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'''Reinhard Oehme''' (* [[26. Januar]] [[1928]] in [[Wiesbaden]]; † zwischen dem [[29. September]] und [[4. Oktober]] [[2010]] in [[Chicago]] | '''Reinhard Oehme''' (* [[26. Januar]] [[1928]] in [[Wiesbaden]]; † zwischen dem [[29. September]] und [[4. Oktober]] [[2010]] in [[Chicago]]) war ein deutsch-US-amerikanischer theoretischer [[Physiker]]. Oehme war bekannt für die Entdeckung der Nicht-Erhaltung der [[Ladungskonjugation]] im Zusammenhang mit [[Paritätsverletzung]], für die Formulierung und den Beweis von [[Hadron|hadronischen]] Dispersionsrelationen, für das „Edge of the Wedge Theorem“ in der [[Funktionentheorie]] mit mehreren komplexen Variablen, die Goldberger-Miyazawa-Oehme-Summen-Regel, die Reduktion von [[Quantenfeldtheorie]]n, die Oehme-Zimmermann-Superkovergenz-Relationen für Korrelationsfunktionen in [[Eichtheorie]]n, und für viele andere Beiträge. | ||
== Biografie == | == Biografie == | ||
Reinhard Oehme wurde als Sohn von Reinhold Oehme und Katharina Kraus geboren. Nach dem Abitur am Rheingau-Gymnasium in [[Geisenheim]] am Rhein – der ersten Schule nahe Wiesbaden, die nach dem Krieg öffnete – begann er das Studium von Physik und Mathematik an der [[Johann Wolfgang Goethe-Universität Frankfurt am Main|Frankfurter Goethe-Universität]] | Reinhard Oehme wurde als Sohn von Reinhold Oehme und Katharina Kraus geboren. Nach dem Abitur am Rheingau-Gymnasium in [[Geisenheim]] am Rhein – der ersten Schule nahe Wiesbaden, die nach dem Krieg öffnete – begann er das Studium von Physik und Mathematik an der [[Johann Wolfgang Goethe-Universität Frankfurt am Main|Frankfurter Goethe-Universität]] und erhielt 1948 das Diplom als Student von [[Erwin Madelung]].<ref>{{Internetquelle |autor=Ulrich E. Schröder |url=http://www.uni-frankfurt.de/fb/fb13/Dateien/paf/paf73.html |titel=Biografie von Madelung |werk=Physiker und Astronomen in Frankfurt |archiv-url=https://web.archive.org/web/20120212130742/http://www.uni-frankfurt.de/fb/fb13/Dateien/paf/paf73.html |archiv-datum=2012-02-12 |abruf=1970-01-01 |offline=1 |abruf-verborgen=1}}, siehe drittletzten Paragraphen: ''Wie [[Friedrich Hund|Hund]] feststellen konnte, hatte Madelung unmittelbar nach dem Krieg besonders fähige Schüler und Mitarbeiter. Hier seien die folgenden Physiker genannt, deren spätere erfolgreiche Laufbahnen bekannt wurden: ...,Reinhard Oehme (Professor für Theoretische Physik in Chicago)...''</ref> Danach ging er nach Göttingen an das [[Max-Planck-Institut für Physik]] als Student von [[Werner Heisenberg]], der auch Professor an der [[Universität Göttingen]] war.<ref>[[Peter Freund (Physiker)|Peter Freund]]: ''A Passion for Discovery.'' In: ''World Scientific.'' 2007, S. 13, ISBN 981-270-646-1.</ref> Anfang des Jahres 1951 wurde Oehme dann bei Heisenberg an der Universität Göttingen [[Promotion (Doktor)|promoviert]].<ref>Reinhard Oehme: [https://link.springer.com/article/10.1007%2FBF01330060 ''Erzeugung von Photonen beim Zusammenstoß von Nukleonen.''] In: ''Zeitschrift für Physik.'' Band 129, 1951, S. 573. Eingegangen: 28. Februar 1951. (Dank an Heisenberg am Ende des Abstrakts).</ref> Im gleichen Jahr bat ihn Heisenberg, zusammen mit [[Carl Friedrich von Weizsäcker]] nach Brasilien zu reisen, und zwar im Zusammenhang mit der Gründung des „Instituto de Física Teórica“ (IFT) in São Paulo,<ref>{{Internetquelle |url=http://www.ift.unesp.br/br/#!/instituicao/historico/ |titel=Instituto de Física Teórica: Instituição: Histórico |hrsg=unesp.br |abruf=2018-11-04 |sprache=pt}}</ref> das Heisenberg, wohl im Hinblick auf die gespannte Lage in Europa, für eine mögliche Zweigstelle des Max-Planck-Institutes betrachtete. Am 5. November 1952 heiratete er in [[São Paulo]] Mafalda Pisani. Sie war als Tochter von Giacopo Pisani und Wanda d'Alfonso in Berlin geboren. Sie starb im August 2004 in Chicago. Die Ehe blieb kinderlos. | ||
[ | Von Brasilien kam Oehme zurück auf seine Assistentenstelle am Max-Planck-Institut in Göttingen. 1954 erhielt Oehme mit Empfehlung von Heisenberg an seinen Freund [[Enrico Fermi]] ein Angebot für eine ''Research Associate'' Stelle an der [[University of Chicago]], wo er am ''Institute for Nuclear Studies'' arbeitete. Die wesentlichen Erkenntnisse aus dieser Zeit sind unter ''Arbeiten'' beschrieben. Im Herbst des Jahres 1956 ging Oehme als ein Mitglied des [[Institute for Advanced Study]] nach Princeton,<ref>{{Internetquelle |url=https://www.ias.edu/scholars/reinhard-oehme |titel=Past Member: Reinhard Oehme |hrsg=ias.edu |abruf=2018-11-04}}</ref> und kehrte 1958 zurück an die University of Chicago als Professor im Department of Physics, sowie am Enrico Fermi Institute for Nuclear Studies. 1998 wurde er [[Emeritierung|Professor Emeritus]]. | ||
