Kanonische Gleichungen: Unterschied zwischen den Versionen

Kanonische Gleichungen: Unterschied zwischen den Versionen

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Die '''kanonischen Gleichungen''' sind in der [[Klassische Mechanik|klassischen Mechanik]] die [[Bewegungsgleichung]]en eines [[physikalisches System|Systems]], das durch eine [[Hamiltonfunktion]] <math> H = H(q,p,t)</math> beschrieben wird, und werden deshalb auch '''Hamiltonsche Bewegungsgleichungen''' genannt. Sie lauten
Die '''kanonischen Gleichungen''' sind in der [[Klassische Mechanik|klassischen Mechanik]] die [[Bewegungsgleichung]]en eines [[physikalisches System|Systems]], das durch eine [[Hamiltonfunktion]] <math> H = H(q,p,t)</math> beschrieben wird, und werden deshalb auch '''Hamiltonsche Bewegungsgleichungen''' genannt.  


:<math> \dot{q}_i \left( = \frac{\mathrm d q_i}{\mathrm d t} \right) = +\frac{\partial H}{\partial p_i} </math> und
== Fundamentale Bewegungsgleichungen ==
 
Die fundamentalen Bewegungsgleichungen für die Koordinaten und Impulse lauten:
:<math> \dot{p}_i \left( = \frac{\mathrm d p_i}{\mathrm d t} \right) = -\frac{\partial H}{\partial q_i}</math>
:<math>\begin{align}  
\dot q_i = \frac{\mathrm d q_i}{\mathrm d t} &= +\frac{\partial H}{\partial p_i} \\
\dot p_i = \frac{\mathrm d p_i}{\mathrm d t} &= -\frac{\partial H}{\partial q_i}
\end{align}</math>.


Dabei bedeuten
Dabei bedeuten
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Die kanonischen Gleichungen sind eng mit den [[kanonische Transformation|kanonischen Transformationen]] verknüpft, die über die [[Hamilton-Jacobi-Formalismus|Hamilton-Jacobi-Gleichung]] die Brücke zur [[Quantenmechanik]] schlagen. Einen ersten Hinweis darauf bietet die elegante Formulierung der kanonischen Gleichungen mit [[Poissonklammer]]n:
Die kanonischen Gleichungen sind eng mit den [[kanonische Transformation|kanonischen Transformationen]] verknüpft, die über die [[Hamilton-Jacobi-Formalismus|Hamilton-Jacobi-Gleichung]] die Brücke zur [[Quantenmechanik]] schlagen. Einen ersten Hinweis darauf bietet die elegante Formulierung der kanonischen Gleichungen mit [[Poissonklammer]]n:


:<math> \dot{q}_i = \left\{q_i,H\right\} </math> und
:<math>\begin{align}
\dot{q}_i &= \left\{q_i,H\right\} = \frac{\partial q_i}{\partial q_j}\frac{\partial H}{\partial p_j} - \frac{\partial q_i}{\partial p_j}\frac{\partial H}{\partial q_j} = \frac{\partial H}{\partial p_i}\\
\dot{p}_i &= \left\{p_i,H\right\} = \frac{\partial p_i}{\partial q_j}\frac{\partial H}{\partial p_j} - \frac{\partial p_i}{\partial p_j}\frac{\partial H}{\partial q_j} = -\frac{\partial H}{\partial q_i}
\end{align}</math>
 
== Verallgemeinerung ==
Für eine beliebige [[Phasenraum]]<nowiki/>funktion <math>A = A(q,p,t)</math> des Systems kann man die [[totale Ableitung]] nach der Zeit aufgrund der Kettenregel schreiben als:


:<math> \dot{p}_i = \left\{p_i,H\right\}</math>
:<math>\frac{\mathrm d A}{\mathrm dt} = \frac{\partial A}{\partial q_i}\frac{\mathrm d q_i}{\mathrm dt} +  \frac{\partial A}{\partial p_i}\frac{\mathrm d p_i}{\mathrm dt} + \frac{\partial A}{\partial t}</math>.


