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Die '''Liénard-Wiechert-Potentiale''' ([[Emil Wiechert]] führte unabhängig von [[Alfred-Marie Liénard]] (1898) in einem Aufsatz 1900 die nach beiden benannten Liénard-Wiechert-Potentiale einer bewegten Ladung ein) beschreiben die elektrischen und magnetischen Felder, die von einer ''bewegten'' elektrischen Punktladung erzeugt werden. Sie verallgemeinern das [[Coulombpotential|Coulomb-Potential]], das von einer ruhenden Punktladung erzeugt wird und keinen magnetischen Anteil hat, und stellen eine Näherung an das Potential dar, welches sich durch den [[Doppler-Effekt]] bei hohen Energien einstellen würde. | Die '''Liénard-Wiechert-Potentiale''' ([[Emil Wiechert]] führte unabhängig von [[Alfred-Marie Liénard]] (1898) in einem Aufsatz 1900 die nach beiden benannten Liénard-Wiechert-Potentiale einer bewegten Ladung ein) beschreiben die elektrischen und magnetischen Felder, die von einer ''bewegten'' elektrischen Punktladung erzeugt werden. Sie verallgemeinern das [[Coulombpotential|Coulomb-Potential]], das von einer ruhenden Punktladung erzeugt wird und keinen magnetischen Anteil hat, und stellen eine Näherung an das Potential dar, welches sich durch den [[Doppler-Effekt]] bei hohen Energien einstellen würde. | ||
Das skalare Liénard-Wiechert-Potential ist ein modifiziertes Coulomb-Potential. Das [[Vektorpotential]], das die Information über das Magnetfeld enthält, ist im Wesentlichen das skalare Potential multipliziert mit der Teilchengeschwindigkeit. | Das skalare Liénard-Wiechert-Potential ist ein modifiziertes Coulomb-Potential. Das [[Vektorpotential]], das die Information über das Magnetfeld enthält, ist im Wesentlichen das skalare Potential multipliziert mit der Teilchengeschwindigkeit. | ||
Gegenüber dem Coulomb-Potential bestehen folgende Unterschiede: | Gegenüber dem Coulomb-Potential bestehen folgende Unterschiede: | ||
* Die Felder, die man zum Zeitpunkt <math> t </math> beobachtet, werden von dem Teilchen zu einem ''zurückliegenden'' (retardierten) Zeitpunkt <math> t_\mathrm{ret} </math> erzeugt. Die Differenz <math> t - t_\mathrm{ret} </math> ist gleich der Laufzeit vom Teilchen zum Beobachter mit [[Lichtgeschwindigkeit]]. | * Die Felder, die man zum Zeitpunkt <math> t </math> beobachtet, werden von dem Teilchen zu einem ''zurückliegenden'' (retardierten) Zeitpunkt <math> t_\mathrm{ret} </math> erzeugt. Die Differenz <math> t - t_\mathrm{ret} </math> ist gleich der Laufzeit vom Teilchen zum Beobachter mit [[Lichtgeschwindigkeit]]. | ||
* Es gibt einen Verstärkungsfaktor, wenn sich das Teilchen auf den Beobachter zubewegt (Abschwächungsfaktor, wenn es sich wegbewegt). Der Verstärkungsfaktor geht gegen unendlich, wenn die Teilchengeschwindigkeit gegen die Lichtgeschwindigkeit geht. | * Es gibt einen Verstärkungsfaktor, wenn sich das Teilchen auf den Beobachter zubewegt (Abschwächungsfaktor, wenn es sich wegbewegt). Der Verstärkungsfaktor geht gegen unendlich, wenn die Teilchengeschwindigkeit gegen die Lichtgeschwindigkeit geht. | ||
