt eine Vielzahl möglicher Theorien des Universums. Das [[Anthropisches Prinzip|anthropische Prinzip]] sagt aus, dass eine Theorie nicht dazu in Widerspruch stehen darf, dass heute intelligentes menschliches Leben existiert. Sie muss die entsprechenden Entwicklungsbedingungen und Lebensbedingungen gewährleisten, sonst ist sie falsch.
 
== Informationsverlust ==
Die Standardtheorie ist wesentlich abhängig von [[Information]]en, die aus dem Universum selbst gewonnen wurden (Existenz anderer Galaxien, Rotverschiebung, Hintergrundstrahlung, Elementhäufigkeiten usw.). Diese Informationen werden im Laufe der Zeit durch die Expansion des Universums verloren gehen.<ref name="SdW050801">[[Lawrence Krauss|Lawrence M. Krauss]]: Robert J. Scherrer: ''Das kosmische Vergessen''. In: Spektrum der Wissenschaft. Mai 2008. Spektrum der Wissenschaft Verlagsgesellschaft mbH, Heidelberg, {{ISSN|0170-2971}}</ref> In ferner Zeit (> 100 Mrd. Jahre) werden Wissenschaftler zu einem Bild des Universums kommen, das sie auf das am Anfang des letzten Jahrhunderts zurückführt: Ein statisches, aus ''einer'' Galaxie bestehendes Universum ohne [[Urknall]].<ref>Lawrence Krauss: ''A Universe from Nothing'', Free Press, Simon & Schuster Inc. Januar 2012, ISBN 978-1-4516-2445-8, S. 119 im Kapitel 7 (S. 105 - 119): ''Unsere schreckliche Zukunft''.</ref>
 
* Es bildet sich ein immer weiter ausgedehnter [[Ereignishorizont]], der jedoch im Vergleich zur Ausdehnung des Universums immer kleiner wird. Objekte jenseits dessen, wie andere Galaxien, entziehen sich der Beobachtung.
* Die kosmische Hintergrundstrahlung wird immer langwelliger. Bei einer [[Wellenlänge]] von 300&nbsp;Kilometer ist sie nicht mehr in der Lage, in die Milchstraße einzudringen, sie wird von deren Staub reflektiert.
* Durch die [[Nukleosynthese]] in den Sternen werden die Spuren der primordialen Nukleosynthese immer mehr verwischt. Der Anteil des Heliums im Universum wird von 24 % (primordial) über 28 % (heute) bis auf 60 % (in einer Billion Jahren) steigen.
* Milchstraße, [[Andromedanebel]] und einige kleinere, nahegelegene Galaxien werden sich zu einer einzigen Riesengalaxie vereinigen. Auf längeren Zeitskalen trifft das für alle Galaxien in einem [[Supergalaxienhaufen]] zu (in unserem Fall: dem [[Laniakea|Laniakea-Supercluster]]).
 
All dies führt dazu, dass es in 100 Milliarden Jahren für einen Beobachter in diesem Supercluster so aussieht, als würde dieser das gesamte Universum darstellen. Es können keine Rückschlüsse mehr auf den Urknall gezogen werden. Astronomen, die eventuell leben, würden somit ein gänzlich anderes Bild von Aufbau und Entwicklung des Universums bekommen als zur Zeit lebende. Dies hat zu der Frage geführt, inwieweit ein solcher Informationsverlust unter Umständen bereits eingetreten ist, und damit zur Frage nach der Zuverlässigkeit kosmologischer Theorien. Immerhin hat es mit der [[Inflation (Kosmologie)|inflationären Phase]] bereits einen solchen Informationsverlust gegeben. Durch die Inflation wurden weite Bereiche des Universums jenseits des Beobachtbaren verschoben.


== Literatur ==
== Literatur ==
=== Fachliteratur ===
=== Fachliteratur ===
* [[Gerhard Börner]], ''Das neue Bild des Universums – Quantentheorie, Kosmologie und ihre Bedeutung''. Pantheon, München 2009, ISBN 3-570-55077-X
* Scott Dodelson: ''Modern Cosmology''. Academic Press, ISBN 0-12-219141-2.
* [[Erwin Freundlich|Erwin Finlay-Freundlich]]: ''Cosmology'' (= ''[[International Encyclopedia of Unified Science]].'' Band 1, Nr. 8). University of Chicago Press, Chicago 1951; 3. Auflage 1962.
* [[Bernulf Kanitscheider]]: ''Kosmologie, Geschichte und Systematik in philosophischer Perspektive''. Reclam, 1984.
* [[Bernulf Kanitscheider]]: ''Kosmologie, Geschichte und Systematik in philosophischer Perspektive''. Reclam, 1984.
* John Leslie: ''Cosmology – A philosophical survey''. In: Philosophia 24/1-2 (1994), 3-27 (Mit weiterer Literatur)
* John Leslie: ''Cosmology – A philosophical survey''. In: Philosophia 24/1-2 (1994), 3-27 (Mit weiterer Literatur)
* [[Dierck-Ekkehard Liebscher]]: ''Kosmologie – Einführung für Studierende der Astronomie, Physik und Mathematik''. J. A. Barth Verlag, Leipzig und Heidelberg 1994, ISBN 3-335-00396-9.
* [[Dierck-Ekkehard Liebscher]]: ''Kosmologie – Einführung für Studierende der Astronomie, Physik und Mathematik''. J. A. Barth Verlag, Leipzig und Heidelberg 1994, ISBN 3-335-00396-9.
* [[Helge Kragh]]: ''Conceptions of cosmos – from myths to the accelerating universe – a history of cosmology.'' Oxford Univ. Press, Oxford 2007, ISBN 0-19-920916-2
* Andrew Liddle: ''Einführung in die moderne Kosmologie.'' Wiley-VCH, Weinheim 2009, ISBN 978-3-527-40882-5.
* [[Peter Schneider (Astrophysiker)|Peter Schneider]]: ''Einführung in die Extragalaktische Astronomie und Kosmologie''. Springer, Dezember 2005, ISBN 3-540-25832-9.
* [[Peter Schneider (Astrophysiker)|Peter Schneider]]: ''Einführung in die Extragalaktische Astronomie und Kosmologie''. Springer, Dezember 2005, ISBN 3-540-25832-9.
* [[Wolfgang Stegmüller]]: ''Hauptströmungen der Gegenwartsphilosophie'', Band III Kapitel 1 (Evolution des Kosmos), Kröner, 1987.
* [[Wolfgang Stegmüller]]: ''Hauptströmungen der Gegenwartsphilosophie'', Band III Kapitel 1 (Evolution des Kosmos), Kröner, 1987.
* [[Albrecht Unsöld]], Bodo Baschek: ''Der neue Kosmos''. Springer-Verlag, ISBN 3-540-42177-7.
* [[Albrecht Unsöld]], Bodo Baschek: ''Der neue Kosmos''. Springer-Verlag, ISBN 3-540-42177-7.
* Scott Dodelson: ''Modern Cosmology''. Academic Press, ISBN 0-12-219141-2.
* [[Steven Weinberg]]: ''Cosmology''. Oxford University Press, 2008, ISBN 978-0-19-852682-7.
* [[Steven Weinberg]]: ''Cosmology''. Oxford University Press, 2008, ISBN 978-0-19-852682-7.
* [[Steven Weinberg]]: ''Gravitation and cosmology''- Principles and applications of the general theory of relativity. Wiley, New York 1972. ISBN 0-471-92567-5
* [[Steven Weinberg]]: ''Gravitation and cosmology''- Principles and applications of the general theory of relativity. Wiley, New York 1972. ISBN 0-471-92567-5
* [[Helge Kragh]]: ''Conceptions of cosmos – from myths to the accelerating universe – a history of cosmology.'' Oxford Univ. Press, Oxford 2007, ISBN 0-19-920916-2
* Andrew Liddle: ''Einführung in die moderne Kosmologie.'' Wiley-VCH, Weinheim 2009, ISBN 978-3-527-40882-5.
* [[Gerhard Börner]], ''Das neue Bild des Universums – Quantentheorie, Kosmologie und ihre Bedeutung''. Pantheon, München 2009, ISBN 3-570-55077-X


