Ein Atominterferometer ist ein Interferometer, das die Wellen-Eigenschaften von Atomen nutzt. Mit Atominterferometern können fundamentale Konstanten wie die Gravitationskonstante mit hoher Genauigkeit ermittelt werden, möglicherweise aber auch Phänomene wie Gravitationswellen untersucht werden.[1]
Interferometrie basiert auf Wellen-Eigenschaften. Wie von Louis de Broglie in seiner Dissertation postuliert wurde, können sich Teilchen, also auch Atome, wie Wellen verhalten (sogenannter Welle-Teilchen-Dualismus) – das ist ein zentrales Prinzip der Quantenmechanik. Wenn in Experimenten eine sehr hohe Genauigkeit gefordert ist, werden zunehmend Atominterferometer verwendet, da Atome eine sehr kleine De-Broglie-Wellenlänge aufweisen. Einige Experimente verwenden inzwischen sogar Moleküle, um noch kleinere Wellenlängen zu erreichen und nach den Grenzen der Gültigkeit der Quantenmechanik zu suchen.[2] In vielen Experimenten mit Atomen werden die Rollen von Materie und Licht im Vergleich zu Laser-basierten Interferometern vertauscht; Anstelle von Licht interferiert die Materie. Die Kontrolle der Quantenzustände der interferierenden Atome erfolgt über Laserstrahlung. Die Wirkung dieser Laserstrahlen entspricht z. B. den Spiegeln und Strahlteilern bei einem optischen Interferometer.
Die Verwendung von Atomen ermöglicht es, höhere Frequenzen (und damit Genauigkeiten) zu nutzen als bei Licht, gleichzeitig sind Atome aber auch stärker der Schwerkraft ausgesetzt. In einigen Vorrichtungen werden die Atome nach oben ausgestoßen und die Interferometrie erfolgt während sich die Atome im Flug oder im freien Fall befinden. In anderen Experimenten werden zusätzliche Kräfte aufgebracht um die Gravitationskräfte zu kompensieren. Diese geführten Systeme erlauben prinzipiell unbegrenzt lange Messzeiten, ihre Kohärenz wird aber immer noch diskutiert. Neuere theoretische Untersuchungen lassen darauf schließen, dass die Kohärenz in geführten Systemen erhalten bleibt, dieses ist aber noch experimentell zu bestätigen.
Die ersten Atominterferometer verwendeten Schlitze oder Drähte als Strahlteiler und Spiegel. Spätere Systeme, insbesondere die geführten, verwendeten Lichtkräfte für die Aufteilung und Reflexion der Materiewelle.[3]
Gruppe | Jahr | Atomarten | Methode | Gemessene(r) Effekt(e) |
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Pritchard | 1991 | Na, Na2 | nanostrukturiertes Beugungsgitter | Polarisierbarkeit, Brechungsindex |
Clauser | 1994 | K | Talbot-Lau-Interferometer (nutzt den Talbot-Effekt) | |
Zeilinger | 1995 | Ar | Beugungsgitter aus stehenden Lichtwellen | |
Sterr (PTB) | Ramsey-Bordé | Polarisierbarkeit, Aharonov-Bohm-Effekt: exp/theo $ 0{,}99\pm 0{,}022 $, Sagnac $ 0{,}3\ \mathrm {rad/s{\sqrt {Hz}}} $ | ||
Kasevich, Chu | Doppler-Effekt bei fallenden Atomen | Gravimeter: $ 3\cdot 10^{-10} $ Rotation: $ 2\cdot 10^{-8}\ \mathrm {/s/{\sqrt {Hz}}} $, Feinstrukturkonstante: $ \alpha \pm 1{,}5\cdot 10^{-9} $ |
Die Trennung von Materiewellen kompletter Atome wurde 1929 das erste Mal beobachtet von Estermann und Stern als Wasserstoff und Helium-Strahlen an einer Oberfläche von Natriumchlorid gebeugt wurden.[4] Die ersten berichteten modernen Atominterferometer waren 1991 ein Doppelspaltexperiment nach Young mit metastabilen Helium-Atomen und einem mikrostrukturierten Doppelspalt von Carnal and Mlynek[5] und ein Interferometer mit drei mikrostrukturierten Beugungsgittern und Natrium-Atomen in der Gruppe um Pritchard beim MIT.[6] Kurz danach wurde bei der Physikalisch-Technischen Bundesanstalt (PTB) festgestellt, dass ein optisches Ramsey-Spektrometer, welches üblicherweise in Atomuhren verwendet wird, auch als Atominterferometer verwendet werden kann.[7] Die größte räumliche Trennung zwischen Paketen von Partialwellen wurde erzielt mittels Laserkühlung und stimulierten Raman-Übergängen durch Chu und Mitarbeiter in Stanford.[8]