Aus den Potentialen können die elektrische und magnetische Feldstärke durch Ableitungen nach Raum- und Zeitkoordinaten gewonnen werden (siehe auch [[Elektrodynamik#Potentiale und Wellengleichung|Potentiale und Wellengleichung der Elektrodynamik]]). Die Feldstärken zerfallen in einen Geschwindigkeits- und einen Beschleunigungsanteil. Der Anteil, der nur die Teilchengeschwindigkeit enthält, ist in der Nähe des Teilchens stark, in großem Abstand dagegen schwach (kein [[Nahfeld und Fernfeld (Antennen)|Fernfeld]]). Der zur Beschleunigung proportionale Anteil führt zur Abstrahlung von Energie ins Unendliche <ref name="Nolting455"/>. | Aus den Potentialen können die elektrische und magnetische Feldstärke durch Ableitungen nach Raum- und Zeitkoordinaten gewonnen werden (siehe auch [[Elektrodynamik#Potentiale und Wellengleichung|Potentiale und Wellengleichung der Elektrodynamik]]). Die Feldstärken zerfallen in einen Geschwindigkeits- und einen Beschleunigungsanteil. Der Anteil, der nur die Teilchengeschwindigkeit enthält, ist in der Nähe des Teilchens stark, in großem Abstand dagegen schwach (kein [[Nahfeld und Fernfeld (Antennen)|Fernfeld]]). Der zur Beschleunigung proportionale Anteil führt zur Abstrahlung von Energie ins Unendliche.<ref name="Nolting455">[[Wolfgang Nolting (Physiker)|W. Nolting]], ''Grundkurs Theoretische Physik'', Band 3 ''Elektrodynamik'', 8. Auflage, Springer 2007, Abschnitt 4.5.5</ref> | ||
== Die Formeln == | |||
Der Ort des Teilchens wird als vorgegebene Funktion <math> \vec{R}(t) </math> betrachtet. Wie die Bahnkurve zustande kommt (etwa durch elektromagnetische Felder, die Kräfte auf das Teilchen ausüben) wird nicht in Betracht gezogen. Die Geschwindigkeit des Teilchens wird über die zeitliche Ableitung der Funktion <math> \vec{R}(t) </math> berechnet. Eine im Folgenden praktische Größe ist diese Geschwindigkeit geteilt durch die Lichtgeschwindigkeit: | |||
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\Phi(\vec{r},t) = \ | \vec{\beta} := \frac{\dot{\vec{R}}}{c} | ||
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Im [[Internationales Einheitensystem|Internationalen Einheitensystem]] lauten die Liénard-Wiechert-Potentiale damit (nach Nolting<ref name="Nolting455" />, jedoch für Felder im materiefreien Raum formuliert) | |||
:<math> | |||
\Phi(\vec{r},t) = \frac1{4\pi\varepsilon_0} | |||
\left[\frac{q}{(1-\vec{\beta}\cdot\vec{n})\;|\vec{r}-\vec{R}|}\right]_\mathrm{ret} | |||
\qquad \qquad | \qquad \qquad | ||
\vec{A}(\vec{r},t) = \frac{ | \vec{A}(\vec{r},t) = \frac{\vec{\beta}_\mathrm{ret}}{c} \,\Phi(\vec{r},t) | ||
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Der Index „ret“ bedeutet, dass Teilchenposition und -geschwindigkeit zum retardierten Zeitpunkt zu nehmen sind. Für den retardierten Zeitpunkt gilt die implizite Gleichung | |||
:<math> | :<math> | ||
t_\mathrm{ret} = t - \frac1c|\vec{r}-\vec{R}(t_\mathrm{ret})| | t_\mathrm{ret} = t - \frac1c|\vec{r}-\vec{R}(t_\mathrm{ret})| | ||
</math> | </math> | ||
Abgesehen vom Spezialfall gleichförmiger Bewegung ist die Auflösung nach <math>t_\mathrm{ret}</math> oft nur näherungsweise möglich. | Abgesehen vom Spezialfall gleichförmiger Bewegung ist die Auflösung nach <math>t_\mathrm{ret}</math> oft nur näherungsweise möglich. | ||
Der Vektor <math> \vec{n} </math> ist der Einheitsvektor, der vom Ort des Teilchens zum Ortsvektor <math>\,\vec{r}\,</math> zeigt. Es gilt also: | |||
:<math>\vec{n} = \frac{\vec{r} - \vec{R}}{|\vec{r} - \vec{R}|}</math> | |||
== Anwendungen == | == Anwendungen == | ||