=== Populäre und speziellere Literatur ===
=== Populäre und speziellere Literatur ===
* Fred Adams, Greg Laughlin: ''Die fünf Zeitalter des Universums. Eine Physik der Ewigkeit''. dtv, 2002, ISBN 3-423-33086-4.
* [[Fred Hoyle]] (et al.): ''A different approach to cosmology.'' Cambridge Univ. Pr., Cambridge 2001, ISBN 0-521-66223-0.
* [[Lawrence Krauss]]: ''A Universe from Nothing''. Free Press, Simon & Schuster, 2012, ISBN 978-1-4516-2445-8.
* [[Harry Nussbaumer]]: ''Das Weltbild der Astronomie''. 2007, ISBN 978-3-7281-3106-5, 2. erw. und akt. Auflage. vdf Hochschulverlag.
* [[Harry Nussbaumer]]: ''Das Weltbild der Astronomie''. 2007, ISBN 978-3-7281-3106-5, 2. erw. und akt. Auflage. vdf Hochschulverlag.
* Delia Perlov und [[Alexander Vilenkin|Alex Vilenkin]], ''Kosmologie für alle, die mehr wissen wollen'', Springer, 2021, ISBN 978-3030633585
* [[Simon Singh]]: ''Big Bang – Der Ursprung des Kosmos und die Erfindung der modernen Naturwissenschaft.'' Hanser, 2005.
* [[Simon Singh]]: ''Big Bang – Der Ursprung des Kosmos und die Erfindung der modernen Naturwissenschaft.'' Hanser, 2005.
* Rüdiger Vaas: ''Tunnel durch Raum und Zeit'', Franckh-Kosmos, Stuttgart 2006 (2. Aufl.), ISBN 3-440-09360-3.
* Rüdiger Vaas: ''Tunnel durch Raum und Zeit'', Franckh-Kosmos, Stuttgart 2006 (2. Aufl.), ISBN 3-440-09360-3.
* Gabriele Veneziano: ''Die Zeit vor dem Urknall''. In: Spektrum der Wissenschaft, August 2004, S. 30–39, {{ISSN|0170-2971}}.
* Gabriele Veneziano: ''Die Zeit vor dem Urknall''. In: Spektrum der Wissenschaft, August 2004, S. 30–39, {{ISSN|0170-2971}}.
* [[Steven Weinberg]]: ''Die ersten drei Minuten''. Piper, München 1977.
* [[Steven Weinberg]]: ''Die ersten drei Minuten''. Piper, München 1977.
* [[Fred Hoyle]] (et al.): ''A different approach to cosmology.'' Cambridge Univ. Pr., Cambridge 2001, ISBN 0-521-66223-0.
* Fred Adams, Greg Laughlin: ''Die fünf Zeitalter des Universums. Eine Physik der Ewigkeit''. dtv, 2002, ISBN 3-423-33086-4.
* [[Lawrence Krauss]]: ''A Universe from Nothing''. Free Press, Simon & Schuster, 2012, ISBN 978-1-4516-2445-8.


== Weblinks ==
== Weblinks ==
Zeile 149: Zeile 143:
{{Wiktionary}}
{{Wiktionary}}
* [http://www.astro.uni-bonn.de/~peter/cosmo_short.pdf Kurze Einführung in die Kosmologie] (pdf: 2,9 mb)
* [http://www.astro.uni-bonn.de/~peter/cosmo_short.pdf Kurze Einführung in die Kosmologie] (pdf: 2,9 mb)
* [http://www.physik.uni-regensburg.de/forschung/gebhardt/gebhardt_files/skripten/index.html Eine Vorlesungsreihe über Kosmologie in 15 Kapiteln (zur Auswahl abwärts gehen!)]
* [http://www.physik.uni-regensburg.de/forschung/gebhardt/gebhardt_files/skripten/index.html Eine Vorlesungsreihe über Kosmologie in 15 Kapiteln (zur Auswahl abwärts gehen!)]
* {{SEP|http://plato.stanford.edu/archives/fall1998/entries/cosmology-theology/|Cosmology and Theology|John Leslie}}
* {{SEP|http://plato.stanford.edu/archives/fall1998/entries/cosmology-theology/|Cosmology and Theology|John Leslie}}
* George F. R. Ellis: ''[http://www.mth.uct.ac.za/~ellis/enc2.pdf Issues in the Philosophy of Cosmology] (PDF; 532&nbsp;kB)'' (mit weiterer Literatur)
* George F. R. Ellis: ''[http://www.mth.uct.ac.za/~ellis/enc2.pdf Issues in the Philosophy of Cosmology] (PDF; 532&nbsp;kB)'' (mit weiterer Literatur)
* Priester Dimitry Kiryanov, Dr. theol., Dr. phil.: ''[http://www.bogoslov.ru/de/text/253685.html Kosmologie und Schöpfung: die orthodoxe Perspektive]'' (in deutscher Übersetzung)
* Priester Dimitry Kiryanov, Dr. theol., Dr. phil.: ''[https://web.archive.org/web/20090918112621/http://www.bogoslov.ru/de/text/253685.html Kosmologie und Schöpfung: die orthodoxe Perspektive]'' (in deutscher Übersetzung)


== Einzelnachweise ==
== Einzelnachweise ==
<references />
<references />
{{Normdaten|TYP=s|GND=4114294-9}}


[[Kategorie:Kosmologie (Physik)| ]]
[[Kategorie:Kosmologie (Physik)| ]]
[[Kategorie:Schöpfungslehre]]
[[Kategorie:Schöpfungslehre]]

Aktuelle Version vom 30. Januar 2022, 17:14 Uhr

Die Aufnahme Hubble Ultra Deep Field zeigt Galaxien verschiedenen Alters, Größe, Form. Die kleinsten, rotesten Galaxien, gehören zu den am weitesten entfernten bekannten Galaxien. Diese Galaxien sind in einem Stadium zu sehen, als das Universum 800 Millionen Jahre alt war.

