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{{ | {{Weiterleitungshinweis|Rotationsspektroskopie|Zur ''Schwingungs-Rotationsspektroskopie'' siehe [[Infrarotspektroskopie #Rotations-Schwingungs-Spektrum]].}} | ||
Die '''Mikrowellenspektroskopie''' bzw. '''(reine) Rotationsspektroskopie''' ist | Die '''Mikrowellenspektroskopie''' bzw. '''(reine) Rotationsspektroskopie''' ist eine zur Gruppe der [[Molekülspektroskopie]] gehörende Untersuchungsmethode, welche Informationen über Rotationen von Molekülen liefert. Daraus lassen sich Moleküle identifizieren und weitere grundlegender Eigenschaften, wie z. B. die Bindungsstärke gewinnen. Sie dient vorzugsweise der Untersuchung von [[Gas]]en und [[Flüssigkeit]]en. Grundlage der Methode ist die [[Absorption (Physik)|Absorption]] von [[Elektromagnetische Welle|elektromagnetischen Wellen]] im Wellenlängenbereich von ca. 1 cm – 100 µm ([[Frequenz]]bereich von ca. 0,5–100 GHz) durch die Anregung von [[Molekülrotation]]en und damit einhergehende Übergänge zwischen den Niveaus der [[Hyperfeinstruktur]]. Im Gegensatz zur [[UV/VIS-Spektroskopie|elektronischer]] und [[Schwingungsspektroskopie]], welche auch Rotationsaufspaltung enthalten können, ist die störende [[Dopplerverbreiterung|Dopplerverbreitung]] bei den geringen Frequenzen der Mikrowellen kleiner.<ref>{{Literatur |Autor=Alan Carrington |Titel=Rotational spectroscopy of diatomic molecules |Verlag=Cambridge University Press |Ort=Cambridge |Datum=2003 |ISBN=0-511-06420-9}}</ref> | ||
== Theorie == | |||
Theoretisch kann das Rotationsspektrum durch das Modell des [[Starrer Rotator|starren Rotators]] in der Regel gut beschrieben werden. Hierbei werden Moleküle nach Ihrem Aufbau und Symmetrie in linearer-, sphärischer-, symmetrischer- und asymmetrischer Rotator unterteilt. | |||
beschrieben werden. | |||
== | === Sphärisch- und linearer Rotator === | ||
Die Rotation eines Moleküls, bei dem Trägheitsmomente um alle drei [[Hauptträgheitsachse]]n überein stimmen (sphärischer Rotator, z. B. CH<sub>4</sub>, CCl<sub>4</sub>) oder bei dem der Drehimpuls bezüglich der Hauptachse null wird (linearer Rotator, z. B. CO<sub>2</sub>, HCl, C<sub>2</sub>H<sub>2</sub>) kann durch einen starren Rotator mit seiner [[Rotationsenergie#Drehimpuls|Rotationsenergie]] <math>E_{\mathrm{rot}}</math> beschrieben werden:<math display="block">E_\text{rot}=\frac{|\vec{L}|^2}{2I}=\frac{\hbar^2 J(J+1)}{2I}=hc\cdot B J(J+1)</math>Dabei ist <math>I</math> das [[Trägheitsmoment]] um die Rotationsachse, <math>J = 0, 1, 2, \ldots </math> die Rotationquantenzahl, <math>h</math> das [[plancksches Wirkungsquantum]], <math>c</math> die [[Lichtgeschwindigkeit]] und <math>B=\frac{\hbar^2}{2I hc}</math> die Rotationskonstante. Bei der Rotation von Molekülen erfahren die Atome Zentrifugalkräfte, was zu einer Zentrifugalverzerrung führt. In der Realität ist dieser Effekt bei Übergängen zwischen niedrigen Rotationsniveaus vernachlässigbar.<ref name=":0">{{Literatur |Autor=Heiko Seemann, Roland Winter |Titel=Basiswissen physikalische Chemie |Auflage=2., überarb. Aufl |Verlag=Teubner |Ort=Wiesbaden |Datum=2007 |ISBN=3-8351-0047-5}}</ref> | |||