=== Synchrotronstrahlung === | === Synchrotronstrahlung === | ||
Hierbei bewegt sich das Teilchen auf einer Kreisbahn mit einer Geschwindigkeit <math> v </math> nahe der Lichtgeschwindigkeit <math> c </math>. Der geschwindigkeitsabhängige Faktor nimmt dann bei jedem Umlauf einen hohen Spitzenwert an. Denn wenn die tangentiale Richtung der Geschwindigkeit mit der Richtung zum Beobachter übereinstimmt, d.h. wenn <math> \dot{\vec{R}} </math> parallel zu <math> \vec{n} </math> ist, dann gilt mit <math> v\approx c </math> | Hierbei bewegt sich das Teilchen auf einer Kreisbahn mit einer Geschwindigkeit <math> v </math> nahe der Lichtgeschwindigkeit <math> c </math>. Der geschwindigkeitsabhängige Faktor nimmt dann bei jedem Umlauf einen hohen Spitzenwert an. Denn wenn die tangentiale Richtung der Geschwindigkeit mit der Richtung zum Beobachter übereinstimmt, d. h. wenn <math> \dot{\vec{R}} </math> parallel zu <math> \vec{n} </math> ist, dann gilt mit <math> v\approx c </math> | ||
:<math> | :<math> | ||
\frac1{1-{\textstyle\frac1c}\dot{\vec{R}}\cdot\vec{n}} = \frac{1}{1-\frac{v}{c}} | \frac1{1-{\textstyle\frac1c}\dot{\vec{R}}\cdot\vec{n}} = \frac{1}{1-\frac{v}{c}} | ||
\approx \frac1{1-\frac{v}{c}}\,\frac2{1+\frac{v}{c}} = \frac2{1-\frac{v^2}{c^2}} = 2 \gamma^2 | \approx \frac1{1-\frac{v}{c}}\,\frac2{1+\frac{v}{c}} = \frac2{1-\frac{v^2}{c^2}} = 2 \gamma^2 | ||
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wobei <math> \gamma </math> den [[Lorentzfaktor]] bezeichnet. Die Potentiale und Feldstärken sind damit proportional zu <math>\gamma^2</math>. Weil die Feldstärken quadratisch in die Strahlungsenergie eingehen (siehe [[Poynting-Vektor]]) wird die Energie der [[Synchrotronstrahlung]] proportional zu <math>\gamma^4</math>. | wobei <math> \gamma </math> den [[Lorentzfaktor]] bezeichnet. Die Potentiale und Feldstärken sind damit proportional zu <math>\gamma^2</math>. Weil die Feldstärken quadratisch in die Strahlungsenergie eingehen (siehe [[Poynting-Vektor]]) wird die Energie der [[Synchrotronstrahlung]] proportional zu <math>\gamma^4</math>. | ||
=== Beschleunigtes Teilchen mit niedriger Geschwindigkeit in großer Entfernung === | === Beschleunigtes Teilchen mit niedriger Geschwindigkeit in großer Entfernung === | ||
Niedrige Geschwindigkeit hat man zum Beispiel am Beginn eines Beschleunigungsvorganges. Große Entfernungen sind der Bereich, der für elektromagnetische Strahlung relevant ist. Mit dieser Spezialisierung vereinfachen sich die Ausdrücke für die elektrische und magnetische Feldstärke (siehe <ref name="Nolting455"/> im Limes <math>\beta = 0</math>). Für das Magnetfeld gilt | Niedrige Geschwindigkeit hat man zum Beispiel am Beginn eines Beschleunigungsvorganges. Große Entfernungen sind der Bereich, der für elektromagnetische Strahlung relevant ist. Mit dieser Spezialisierung vereinfachen sich die Ausdrücke für die elektrische und magnetische Feldstärke (siehe Nolting<ref name="Nolting455"/> im Limes <math>\beta = 0</math>). Für das Magnetfeld gilt | ||
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\vec{B} = \frac{\mu_0 q}{4\pi c |\vec{r}-\vec{R}_\mathrm{ret}|} \left( \ddot{\vec{R}} \times \vec{n}\right)_\mathrm{ret} | \vec{B} = \frac{\mu_0 q}{4\pi c |\vec{r}-\vec{R}_\mathrm{ret}|} \left( \ddot{\vec{R}} \times \vec{n}\right)_\mathrm{ret} | ||