Die Kosmologie ({{Modul:Vorlage:lang}} Modul:ISO15924:97: attempt to index field 'wikibase' (a nil value), kosmología, „die Lehre von der Welt“) beschäftigt sich mit dem Ursprung, der Entwicklung und der grundlegenden Struktur des Kosmos sowie mit dem Universum als Ganzes. Sie ist ein Teilgebiet der Astronomie, das in enger Beziehung zur Astrophysik steht. Ihre Wurzeln liegen in Kosmogonien, die die Herkunft der Welt zunächst anhand mythischer Vorstellungen anschaulich machten, bei den Vorsokratikern jedoch in Versuche mündeten, dafür abstrakte Prinzipien zu formulieren. So nahm Parmenides einen Grunddualismus an, der das kosmische Geschehen gemäß der „Wahrscheinlichkeit“ bestimme.

Die heutige Kosmologie beschreibt das Universum durch Anwendung physikalischer Theorien, wobei für die großen Skalen insbesondere die Allgemeine Relativitätstheorie wichtig ist, für die kleinsten die Quantenphysik. Ausgangspunkt der Modellbildung sind astronomische Beobachtungen der Verteilung und der Eigenschaften von Galaxien im Universum. Die Rotverschiebung der Spektrallinien im Licht von Galaxien und deren systematische Zunahme mit der Entfernung werden als Größenwachstum des Universums interpretiert und führen zu der Vorstellung, dass das Universum aus einem extrem dichten und heißen Anfangszustand hervorging und sich daraus zu seinem derzeit beobachteten Zustand entwickelte. Formal führt die Theorie auf eine Singularität, den Urknall, der vor 13,75 Milliarden Jahren den Beginn des Universums markiert. Ab einer bestimmten Größe und Dichte der Energien im sehr frühen Universum wird allerdings die Gültigkeit der bekannten physikalischen Theorien überschritten. Insbesondere fehlt eine gültige Theorie der Quantengravitation. Während der Anfang des Universums somit derzeitigen Theorien nicht zugänglich ist, besteht mit dem Lambda-CDM-Modell ein sehr erfolgreiches Standardmodell für die Entwicklung des Universums, das mit einer Vielzahl von Beobachtungen in guter Übereinstimmung ist.

Zu den kosmologisch relevanten messbaren Gegenständen der Astronomie gehören die Häufigkeiten der durch die primordiale Nukleosynthese entstandenen leichtesten Elemente (Wasserstoff, Helium und Lithium) sowie die kosmische Hintergrundstrahlung, die etwa 380.000 Jahre nach dem Urknall freigesetzt wurde, als die Temperatur des sich ausdehnenden Universums soweit abgesunken war, dass neutrale Atome existieren konnten. In der weiteren Folge entwickelte sich aus kleinen Dichtefluktuationen durch die Wirkung der Gravitation die großräumige Verteilung der Galaxien und Galaxienhaufen, die durch Klumpung, Filamente und dazwischenliegende Leerräumen (Voids) charakterisiert ist und auf größten Skalen zunehmend homogen wird. Die Kosmologie erfasst außerdem die großskalig gemessen geringe Krümmung des Raumes, dazu die raumzeitliche Isotropie und Homogenität des Kosmos im Ganzen,[1][2][3] die numerischen Werte der Naturkonstanten und die Häufigkeitsverteilung der chemischen Elemente.

Insgesamt zeigt sich damit eine zeitlich vorwärts gerichtete Entwicklung des Kosmos, die in bestimmten Schritten abläuft, von denen die markantesten als Phasenübergänge bezeichnet werden wie z. B. die Baryogenese, die primordiale Nukleosynthese oder die Rekombination.

Standardmodell

Das Standard- oder Urknallmodell sieht den Beginn des Universums in einem nahezu unendlich dichten Zustand, von dem aus es sich in einer Urknall genannten Expansion zum heutigen Zustand entwickelte, wobei sich der heute beobachtbare Kosmos von einer beinahe punktförmigen Ausdehnung auf einen Radius von mehr als 45 Mrd. Lichtjahren aufblähte.[4][5] Es beruht wesentlich auf der allgemeinen Relativitätstheorie und wird durch Beobachtungen gestützt:

Dichtefluktuationen

Die über verschiedene Längenskalen gemittelte Dichte zeigt unterschiedlich starke Schwankungen. Auf der Längenskala von 10.000 Megaparsec (Mpc) betragen die Schwankungen weniger als 1 %, während auf Skalen von 100 Mpc bis 1 Mpc die Strukturen immer klumpiger werden.[6] Zu den größten Strukturen gehören die Sloan Great Wall mit einer Länge von gut 400 Megaparsec[7] und die bisher nur durch ein gutes Dutzend Gammablitze (GRB) markierte Hercules–Corona Borealis Great Wall mit einer Ausdehnung von 2000 bis 3000 Mpc.[8]

Die heute zu beobachtenden Schwankungen sollen sich aus Quantenfluktuationen während der Inflation, also kurz nach dem Beginn der Zeit, entwickelt haben, wobei die Entwicklung auf großen Skalen langsamer fortschreitet als auf kleineren Skalen.

Häufigkeit der Elemente

In der primordialen Nukleosynthese (englisch Big Bang Nucleosynthesis) kurz nach dem Urknall (10−2 s) war das Universum so heiß, dass Materie in Quarks und Gluonen aufgelöst war. Durch die Expansion und Abkühlung des Universums entstanden Protonen und Neutronen. Nach einer Sekunde verschmolzen aus Protonen und Neutronen die Kerne leichter Elemente (2H, 3He, 4He, 7Li). Dieser Prozess endete nach etwa drei Minuten.[9] Es wurden also die relativen Häufigkeiten dieser leichten Elemente schon vor der Bildung der ersten Sterne weitgehend festgelegt.