=== Symmetrischer Rotator === | |||
== | Der symmetrische Rotator (z. B. CH<sub>3</sub>Cl, NH<sub>3</sub>, C<sub>6</sub>H<sub>6</sub>) lässt sich bezüglich seiner Trägheitsmomente in zwei Komponenten aufteilen: zwei identische <math>I_{\perp}</math>und ein unterschiedliches <math>I_\parallel</math> Trägheitsmoment. Die Rotationsenergie wird nun durch folgende Gleichung beschrieben:<ref>{{Literatur |Autor=Julio De Paula |Titel=Physical chemistry. |Auflage=9th ed. |Verlag=W.H. Freeman and Co |Ort=New York |Datum=2010 |ISBN=978-1-4292-1812-2}}</ref><math display="block">E_\text{rot}=\frac{\hbar^2 J(J+1)}{2I_{\perp}}+\biggl(\frac{1}{2I_\parallel}-\frac{1}{2I_\perp}\biggr)\cdot (K\hbar)^2=hc\cdot B J(J+1)+(A-B)\cdot K^2</math>Hierbei ist <math>K</math> die Quantenzahl des Drehimpulses bezüglich der Hauptachse, die Rotationskonstanten <math>A</math> und <math>B</math> verfeinern sich zu folgenden Ausdrücken:<math display="block">A=\frac{\hbar^2}{2I_\parallel hc} \qquad B=\frac{\hbar^2}{2I_\perp hc} </math> | ||
=== Rotationsspektrum === | |||
[[Datei:Rotational spectrum example.png|mini|Energieniveaus und Emissionswellenzahlen nach dem Modell des linearen starren Rotators.]] | |||
Das nebenstehende Bild zeigt den Zusammenhang zwischen den energetischen Rotationsniveaus <math>E_{\mathrm{rot}}(J)</math> und einem Rotationsspektrum. Die Differenz zweier Rotationsniveaus entspricht der Energie eines Rotationsübergangs <math>E_{\mathrm{rot}}(J+1) - E_{\mathrm{rot}}(J)</math>, was im Spektrum durch einen Peak sichtbar wird. Hierbei zeigt sich die lineare Abhängigkeit der Energieniveaus von der Rotationskonstante. Die Linienabstände haben stets den gleichen Abstand von <math>2B</math>, was die Interpretation von Rotationsspektren erleichtert. | |||
Die Intensität der einzelnen Peaks resultiert aus der Population des Rotationsniveaus aus dem der Übergang erfolgt. Da Moleküle stets eine gewisse Temperatur <math>T>0~\mathrm{K}</math> besitzen, ist nach der [[Boltzmann-Statistik|Boltzmann-Verteilung]] die Besetzung der Rotationsniveaus gegeben.<ref name=":0" /> Die Population der Rotationsniveaus, welche sich durch die Intensität der einzelnen Übergängen ergibt, kann somit auch Rückschluss auf die Probentemperatur liefern. | |||
== Experimentelle Umsetzung == | |||
Als Messverfahren kann zum einen bei verschiedenen Frequenzen die Absorption gemessen werden, oder man bedient sich der [[Fouriertransformation]] und wertet eine zeitabhängige Absorption nach den darin enthaltenen Frequenzen aus (analog zur [[Kernspinresonanzspektroskopie|NMR-Spektroskopie]]). Weil die spontane Übergangswahrscheinlichkeit für Emission wegen der geringen Übergangsfrequenz extrem klein ist, wird die Rotationsspektroskopie meist in Absorption gemessen.<ref name=":1" /> | |||
=== Probenform === | |||
Allgemein eignen sich nur [[Molekül]]e zur Mikrowellenspektroskopie, die ein [[Übergangsdipolmoment|Dipolmoment]] besitzen. Mikrowellenspektren von Gasen zeichnen sich durch scharfe Absorptionslinien aus, da eine freie Rotation der Moleküle möglich ist. Um exakte bzw. möglichst eindeutig zuzuordnende Absorptionsspektren zu erhalten, muss die Wechselwirkung der Moleküle (siehe [[Druckverbreiterung]]) untereinander minimiert werden. Meistens wird deswegen mit geringen Mengen gasförmiger Spezies in großen Messbehältern unter geringem Druck gearbeitet.<ref name=":1" /> | |||