Von Brasilien kam Oehme zurück | |||
=== Gastprofessuren === | === Gastprofessuren === | ||
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=== Preise und Auszeichnungen === | === Preise und Auszeichnungen === | ||
* 1963–1964 Guggenheim Fellow | * 1963–1964 Guggenheim Fellow<ref>{{Internetquelle |url=https://www.gf.org/fellows/all-fellows/reinhard-oehme/ |titel=Reinhard Oehme |werk=Guggenheim Fellows |hrsg=gf.org |abruf=2018-11-04 |kommentar=mit Bild}}</ref> | ||
* 1974 Humboldt Preis | * 1974 Humboldt-Preis | ||
* 1976 | * 1976, 1988 Fellow, [[Japanese Society for the Promotion of Science]] (JSPS)<ref>{{Webarchiv |url=http://physics.uchicago.edu:80/about/honors/index.html#Oehme |wayback=20081011061349 |text=Honors by Faculty, U of Chicago (Oktober 2008)}}</ref> | ||
* die University of Chicago vergibt die nach Oehme (mit)benannten ''The Enrico Fermi, Robert R. McCormick & Mafalda and Reinhard Oehme Postdoctoral Research Fellowships''<ref>{{Internetquelle |url=https://efi.uchicago.edu/fellowships |titel=Postdoctoral Fellowships |abruf=2018-11-04 |sprache=en}}</ref> | |||
== Arbeiten == | == Arbeiten == | ||
=== Dispersionsrelationen, GMO-Summenregel, und „Edge of the Wedge Theorem“ === | === Dispersionsrelationen, GMO-Summenregel, und „Edge of the Wedge Theorem“ === | ||
Im Jahr 1954 in Chicago, studierte Oehme die analytischen Eigenschaften von Streuamplituden in Quantenfeldtheorien. Dabei fand er die wesentliche Tatsache, dass Teilchen-Teilchen und Antiteilchen-Teilchen-Amplituden durch analytische Fortsetzung in der komplexen Ebene der Energievariablen miteinander verbunden sind. Diese Resultate führten dann zu seiner Arbeit mit [[Marvin Goldberger]] und [[Hironari Miyazawa]] über Dispersionsrelationen für die Streuung von [[Pi-Meson]]en an [[Nukleon]]en, die auch die Goldberger-Miyazawa-Oehme Summenregel enthält.<ref>M. L. Goldberger, H. Miyazawa und R. Oehme: [http://prola.aps.org/abstract/PR/v99/i3/p986_1 ''Application of Dispersion Relations to Pion-Nucleon Scattering.''] In: ''Physical Review.'' Band 99, 1955, S. 986–988</ref><ref>Reinhard Oehme: [http://prola.aps.org/abstract/PR/v100/i5/p1503_1 ''Dispersion Relations for Pion-Nucleon Scattering I.''] In: ''Physical Review.'' Band 100, 1955, S. 1503–1512</ref> Die Relationen stimmten gut überein mit den experimentellen Resultaten der Fermi-Gruppe in Chicago, der [[S. J. Lindenbaum|Lindenbaum]]-Gruppe in Brookhaven, und anderen Experimenten. Die GMO Summenregel wird oft in der Analyse des Pion-Nukleon-Systems benutzt.<ref>Zum Beispiel: V. V. Abaev, P. Metsä, M. E. Sainio: [http:// | Im Jahr 1954 in Chicago, studierte Oehme die analytischen Eigenschaften von Streuamplituden in Quantenfeldtheorien. Dabei fand er die wesentliche Tatsache, dass Teilchen-Teilchen und Antiteilchen-Teilchen-Amplituden durch analytische Fortsetzung in der komplexen Ebene der Energievariablen miteinander verbunden sind. Diese Resultate führten dann zu seiner Arbeit mit [[Marvin Goldberger]] und [[Hironari Miyazawa]] über Dispersionsrelationen für die Streuung von [[Pi-Meson]]en an [[Nukleon]]en, die auch die Goldberger-Miyazawa-Oehme Summenregel enthält.<ref>M. L. Goldberger, H. Miyazawa und R. Oehme: [http://prola.aps.org/abstract/PR/v99/i3/p986_1 ''Application of Dispersion Relations to Pion-Nucleon Scattering.''] In: ''Physical Review.'' Band 99, 1955, S. 986–988</ref><ref>Reinhard Oehme: [http://prola.aps.org/abstract/PR/v100/i5/p1503_1 ''Dispersion Relations for Pion-Nucleon Scattering I.''] In: ''Physical Review.'' Band 100, 1955, S. 1503–1512</ref> Die Relationen stimmten gut überein mit den experimentellen Resultaten der Fermi-Gruppe in Chicago, der [[S. J. Lindenbaum|Lindenbaum]]-Gruppe in Brookhaven, und anderen Experimenten. Die GMO Summenregel wird oft in der Analyse des Pion-Nukleon-Systems benutzt.<ref>Zum Beispiel: V. V. Abaev, P. Metsä, M. E. Sainio: [http://link.springer.com/article/10.1140%2Fepja%2Fi2007-10377-6 ''The Goldberger-Miyazawa-Oehme sum rule revisited.''] In: ''The European Physical Journal A.'' Band 32, 2007, S. 321, {{arXiv|0704.3167}}.</ref> | ||
Oehme hat eine mehr formale Ableitung von Vorwärts-Dispersionsrelationen im Rahmen der lokalen Quantenfeldtheorie veröffentlicht.<ref>Reinhard Oehme: | Oehme hat eine mehr formale Ableitung von Vorwärts-Dispersionsrelationen im Rahmen der lokalen Quantenfeldtheorie veröffentlicht.<ref>Reinhard Oehme: | ||