Kosmische Hintergrundstrahlung

1946 von George Gamow postuliert, wurde der englisch cosmic microwave background (CMB) 1964 durch Arno Penzias und Robert Woodrow Wilson entdeckt – mit einer mittleren Temperatur von 2,725 Kelvin.[7] Die Hintergrundstrahlung stammt aus dem Zeitraum 300.000 Jahre nach dem Urknall, als das Universum etwa ein Tausendstel seiner heutigen Größe hatte. Das ist der Zeitpunkt, zu dem das Weltall transparent wurde, vorher bestand es aus undurchsichtigem ionisiertem Gas. Messungen beispielsweise durch COBE, BOOMERanG, WMAP, Planck-Weltraumteleskop.

Expansion des Universums

Edwin Hubble konnte 1929 die Expansion des Weltalls nachweisen, da Galaxien mit wachsender Entfernung eine zunehmende Rotverschiebung in den Spektrallinien zeigen. Proportionalitätsfaktor ist die Hubble-Konstante H, deren heutiger Wert bei 67,74 (± 0,46) km/s Mpc−1 liegt (Stand: 2016). H ist keine Konstante, sondern verändert sich mit der Zeit. Wir stehen nicht im Mittelpunkt der Expansion – der Raum selbst dehnt sich überall gleichmäßig aus (isotropes Universum). Durch Zurückrechnen der Expansion wird das Alter des Universums bestimmt, das bei etwa 13,7 Milliarden Jahren liegt. Aufgrund der bisher von der Sonde WMAP gewonnenen Daten und Supernova-Beobachtungen wird inzwischen ein offenes, beschleunigt expandierendes Universum mit einem Alter von 13,7 Milliarden Jahren angenommen.

Entwicklung des Universums

Nach dem Standardmodell der Kosmologie ergibt sich grob folgender Ablauf.

  • Planck-Ära; bis 10−43 Sekunden; alle vier Kräfte noch vereint;
  • Inflationäre Phase auch GUT-Ära; endet nach 10−33 s bis 10−30 Sekunden; extreme Expansion um einen Faktor zwischen 1030 und 1050;
  • Quark-Ära; bis 10−7 Sekunden; es bilden sich Quarks, Leptonen und Photonen; das Ungleichgewicht von Materie und Antimaterie entsteht in der Baryogenese;
  • Hadronen-Ära; bis 10−4 Sekunden; Protonen, Neutronen und deren Antiteilchen entstehen; außerdem Myonen, Elektronen, Positronen, Neutrinos und Photonen;
  • Lepton-Ära; bis zehn Sekunden; Myonen zerfallen, Elektronen und Positronen annihilieren;
  • Primordiale Nukleosynthese; bis drei Minuten; Wasserstoff, Helium, Lithium entstehen;
  • Strahlungs-Ära; etwa 300.000 Jahre;
  • Materie-Ära; bis heute; Universum wird durchsichtig, Galaxien entstehen.

Wichtige Instrumente zur Erforschung des Universums werden heute von Satelliten und Raumsonden getragen: Das Hubble-Weltraumteleskop, Chandra, Gaia und Planck.

Zur Erklärung der beobachteten Expansion und der flachen Geometrie des Universums im Großen wird das Urknallmodell heute ergänzt nach Ideen von Alan Guth, dass es durch eine Symmetriebrechung in der Frühzeit des Universums zu einer sehr starken kurzzeitigen Expansion kam, welche die Gleichförmigkeit des Universums am Rand des beobachtbaren Bereiches (Horizont) erklärt. Die größte Herausforderung an die kosmologische Theorie stellt das Missverhältnis zwischen beobachtbarer Materie und deren Verteilung sowie der beobachteten mittleren Ausbreitungsgeschwindigkeit des Universums dar. Die übliche Erklärung macht für die nicht mittels elektromagnetischer Strahlung beobachtbaren Anteile der benötigten Materiedichte Dunkle Materie (mit 23 %) und Dunkle Energie (mit 73 %) verantwortlich.

Diese Anteile sind zeitabhängig: Nach der strahlungsdominierten Ära in der Frühzeit des Universums folgte die Materie-Ära, in der die Materie den größten Anteil stellte. Diese Ära endete, als das Universum etwa 10 Milliarden Jahre alt war; seitdem macht die Dunkle Energie den größten Teil aus. Dementsprechend änderte sich der zeitliche Verlauf der Expansion: Bis zum Ende der Materie-Ära war sie abgebremst, seither erfolgt die Expansion beschleunigt. Dieser Übergang kann durch Beobachtung von Supernovae über einen weiten Entfernungsbereich direkt und modellunabhängig nachvollzogen werden.[10]

Steady-State-Theorie

Die Steady-State-Theorie (stationärer Zustand) besagt, dass der Raum einerseits expandiert und dass anderseits permanent und homogen im gesamten Raum neue Materie erzeugt wird, wodurch die Dichte der Materie konstant gehalten wird. Sie wurde 1949 durch Fred Hoyle, Thomas Gold und anderen als Alternative zur Urknalltheorie entwickelt. Während der 1950er und bis in die 1960er Jahre hinein wurde diese Theorie von den meisten Kosmologen als mögliche Alternative akzeptiert.

Die „Steady-State-Theorie“ wurde aufgrund von Berechnungen postuliert, die zeigten, dass ein rein statisches Universum mit den Annahmen der allgemeinen Relativitätstheorie nicht verträglich wäre. Zudem zeigten Beobachtungen von Edwin Hubble, dass das Universum expandiert. Die Theorie postuliert nun, dass das Universum sein Aussehen nicht ändert, obwohl es größer wird. Dazu muss ständig Materie neu gebildet werden, um die durchschnittliche Dichte gleich zu halten. Da die Menge der neu zu bildenden Materie sehr klein ist (nur einige hundert Wasserstoffatome pro Jahr in der Milchstraße), kann die Neubildung von Materie nicht direkt beobachtet werden. Obwohl diese Theorie den Energieerhaltungssatz verletzt, hatte sie unter anderem die „attraktive“ Eigenschaft, dass das Universum keinen Anfang hat und Fragen nach dem Vorher oder nach dem Grund des Beginns der Expansion überflüssig sind.

Die Schwierigkeiten dieser Theorie begannen in den späten 1960er Jahren. Beobachtungen zeigten, dass sich das Universum zeitlich tatsächlich verändert, die Stationaritätsbedingung also explizit verletzt ist: Quasare und Radiogalaxien wurden nur in weit entfernten Galaxien gefunden. Halton Arp interpretierte die vorliegenden Daten seit den 1960er Jahren anders und gab an, dass es Quasare im nahe liegenden Virgohaufen gebe. Der Niedergang der Steady-State-Theorie wurde beschleunigt durch die Entdeckung der kosmischen Hintergrundstrahlung, welche von der Urknall-Theorie vorausgesagt worden war.

Seitdem gilt nicht die Steady-State-Theorie, sondern die Urknalltheorie bei der Mehrheit der Astronomen als erfolgreiches Standardmodell der Kosmologie. In den meisten Publikationen über Astrophysik wird sie implizit vorausgesetzt.