Für eine beliebige [[Phasenraum]]<nowiki/>funktion <math>A = A(q,p,t)</math> des Systems kann man die [[totale Ableitung]] nach der Zeit deshalb schreiben als:
Aufgrund der kanonischen Gleichungen für Koordinaten und Impulse und der Definition der Poisson-Klammer folgt daraus
:<math>\begin{align}
\frac{\mathrm d A}{\mathrm dt} &= \frac{\partial A}{\partial q_i}\frac{\partial H}{\partial p_i} - \frac{\partial A}{\partial p_i}\frac{\partial H}{\partial q_i} + \frac{\partial A}{\partial t} \\
&= \{A,H\} + \frac{\partial A}{\partial t}
\end{align}</math>.


:<math> \frac{d A}{dt} = \left\{A,H\right\} + \frac{\partial A}{\partial t}</math>,
An dieser Form erkennt man die [[Korrespondenzprinzip|Korrespondenz]] der klassischen [[Bewegungsgleichung]] einer Phasenraumfunktion mit der [[Heisenbergsche Bewegungsgleichung|Heisenbergschen Bewegungsgleichung]] für [[Observable]] in der Quantenmechanik, wenn die Poisson-Klammer durch den [[Kommutator (Mathematik)|Kommutator]] und die Hamiltonfunktion durch den [[Hamiltonoperator]] ersetzt wird.


ausführliche Herleitung dieser Schreibweise s. [[Poisson-Klammer #Hamiltonsche Bewegungsgleichung]].
Die kanonischen Gleichungen für Koordinaten und Impulse in ihrer Schreibweise mithilfe der Poisson-Klammern gehen als Spezialfall aus der verallgemeinerten Form wieder hervor.


An dieser Form erkennt man die [[Korrespondenzprinzip|Korrespondenz]] der klassischen [[Bewegungsgleichung]] einer Phasenraumfunktion mit der [[Heisenbergsche Bewegungsgleichung|Heisenbergschen Bewegungsgleichung]] für [[Observable]] in der Quantenmechanik.
Eine Größe ist [[Erhaltungsgröße|erhalten]], wenn sie der Gleichung
:<math>\{A,H\} + \frac{\partial A}{\partial t} = 0</math>
gehorcht. Wenn die betrachtete Größe nicht explizit zeitabhängig ist, vereinfacht sich dies weiter zu
:<math>\{A,H\} = 0</math>.


==Literatur==
== Literatur ==
*{{Literatur
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  | Autor=Herbert Goldstein; Charles P. Poole, Jr; John L. Safko  
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  | Titel=Klassische Mechanik
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*{{Literatur
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  | Autor=Wolfgang Nolting
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  | Titel=Grundkurs Theoretische Physik 2 Analytische Mechanik
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  | ISBN=3-540-30660-9
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*{{Literatur
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  | Autor=Wolfgang Nolting
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  | Titel=Grundkurs Theoretische Physik 5/1 Quantenmechanik-Grundlagen
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  | ISBN=3-540-40071-0
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}}
* L.D.Landau, E.M.Lifschitz: Lehrbuch der Theoretischen Physik 1 Mechanik. 14. Auflage. Europa-Lehrmittel 1997, ISBN 978-3-8085-5612-2.


[[Kategorie:Theoretische Mechanik]]
[[Kategorie:Theoretische Mechanik]]

Aktuelle Version vom 1. März 2022, 11:48 Uhr

Die kanonischen Gleichungen sind in der klassischen Mechanik die Bewegungsgleichungen eines Systems, das durch eine Hamiltonfunktion $ H=H(q,p,t) $ beschrieben wird, und werden deshalb auch Hamiltonsche Bewegungsgleichungen genannt.

Fundamentale Bewegungsgleichungen

Die fundamentalen Bewegungsgleichungen für die Koordinaten und Impulse lauten:

$ {\begin{aligned}{\dot {q}}_{i}={\frac {\mathrm {d} q_{i}}{\mathrm {d} t}}&=+{\frac {\partial H}{\partial p_{i}}}\\{\dot {p}}_{i}={\frac {\mathrm {d} p_{i}}{\mathrm {d} t}}&=-{\frac {\partial H}{\partial q_{i}}}\end{aligned}} $.