[ | [https://link.springer.com/article/10.1007%2FBF02746363 ''Causality and Dispersion Relations for the Scattering of Mesons by fixed Nucleons.''] In: ''Il Nuovo Cimento.'' Band 4, 1956, S. 1316; Appendix: ''Proof of Relativistic Forward Dispersion Relations''.</ref> Der Beweis gilt auch für Eichtheorien mit „Confinement“.<ref>Reinhard Oehme: Vortrag an der 11. International Conference on Mathematical Physics, Paris, France, 18.–23. Juli 1994, {{Literatur |Titel=Analytic structure of amplitudes in gauge theories with confinement |Sammelwerk=International Journal of Modern Physics A |Band=10 |Datum=1995 |Seiten=1995–2014 |arXiv=hep-th/9412040}}</ref> Um die weit reichenden Resultate der Theorie der Funktionen mit mehreren komplexen Variablen für den Beweis von Dispersionsrelationen für Amplituden mit endlicher Impulsübertragung, sowie für die allgemeinen analytischen Eigenschaften von [[Greensche Funktion|Greenschen Funktionen]] ausnutzen zu können, hat Oehme ein fundamentales Theorem formuliert und bewiesen. Er nannte es „Edge of the Wedge Theorem“ („Keilkanten-Theorem“). Diese Arbeit wurde am Institute for Advanced Study in Princeton ausgeführt, in Zusammenarbeit mit [[Hans Joachim Bremermann]] und [[John Gerald Taylor]].<ref>H. J. Bremermann, R. Oehme und J. G. Taylor: ''Une Demonstration possible des relations de dispersion'', vorgetragen bei der Konferenz „Les Problemes Mathematiques de la Theorie Quantique des Champs“, Colloques Internationaux du CNRS, Lille, 3.–8. Juni 1957, abgedruckt in ''Colloques Internationaux du Centre National de la Recherche Scientifique.'' Band LXXV, 1959, S. 169.</ref><ref>H.J. Bremermann, R. Oehme und J. G. Taylor: [http://prola.aps.org/abstract/PR/v109/i6/p2178_1 ''Proof of Dispersion Relations in Quantized Field Theories.''] In: ''Physical Review.'' Band 109, 1958, S. 2178; Appendix: ''The Edge of the Wedge Theorem''. (mit Hinweisen auf vorangegangene Arbeiten von [[Nikolai Nikolajewitsch Bogoljubow|N.N. Bogoliubov]] und andere)</ref> | ||
Auf der Basis von mikroskopischer [[Kausalität]] und Eigenschaften des Spektrums führt das Theorem zu einem primären Regularitätsgebiet, das dann mittels analytischer Fortsetzung vergrößert werden kann. Oehme hat diese Resultate zuerst im Wintersemester 1956/57 im Princeton University Colloquium vorgetragen. Ein davon unabhängiger, verschiedener und umfangreicher Beweis von Nicht-Vorwärts-Dispersionsrelationen wurde auch von [[Nikolai Nikolajewitsch Bogoljubow]] und Mitarbeitern veröffentlicht.<ref>N. N. Bogoliubov und D. V. Shirkov: ''Introduction to the Theory of Quantized Fields.'' John Wiley & Sons, 1959, ISBN 0-471-04223-4</ref> Das „Edge of the Wedge Theorem“ hat viele Anwendungen. Zum Beispiel kann man es benutzen, um zu zeigen, dass bei (spontaner) Verletzung der [[Lorentz-Transformation|Lorentz-Invarianz]], Mikrokausalität ([[Lokalität (Physik)|Lokalität]]) und Positivität der Energie die Lorentz-Invarianz des Energie-Impuls-Spektrums sicherstellen.<ref>[[Hans-Jürgen Borchers]]: ''Locality and Covariance of the Spectrum.'' In: ''Fizika.'' Band 17, 1985, S. 289–304, und dort angegebene Literatur.</ref> Oehme formulierte auch Dispersionsrelationen für die Nukleon-Nukleon-Streuung in Zusammenarbeit mit Marvin Goldberger und [[Yoichiro Nambu]].<ref>Marvin L. Goldberger, Yoichiro Nambu und Reinhard Oehme: ''Dispersion Relations for Nucleon-Nucleon Scattering.'' In: ''Annals of Physics'' (N.Y.). Band 2, 1956, S. 226. {{bibcode|1957AnPhy...2..226G}}. Entsprechend den oben erwähnten Resultaten von Oehme über die analytische Fortsetzung von Amplituden enthalten diese Relationen Integrale über die totalen Nukleon-Nukleon- und Antinukleon-Nukleon-Wirkungsquerschnitte, aber auch über absolute Quadrate von Annihilationsamplituden.</ref> | Auf der Basis von mikroskopischer [[Kausalität]] und Eigenschaften des Spektrums führt das Theorem zu einem primären Regularitätsgebiet, das dann mittels analytischer Fortsetzung vergrößert werden kann. Oehme hat diese Resultate zuerst im Wintersemester 1956/57 im Princeton University Colloquium vorgetragen. Ein davon unabhängiger, verschiedener und umfangreicher Beweis von Nicht-Vorwärts-Dispersionsrelationen wurde auch von [[Nikolai Nikolajewitsch Bogoljubow]] und Mitarbeitern veröffentlicht.<ref>N. N. Bogoliubov und D. V. Shirkov: ''Introduction to the Theory of Quantized Fields.'' John Wiley & Sons, 1959, ISBN 0-471-04223-4</ref> Das „Edge of the Wedge Theorem“ hat viele Anwendungen. Zum Beispiel kann man es benutzen, um zu zeigen, dass bei (spontaner) Verletzung der [[Lorentz-Transformation|Lorentz-Invarianz]], Mikrokausalität ([[Lokalität (Physik)|Lokalität]]) und Positivität der Energie die Lorentz-Invarianz des Energie-Impuls-Spektrums sicherstellen.