Geschichte der Kosmologie

Anfänge und ptolemäisches Weltbild

Das Relief im oberen Teil der Stele zeigt Ḫammurapi vor dem thronenden Sonnen-, Wahrheits- und Gerechtigkeitsgott Šamaš
Schleifenbahn eines Planeten nach der Epizykeltheorie

Aufzeichnungen von mythischen Kosmologien sind aus China (I Ging, Buch der Wandlungen), aus Babylon (Enuma Elish) und Griechenland (Theogonie des Hesiod) bekannt. Kosmologische Vorstellungen hatten in der chinesischen Kultur besonders im Daoismus und Neokonfuzianismus einen hohen Stellenwert. Die babylonischen Mythen – welche vermutlich auf ältere sumerische Mythen zurückgehen und ihrerseits wieder Vorlage für die biblische Genesis sein dürften – und Himmelsbeobachtungen haben wahrscheinlich die späteren griechischen kosmologischen Vorstellungen beeinflusst, die zur Grundlage der mittelalterlichen abendländischen Kosmologie wurden. Kosmologische Aufzeichnungen erfolgten nicht nur seitens der babylonischen, sondern seitens der ägyptischen Priesterschaft.[11] In den Pyramidentexten wird die Götterwelt mit kosmischen Wesenheiten in Verbindung gebracht, die hauptsächlich auf die Sonne bezogen sind, aber auch auf den Mond und zahlreiche Gestirne. Es wird damit ein astronomischer Hintergrund deutlich.[12] Dieser geht aus dem Relief des Codex Hammurapi hervor, der den kosmopolitisch denkenden König vor dem thronenden Sonnengott zeigt.

Frühere Kosmologien unterlagen dem Prinzip Aufzeichnung astronomischer Daten und anschließendes Deuten der Daten. Aus den Deutungen und Prophezeiungen entwickelten sich die Mythologien. Zusätzlich stellten die astronomischen Aufzeichnungen nützliche Angaben für die historischen Kalender dar, z. B. Ur-3 Kalender, mit deren Hilfe die Abläufe in der Landwirtschaft geordnet wurden. Bei den griechischen Gelehrten Thales von Milet, vor allem bei Anaximander (6. Jahrhundert v. Chr.), begann der Prozess der Rationalisierung. Anaximander entwarf erstmals ein Weltbild, welches auf gesetzmäßigen kausalen Zusammenhängen basierte und den Himmelsobjekten eine physikalische Natur zuordnete. Nach Anaximander sei das unendliche Universum die Quelle einer unendlichen Zahl von Welten, von denen die erlebte Welt nur eine sei, die sich abgespalten habe und ihre Teile durch Drehbewegung gesammelt habe. In die gleiche Richtung gingen die kosmologischen Entwürfe der Atomisten Demokrit und Anaxagoras.

Anaximenes arbeitete die Ideen von Anaximander weiter aus und sah dabei die Luft als Urmaterie an. Pythagoras – für den alle Dinge in Wirklichkeit Zahlen oder Zahlenverhältnisse waren – vertrat die Auffassung, dass der Himmel das Unendliche eingeatmet habe, um Gruppen von Zahlen zu bilden.

Eine weitere wichtige Entwicklung war das erste historisch überlieferte System, in dem die Erde nicht im Zentrum stand, das von Philolaos, einem Pythagoreer, im 5. Jahrhundert v. Chr. entworfen wurde. Ein weiterer Pythagoreer, Archytas von Tarent, gab ein Argument für die Unendlichkeit des Kosmos („Stab des Archytas“).

In der Kosmologie Platons (5./4. Jahrhundert v. Chr.), die er im Timaios schildert, beschrieb er die Himmelsobjekte als von personalen, mit Verstand ausgerüstete göttliche Wesen. Die Erde war in Platons Vorstellung eine Kugel, die im Zentrum des Kosmos ruhte.

Platons Schüler Aristoteles widersprach in seiner Kosmologie teilweise der Auffassung seines Lehrers hinsichtlich der göttlichen Natur von Himmelsobjekten. Die Himmelskörper nennt er göttlich und mit Intellekt begabt; sie bestehen aus dem „fünften Element“ und werden von der „ersten Philosophie“ erforscht.[13] Die Bewegungen der Himmelskörper und -sphären werden letztlich von einem ersten unbewegten Beweger (im Sinne von Veränderer) hervorgerufen. Aristoteles vertrat ein Modell des Universums, welches ein Zentralfeuer annahm (er meinte damit explizit nicht die Sonne), um welches die Himmelskörper in Kreisen liefen.[14]

Eudoxos von Knidos entwarf Anfang des 4. Jahrhunderts v. Chr. ein Sphärenmodell, das von Kallippos weiterentwickelt wurde und erstmals die retrograden Schleifenbewegungen der Planeten beschreiben konnte. Davon wurden das aristotelische und das ptolemäische Weltbild beeinflusst. Messungen von Eratosthenes, der im 3. Jahrhundert v. Chr. den Umfang der Erde mit guter Genauigkeit bestimmte, und von Aristyllus und Timocharis zeigten Abweichungen der Planetenbewegungen von den nach Eudoxos' Methode berechneten Positionen. Apollonios von Perge entwickelte im 3. Jahrhundert v. Chr. eine Methode der Berechnung von Planetenbahnen mithilfe von Epizykeln, er ließ Kreisbewegungen der Planeten zu, deren Mittelpunkt selbst wieder auf einer Kreisbahn lag.

Ein heliozentrisches Weltmodell vertrat Aristarchos von Samos (3./2. Jahrhundert v. Chr.). Er wurde deshalb der Gottlosigkeit beschuldigt; sein Weltmodell konnte sich nicht durchsetzen.

Ptolemäus beschrieb im 2. Jahrhundert in seinem Almagest eine geozentrische Kosmologie, welche mit den meisten Beobachtungen seiner Zeit in Einklang zu bringen war und bis zur Durchsetzung des kopernikanischen Weltbildes allgemein anerkannt wurde.