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Die elektrische Feldstärke folgt daraus mit einer allgemeinen Relation für Felder in der [[Fernfeld|Fernzone]] | Die elektrische Feldstärke folgt daraus mit einer allgemeinen Relation für Felder in der [[Fernfeld|Fernzone]]<ref>[[John David Jackson (Physiker)|J. D. Jackson]], ''Klassische Elektrodynamik'', 4. Auflage, de Gruyter 2006, Abschnitt 9.8. Dort wird gezeigt, dass die Relation für alle Multipolordnungen gilt. Vorsicht: Der Ausdruck für <math>Z_0</math> auf Seite 472 enthält zwei Druckfehler; richtig ist <math>Z_0=\sqrt{\mu_0/\varepsilon_0}</math> für das Vakuum, siehe Abschnitt „Feldwellenwiderstand“ im Hauptartikel [[Wellenimpedanz]]</ref> | ||
<ref>[[John David Jackson (Physiker)|J. D. Jackson]], ''Klassische Elektrodynamik'', 4. Auflage, de Gruyter 2006, Abschnitt 9.8. Dort wird gezeigt, dass die Relation für alle Multipolordnungen gilt. Vorsicht: Der Ausdruck für <math>Z_0</math> auf Seite 472 enthält zwei Druckfehler; richtig ist <math>Z_0=\sqrt{\mu_0/\varepsilon_0}</math> für das Vakuum, siehe Abschnitt „Feldwellenwiderstand“ im Hauptartikel [[Wellenimpedanz]]</ref> | |||
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\vec{E} = c \vec{B} \times \vec{n} | \vec{E} = c \vec{B} \times \vec{n} | ||
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Damit ist die ins Unendliche gehende Energiestromdichte ([[Poynting-Vektor]]) im Abstand <math> r</math> betragsmäßig gleich | Damit ist die ins Unendliche gehende Energiestromdichte ([[Poynting-Vektor]]) im Abstand <math> r</math> betragsmäßig gleich | ||
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S = \frac1{\mu_0} |\vec{E}\times\vec{B}| = \frac{\mu_0 q^2}{16\pi^2 c r^2} \, \left| \ddot{\vec{R}}\right|^2\, \sin^2\!\vartheta | S = \frac1{\mu_0} |\vec{E}\times\vec{B}| = \frac{\mu_0 q^2}{16\pi^2 c r^2} \, \left| \ddot{\vec{R}}\right|^2\, \sin^2\!\vartheta | ||
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wobei <math>\vartheta\!\,</math> der Winkel zwischen dem Beschleunigungsvektor und der Beobachtungsrichtung ist. Den Energiestrom pro Raumwinkel erhält man durch Weglassen des <math>r^2</math> im Nenner. | wobei <math>\vartheta\!\,</math> der Winkel zwischen dem Beschleunigungsvektor und der Beobachtungsrichtung ist. Den Energiestrom pro Raumwinkel erhält man durch Weglassen des <math>r^2</math> im Nenner. | ||
Herleitung des B-Feldes: Die Teilchengeschwindigkeit soll klein gegenüber der Lichtgeschwindigkeit sein, so dass alle Terme vernachlässigt werden können, die im Ergebnis einen Faktor <math> \dot{R}/c </math> enthalten. Wenn Ableitungen nach <math>x,y,z,t</math> auf die retardierte Zeit wirken, braucht deswegen der Teilchenort nicht mitdifferenziert zu werden. Damit gilt näherungsweise | Herleitung des B-Feldes: Die Teilchengeschwindigkeit soll klein gegenüber der Lichtgeschwindigkeit sein, so dass alle Terme vernachlässigt werden können, die im Ergebnis einen Faktor <math> \dot{R}/c </math> enthalten. Wenn Ableitungen nach <math>x,y,z,t</math> auf die retardierte Zeit wirken, braucht deswegen der Teilchenort nicht mitdifferenziert zu werden. Damit gilt näherungsweise | ||
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= - \frac{\mu_0 q}{4\pi c |\vec{r}-\vec{R}_\mathrm{ret}|}\, \vec{n} \times \ddot{\vec{R}} | = - \frac{\mu_0 q}{4\pi c |\vec{r}-\vec{R}_\mathrm{ret}|}\, \vec{n} \times \ddot{\vec{R}} | ||