Die Mikrowellenspektroskopie kann auch zur Aufklärung von Struktur und Dynamik von Flüssigkeiten genutzt werden. Die Spektren von Flüssigkeiten zeichnen sich gegenüber anderen durch sehr breite Absorptionsbanden aus, die durch mehrere Frequenzbereiche gehen. Im Mikrowellenspektrum liefern Moleküle einen Beitrag, die ein Dipolmoment aufweisen. Die Stärke des Dipolmoments geht vorzugsweise in die Stärke der Absorption ein, wogegen die Geschwindigkeit der Molekülbewegung (Taumelrotation) die Lage der Absorptionsbande auf der Frequenzskala bestimmt. Man findet im Allgemeinen einen Zusammenhang zwischen der [[Viskosität]] einer Flüssigkeit und der Bewegungsgeschwindigkeit der Dipole. | Die Mikrowellenspektroskopie kann auch zur Aufklärung von Struktur und Dynamik von Flüssigkeiten genutzt werden. Die Spektren von Flüssigkeiten zeichnen sich gegenüber anderen durch sehr breite Absorptionsbanden aus, die durch mehrere Frequenzbereiche gehen. Im Mikrowellenspektrum liefern Moleküle einen Beitrag, die ein Dipolmoment aufweisen. Die Stärke des Dipolmoments geht vorzugsweise in die Stärke der Absorption ein, wogegen die Geschwindigkeit der Molekülbewegung (Taumelrotation) die Lage der Absorptionsbande auf der Frequenzskala bestimmt. Man findet im Allgemeinen einen Zusammenhang zwischen der [[Viskosität]] einer Flüssigkeit und der Bewegungsgeschwindigkeit der Dipole. | ||
Üblicherweise lassen sich Mikrowellenspektren mit einer Überlagerung von [[Debye-Funktion]]en (benannt nach [[Peter Debye]]) beschreiben, wobei jeder einzelnen Debye-Funktion ein Bewegungsvorgang zugeordnet wird. | === Versuchsaufbau === | ||
Rauscharme Mikrowellen im Bereich von 1 bis 100 GHz können durch ein Reflex-[[Klystron]] erzeugt werden. Hierbei ist die spektrale Variation schwierig, was hingegen [[Carcinotron]]s und [[Magnetron]]s erlauben. Auch Mikrowellengeneratoren aus Halbleitern wie [[GaAs]] ([[Gunndiode]]) oder [[InP]] ([[Avalanche-Diode]]) werden verwendet. Die Detektion des Signals erfolgt meist mit einer Mikrowellendiode. Zur weiteren Verbesserung des [[Signal-Rausch-Verhältnis]] kann die zu untersuchende Probe einem elektrisches Wechselfeld ausgesetzt werden. Die Energieniveaus der Moleküle werden folglich durch den [[Stark-Effekt]] verschoben. Das erhaltene Messsignal wird durch die bekannte Frequenz der Feldmodulation korrigiert und mit einem Versuch ohne elektrisches Wechselfeld verglichen.<ref name=":1">{{Literatur |Autor=Hans Christoph Wolf |Titel=Molekülphysik und Quantenchemie: Einführung in die experimentellen und theoretischen Grundlagen |Auflage=5. |Verlag=Springer |Ort=Berlin |Datum=2006 |ISBN=3-540-30314-6}}</ref> | |||
=== Interpretation === | |||
Durch Anwenden das für die entsprechende Molekülsymmetrie passende Modell (sphärisch, linear, symmetrisch etc.) lassen sich die gesuchten Molekülgrößen bestimmen. Üblicherweise lassen sich Mikrowellenspektren mathematisch mit einer Überlagerung von [[Debye-Funktion]]en (benannt nach [[Peter Debye]]) beschreiben, wobei jeder einzelnen Debye-Funktion ein Bewegungsvorgang zugeordnet wird. | |||