Die kopernikanische Wende

Seite aus Copernicus' Manuskript von De revolutionibus orbium coelestium

Nikolaus Kopernikus schuf in seinem 1543 erschienenen Buch De revolutionibus orbium coelestium das erste Weltbild, das in seiner Vollständigkeit und Genauigkeit dem ptolemäischen System gleichkam, aber wesentlich einfacher aufgebaut war. Wichtig an dem kopernikanischen System ist die Annahme, dass auch die Erde nur ein Planet der Sonne ist, also keine Sonderstellung mehr genießt. Im heliozentrischen Weltall des Kopernikus bewegen sich die Planeten auf Kombinationen von gleichförmigen Kreisbewegungen um einen Punkt, der nahe der Sonne liegt und auch von dieser umkreist wird.[15]

Das von Kopernikus beschriebene Universum war ebenso wie das ptolemäische durch eine materielle Fixsternsphäre begrenzt, die aber, um das Fehlen einer beobachtbaren Fixsternparallaxe erklären zu können, viel größer angenommen werden musste als früher gedacht. Dabei hatte schon Nikolaus von Kues (1401–1464) den wichtigen Gedanke eines unbegrenzten Universums ohne bestimmten Mittelpunkt als Ort für die Erde vorweggenommen. Thomas Digges (1576, A Perfit Description of the Caelestiall Orbes) vertrat ein modifiziertes kopernikanisches Weltbild ohne materielle Fixsternsphäre mit unendlichem euklidischen Raum. Von Giordano Bruno (1548–1600) wurde ein unendliches Universum mit unendlich vielen Sonnen und Planeten postuliert, in dem die beobachteten Fixsterne ferne Sonnen sind. Aufgrund dessen und anderer Aussagen, die den katholischen Glaubensgrundsätzen widersprachen, wurde Bruno als Ketzer verurteilt und auf dem Scheiterhaufen hingerichtet.

Weitere wichtige Gründe für die Abkehr vom ptolemäischen Weltbild waren die Beobachtungen von Tycho Brahe, dass die Supernova von 1572 und der Komet von 1577 sich außerhalb der Mondbahn befinden mussten, womit die Unveränderlichkeit des Himmels, wie von Aristoteles gelehrt, widerlegt war. Tycho Brahe steigerte die Präzision der Planetenbeobachtung erheblich. Aufgrund seiner genaueren Beobachtungsdaten entwickelte sein Assistent Johannes Kepler ein Weltbild, in dem jeder Planet, auch die Erde, mit variabler Geschwindigkeit auf einer Ellipse um die ruhende Sonne läuft, anstatt, wie von Kopernikus angenommen, auf einer Kombination mehrerer gleichförmig durchlaufener Kreise um einen Punkt in der Nähe der Sonne. Kepler formulierte die Gesetze für die Planetenbewegung, die heute als die keplerschen Gesetze bezeichnet werden, und betrachtete die Sonne als Quelle einer magnetischen Kraft, die die Planeten auf ihren Bahnen bewegt und ihnen dabei ihre variable Geschwindigkeit erteilt. Er wandte sich damit einem mechanistischen Bild der Planetenbewegung zu, in dem die Planeten nicht mehr wie bei Ptolemäus beseelt waren. Berechnungen der Planetenpositionen wurden durch Keplers heliozentrisches System ca. 10fach genauer als vorher bei Kopernikus und Ptolemäus. Allerdings nahm Kepler wieder ein endliches Universum an und belegte dies durch Argumente, die später als olberssches Paradoxon bekannt wurden. Weiter gestützt wurde das kopernikanische System durch Galileo Galilei, der mit seinem neuartigen Teleskop die Jupitermonde und auf der Mondoberfläche Gebirge und ihre Schatten entdeckte, wobei die Fixsterne aber weiterhin punktförmig erschienen.[15]

Durch Isaac Newton (Philosophiae Naturalis Principia Mathematica, 1687) wurde die Kosmologie erstmals mit einer ausgearbeiteten Mechanik verknüpft. Mit seinen Begriffen von Kraft und Trägheit sowie dem Postulat einer allgemeinen Gravitation brachte Newton eine Physik in die Kosmologie, in der gleiche Gesetze für himmlische (Planetenbewegung) und irdische Bereiche (Schwerkraft) galten. Ein wichtiger Schritt in dieser Entwicklung war die vorausgegangene Entwicklung der Mechanik, insbesondere die Vorbereitung des Trägheitsbegriffes (Galilei, Descartes). Die newtonsche Himmelsmechanik erlaubte die Betrachtung der gegenseitigen Bahnstörungen der Planeten aufgrund ihrer wechselseitigen Gravitation und führte im 18. Jahrhundert mit wachsenden mathematischen Kenntnissen zu einer weiteren Steigerung der Genauigkeit um etwa das 50fache. Demnach ist die Planetenbewegung nicht mehr allein durch Einwirkung der Sonne gegeben, vielmehr bewegen sich alle Körper, auch die Sonne, unter dem Einfluss der gegenseitigen Kräfte um den gemeinsamen Schwerpunkt des Sonnensystems (Baryzentrum), der maximal einige Sonnenradien vom Sonnenmittelpunkt entfernt liegt.[15]

Im 18. Jahrhundert hielt Thomas Wright die Sonne nicht für den Mittelpunkt des Weltalls, sondern für einen Fixstern unter vielen. Er wies die Annahme einer homogenen Sternverteilung zurück und identifizierte die Milchstraße als aus Einzelsternen bestehende Scheibe, in deren Ebene sich die Sonne befindet. Er betrachtete die von Astronomen beobachteten „Nebel“ als andere Galaxien. Immanuel Kant entwickelte 1755 in der Allgemeinen Naturgeschichte und Theorie des Himmels nicht nur eine Kosmologie ähnlich der von Thomas Wright, sondern eine Kosmogonie, in der eine anfangs chaotisch verteilte Materie sich unter Gravitationswirkung zu den beobachteten Himmelskörpern zusammenballt. Ein ähnliches Entwicklungsschema wurde von Laplace entwickelt. Der Astronom Wilhelm Herschel versuchte durch Klassifizierung der Sterne und Galaxien ein chronologisches Entwicklungsschema abzuleiten.

Von Götterwelt und Mythos zur Naturwissenschaft

Die kontemplative Betrachtung der Natur und insbesondere des Kosmos war in der griechischen Kultur beispielgebend für den Bios theoretikos. – C. Flammarion, Holzschnitt, Paris 1888, Kolorit : Heikenwaelder Hugo, Wien 1998

