Asteroid (90377) Sedna | |
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Eigenschaften des Orbits (Animation) Epoche: 4. September 2017 (JD 2.458.000,5)
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Orbittyp | Transneptunisches Objekt |
Asteroidenfamilie | nicht bekannt |
Große Halbachse | ca. 488 AE |
Exzentrizität | 0,844 |
Perihel – Aphel | 76,05 AE – ca. 899,5 AE |
Neigung der Bahnebene | 11,9° |
Länge des aufsteigenden Knotens | 144,5° |
Argument der Periapsis | 311,6° |
Siderische Umlaufzeit | ca. 10.770 ± 20 a |
Mittlere Orbitalgeschwindigkeit | 1,036 [1] km/s |
Physikalische Eigenschaften | |
Mittlerer Durchmesser | 995 ± 80 km [2] |
Albedo | 0,32 ± 0,06 [2] |
Rotationsperiode | ca. 10 h |
Absolute Helligkeit | 1,5 ± 0,3 mag |
Geschichte | |
Entdecker | Michael E. Brown Chadwick A. Trujillo David L. Rabinowitz |
Datum der Entdeckung | 14. November 2003 |
Andere Bezeichnung | 2003 VB12 |
Quelle: Wenn nicht einzeln anders angegeben, stammen die Daten von JPL Small-Body Database Browser. Bitte auch den Hinweis zu Asteroidenartikeln beachten. |
(90377) Sedna ist ein großes transneptunisches Objekt jenseits des Kuipergürtels und gehört aufgrund seiner Größe und Masse höchstwahrscheinlich zu den Zwergplaneten. Aufgrund des Perihels von 76 Astronomischen Einheiten (AE) kann es kein von Neptun gestreutes Objekt des Kuipergürtels (KBO) sein und wird von Mike Brown in die neue Klasse der „Distant detached objects“ (DDOs) zugehörig eingeordnet.
Entdeckt wurde Sedna am 14. November 2003 von Mike Brown (California Institute of Technology), Chad Trujillo (Gemini-Observatorium) und David Rabinowitz (Yale-Universität) mit dem 1,2-m-Schmidt-Teleskop am Mount Palomar Observatorium. Weitere Untersuchungen wurden mit dem Spitzer-Weltraumteleskop und dem Hubble-Weltraumteleskop durchgeführt. Am 15. März 2004 wurde die Entdeckung veröffentlicht. Nachträglich wurde Sedna auf älteren Aufnahmen bis zurück ins Jahr 1990 gefunden, wodurch relativ genaue Bahndaten berechnet werden konnten. Im Oktober 2017 lagen insgesamt 196 Beobachtungen über einen Zeitraum von 25 Jahren vor.[3]
Wegen seines kalten und entfernten Wesens benannten die Entdecker das Objekt nach Sedna, der Meeresgöttin der Inuit, die der Sage nach in den kalten Tiefen des Atlantischen Ozeans lebt. Bei seiner Entdeckung erhielt es die vorläufige Bezeichnung 2003 VB12.
Wie alle anderen transneptunischen Objekte außer Pluto besitzt Sedna kein offizielles oder allgemein verwendetes astronomisches Symbol. Im Internet kursierende Sednasymbole (z. B. Datei:Sedna symbol proposal 1.png oder Datei:Sedna symbol proposal.png) sind Entwürfe von Privatpersonen. Eine offizielle Symbolzuweisung ist nicht zu erwarten, da astronomische Symbole in der modernen Astronomie nur noch eine untergeordnete Rolle spielen.
Sedna umrundet die Sonne auf einer prograden, hochgradig elliptischen Umlaufbahn zwischen 76,05 Astronomischen Einheiten (AE) und etwa 900 AE Abstand zu deren Zentrum. Die Bahnexzentrizität beträgt 0,844, die Bahn ist 11,9° gegenüber der Ekliptik geneigt.
Die derzeitige Entfernung zur Sonne beträgt 85,33 AE (knapp 12,8 Milliarden Kilometer).[4] Dies entspricht in etwa der dreifachen Entfernung des Neptun (des äußersten Planeten) zur Sonne. Das Sonnenlicht benötigt für diese Strecke 11 Stunden und 49 Minuten. Sedna wird ihr Perihel im September 2076 erreichen.
Im Aphel ist Sedna etwa 18¼-mal weiter von der Sonne entfernt als Pluto an seinem äußersten Punkt. Dies entspricht 0,0142 Lichtjahren. Damit benötigt das Sonnenlicht etwa 5 Tage und 5 Stunden, um zu Sedna zu gelangen, wenn sie im Aphel ist, während es am sonnennächsten Punkt „nur“ etwa 10½ Stunden sind. Man müsste Sednas Apheldistanz über 300-mal zurücklegen, um zum nächsten Sternsystem Alpha Centauri zu gelangen.