<ref>[[Hans-Jürgen Borchers]]: ''Locality and Covariance of the Spectrum.'' In: ''Fizika.'' Band 17, 1985, S. 289–304, und dort angegebene Literatur.</ref> Oehme formulierte auch Dispersionsrelationen für die Nukleon-Nukleon-Streuung in Zusammenarbeit mit Marvin Goldberger und [[Yoichiro Nambu]].<ref>Marvin L. Goldberger, Yoichiro Nambu und Reinhard Oehme: ''Dispersion Relations for Nucleon-Nucleon Scattering.'' In: ''Annals of Physics'' (N.Y.). Band 2, 1956, S. 226. {{bibcode|1957AnPhy...2..226G}}. Entsprechend den oben erwähnten Resultaten von Oehme über die analytische Fortsetzung von Amplituden enthalten diese Relationen Integrale über die totalen Nukleon-Nukleon- und Antinukleon-Nukleon-Wirkungsquerschnitte, aber auch über absolute Quadrate von Annihilationsamplituden.</ref> | ||
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Am 7. August 1956 schrieb Oehme einen Brief<ref>C. N. Yang: ''Selected papers 1945–1980, with commentary (Chen Ning Yang)''. W.H. Freeman, San Francisco 1983, ISBN 0-7167-1406-X, S. 32–33</ref> an [[Chen Ning Yang]], in dem er zeigt, dass die [[Schwache Wechselwirkung|schwachen Wechselwirkungen]] die Erhaltung von C ([[Ladungskonjugation]]) verletzen müssen im Fall eines positiven Resultates bei dem [[Betazerfall|β-Zerfall]]-Polarisationsexperiment. Da die Erhaltung von P ([[Parität (Physik)|Parität]]) zu denselben Bedingungen führt wie C, folgerte Oehme, dass C und P beide verletzt sein müssen, um eine entsprechende Asymmetrie zu erhalten.<ref>Auf Grund ihrer [[Kernladungszahl|Z]]- und [[Impuls|p]]-Abhängigkeit können Coulomb-Störungen der Elektron-Wellenfunktionen experimentell separiert werden.</ref><ref>Die Resultate des Briefes gelten entsprechend auch für Pi-Mesonen-Zerfall, wo keine Coulomb-Störungen auftreten. (Ein trivialer Rechenfehler für diesen Fall wurde kurz nach Absendung des Briefes bemerkt).</ref> In dem Brookhaven Preprint BNL 2819 ihrer Arbeit über Parität hatten [[Tsung-Dao Lee]] und Yang angenommen, dass C erhalten bleibt. Das Resultat von Oehme zeigt, dass auf dem Niveau der gewöhnlichen, schwachen Wechselwirkungen, CP die relevante Symmetrie ist, und nicht C und P individuell. Beispielsweise genügt CP um der Gleichheit der Zerfallszeiten von positiven und negativen Pi-Mesonen gerecht zu werden. Diese von Oehme gefundene Situation ist grundlegend für die späteren Experimente zu dem Problem der CP-Erhaltung, und für die Entdeckung von [[CP-Verletzung]] bei sehr viel niedrigerer Wechselwirkungsstärke durch [[James Cronin]] und [[Val Fitch]].<ref>J. H. Christensen, James Cronin, V. F. Fitch und R. Turlay: [http://prola.aps.org/abstract/PRL/v13/i4/p138_1 ''Evidence for the 2π Decay of the K20 Meson.''] In: ''Physical Review Letters.'' Band 13, 1964, S. 138–140</ref><ref>James W. Cronin: [http://prola.aps.org/abstract/RMP/v53/i3/p373_1 ''CP symmetry violation—the search for its origin.''] In: ''Reviews of Modern Physics.'' Band 53, 1981, S. 373–383, Nobel lecture, Dezember 1980.</ref> | Am 7. August 1956 schrieb Oehme einen Brief<ref>C. N. Yang: ''Selected papers 1945–1980, with commentary (Chen Ning Yang)''. W.H. Freeman, San Francisco 1983, ISBN 0-7167-1406-X, S. 32–33</ref> an [[Chen Ning Yang]], in dem er zeigt, dass die [[Schwache Wechselwirkung|schwachen Wechselwirkungen]] die Erhaltung von C ([[Ladungskonjugation]]) verletzen müssen im Fall eines positiven Resultates bei dem [[Betazerfall|β-Zerfall]]-Polarisationsexperiment. Da die Erhaltung von P ([[Parität (Physik)|Parität]]) zu denselben Bedingungen führt wie C, folgerte Oehme, dass C und P beide verletzt sein müssen, um eine entsprechende Asymmetrie zu erhalten.<ref>Auf Grund ihrer [[Kernladungszahl|Z]]- und [[Impuls|p]]-Abhängigkeit können Coulomb-Störungen der Elektron-Wellenfunktionen experimentell separiert werden.</ref><ref>Die Resultate des Briefes gelten entsprechend auch für Pi-Mesonen-Zerfall, wo keine Coulomb-Störungen auftreten. (Ein trivialer Rechenfehler für diesen Fall wurde kurz nach Absendung des Briefes bemerkt).</ref> In dem Brookhaven Preprint BNL 2819 ihrer Arbeit über Parität hatten [[Tsung-Dao Lee]] und Yang angenommen, dass C erhalten bleibt. Das Resultat von Oehme zeigt, dass auf dem Niveau der gewöhnlichen, schwachen Wechselwirkungen, CP die relevante Symmetrie ist, und nicht C und P individuell. Beispielsweise genügt CP um der Gleichheit der Zerfallszeiten von positiven und negativen Pi-Mesonen gerecht zu werden. Diese von Oehme gefundene Situation ist grundlegend für die späteren Experimente zu dem Problem der CP-Erhaltung, und für die Entdeckung von [[CP-Verletzung]] bei sehr viel niedrigerer Wechselwirkungsstärke durch [[James Cronin]] und [[Val Fitch]].