Die Übergänge von der Philosophie zur Naturwissenschaft erfolgten je nach unterschiedlicher Haltung zur Metaphysik.[11] Allerdings ist der Kosmos in der Philosophie als Urbild und Vorbild benutzt worden, um die einem Menschen angemessene Handlungsweise darzustellen. Die harmonische Ordnung des Weltalls war für die griechische Philosophie beispielgebend und diente sowohl als Ideal eines kontemplativen Lebens als insbesondere dem Ideal der wissenschaftlichen Einstellung, dem Bios theoretikos. Es war möglich sich dieser kosmischen Ordnung durch Mimesis anzupassen, wie bei der aus griechischer Antike herrührenden Artes liberales. Die Kräfte, die in der griechischen kosmologischen Tradition vorwiegend als Götter und übermenschliche Gewalten beschrieben hat, wurden bereits von Parmenides auf einen abstrakten Grunddualismus reduziert, der das kosmische Werden und Vergehen – in Gegensatz zu dem Sein als ebenso unentstandenen wie unzerstörbaren Gedanken der „Wahrheit“ – lediglich der „Wahrscheinlichkeit“ gemäß umfasst.[16] Platon nach ihm unternahm den Versuch, die von ihm als „Idee“ bezeichneten Erkenntniskategorien als „Idealzahlen“ zu formulieren, als eine überschaubare Menge nicht weiter zerlegbarer, miteinander nicht addierbarer, unwandelbarer Entitäten, die den unaufhörlichen Veränderungen der Phänomene zugrunde lägen.[17] Selbstverständlich war für Platon, den Begriff der Seele und dieser Leib und Geist als seiner Ideenlehre innewohnend aufzufassen. Die Philosophie später hat die kosmischen Kräfte in denen der Seele wirkend angesehen.[18] Daher rührte die Verbindung und teilweise Gleichsetzung von Astronomie und Astrologie bis ins späte Mittelalter und darüber hinaus bis ins 18. Jahrhundert. Hannah Arendt sieht noch im Uhrengleichnis ein ähnliches Weltbild, das aufgrund unvollkommener Naturkenntnisse zur Subjekt-Objekt-Spaltung neigt.[19] Entsprechende Mystifizierungen erklären den Versuch einer Überwindung dieser Spaltung und bedingen den von Jürgen Habermas kritisierten „objektivistischen Schein“.[18] Kosmos als griechisches Wort, das so viel wie Schmuck, Zierde, Ordnung, Einteilung, Einrichtung, Bauart Weltordnung und Weltall bedeutet, besitzt einerseits ästhetische und andererseits technisch-praktische Aspekte.[20] Dieser Begriff vermittelt die für griechische Wertvorstellungen der Beschäftigung mit dem Schönen passende Rahmenvorstellung, die der alten Ontologie zugrunde lag und eine Art von sakraler Haltung einschloss.[18] Hieran mag der nachfolgende kantsche „Beschluss“ anknüpfen:

„Zwei Dinge erfüllen das Gemüt mit immer neuer und zunehmenden Bewunderung und Ehrfurcht, je öfter und anhaltender sich das Nachdenken damit beschäftigt: Der bestirnte Himmel über mir und das moralische Gesetz in mir.“

Immanuel Kant: KpV A288

Überlegungen zur fernen Zukunft

Die aktuelle Kosmologie ist wesentlich abhängig von Informationen, die aus dem Universum selbst gewonnen wurden (Existenz anderer Galaxien, Rotverschiebung, Hintergrundstrahlung, Elementhäufigkeiten usw.). Solche Informationsquellen werden im Laufe der Zeit durch die Expansion des Universums verloren gehen.[21] In ferner Zeit (> 100 Mrd. Jahre) werden Wissenschaftler aus ihren Beobachtungen auf ein Bild des Universums schließen, das dem unseren vom Anfang des letzten Jahrhunderts ähnelt: Ein statisches, aus einer Galaxie bestehendes Universum ohne Urknall.[22] Zur Begründung wird angeführt:

  • Der Ereignishorizont dehnt sich zwar fortwährend aus, wird jedoch im Vergleich zur Ausdehnung des Universums immer kleiner. Jenseits gelegene Objekte, z. B. andere Galaxien, sind dann der Beobachtung entzogen.
  • Die kosmische Hintergrundstrahlung wird immer langwelliger. Bei einer Wellenlänge von 300 Kilometer ist sie nicht mehr in der Lage, in die Milchstraße einzudringen, sie wird von deren Staub reflektiert.
  • Durch die fortwährende Nukleosynthese in den Sternen werden die Spuren der primordialen Nukleosynthese immer mehr verwischt. Der Anteil des Heliums im Universum wird von 24 % (primordial) über 28 % (heute) bis auf 60 % (in einer Billion Jahren) steigen.
  • Milchstraße, Andromedanebel und einige kleinere nahegelegene Galaxien werden sich zu einer einzigen Riesengalaxie vereinigen. Auf längeren Zeitskalen trifft das für alle Galaxien in einem Supergalaxienhaufen zu (in unserem Fall: dem Laniakea-Supercluster).

All dies führt dazu, dass es in 100 Milliarden Jahren für einen Beobachter in diesem Supercluster so aussieht, als würde dieser das gesamte Universum darstellen. Es können keine Rückschlüsse mehr auf den Urknall gezogen werden. Astronomen, die eventuell leben, würden somit ein gänzlich anderes Bild von Aufbau und Entwicklung des Universums bekommen als zurzeit lebende. Dies hat zu der Frage geführt, inwieweit ein solcher Informationsverlust unter Umständen bereits eingetreten ist, und damit zur Frage nach der Zuverlässigkeit heutiger kosmologischer Theorien. Immerhin beinhalten diese mit der inflationären Phase bereits einen solchen Informationsverlust, da kurz nach dem Urknall weite Bereiche des Universums nach jenseits des Beobachtbaren verschoben wurden.

Literatur

Fachliteratur

  • Gerhard Börner, Das neue Bild des Universums – Quantentheorie, Kosmologie und ihre Bedeutung. Pantheon, München 2009, ISBN 3-570-55077-X
  • Scott Dodelson: Modern Cosmology. Academic Press, ISBN 0-12-219141-2.
  • Erwin Finlay-Freundlich: Cosmology (= International Encyclopedia of Unified Science. Band 1, Nr. 8). University of Chicago Press, Chicago 1951; 3. Auflage 1962.
  • Bernulf Kanitscheider: Kosmologie, Geschichte und Systematik in philosophischer Perspektive. Reclam, 1984.
  • John Leslie: Cosmology – A philosophical survey. In: Philosophia 24/1-2 (1994), 3-27 (Mit weiterer Literatur)
  • Dierck-Ekkehard Liebscher: Kosmologie – Einführung für Studierende der Astronomie, Physik und Mathematik. J. A. Barth Verlag, Leipzig und Heidelberg 1994, ISBN 3-335-00396-9.
  • Helge Kragh: Conceptions of cosmos – from myths to the accelerating universe – a history of cosmology. Oxford Univ. Press, Oxford 2007, ISBN 0-19-920916-2
  • Andrew Liddle: Einführung in die moderne Kosmologie. Wiley-VCH, Weinheim 2009, ISBN 978-3-527-40882-5.
  • Peter Schneider: Einführung in die Extragalaktische Astronomie und Kosmologie. Springer, Dezember 2005, ISBN 3-540-25832-9.
  • Wolfgang Stegmüller: Hauptströmungen der Gegenwartsphilosophie, Band III Kapitel 1 (Evolution des Kosmos), Kröner, 1987.
  • Albrecht Unsöld, Bodo Baschek: Der neue Kosmos. Springer-Verlag, ISBN 3-540-42177-7.
  • Steven Weinberg: Cosmology. Oxford University Press, 2008, ISBN 978-0-19-852682-7.
  • Steven Weinberg: Gravitation and cosmology- Principles and applications of the general theory of relativity. Wiley, New York 1972. ISBN 0-471-92567-5

