Fraunhoferlinie: Unterschied zwischen den Versionen

Fraunhoferlinie: Unterschied zwischen den Versionen

imported>Regi51
K (Änderungen von 195.14.197.78 (Diskussion) rückgängig gemacht (HG) (3.3.2))
 
imported>Horst Gräbner
K (Grammatik)
 
Zeile 1: Zeile 1:
Die '''Fraunhoferlinien''' oder '''Fraunhofer’schen Linien''' sind [[Absorptionslinie]]n im [[Sonnenspektrum|Spektrum der Sonne]]. Sie entstehen durch [[Resonanzabsorption]] der Gase in der Sonnen-[[Photosphäre]]. Die Fraunhoferlinien erlauben Rückschlüsse auf die chemische Zusammensetzung und Temperatur der Gasatmosphäre der Sonne und von Sternen.
Die '''Fraunhoferlinien''' oder '''Fraunhofer’schen Linien''' sind [[Absorptionslinie]]n im [[Sonnenspektrum|Spektrum der Sonne]]. Sie entstehen durch [[Resonanzabsorption]] der Gase in der Sonnen-[[Photosphäre]]. Die Fraunhoferlinien erlauben Rückschlüsse auf die chemische Zusammensetzung und Temperatur der Gasatmosphäre der Sonne und anderer Sternen.


[[file:Fraunhofer lines DE.svg|thumb|upright=2|Die wichtigsten Fraunhoferlinien im sichtbaren Bereich des elektromagnetischen Spektrums]]
[[file:Fraunhofer lines DE.svg|mini|hochkant=2|Die wichtigsten Fraunhoferlinien im sichtbaren Bereich des elektromagnetischen Spektrums]]
[[File:FraunhoferLinesDiagram.jpg|thumb|[[Echellegitter]]-Spektrum der Sonne mit Fraunhoferlinien]]
[[Datei:FraunhoferLinesDiagram.jpg|mini|[[Echellegitter]]-Spektrum der Sonne mit Fraunhoferlinien]]


== Entdeckung ==
== Entdeckung ==
Der englische Chemiker [[William Hyde Wollaston]] war 1802 der erste Beobachter von dunklen Linien im Sonnenspektrum. Diese wurden jedoch unabhängig von ihm 1814 vom [[München]]er [[Optik]]er [[Joseph von Fraunhofer]] neuentdeckt<ref>{{Literatur | Autor=Joseph Fraunhofer | Titel=Bestimmung des Brechungs- und des Farbenzerstreungs-Vermögens verschiedener Glasarten, in Bezug auf die Vervollkommnung achromatischer Fernröhre | Sammelwerk=Annalen der Physik | Band=56 | Nummer=7 | Jahr=1817 | Seiten=264–313 | DOI=10.1002/andp.18170560706}}</ref>, welcher sie daraufhin systematisch studierte und durch sorgfältige Messungen deren Wellenlängen bestimmte. Insgesamt verzeichnete er über 570 Linien, wobei er die markanten unter ihnen mit den Buchstaben A bis K versah.<ref>Francis A. Jenkins, Harvey E. White: ''Fundamentals of Optics.'' 4. Ausgabe. McGraw-Hill, 1981, ISBN 0-07-256191-2, S. 18.</ref> Die weniger stark ausgeprägten Linien erhielten andere Buchstaben.
Der englische Chemiker [[William Hyde Wollaston]] war 1802 der erste Beobachter von dunklen Linien im Sonnenspektrum. Diese wurden jedoch unabhängig von ihm 1814 vom [[München]]er [[Optik]]er [[Joseph von Fraunhofer]] neuentdeckt<ref>{{Literatur | Autor=Joseph Fraunhofer | Titel=Bestimmung des Brechungs- und des Farbenzerstreungs-Vermögens verschiedener Glasarten, in Bezug auf die Vervollkommnung achromatischer Fernröhre | Sammelwerk=Annalen der Physik | Band=56 | Nummer=7 | Jahr=1817 | Seiten=264–313 | DOI=10.1002/andp.18170560706}}</ref>, welcher sie daraufhin systematisch studierte und durch sorgfältige Messungen deren Wellenlängen bestimmte. Insgesamt verzeichnete er über 570 Linien, wobei er die markanten unter ihnen mit den Buchstaben A bis K (von langen hin zu kurzen Wellenlängen; jedoch ohne I und J) versah.<ref>Francis A. Jenkins, Harvey E. White: ''Fundamentals of Optics.'' 4. Ausgabe. McGraw-Hill, 1981, ISBN 0-07-256191-2, S. 18.</ref> Die weniger stark ausgeprägten Linien erhielten andere Buchstaben.