<ref>J. H. Christensen, James Cronin, V. F. Fitch und R. Turlay: [http://prola.aps.org/abstract/PRL/v13/i4/p138_1 ''Evidence for the 2π Decay of the K20 Meson.''] In: ''Physical Review Letters.'' Band 13, 1964, S. 138–140</ref><ref>James W. Cronin: [http://prola.aps.org/abstract/RMP/v53/i3/p373_1 ''CP symmetry violation—the search for its origin.''] In: ''Reviews of Modern Physics.'' Band 53, 1981, S. 373–383, Nobel lecture, Dezember 1980.</ref> | ||
Wie oben angedeutet, ist der Brief von Oehme in dem Buch ''Selected Papers by C. N. Yang'' abgedruckt. Auf Grund des Briefes haben [[Tsung-Dao Lee|Lee]], Oehme und Yang eine mehr ausführliche Studie über die Zusammenhänge möglicher Nichterhaltungen von P, C und T verfasst, und dabei auch Anwendungen auf den [[K-Meson|K]] – Anti-K – Komplex beschrieben.<ref>T. D. Lee, Reinhard Oehme | Wie oben angedeutet, ist der Brief von Oehme in dem Buch ''Selected Papers by C. N. Yang'' abgedruckt. Auf Grund des Briefes haben [[Tsung-Dao Lee|Lee]], Oehme und Yang eine mehr ausführliche Studie über die Zusammenhänge möglicher Nichterhaltungen von P, C und T verfasst, und dabei auch Anwendungen auf den [[K-Meson|K]] – Anti-K – Komplex beschrieben.<ref>{{Literatur |Autor=T. D. Lee, Reinhard Oehme, Chen-Ning Yang |Titel=Remarks on Possible Noninvariance under Time Reversal and Charge Conjugation |Sammelwerk=Physical Review |Band=106 |Datum=1957 |Seiten=340–345 |DOI=10.1103/PhysRev.106.340}}</ref> In der Arbeit, die vor der experimentellen Entdeckung von P- und C-Nichterhaltung geschrieben wurde, wird auch die Möglichkeit der Nichterhaltung von T (Zeitumkehr) und, unter der Annahme der CPT-Erhaltung, CP erwähnt. Jedenfalls ist die Arbeit wesentlich für die Beschreibung der CP-Experimente. Die Nichterhaltung von C ist eine fundamentale Voraussetzung<ref>[[Andrei Sacharow]] in: ''Pisma Zh. Eksp. Teor. Fiz.'' Band 5, 1967, S. 32</ref> für die [[Baryonenasymmetrie|Unsymmetrie von Materie und Anti-Materie]] im Universum. | ||
=== Propagatoren und OZ – Superkonvergenz–Relationen === | === Propagatoren und OZ – Superkonvergenz–Relationen === | ||
Auf der Basis von analytischen Eigenschaften und Methoden der [[Renormierungsgruppe]] führte Oehme, in Zusammenarbeit mit [[Wolfhart Zimmermann]], eine allgemeine Strukturanalyse von Eichfeld-Propagatoren durch.<ref>Reinhard Oehme | Auf der Basis von analytischen Eigenschaften und Methoden der [[Renormierungsgruppe]] führte Oehme, in Zusammenarbeit mit [[Wolfhart Zimmermann]], eine allgemeine Strukturanalyse von Eichfeld-Propagatoren durch.<ref>{{Literatur |Autor=Reinhard Oehme, Wolfhart Zimmermann |Titel=Quark And Gluon Propagators in Quantum Chromodynamics |Sammelwerk=Physical Review D |Band=21 |Datum=1980 |Seiten=471 |DOI=10.1103/PhysRevD.21.471}}</ref><ref>{{Literatur |Autor=Reinhard Oehme, Wolfhart Zimmermann |Titel=Gauge Field Propagator and the Number Of Fermion Fields |Sammelwerk=Physical Review D |Band=21 |Datum=1980 |Seiten=1661 |DOI=10.1103/PhysRevD.21.1661}}</ref> Für Theorien bei denen die Zahl der Materiefelder (flavors) unter einer festen Grenze liegt, fand er dabei Superkonvergenz-Relationen. Diese „Oehme-Zimmermann-Relationen“ geben einen Zusammenhang von Eigenschaften der Theorie bei hohen und bei niedrigen Energien (große und kleine Abstände, asymptotische Freiheit und Confinement).<ref>{{Literatur |Autor=Reinhard Oehme |Titel=Renormalization group, BRST cohomology and the problem of confinement |Sammelwerk=Physical Review D |Band=42 |Datum=1990 |Seiten=4209–4221 |DOI=10.1103/PhysRevD.42.4209}} (Diese Arbeit enthält Referenzen zu Arbeiten von K. Nishijima und Anderen.)</ref> Die Resultate für Propagatoren sind im Wesentlichen nur abhängig von allgemeinen Prinzipien. | ||
=== Reduktion von Quantenfeldtheorien === | === Reduktion von Quantenfeldtheorien === | ||