== Anwendung == | == Anwendung == | ||
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Mit Hilfe der Mikrowellenspektroskopie von Gasen können Informationen gewonnen werden, wie z. B.: | Mit Hilfe der Mikrowellenspektroskopie von Gasen können Informationen gewonnen werden, wie z. B.: | ||
* [[Chemische Bindung|Bindungslängen]] in einfach aufgebauten Molekülen | * [[Chemische Bindung|Bindungslängen]] in einfach aufgebauten Molekülen | ||
* Konformationen bestimmter chemischer Verbindungen, die | * Konformationen bestimmter chemischer Verbindungen, die sogenannte ''Rotationshyperfeinstrukturen'' im Absorptionsspektrum aufweisen, | ||
* Strukturen kurzlebiger, nicht isolierbarer Spezies, die ebenfalls ''Rotationshyperfeinstrukturen'' ergeben, mit Hilfe der [[Molekularstrahl-Methode]], | * Strukturen kurzlebiger, nicht isolierbarer Spezies, die ebenfalls ''Rotationshyperfeinstrukturen'' ergeben, mit Hilfe der [[Molekularstrahl-Methode]], | ||
* [[elektron]]ische Umgebung bzw. [[Elektronendichte]]-Verteilung um bestimmte Atomkerne herum, die sog. ''Quadrupolhyperfeinstrukturen'' im Absorptionsspektrum aufweisen. | * [[elektron]]ische Umgebung bzw. [[Elektronendichte]]-Verteilung um bestimmte Atomkerne herum, die sog. ''Quadrupolhyperfeinstrukturen'' im Absorptionsspektrum aufweisen. | ||
Die Mikrowellenspektroskopie wird hauptsächlich in der [[Physikalische Chemie|Physikalischen Chemie]] zur Erforschung von Moleküleigenschaften eingesetzt, die über andere Methoden gar nicht oder nur schwer zu erlangen sind. | Die Mikrowellenspektroskopie wird hauptsächlich in der [[Physikalische Chemie|Physikalischen Chemie]] zur Erforschung von Moleküleigenschaften eingesetzt, die über andere Methoden gar nicht oder nur schwer zu erlangen sind. Dies ist beispielsweise in [[Astrophysik]] und [[Radioastronomie]] der Fall, um Moleküle im Weltall zu identifizieren oder die Temperatur von Materie im All zu bestimmen. In heutiger Forschung wurde die Mikrowellenspektroskopie zunehmend zugunsten von elektronischer oder Schwingungsspektroskopie mit Rotationsauflösung verdrängt. | ||
== Geschichte == | |||
Etwa ein halbes Jahrhundert nach der Entdeckung und dem Verständnis der Mikrowellenstrahlung durch [[Michael Faraday]], [[James Clerk Maxwell]] und [[Heinrich Hertz]], wurde die Mikrowellenspektroskopie 1946 erstmals angewandt.<ref>{{Literatur |Autor=Walter Gordy |Titel=Microwave spectroscopy. Introductory paper: quadrupole couplings, dipole moments and the chemical bond |Sammelwerk=Discussions of the Faraday Society |Band=19 |Datum=1955 |ISSN=0366-9033 |Seiten=14 |DOI=10.1039/df9551900014}}</ref> | |||
