Boltzmann-Faktor

Boltzmann-Faktor

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Der Boltzmann-Faktor exp(EkBT)
mit

(kBT ist die thermische Energie)

spielt eine zentrale Rolle in der theoretischen Thermodynamik (statistische Physik). Er tritt auf im Kontext eines Systems in Kontakt mit einem Wärmebad (kanonisches Ensemble).

So besagt die Boltzmann-Statistik, dass die Wahrscheinlichkeit W, einen Zustand der Energie E mit einem Teilchen besetzt zu finden, proportional ist zum Boltzmann-Faktor:

W(E)eEkBT.

Innerhalb eines gegebenen Energieintervalls befinden sich evtl. mehrere Zustände, sodass die Wahrscheinlichkeit, ein Teilchen bei dieser Energie zu beobachten, durch das Produkt des Boltzmannfaktors, der Energiezustandsdichte D(E) und der Breite des Energieintervalls gegeben ist:

W(E)=D(E)ΔEeEkBT

Der Boltzmann-Faktor wird aus rein statistischen Betrachtungen hergeleitet und ist unabhängig von den Wechselwirkungen innerhalb des thermodynamischen Systems.

Die Rolle des Wärmebads

Die Exponentialfunktion des Boltzmann-Faktors hat ihren Ursprung in einer Eigenschaft des Wärmebads. Die mikrokanonische Zustandssumme eines Wärmebads konstanter Temperatur T erfüllt die Gleichung

Z(E+ΔE,T)=Z(E,T)eβΔE.

Ein Beispiel dafür ist die Zustandssumme des idealen Gases. Die Energie ΔE kann nur aus dem an das Wärmebad gekoppelten System stammen, und dies führt auf den Boltzmann-Faktor.

Die Exponentialfunktion in der Wärmebad-Zustandssumme ist generisch und hat eine anschauliche Begründung. Ein Wärmebad ist per Definition beliebig groß und ändert sich bei Hinzufügen einer endlichen Energiemenge ΔE daher nicht. Insbesondere hat es konstante Temperatur. Entsprechend ändert sich seine Zustandssumme bei jedem weiteren Hinzufügen einer Energiemenge ΔE um denselben Faktor eβΔE, was nur bei einer Exponentialfunktion gegeben ist. Formal folgt die Wärmebad-Zustandssumme auch aus der Definition

dlnZ/dE=β

der Temperatur des mikrokanonischen Ensembles. Wenn das Wärmebad hinreichend groß ist, ist β=1/kBT konstant und das Integral liefert eine Exponentialfunktion.

Anwendungsbeispiele

Barometrische Höhenformel

Die potentielle Energie eines Gasmoleküls der Luft mit Masse m in der Höhe h ist mgh. Die Wahrscheinlichkeit, es in dieser Höhe anzutreffen, ist proportional zu

W(h)emghkBT.

Arrhenius-Gleichung

Zum Start einer chemischen Reaktion ist die molare Aktivierungsenergie EA erforderlich. Die Geschwindigkeitskonstante einer chemischen Reaktion ist proportional zu

W(EA)eEART.

Dampfdruckkurve

Der Übergang von der Flüssigkeit in die Gasphase erfordert die molare Verdampfungswärme Qd (präziser wäre Enthalpie). Der Sättigungsdampfdruck ist proportional zu

W(Qd)eQdkBT.