Die Apheldistanz ist außergewöhnlich groß, jedoch wird Sedna in dieser Hinsicht von dem erheblich kleineren neptunbahnkreuzenden Objekt (308933) 2006 SQ372 übertroffen.
Die Umlaufzeit von Sedna beträgt rund 10.770 Jahre.
Das Objekt gehört aufgrund der extremen Bahnelemente nicht mehr zum Kuipergürtel, andererseits ist es von der Sonne nur ein Zehntel so weit entfernt wie die angenommene Oortsche Wolke. Auch wenn die genaue Einordnung noch unklar ist, gehört Sedna auf jeden Fall einer ganz neuen Klasse von Objekten an (siehe unten).
Objekt | Umlaufzeit T (Jahre) |
Halbachse a (AU) |
Perihel q (AU) |
Aphel Q (AU) |
Exzentrizität e |
Argument der Periapsis ω (°) |
Inklination i (°) |
Länge des aufst. Knotens Ω (°) |
Perihellänge ϖ=ω+Ω (°) |
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(90377) Sedna | 11.161 | 499,43 | 76,04 | 922,82 | 0,85 | 311,5 | 11,9 | 144,5 | 96,0 |
(474640) 2004 VN112 | 5.663 | 317,71 | 47,32 | 587,98 | 0,85 | 327,1 | 25,6 | 66,0 | 33,2 |
2007 TG422 | 10.630 | 483,47 | 35,57 | 931,36 | 0,93 | 285,7 | 18,6 | 112,9 | 38,6 |
2010 GB174 | 7.109 | 369,73 | 48,76 | 690,71 | 0,87 | 347,8 | 21,5 | 130,6 | 118,3 |
2012 VP113 | 4.111 | 256,64 | 80,49 | 432,78 | 0,69 | 293,8 | 24,1 | 90,8 | 24,4 |
2013 FT28 | 5.460 | 310,07 | 43,60 | 576,55 | 0,86 | 40,2 | 17,3 | 217,8 | 258,0 |
2013 RF98 | 5.862 | 348,62 | 36,09 | 661,15 | 0,90 | 311,8 | 29,6 | 67,6 | 24,1 |
2013 SY99 | 17.691 | 678,96 | 49,91 | 1308,91 | 0,93 | 32,4 | 4,2 | 29,5 | 61,9 |
2014 FE72 | 100.051 | 2155,17 | 36,31 | 4274,03 | 0,98 | 134,4 | 20,6 | 336,8 | 111,2 |
2014 SR349 | 4.913 | 289,00 | 47,57 | 530,42 | 0,84 | 341,3 | 18,0 | 34,8 | 16,1 |
Nach gegenwärtigen Schätzungen (Stand 2012) hat Sedna einen Durchmesser von 995 km.[2] Zuvor wurde von wesentlich größeren Durchmessern von 1400 bis zu 1700 km ausgegangen. Da Sedna jedoch offenbar ein größeres Rückstrahlvermögen hat als ursprünglich angenommen, hat sich dieser Wert stark nach unten korrigiert. Damit ist Sedna etwas größer als der größte Körper im Hauptgürtel, der Zwergplanet Ceres.
Sedna rotiert in rund 10 Stunden einmal um ihre Achse.
Sedna hat eine stark rötliche Färbung, die jener des viel sonnennäheren Zentauren Pholus oder des Planeten Mars ähnelt. Die Ursache dieser Färbung ist bisher ungeklärt, sie weicht deutlich von der meist kohligen Farbe der bisher entdeckten Transneptune ab.
Die Oberflächentemperatur dürfte aufgrund dieser großen Distanz zur Sonne bei lediglich 30 K (−243 °C) liegen. Die scheinbare Helligkeit von Sedna beträgt im Perihel 20,4m.[3]
In den Medien wurde Sedna vielfach als der 10. Planet unseres Sonnensystems bezeichnet – eine Aussage, die jedoch von Seite der Wissenschaft wenig Unterstützung fand. Astronomen sahen in Sedna wegen ihrer relativ geringen Größe und der hohen Bahnexzentrizität keinen „echten“ Planeten.
Bevor es eine offizielle und allgemein anerkannte Planetendefinition gab, war die Frage, wann ein Objekt als Planet zu bezeichnen ist, nicht eindeutig geklärt. Ginge man nur von der Größe des Objektes aus, so hätte das am 29. Juli 2005 bekanntgegebene Objekt Eris, dessen Durchmesser auf 2326 km geschätzt wird, in jedem Fall als 10. Planet gelten müssen, vorausgesetzt, Pluto hätte seinen Status beibehalten. Wird als Maßstab eine stabile Umlaufbahn angesetzt, so unterscheiden sich Pluto und alle anderen Objekte hier erheblich von den anderen Planeten durch ihre stark exzentrische Umlaufbahn.