Als eine allgemeine Methode für die Verminderung der Anzahl von Parametern in Quantenfeldtheorien haben Oehme und Zimmermann eine Theorie der Reduktion von Kopplungen eingeführt.<ref>Reinhard Oehme | Als eine allgemeine Methode für die Verminderung der Anzahl von Parametern in Quantenfeldtheorien haben Oehme und Zimmermann eine Theorie der Reduktion von Kopplungen eingeführt.<ref>{{Literatur |Autor=Reinhard Oehme, Wolfhart Zimmermann |Titel=Relation Between Effective Couplings for Asymptotically Free Models |Sammelwerk=Communications in Mathematical Physics |Band=97 |Datum=1985 |Seiten=569 |DOI=10.1007/BF01221218}}</ref><ref>{{Literatur |Autor=Reinhard Oehme, [[Klaus Sibold]], Wolfhart Zimmermann |Titel=Renormalization Group Equations with vanishing lowest order of the Primary Beta Function |Sammelwerk=Physics Letters B |Band=147 |Datum=1984 |Seiten=115 |DOI=10.1016/0370-2693(84)90604-X}} {{Literatur |Autor=Oehme, Sibold, Zimmermann |Titel=Construction of gauge theories with a single coupling parameter for Yang-Mills and matter fields |Sammelwerk=Physics Letters B |Band=153 |Datum=1985 |Seiten=142 |DOI=10.1016/0370-2693(85)91416-9}}</ref> Die Methode ist eine Anwendung der Renormierungsgruppe, und entsprechend allgemeiner als die Ableitung aus Symmetrien.<ref name="OE">{{Literatur |Autor=R. Oehme |Titel=Reduction and reparametrization of Quantum Field Theories |Sammelwerk=Progress of Theoretical Physics Suppl. |Band=86 |Datum=1986 |Seiten=215 |DOI=10.1143/PTPS.86.215}} Diese Arbeit enthält weitere Referenzen.</ref><ref>{{Literatur |Autor=W. Zimmermann |Titel=Reduction in the Number of Coupling Parameters |Sammelwerk=Communications in Mathematical Physics |Band=97 |Datum=1985 |Seiten=211}}</ref> In manchen Fällen existieren Lösungen der Reduktionsgleichungen die nicht direkt einer neuen Symmetrie entsprechen, sondern von einer anderen charakteristischen Eigenschaft der Theorie stammen. In bestimmten mehr-Parameter-Theorien erhält man durch Reduktion [[Supersymmetrie|supersymmetrische]] Theorien, und hat damit Beispiele für das Auftreten dieser Symmetrie ohne sie vorher explizit eingeführt zu haben. Die Reduktionsmethode hat viele Anwendungen, theoretische,<ref>Reinhard Oehme, Vortrag auf dem Ringberg Symposium über Quantenfeldtheorie, Schloss Ringberg, 21.–24. Juni 1998, ''Reduction of coupling parameters and duality.'' In: ''Lecture Notes in Physics.'' Band 558, 2000, S. 136–156.</ref> wie auch phänomenologische<ref>J. Kubo, M. Mondragon und G. Zoupanos: ''Unification beyond GUTs: Gauge Yukawa unification.'' In: ''Acta Physica Polonica B.'' Band 27, 1997, S. 3911–3944, {{arXiv|hep-ph/9703289}}, Vorlesungen an der Cracow School of Theoretical Physics, 1996 und der Bruno Pontecorvo School on Elementary Particle Physics, 1996.</ref> | ||
=== Weitere Beiträge === | === Weitere Beiträge === | ||
Weitere Beiträge von Oehme befassen sich mit Komplexem Drehimpuls,<ref>Zum Beispiel: Reinhard Oehme: ''High Energy Scattering and Relativistic Dispersion Theory.'' Ravenna Vorträge, in [[Eugene Wigner]] ( | Weitere Beiträge von Oehme befassen sich mit Komplexem Drehimpuls,<ref>Zum Beispiel: Reinhard Oehme: ''High Energy Scattering and Relativistic Dispersion Theory.'' Ravenna Vorträge, in [[Eugene Wigner]] (Hrsg.): ''Dispersion Relations and their Connection with Causality.'' Academic Press, New York 1964, S. 167–256.</ref> ansteigenden Wirkungsquerschnitten,<ref>Reinhard Oehme: ''Rising Cross Sections.'' In: ''Springer Tracts in Modern Physics.'' Band 61, 1972, S. 109, Vortrag gehalten im Juli 1971 am DESY, bevor ansteigende Wirkungsquerschnitte experimentell gefunden wurden.</ref> Gebrochenen Symmetrien, Stromalgebren und schwachen Wechselwirkungen<ref>Zum Beispiel: | ||
Reinhard Oehme: [http://prola.aps.org/abstract/PRL/v16/i5/p215_1 ''Current Algebras and the Suppression of Leptonic Meson Decays with DeltaS=1''.] In: ''Physical Review Letters.'' Band 16, 1966, S. 215–217.</ref> und anderem. | Reinhard Oehme: [http://prola.aps.org/abstract/PRL/v16/i5/p215_1 ''Current Algebras and the Suppression of Leptonic Meson Decays with DeltaS=1''.] In: ''Physical Review Letters.'' Band 16, 1966, S. 215–217.</ref> und anderem. | ||
== Weblinks == | == Weblinks == | ||
* | * {{Internetquelle |url=https://news.uchicago.edu/story/reinhard-oehme-theoretical-physicist-1928-2010 |titel=Reinhard Oehme, theoretical physicist, 1928–2010 |hrsg=University of Chicago |datum=2010-10-12 |abruf=2018-11-04 |sprache=en |abruf-verborgen=1}} | ||
* | * {{Literatur |Autor=Ivy Perez |Titel=Reinhard Oehme, influential theoretical physicist, dies at 82 |Sammelwerk=Chicago Maroon |Datum=2010-10-10 |Sprache=en |Online=https://www.chicagomaroon.com/article/2010/10/19/reinhard-oehme-influential-theoretical-physicist-dies-at-82/}} | ||
* {{Internetquelle |url=https://inspirehep.net/author/profile/R.Oehme.1?ln=de |titel=Oehmes Profil auf INSPIRE |abruf=2018-11-04 |abruf-verborgen=1}} | |||