1963 wurde mit einem [[Radioteleskop]] [[Hydroxidion|OH<sup>-</sup>]] als erstes Molekül im Weltall detektiert. In den folgenden Jahren wurde eine Reihe von Emissionen von unbekannten Übergängen gemessen. Während die Moleküle OH<sup>−</sup> und [[Ammoniak|NH<sub>3</sub>]] [[Schwingungsspektroskopie|Schwingungsübergänge]] zeigten, waren alle anderen gemessenen Übergänge der Moleküle mit permanenten Dipolmoment reine Rotationsübergänge. Die Zuordnung gelang mittels Vergleich mit Laborversuchen. Da die Moleküle im Weltall eine gewisse Geschwindigkeit gegenüber dem Radioteleskop besitzen, mussten die Spektren um den [[Doppler-Effekt]] korrigiert werden. Es wurden so lineare und zyklische Moleküle mit einer Atomzahl von 2 bis 13 gefunden. Im Nebel [[Sagittarius B2]], der sich mit einer Geschwindigkeit von 60 km/s bewegt, wurde somit z. B. [[Cyanoacetylen]] detektiert.<ref>{{Literatur |Autor=J. Michael Hollas |Titel=Modern Spectroscopy |Auflage=4. Auflage |Verlag=Wiley |Ort=Chichester |Datum=2004 |ISBN=978-0-470-84416-8}}</ref> | |||
== Literatur == | |||
* {{Literatur | |||
|Autor=[[Reinhard Demuth]], Friedhelb Kober | |||
|Titel=Grundlagen der Spektroskopie | |||
|Verlag=Moritz Diesterweg / Otto Salle und Sauerländer | |||
|Ort=Frankfurt/Main | |||
|Datum=1977 | |||
|ISBN=3-425-05481-3 | |||
|Seiten=48–63}} | |||
* {{Literatur | |||
|Autor=Wolfgang Demtröder | |||
|Titel=Molekülphysik: Theoretische Grundlagen und experimentelle Methoden | |||
|Verlag=Oldenbourg Wissenschaftsverlag | |||
|Datum=2003 | |||
|ISBN=978-3-486-24974-3 | |||
|Seiten=362–366}} | |||
* {{Literatur | |||
|Autor=J. Michael Hollas | |||
|Titel=Modern Spectroscopy | |||
|Auflage=4. Auflage | |||
|Verlag=Wiley | |||
|Ort=Chichester | |||
|Datum=2004 | |||
|ISBN=978-0-470-84416-8 | |||
|Seiten=103–135}} | |||
* {{Literatur | |||
|Autor=Claus Czeslik, Heiko Semann, Roland Winter | |||
|Titel=Basiswissen Physikalische Chemie | |||
|Verlag=Teubner | |||
|Ort=Wiesbaden | |||
|Datum=2007 | |||
|ISBN=978-3-8351-0047-3 | |||
|Seiten=310–313}} | |||
* {{Literatur | |||
|Autor=C. H. Townes, A. L. Schawlow | |||
|Titel=Microwave Spectroscopy | |||
|Verlag=Courier Corporation | |||
|Ort=Chichester | |||
|Datum=2013 | |||
|ISBN=978-0-486-16231-7}} | |||
== Einzelnachweise == | |||
<references /> | |||
[[Kategorie:Molekülspektroskopie]] | [[Kategorie:Molekülspektroskopie]] | ||
[[Kategorie:Physikalische Chemie]] |
Die Mikrowellenspektroskopie bzw. (reine) Rotationsspektroskopie ist eine zur Gruppe der Molekülspektroskopie gehörende Untersuchungsmethode, welche Informationen über Rotationen von Molekülen liefert. Daraus lassen sich Moleküle identifizieren und weitere grundlegender Eigenschaften, wie z. B. die Bindungsstärke gewinnen. Sie dient vorzugsweise der Untersuchung von Gasen und Flüssigkeiten. Grundlage der Methode ist die Absorption von elektromagnetischen Wellen im Wellenlängenbereich von ca. 1 cm – 100 µm (Frequenzbereich von ca. 0,5–100 GHz) durch die Anregung von Molekülrotationen und damit einhergehende Übergänge zwischen den Niveaus der Hyperfeinstruktur. Im Gegensatz zur elektronischer und Schwingungsspektroskopie, welche auch Rotationsaufspaltung enthalten können, ist die störende Dopplerverbreitung bei den geringen Frequenzen der Mikrowellen kleiner.[1]
Theoretisch kann das Rotationsspektrum durch das Modell des starren Rotators in der Regel gut beschrieben werden. Hierbei werden Moleküle nach Ihrem Aufbau und Symmetrie in linearer-, sphärischer-, symmetrischer- und asymmetrischer Rotator unterteilt.