Dabei bedeuten

Die kanonischen Gleichungen folgen direkt aus dem Hamiltonschen Prinzip durch ein erweitertes Variationsprinzip, bei dem Koordinaten und Impulse gleichberechtigt behandelt werden.

Die kanonischen Gleichungen sind eng mit den kanonischen Transformationen verknüpft, die über die Hamilton-Jacobi-Gleichung die Brücke zur Quantenmechanik schlagen. Einen ersten Hinweis darauf bietet die elegante Formulierung der kanonischen Gleichungen mit Poissonklammern:

$ {\begin{aligned}{\dot {q}}_{i}&=\left\{q_{i},H\right\}={\frac {\partial q_{i}}{\partial q_{j}}}{\frac {\partial H}{\partial p_{j}}}-{\frac {\partial q_{i}}{\partial p_{j}}}{\frac {\partial H}{\partial q_{j}}}={\frac {\partial H}{\partial p_{i}}}\\{\dot {p}}_{i}&=\left\{p_{i},H\right\}={\frac {\partial p_{i}}{\partial q_{j}}}{\frac {\partial H}{\partial p_{j}}}-{\frac {\partial p_{i}}{\partial p_{j}}}{\frac {\partial H}{\partial q_{j}}}=-{\frac {\partial H}{\partial q_{i}}}\end{aligned}} $

Verallgemeinerung

Für eine beliebige Phasenraumfunktion $ A=A(q,p,t) $ des Systems kann man die totale Ableitung nach der Zeit aufgrund der Kettenregel schreiben als:

$ {\frac {\mathrm {d} A}{\mathrm {d} t}}={\frac {\partial A}{\partial q_{i}}}{\frac {\mathrm {d} q_{i}}{\mathrm {d} t}}+{\frac {\partial A}{\partial p_{i}}}{\frac {\mathrm {d} p_{i}}{\mathrm {d} t}}+{\frac {\partial A}{\partial t}} $.

Aufgrund der kanonischen Gleichungen für Koordinaten und Impulse und der Definition der Poisson-Klammer folgt daraus

$ {\begin{aligned}{\frac {\mathrm {d} A}{\mathrm {d} t}}&={\frac {\partial A}{\partial q_{i}}}{\frac {\partial H}{\partial p_{i}}}-{\frac {\partial A}{\partial p_{i}}}{\frac {\partial H}{\partial q_{i}}}+{\frac {\partial A}{\partial t}}\\&=\{A,H\}+{\frac {\partial A}{\partial t}}\end{aligned}} $.

An dieser Form erkennt man die Korrespondenz der klassischen Bewegungsgleichung einer Phasenraumfunktion mit der Heisenbergschen Bewegungsgleichung für Observable in der Quantenmechanik, wenn die Poisson-Klammer durch den Kommutator und die Hamiltonfunktion durch den Hamiltonoperator ersetzt wird.

Die kanonischen Gleichungen für Koordinaten und Impulse in ihrer Schreibweise mithilfe der Poisson-Klammern gehen als Spezialfall aus der verallgemeinerten Form wieder hervor.

Eine Größe ist erhalten, wenn sie der Gleichung

$ \{A,H\}+{\frac {\partial A}{\partial t}}=0 $

gehorcht. Wenn die betrachtete Größe nicht explizit zeitabhängig ist, vereinfacht sich dies weiter zu

$ \{A,H\}=0 $.

Literatur

  • Herbert Goldstein; Charles P. Poole, Jr; John L. Safko: Klassische Mechanik. 3. Auflage. Wiley-VCH, Weinheim 2006, ISBN 3-527-40589-5.
  • Wolfgang Nolting: Grundkurs Theoretische Physik 2 Analytische Mechanik. 7. Auflage. Springer, Heidelberg 2006, ISBN 3-540-30660-9.
  • Wolfgang Nolting: Grundkurs Theoretische Physik 5/1 Quantenmechanik-Grundlagen. 6. Auflage. Springer, Heidelberg 2004, ISBN 3-540-40071-0.
  • L.D.Landau, E.M.Lifschitz: Lehrbuch der Theoretischen Physik 1 Mechanik. 14. Auflage. Europa-Lehrmittel 1997, ISBN 978-3-8085-5612-2.