* {{Internetquelle |url=http://physics.uchicago.edu/research/areas/particle_t.html#Oehme |titel=Faculty, Physics Department: Reinhard Oehme |hrsg=University of Chicago |datum=2003-02 |archiv-url=https://web.archive.org/web/20081009225941/http://physics.uchicago.edu/research/areas/particle_t.html#Oehme |archiv-datum=2008-10-09 |abruf=1970-01-01 |offline=1 |abruf-verborgen=1}} | |||
* {{Internetquelle |url=http://home.uchicago.edu/~roehme/ |titel=Seite von Oehme an der University of Chicago |datum=2002 |abruf=2018-11-02 |kommentar=mit Kommentar zu einigen seiner Arbeiten |abruf-verborgen=1}} | |||
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Reinhard Oehme (* 26. Januar 1928 in Wiesbaden; † zwischen dem 29. September und 4. Oktober 2010 in Chicago) war ein deutsch-US-amerikanischer theoretischer Physiker. Oehme war bekannt für die Entdeckung der Nicht-Erhaltung der Ladungskonjugation im Zusammenhang mit Paritätsverletzung, für die Formulierung und den Beweis von hadronischen Dispersionsrelationen, für das „Edge of the Wedge Theorem“ in der Funktionentheorie mit mehreren komplexen Variablen, die Goldberger-Miyazawa-Oehme-Summen-Regel, die Reduktion von Quantenfeldtheorien, die Oehme-Zimmermann-Superkovergenz-Relationen für Korrelationsfunktionen in Eichtheorien, und für viele andere Beiträge.
Reinhard Oehme wurde als Sohn von Reinhold Oehme und Katharina Kraus geboren. Nach dem Abitur am Rheingau-Gymnasium in Geisenheim am Rhein – der ersten Schule nahe Wiesbaden, die nach dem Krieg öffnete – begann er das Studium von Physik und Mathematik an der Frankfurter Goethe-Universität und erhielt 1948 das Diplom als Student von Erwin Madelung.[1] Danach ging er nach Göttingen an das Max-Planck-Institut für Physik als Student von Werner Heisenberg, der auch Professor an der Universität Göttingen war.[2] Anfang des Jahres 1951 wurde Oehme dann bei Heisenberg an der Universität Göttingen promoviert.[3] Im gleichen Jahr bat ihn Heisenberg, zusammen mit Carl Friedrich von Weizsäcker nach Brasilien zu reisen, und zwar im Zusammenhang mit der Gründung des „Instituto de Física Teórica“ (IFT) in São Paulo,[4] das Heisenberg, wohl im Hinblick auf die gespannte Lage in Europa, für eine mögliche Zweigstelle des Max-Planck-Institutes betrachtete. Am 5. November 1952 heiratete er in São Paulo Mafalda Pisani. Sie war als Tochter von Giacopo Pisani und Wanda d'Alfonso in Berlin geboren. Sie starb im August 2004 in Chicago. Die Ehe blieb kinderlos. Von Brasilien kam Oehme zurück auf seine Assistentenstelle am Max-Planck-Institut in Göttingen. 1954 erhielt Oehme mit Empfehlung von Heisenberg an seinen Freund Enrico Fermi ein Angebot für eine Research Associate Stelle an der University of Chicago, wo er am Institute for Nuclear Studies arbeitete. Die wesentlichen Erkenntnisse aus dieser Zeit sind unter Arbeiten beschrieben. Im Herbst des Jahres 1956 ging Oehme als ein Mitglied des Institute for Advanced Study nach Princeton,[5] und kehrte 1958 zurück an die University of Chicago als Professor im Department of Physics, sowie am Enrico Fermi Institute for Nuclear Studies. 1998 wurde er Professor Emeritus.
Im Jahr 1954 in Chicago, studierte Oehme die analytischen Eigenschaften von Streuamplituden in Quantenfeldtheorien. Dabei fand er die wesentliche Tatsache, dass Teilchen-Teilchen und Antiteilchen-Teilchen-Amplituden durch analytische Fortsetzung in der komplexen Ebene der Energievariablen miteinander verbunden sind. Diese Resultate führten dann zu seiner Arbeit mit Marvin Goldberger und Hironari Miyazawa über Dispersionsrelationen für die Streuung von Pi-Mesonen an Nukleonen, die auch die Goldberger-Miyazawa-Oehme Summenregel enthält.[9][10] Die Relationen stimmten gut überein mit den experimentellen Resultaten der Fermi-Gruppe in Chicago, der Lindenbaum-Gruppe in Brookhaven, und anderen Experimenten. Die GMO Summenregel wird oft in der Analyse des Pion-Nukleon-Systems benutzt.[11]
Oehme hat eine mehr formale Ableitung von Vorwärts-Dispersionsrelationen im Rahmen der lokalen Quantenfeldtheorie veröffentlicht.[12] Der Beweis gilt auch für Eichtheorien mit „Confinement“.[13] Um die weit reichenden Resultate der Theorie der Funktionen mit mehreren komplexen Variablen für den Beweis von Dispersionsrelationen für Amplituden mit endlicher Impulsübertragung, sowie für die allgemeinen analytischen Eigenschaften von Greenschen Funktionen ausnutzen zu können, hat Oehme ein fundamentales Theorem formuliert und bewiesen. Er nannte es „Edge of the Wedge Theorem“ („Keilkanten-Theorem“). Diese Arbeit wurde am Institute for Advanced Study in Princeton ausgeführt, in Zusammenarbeit mit Hans Joachim Bremermann und John Gerald Taylor.[14][15]