Die Rotation eines Moleküls, bei dem Trägheitsmomente um alle drei Hauptträgheitsachsen überein stimmen (sphärischer Rotator, z. B. CH4, CCl4) oder bei dem der Drehimpuls bezüglich der Hauptachse null wird (linearer Rotator, z. B. CO2, HCl, C2H2) kann durch einen starren Rotator mit seiner Rotationsenergie $ E_{\mathrm {rot} } $ beschrieben werden:$ {\displaystyle E_{\text{rot}}={\frac {|{\vec {L}}|^{2}}{2I}}={\frac {\hbar ^{2}J(J+1)}{2I}}=hc\cdot BJ(J+1)} $Dabei ist $ I $ das Trägheitsmoment um die Rotationsachse, $ J=0,1,2,\ldots $ die Rotationquantenzahl, $ h $ das plancksches Wirkungsquantum, $ c $ die Lichtgeschwindigkeit und $ B={\frac {\hbar ^{2}}{2Ihc}} $ die Rotationskonstante. Bei der Rotation von Molekülen erfahren die Atome Zentrifugalkräfte, was zu einer Zentrifugalverzerrung führt. In der Realität ist dieser Effekt bei Übergängen zwischen niedrigen Rotationsniveaus vernachlässigbar.[2]
Der symmetrische Rotator (z. B. CH3Cl, NH3, C6H6) lässt sich bezüglich seiner Trägheitsmomente in zwei Komponenten aufteilen: zwei identische $ I_{\perp } $und ein unterschiedliches $ I_{\parallel } $ Trägheitsmoment. Die Rotationsenergie wird nun durch folgende Gleichung beschrieben:[3]$ {\displaystyle E_{\text{rot}}={\frac {\hbar ^{2}J(J+1)}{2I_{\perp }}}+{\biggl (}{\frac {1}{2I_{\parallel }}}-{\frac {1}{2I_{\perp }}}{\biggr )}\cdot (K\hbar )^{2}=hc\cdot BJ(J+1)+(A-B)\cdot K^{2}} $Hierbei ist $ K $ die Quantenzahl des Drehimpulses bezüglich der Hauptachse, die Rotationskonstanten $ A $ und $ B $ verfeinern sich zu folgenden Ausdrücken:$ {\displaystyle A={\frac {\hbar ^{2}}{2I_{\parallel }hc}}\qquad B={\frac {\hbar ^{2}}{2I_{\perp }hc}}} $
Das nebenstehende Bild zeigt den Zusammenhang zwischen den energetischen Rotationsniveaus $ E_{\mathrm {rot} }(J) $ und einem Rotationsspektrum. Die Differenz zweier Rotationsniveaus entspricht der Energie eines Rotationsübergangs $ E_{\mathrm {rot} }(J+1)-E_{\mathrm {rot} }(J) $, was im Spektrum durch einen Peak sichtbar wird. Hierbei zeigt sich die lineare Abhängigkeit der Energieniveaus von der Rotationskonstante. Die Linienabstände haben stets den gleichen Abstand von $ 2B $, was die Interpretation von Rotationsspektren erleichtert.
Die Intensität der einzelnen Peaks resultiert aus der Population des Rotationsniveaus aus dem der Übergang erfolgt. Da Moleküle stets eine gewisse Temperatur $ T>0~\mathrm {K} $ besitzen, ist nach der Boltzmann-Verteilung die Besetzung der Rotationsniveaus gegeben.[2] Die Population der Rotationsniveaus, welche sich durch die Intensität der einzelnen Übergängen ergibt, kann somit auch Rückschluss auf die Probentemperatur liefern.
Als Messverfahren kann zum einen bei verschiedenen Frequenzen die Absorption gemessen werden, oder man bedient sich der Fouriertransformation und wertet eine zeitabhängige Absorption nach den darin enthaltenen Frequenzen aus (analog zur NMR-Spektroskopie). Weil die spontane Übergangswahrscheinlichkeit für Emission wegen der geringen Übergangsfrequenz extrem klein ist, wird die Rotationsspektroskopie meist in Absorption gemessen.[4]
Allgemein eignen sich nur Moleküle zur Mikrowellenspektroskopie, die ein Dipolmoment besitzen. Mikrowellenspektren von Gasen zeichnen sich durch scharfe Absorptionslinien aus, da eine freie Rotation der Moleküle möglich ist. Um exakte bzw. möglichst eindeutig zuzuordnende Absorptionsspektren zu erhalten, muss die Wechselwirkung der Moleküle (siehe Druckverbreiterung) untereinander minimiert werden. Meistens wird deswegen mit geringen Mengen gasförmiger Spezies in großen Messbehältern unter geringem Druck gearbeitet.[4]
Die Mikrowellenspektroskopie kann auch zur Aufklärung von Struktur und Dynamik von Flüssigkeiten genutzt werden. Die Spektren von Flüssigkeiten zeichnen sich gegenüber anderen durch sehr breite Absorptionsbanden aus, die durch mehrere Frequenzbereiche gehen. Im Mikrowellenspektrum liefern Moleküle einen Beitrag, die ein Dipolmoment aufweisen. Die Stärke des Dipolmoments geht vorzugsweise in die Stärke der Absorption ein, wogegen die Geschwindigkeit der Molekülbewegung (Taumelrotation) die Lage der Absorptionsbande auf der Frequenzskala bestimmt. Man findet im Allgemeinen einen Zusammenhang zwischen der Viskosität einer Flüssigkeit und der Bewegungsgeschwindigkeit der Dipole.