Später entdeckten [[Gustav Robert Kirchhoff]] und [[Robert Bunsen]], dass jedes [[Chemisches Element|chemische Element]] mit einer spezifischen Anzahl und Anordnung von Spektrallinien assoziiert war. Sie schlossen hieraus, dass die von Wollaston und Fraunhofer beobachteten Linien den Absorptionseigenschaften dieser Elemente in den oberen Schichten der Sonne geschuldet waren und diese daher auch in der [[Photosphäre]] vorliegen mussten. Einige der Linien werden jedoch auch durch die Bestandteile der Erdatmosphäre hervorgerufen.
Später entdeckten [[Gustav Robert Kirchhoff]] und [[Robert Bunsen]], dass jedes [[Chemisches Element|chemische Element]] mit einer spezifischen Anzahl und Anordnung von Spektrallinien assoziiert war. Sie schlossen hieraus, dass die von Wollaston und Fraunhofer beobachteten Linien den Absorptionseigenschaften dieser Elemente in den oberen Schichten der Sonne geschuldet waren und diese daher auch in der [[Photosphäre]] vorliegen mussten. Einige der Linien werden jedoch auch durch die Bestandteile der Erdatmosphäre hervorgerufen.
Zeile 137: Zeile 137:
Bei der spektroskopischen Temperaturbestimmung lässt sich aus der Intensitätsverteilung des Spektrums und mit Hilfe der [[Boltzmannverteilung]] die Oberflächentemperatur ermitteln. Sind beispielsweise die [[Balmer-Serie|Balmerlinien]] im [[Sonnenstrahlung|Spektrum der Sonne]] als Fraunhoferlinien zu beobachten, so muss die Temperatur so hoch sein, dass bei einem Teil der Wasserstoffatome der erste angeregte Zustand (n&nbsp;=&nbsp;2) besetzt ist. Beispielsweise ist bei der Sonne mit 6000&nbsp;K Oberflächentemperatur jedes hundertmillionste Wasserstoffatom im ersten [[Angeregter Zustand|angeregten Zustand]].
Bei der spektroskopischen Temperaturbestimmung lässt sich aus der Intensitätsverteilung des Spektrums und mit Hilfe der [[Boltzmannverteilung]] die Oberflächentemperatur ermitteln. Sind beispielsweise die [[Balmer-Serie|Balmerlinien]] im [[Sonnenstrahlung|Spektrum der Sonne]] als Fraunhoferlinien zu beobachten, so muss die Temperatur so hoch sein, dass bei einem Teil der Wasserstoffatome der erste angeregte Zustand (n&nbsp;=&nbsp;2) besetzt ist. Beispielsweise ist bei der Sonne mit 6000&nbsp;K Oberflächentemperatur jedes hundertmillionste Wasserstoffatom im ersten [[Angeregter Zustand|angeregten Zustand]].


Die ersten Hinweise auf das chemische Element [[Helium]] waren 1868 seine Absorptionslinien im Spektrum des Sonnenlichts. In der Astronomie werden Fraunhoferlinien genutzt, um die Zusammensetzung von Sternen zu bestimmen.
Hinweise auf das Element [[Helium]] erhielt man zum ersten Mal aufgrund einer hellen gelben [[Spektrallinie]] bei einer Wellenlänge von 587,49 Nanometern im Spektrum der [[Chromosphäre]] der Sonne. Diese Beobachtung machte der französische Astronom [[Jules Janssen]] in Indien während der totalen Sonnenfinsternis vom 18. August 1868. Als er seine Entdeckung bekannt machte, wollte ihm zunächst niemand glauben, da bislang noch nie ein neues Element im Weltall gefunden wurde, bevor der Nachweis auf der Erde geführt werden konnte. Am 20. Oktober desselben Jahres bestätigte der Engländer [[Joseph Norman Lockyer|Norman Lockyer]], dass die gelbe Linie tatsächlich im Sonnenspektrum vorhanden ist und schloss daraus, dass sie von einem bislang unbekannten Element verursacht wurde.<ref>{{Literatur |Autor=Dietrich Lemke |Titel=Helium Sonnenelement auf dem Urknall Teil 1: Die Entdeckung des Heliums |Hrsg=Prof. Dr. Matthias Bartelmann |Sammelwerk=Sterne und Weltraum |Nummer=1{{!}}2020 |Verlag=Spektrum der Wissenschaft |Ort=Heidelberg |Datum=2020-01 |ISSN=0039-1263 |Seiten=41ff}}</ref>