Populäre und speziellere Literatur

  • Fred Adams, Greg Laughlin: Die fünf Zeitalter des Universums. Eine Physik der Ewigkeit. dtv, 2002, ISBN 3-423-33086-4.
  • Fred Hoyle (et al.): A different approach to cosmology. Cambridge Univ. Pr., Cambridge 2001, ISBN 0-521-66223-0.
  • Lawrence Krauss: A Universe from Nothing. Free Press, Simon & Schuster, 2012, ISBN 978-1-4516-2445-8.
  • Harry Nussbaumer: Das Weltbild der Astronomie. 2007, ISBN 978-3-7281-3106-5, 2. erw. und akt. Auflage. vdf Hochschulverlag.
  • Delia Perlov und Alex Vilenkin, Kosmologie für alle, die mehr wissen wollen, Springer, 2021, ISBN 978-3030633585
  • Simon Singh: Big Bang – Der Ursprung des Kosmos und die Erfindung der modernen Naturwissenschaft. Hanser, 2005.
  • Rüdiger Vaas: Tunnel durch Raum und Zeit, Franckh-Kosmos, Stuttgart 2006 (2. Aufl.), ISBN 3-440-09360-3.
  • Gabriele Veneziano: Die Zeit vor dem Urknall. In: Spektrum der Wissenschaft, August 2004, S. 30–39, ISSN 0170-2971.
  • Steven Weinberg: Die ersten drei Minuten. Piper, München 1977.

Weblinks

 Portal: Astronomie – Übersicht zu Wikipedia-Inhalten zum Thema Astronomie
Commons: Kosmologie – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien
Wiktionary: Kosmologie – Bedeutungserklärungen, Wortherkunft, Synonyme, Übersetzungen

Einzelnachweise

  1. Robert Osserman, Rainer Sengerling: Geometrie des Universums. Von der Göttlichen Komödie zu Riemann und Einstein, Vieweg, 1. Aufl., 1997, S. 112
  2. Hans Joachim Störig: Knaurs moderne Astronomie. Droemer Knaur, 1992, S. 271
  3. Hans V. Klapdor-Kleingrothaus, Kai Zuber: Teilchenastrophysik. Teubner, 1997, S. 111
  4. Ed Wright: How can the Universe be infinite if it was all concentrated into a point at the Big Bang?
  5. Davis & Lineweaver: Expanding Confusion, Fig. 1
  6. Ming-Hua Li, Hai-Nan Lin: Testing the homogeneity of the Universe using gamma-ray bursts. Submitted to Astronomy & Astrophysics, arxiv:1509.03027.
  7. 7,0 7,1 Kenneth R. Lang: A Companion to Astronomy and Astrophysics. Chronology and Glossary with Data Tables, Springer, 2006, (a) S. 103, (b) S. 242
  8. István Horváth et al.: Possible structure in the GRB sky distribution at redshift two. Astronomy & Astrophysics 561, 2014, doi:10.1051/0004-6361/201323020.
  9. Vgl. Steven Weinberg (Literatur).
  10. Riess et al. (2004), Astrophysical Journal 607, 665, bibcode:2004ApJ...607..665R
  11. 11,0 11,1 Georgi Schischkoff (Herausgeber): Philosophisches Wörterbuch. Alfred-Kröner, Stuttgart 141982, ISBN 3-520-01321-5, Lexikon-Stichwort „Kosmologie“ S. 376
  12. Alexandra von Lieven: Götter / Götterwelt Ägyptens. In: Das Bibellexikon. Deutsche Bibelgesellschaft, Januar 2006;.
  13. Vgl. Jonathan Barnes: Aristoteles. Reclam, Stuttgart 1992, 40 ff, 100 ff
  14. John David North: Viewegs Geschichte der Astronomie und Kosmologie. Vieweg, 2001, S. 42 ff.
  15. 15,0 15,1 15,2 E.J. Dijksterhuis: Die Mechanisierung des Weltbildes. Springer, Berlin 1956.
  16. Herman Diels: Die Vorsokratiker. Parmenides.
  17. Wilhelm Kranz: Klassische Philosophie. („Unter dem Einfluß der Pythagoreer (...) hat der greise Platon gelehrt, die Ideen seien Zahlen, Idealzahlen, die qualitativ verschieden und nicht addierbar seien; so berichtet Aristoteles z. B. Metaph. 990 ff. Die sehr schwierige Aufgabe, diesen Gedanken Platons ganz zu deuten, ist die Wissenschaft noch nicht imstande. Folgende Andeutungen müssen hier genügen. Idee ist Form, und Form ist nach der Pythagoreischen Lehre Zahl, die zum Wesen der Dinge gehört (vgl. S. 41 ff.). Für Platon, dessen Geist im Alter mit Leidenschaft mathematischen Problemen hingegeben war, nahm dieser Gedanke zuletzt die Gestalt an: die Zergliederung der Begriffe muß an ihnen endlich viele, bestimmte Unterscheidungsmerkmale feststellen können — das führt der Philebos’ aus —, also ist auch jeder Begriff mit einer bestimmten Zahl verbunden, die, pythagoreisch gedacht, sein Wesen, d. h. eben die Idee selbst, darstellt.“).
  18. 18,0 18,1 18,2 Jürgen Habermas: Erkenntnis und Interesse. In: Technik und Wissenschaft als »Ideologie«. Suhrkamp, Frankfurt, Edition 287, 41970 (11968), [1965 Merkur] zu Stichwort „Kosmologie“, S. (146 f.,) 148 f., 152 f.
  19. Hannah Arendt: Vita activa oder vom tätigen Leben. R. Piper, München 31983, ISBN 3-492-00517-9, Stichwort „Mechanistisches Weltbild“ S. 120, 290 f., 305
  20. Gustav Eduard Benseler et al.: Griechisch-Deutsches Schulwörterbuch. B.G. Teubner, Leipzig 131911; S. 522
  21. Lawrence M. Krauss: Robert J. Scherrer: Das kosmische Vergessen. In: Spektrum der Wissenschaft. Mai 2008. Spektrum der Wissenschaft Verlagsgesellschaft mbH, Heidelberg, ISSN 0170-2971
  22. Lawrence Krauss: A Universe from Nothing, Free Press, Simon & Schuster Inc. Januar 2012, ISBN 978-1-4516-2445-8, S. 119 im Kapitel 7 (S. 105–119): Unsere schreckliche Zukunft.