Die offizielle Definition benutzt eine dritte Möglichkeit, indem sie festlegt, dass ein Objekt nur dann ein Planet ist, wenn es durch seine Anziehungskraft seine Umlaufbahn bereits von anderen Objekten gesäubert hat. Dies trifft auf keines der seit 1846 entdeckten Objekte zu, wodurch diesen der Planetenstatus aberkannt beziehungsweise verwehrt wurde. Stattdessen sind Objekte, die diese Bedingung nicht erfüllen, jetzt als die neue Klasse der Zwergplaneten definiert.
Es war eine Grundsatzfrage, ob das Sonnensystem 8 oder 10 (und gegebenenfalls noch mehr) Planeten hat. Eine Kommission der Internationalen Astronomischen Union veröffentlichte am 16. August 2006 vorab eine Definition für einen Planeten, nach der Sedna als „Planetenkandidat“ eingestuft wurde. Die Abstimmung am 24. August ergab für Sedna jedoch höchstens eine mögliche Einstufung als Zwergplanet. Bis zu einer offiziellen Festlegung durch die IAU gilt Sedna als Zwergplanetenkandidat.
Als das entfernteste bekannte große Objekt des Sonnensystems, noch dazu auf einer unerwarteten Bahn, regt Sedna zu Spekulationen an – viel mehr als andere Kleinplaneten. Die große Entfernung zur Sonne etwa wirft Fragen nach Alternativen zu bisherigen Entstehungsmodellen auf. So liefert das derzeitige Modell zur Planetenentstehung (Zusammenballung von Planetesimalen) bereits für reguläre Objekte des Kuipergürtels aufgrund der geringen Dichte des protoplanetaren Materials eine Entstehungsdauer, die um mehr als eine Zehnerpotenz länger ist (mehrere 100 Millionen Jahre) als die Lebensdauer der protoplanetaren Scheibe (weniger als 10 Millionen Jahre). Zur Erklärung dieser und anderer bislang unverstandener Fakten gibt es verschiedene Hypothesen, die zu beurteilen es jedoch noch weiterer Forschung bedarf.
Die drei Entdecker äußern die Vermutung, Sedna gehöre zu einer „Inneren Oortschen Wolke“. Diese könnte sich aus der ursprünglichen Oortschen Wolke durch eine Störung von außen gebildet haben. In Frage kommt dafür zum Beispiel eine frühere, enge Begegnung des Sonnensystems mit einem nahen Stern. Die ungewöhnlich exzentrische Bahn könnte aber auch von Störungen durch einen größeren Körper unseres Sonnensystems weiter außen herrühren (Planet Neun). Dann wäre Sedna ein nach außen gestreutes Objekt des Kuipergürtels.
Zunächst wurde beobachtet, dass sich das von Sedna reflektierte Sonnenlicht periodisch alle 40 Tage ändert, woraus auf eine gleich lange Rotationsperiode geschlossen wurde. Für einen Kleinplaneten wäre dies eine außergewöhnlich langsame Rotation, was die Frage nach bremsenden Effekten erhebt. Eine Erklärungsmöglichkeit wären Gezeitenkräfte durch einen oder mehrere große Monde. Die Beispiele von Venus und Merkur zeigen zwar, dass eine langsame Rotation ohne Mond vorkommen kann. Merkur wurde allerdings durch die Gezeitenkräfte der Sonne auf eine 3:2-Resonanz mit seiner Umlaufzeit abgebremst.
Am 14. April 2004 veröffentlichte die NASA neue Bilder des Hubble-Weltraumteleskops, auf denen laut Untersuchung kein Begleiter zu erkennen ist. Ein Mond in der erforderlichen Größe müsste erkannt worden sein, es sei denn, er hätte bei der Aufnahme unmittelbar vor oder hinter Sedna gestanden. Zudem konnte aus den Beobachtungen mit Hubble die Rotationsperiode Sednas nicht exakt abgeleitet werden.
Von Oktober 2004 bis Januar 2005 führte eine Gruppe des Harvard-Smithsonian Center for Astrophysics um Scott Gaudi eine Beobachtungskampagne durch, die die Ergebnisse von Brown et al. nicht bestätigen konnte. Diese Gruppe ermittelte Rotationsperioden von 10 beziehungsweise 18 Stunden, die zur Erklärung keinen bremsenden Effekt eines Mondes benötigen. Durch diese Messungen können Rotationsperioden von über 10 Tagen ausgeschlossen werden. Nach einer Vermutung von Gaudi könnte die ursprünglich gemessene Periode von 40 Tagen durch Hintergrundgalaxien vorgetäuscht worden sein – es werden jedoch noch weitere Beobachtungen benötigt, um die genaue Rotationsperiode exakt bestimmen zu können.