== Sonstiges ==
== Sonstiges ==
Die Fraunhofer C-, F-, G'- und h-Linien stimmen mit den alpha-, beta-, gamma- und delta-Linien der [[Balmer-Serie]] eines Wasserstoffatoms überein.
Die Fraunhofer C-, F-, G'- und h-Linien stimmen mit den alpha-, beta-, gamma- und delta-Linien der [[Balmer-Serie]] eines Wasserstoffatoms überein.


Die Linien A, B, a, Y und Z sind nicht solaren, sondern terrestrischen Ursprungs, das heißt: Sie entstehen durch Absorption in der [[Erdatmosphäre]].
Die Linien A, B, a, Y und Z sind nicht solaren, sondern terrestrischen Ursprungs, das heißt, sie entstehen durch Absorption in der [[Erdatmosphäre]].


== Einzelnachweise ==
== Einzelnachweise ==
Zeile 150: Zeile 150:
{{Commons|Fraunhofer lines|Fraunhoferlinie}}
{{Commons|Fraunhofer lines|Fraunhoferlinie}}
{{Wiktionary}}
{{Wiktionary}}
* astronews.com: [https://www.astronews.com/news/artikel/2017/11/1711-028.shtml Der Barcode der Sterne] 29. November 2017
* Terra X: [https://www.zdf.de/dokumentation/terra-x/lesch-und-co-fraunhofers-spektrallinien-102.html Video] 26. Februar 2020


[[Kategorie:Sonne als Stern]]
[[Kategorie:Sonne als Stern]]
[[Kategorie:Elektromagnetisches Spektrum]]
[[Kategorie:Elektromagnetisches Spektrum]]
[[Kategorie:Joseph von Fraunhofer]]
[[Kategorie:Joseph von Fraunhofer]]

Aktuelle Version vom 30. Oktober 2021, 15:29 Uhr

Die Fraunhoferlinien oder Fraunhofer’schen Linien sind Absorptionslinien im Spektrum der Sonne. Sie entstehen durch Resonanzabsorption der Gase in der Sonnen-Photosphäre. Die Fraunhoferlinien erlauben Rückschlüsse auf die chemische Zusammensetzung und Temperatur der Gasatmosphäre der Sonne und anderer Sternen.

Die wichtigsten Fraunhoferlinien im sichtbaren Bereich des elektromagnetischen Spektrums
Echellegitter-Spektrum der Sonne mit Fraunhoferlinien

Entdeckung

Der englische Chemiker William Hyde Wollaston war 1802 der erste Beobachter von dunklen Linien im Sonnenspektrum. Diese wurden jedoch unabhängig von ihm 1814 vom Münchener Optiker Joseph von Fraunhofer neuentdeckt[1], welcher sie daraufhin systematisch studierte und durch sorgfältige Messungen deren Wellenlängen bestimmte. Insgesamt verzeichnete er über 570 Linien, wobei er die markanten unter ihnen mit den Buchstaben A bis K (von langen hin zu kurzen Wellenlängen; jedoch ohne I und J) versah.[2] Die weniger stark ausgeprägten Linien erhielten andere Buchstaben.

Später entdeckten Gustav Robert Kirchhoff und Robert Bunsen, dass jedes chemische Element mit einer spezifischen Anzahl und Anordnung von Spektrallinien assoziiert war. Sie schlossen hieraus, dass die von Wollaston und Fraunhofer beobachteten Linien den Absorptionseigenschaften dieser Elemente in den oberen Schichten der Sonne geschuldet waren und diese daher auch in der Photosphäre vorliegen mussten. Einige der Linien werden jedoch auch durch die Bestandteile der Erdatmosphäre hervorgerufen.