Rauscharme Mikrowellen im Bereich von 1 bis 100 GHz können durch ein Reflex-Klystron erzeugt werden. Hierbei ist die spektrale Variation schwierig, was hingegen Carcinotrons und Magnetrons erlauben. Auch Mikrowellengeneratoren aus Halbleitern wie GaAs (Gunndiode) oder InP (Avalanche-Diode) werden verwendet. Die Detektion des Signals erfolgt meist mit einer Mikrowellendiode. Zur weiteren Verbesserung des Signal-Rausch-Verhältnis kann die zu untersuchende Probe einem elektrisches Wechselfeld ausgesetzt werden. Die Energieniveaus der Moleküle werden folglich durch den Stark-Effekt verschoben. Das erhaltene Messsignal wird durch die bekannte Frequenz der Feldmodulation korrigiert und mit einem Versuch ohne elektrisches Wechselfeld verglichen.[4]
Durch Anwenden das für die entsprechende Molekülsymmetrie passende Modell (sphärisch, linear, symmetrisch etc.) lassen sich die gesuchten Molekülgrößen bestimmen. Üblicherweise lassen sich Mikrowellenspektren mathematisch mit einer Überlagerung von Debye-Funktionen (benannt nach Peter Debye) beschreiben, wobei jeder einzelnen Debye-Funktion ein Bewegungsvorgang zugeordnet wird.
Mit Hilfe der Mikrowellenspektroskopie von Gasen können Informationen gewonnen werden, wie z. B.:
Die Mikrowellenspektroskopie wird hauptsächlich in der Physikalischen Chemie zur Erforschung von Moleküleigenschaften eingesetzt, die über andere Methoden gar nicht oder nur schwer zu erlangen sind. Dies ist beispielsweise in Astrophysik und Radioastronomie der Fall, um Moleküle im Weltall zu identifizieren oder die Temperatur von Materie im All zu bestimmen. In heutiger Forschung wurde die Mikrowellenspektroskopie zunehmend zugunsten von elektronischer oder Schwingungsspektroskopie mit Rotationsauflösung verdrängt.
Etwa ein halbes Jahrhundert nach der Entdeckung und dem Verständnis der Mikrowellenstrahlung durch Michael Faraday, James Clerk Maxwell und Heinrich Hertz, wurde die Mikrowellenspektroskopie 1946 erstmals angewandt.[5]
1963 wurde mit einem Radioteleskop OH- als erstes Molekül im Weltall detektiert. In den folgenden Jahren wurde eine Reihe von Emissionen von unbekannten Übergängen gemessen. Während die Moleküle OH− und NH3 Schwingungsübergänge zeigten, waren alle anderen gemessenen Übergänge der Moleküle mit permanenten Dipolmoment reine Rotationsübergänge. Die Zuordnung gelang mittels Vergleich mit Laborversuchen. Da die Moleküle im Weltall eine gewisse Geschwindigkeit gegenüber dem Radioteleskop besitzen, mussten die Spektren um den Doppler-Effekt korrigiert werden. Es wurden so lineare und zyklische Moleküle mit einer Atomzahl von 2 bis 13 gefunden. Im Nebel Sagittarius B2, der sich mit einer Geschwindigkeit von 60 km/s bewegt, wurde somit z. B. Cyanoacetylen detektiert.[6]