Auf der Basis von mikroskopischer Kausalität und Eigenschaften des Spektrums führt das Theorem zu einem primären Regularitätsgebiet, das dann mittels analytischer Fortsetzung vergrößert werden kann. Oehme hat diese Resultate zuerst im Wintersemester 1956/57 im Princeton University Colloquium vorgetragen. Ein davon unabhängiger, verschiedener und umfangreicher Beweis von Nicht-Vorwärts-Dispersionsrelationen wurde auch von Nikolai Nikolajewitsch Bogoljubow und Mitarbeitern veröffentlicht.[16] Das „Edge of the Wedge Theorem“ hat viele Anwendungen. Zum Beispiel kann man es benutzen, um zu zeigen, dass bei (spontaner) Verletzung der Lorentz-Invarianz, Mikrokausalität (Lokalität) und Positivität der Energie die Lorentz-Invarianz des Energie-Impuls-Spektrums sicherstellen.[17] Oehme formulierte auch Dispersionsrelationen für die Nukleon-Nukleon-Streuung in Zusammenarbeit mit Marvin Goldberger und Yoichiro Nambu.[18]
Am 7. August 1956 schrieb Oehme einen Brief[19] an Chen Ning Yang, in dem er zeigt, dass die schwachen Wechselwirkungen die Erhaltung von C (Ladungskonjugation) verletzen müssen im Fall eines positiven Resultates bei dem β-Zerfall-Polarisationsexperiment. Da die Erhaltung von P (Parität) zu denselben Bedingungen führt wie C, folgerte Oehme, dass C und P beide verletzt sein müssen, um eine entsprechende Asymmetrie zu erhalten.[20][21] In dem Brookhaven Preprint BNL 2819 ihrer Arbeit über Parität hatten Tsung-Dao Lee und Yang angenommen, dass C erhalten bleibt. Das Resultat von Oehme zeigt, dass auf dem Niveau der gewöhnlichen, schwachen Wechselwirkungen, CP die relevante Symmetrie ist, und nicht C und P individuell. Beispielsweise genügt CP um der Gleichheit der Zerfallszeiten von positiven und negativen Pi-Mesonen gerecht zu werden. Diese von Oehme gefundene Situation ist grundlegend für die späteren Experimente zu dem Problem der CP-Erhaltung, und für die Entdeckung von CP-Verletzung bei sehr viel niedrigerer Wechselwirkungsstärke durch James Cronin und Val Fitch.[22][23]
Wie oben angedeutet, ist der Brief von Oehme in dem Buch Selected Papers by C. N. Yang abgedruckt. Auf Grund des Briefes haben Lee, Oehme und Yang eine mehr ausführliche Studie über die Zusammenhänge möglicher Nichterhaltungen von P, C und T verfasst, und dabei auch Anwendungen auf den K – Anti-K – Komplex beschrieben.[24] In der Arbeit, die vor der experimentellen Entdeckung von P- und C-Nichterhaltung geschrieben wurde, wird auch die Möglichkeit der Nichterhaltung von T (Zeitumkehr) und, unter der Annahme der CPT-Erhaltung, CP erwähnt. Jedenfalls ist die Arbeit wesentlich für die Beschreibung der CP-Experimente. Die Nichterhaltung von C ist eine fundamentale Voraussetzung[25] für die Unsymmetrie von Materie und Anti-Materie im Universum.
Auf der Basis von analytischen Eigenschaften und Methoden der Renormierungsgruppe führte Oehme, in Zusammenarbeit mit Wolfhart Zimmermann, eine allgemeine Strukturanalyse von Eichfeld-Propagatoren durch.[26][27] Für Theorien bei denen die Zahl der Materiefelder (flavors) unter einer festen Grenze liegt, fand er dabei Superkonvergenz-Relationen. Diese „Oehme-Zimmermann-Relationen“ geben einen Zusammenhang von Eigenschaften der Theorie bei hohen und bei niedrigen Energien (große und kleine Abstände, asymptotische Freiheit und Confinement).[28] Die Resultate für Propagatoren sind im Wesentlichen nur abhängig von allgemeinen Prinzipien.
Als eine allgemeine Methode für die Verminderung der Anzahl von Parametern in Quantenfeldtheorien haben Oehme und Zimmermann eine Theorie der Reduktion von Kopplungen eingeführt.[29][30] Die Methode ist eine Anwendung der Renormierungsgruppe, und entsprechend allgemeiner als die Ableitung aus Symmetrien.[31][32] In manchen Fällen existieren Lösungen der Reduktionsgleichungen die nicht direkt einer neuen Symmetrie entsprechen, sondern von einer anderen charakteristischen Eigenschaft der Theorie stammen. In bestimmten mehr-Parameter-Theorien erhält man durch Reduktion supersymmetrische Theorien, und hat damit Beispiele für das Auftreten dieser Symmetrie ohne sie vorher explizit eingeführt zu haben. Die Reduktionsmethode hat viele Anwendungen, theoretische,[33] wie auch phänomenologische[34]
Weitere Beiträge von Oehme befassen sich mit Komplexem Drehimpuls,[35] ansteigenden Wirkungsquerschnitten,[36] Gebrochenen Symmetrien, Stromalgebren und schwachen Wechselwirkungen[37] und anderem.
Personendaten | |
---|---|
NAME | Oehme, Reinhard |
KURZBESCHREIBUNG | deutsch-US-amerikanischer theoretischer Physiker |
GEBURTSDATUM | 26. Januar 1928 |
GEBURTSORT | Wiesbaden |
STERBEDATUM | zwischen 29. September 2010 und 4. Oktober 2010 |
STERBEORT | Chicago |