Die wichtigsten Fraunhoferlinien
Symbol Element Wellenlänge in nm Symbol Element Wellenlänge in nm
y O2 898,765 c Fe 495,761
Z O2 822,696 F H β 486,134
A O2 759,370 d Fe 466,814
B O2 686,719 e Fe 438,355
C H α 656,281 G' H γ 434,047
a O2 627,661 G Fe 430,790
D1 Na 589,594 G Ca 430,774
D2 Na 588,997 h H δ 410,175
D3 oder d He 587,562 H Ca+ 396,847
e Hg 546,073 K Ca+ 393,368
E2 Fe 527,039 L Fe 382,044
b1 Mg 518,362 N Fe 358,121
b2 Mg 517,270 P Ti+ 336,112
b3 Fe 516,891 T Fe 302,108
b4 Fe 516,751 t Ni 299,444
b4 Mg 516,733

Anwendung

Aufgrund ihrer bekannten Wellenlängen werden die Fraunhoferlinien oft zur Bestimmung des Brechungsindex und der Dispersion von optischen Materialien genutzt.

Bei der spektroskopischen Temperaturbestimmung lässt sich aus der Intensitätsverteilung des Spektrums und mit Hilfe der Boltzmannverteilung die Oberflächentemperatur ermitteln. Sind beispielsweise die Balmerlinien im Spektrum der Sonne als Fraunhoferlinien zu beobachten, so muss die Temperatur so hoch sein, dass bei einem Teil der Wasserstoffatome der erste angeregte Zustand (n = 2) besetzt ist. Beispielsweise ist bei der Sonne mit 6000 K Oberflächentemperatur jedes hundertmillionste Wasserstoffatom im ersten angeregten Zustand.

Hinweise auf das Element Helium erhielt man zum ersten Mal aufgrund einer hellen gelben Spektrallinie bei einer Wellenlänge von 587,49 Nanometern im Spektrum der Chromosphäre der Sonne. Diese Beobachtung machte der französische Astronom Jules Janssen in Indien während der totalen Sonnenfinsternis vom 18. August 1868. Als er seine Entdeckung bekannt machte, wollte ihm zunächst niemand glauben, da bislang noch nie ein neues Element im Weltall gefunden wurde, bevor der Nachweis auf der Erde geführt werden konnte. Am 20. Oktober desselben Jahres bestätigte der Engländer Norman Lockyer, dass die gelbe Linie tatsächlich im Sonnenspektrum vorhanden ist und schloss daraus, dass sie von einem bislang unbekannten Element verursacht wurde.[3]

Sonstiges

Die Fraunhofer C-, F-, G'- und h-Linien stimmen mit den alpha-, beta-, gamma- und delta-Linien der Balmer-Serie eines Wasserstoffatoms überein.

Die Linien A, B, a, Y und Z sind nicht solaren, sondern terrestrischen Ursprungs, das heißt, sie entstehen durch Absorption in der Erdatmosphäre.

Einzelnachweise

  1. Joseph Fraunhofer: Bestimmung des Brechungs- und des Farbenzerstreungs-Vermögens verschiedener Glasarten, in Bezug auf die Vervollkommnung achromatischer Fernröhre. In: Annalen der Physik. Band 56, Nr. 7, 1817, S. 264–313, doi:10.1002/andp.18170560706.
  2. Francis A. Jenkins, Harvey E. White: Fundamentals of Optics. 4. Ausgabe. McGraw-Hill, 1981, ISBN 0-07-256191-2, S. 18.
  3. Dietrich Lemke: Helium Sonnenelement auf dem Urknall Teil 1: Die Entdeckung des Heliums. In: Prof. Dr. Matthias Bartelmann (Hrsg.): Sterne und Weltraum. Nr. 1|2020. Spektrum der Wissenschaft, Januar 2020, ISSN 0039-1263, S. 41 ff.

Weblinks

Commons: Fraunhoferlinie – Album mit Bildern, Videos und Audiodateien
Wiktionary: Fraunhoferlinie – Bedeutungserklärungen, Wortherkunft, Synonyme, Übersetzungen