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wobei eine [[ | wobei eine [[Rotation (Mathematik)#Rechenregeln|Kettenregel für die Rotation]] benutzt wurde. Außerdem wurde <math> c^2 = 1/\varepsilon_0 \mu_0 </math> benutzt. | ||
== Einzelnachweise == | == Einzelnachweise == | ||
<references /> | <references /> | ||
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[[Kategorie:Elektrodynamik]] | [[Kategorie:Elektrodynamik]] |
Die Liénard-Wiechert-Potentiale (Emil Wiechert führte unabhängig von Alfred-Marie Liénard (1898) in einem Aufsatz 1900 die nach beiden benannten Liénard-Wiechert-Potentiale einer bewegten Ladung ein) beschreiben die elektrischen und magnetischen Felder, die von einer bewegten elektrischen Punktladung erzeugt werden. Sie verallgemeinern das Coulomb-Potential, das von einer ruhenden Punktladung erzeugt wird und keinen magnetischen Anteil hat, und stellen eine Näherung an das Potential dar, welches sich durch den Doppler-Effekt bei hohen Energien einstellen würde.
Das skalare Liénard-Wiechert-Potential ist ein modifiziertes Coulomb-Potential. Das Vektorpotential, das die Information über das Magnetfeld enthält, ist im Wesentlichen das skalare Potential multipliziert mit der Teilchengeschwindigkeit.
Gegenüber dem Coulomb-Potential bestehen folgende Unterschiede:
Aus den Potentialen können die elektrische und magnetische Feldstärke durch Ableitungen nach Raum- und Zeitkoordinaten gewonnen werden (siehe auch Potentiale und Wellengleichung der Elektrodynamik). Die Feldstärken zerfallen in einen Geschwindigkeits- und einen Beschleunigungsanteil. Der Anteil, der nur die Teilchengeschwindigkeit enthält, ist in der Nähe des Teilchens stark, in großem Abstand dagegen schwach (kein Fernfeld). Der zur Beschleunigung proportionale Anteil führt zur Abstrahlung von Energie ins Unendliche.[1]
Der Ort des Teilchens wird als vorgegebene Funktion $ {\vec {R}}(t) $ betrachtet. Wie die Bahnkurve zustande kommt (etwa durch elektromagnetische Felder, die Kräfte auf das Teilchen ausüben) wird nicht in Betracht gezogen. Die Geschwindigkeit des Teilchens wird über die zeitliche Ableitung der Funktion $ {\vec {R}}(t) $ berechnet. Eine im Folgenden praktische Größe ist diese Geschwindigkeit geteilt durch die Lichtgeschwindigkeit:
Im Internationalen Einheitensystem lauten die Liénard-Wiechert-Potentiale damit (nach Nolting[1], jedoch für Felder im materiefreien Raum formuliert)
Der Index „ret“ bedeutet, dass Teilchenposition und -geschwindigkeit zum retardierten Zeitpunkt zu nehmen sind. Für den retardierten Zeitpunkt gilt die implizite Gleichung
Abgesehen vom Spezialfall gleichförmiger Bewegung ist die Auflösung nach $ t_{\mathrm {ret} } $ oft nur näherungsweise möglich.
Der Vektor $ {\vec {n}} $ ist der Einheitsvektor, der vom Ort des Teilchens zum Ortsvektor $ \,{\vec {r}}\, $ zeigt. Es gilt also:
Hierbei bewegt sich das Teilchen auf einer Kreisbahn mit einer Geschwindigkeit $ v $ nahe der Lichtgeschwindigkeit $ c $. Der geschwindigkeitsabhängige Faktor nimmt dann bei jedem Umlauf einen hohen Spitzenwert an. Denn wenn die tangentiale Richtung der Geschwindigkeit mit der Richtung zum Beobachter übereinstimmt, d. h. wenn $ {\dot {\vec {R}}} $ parallel zu $ {\vec {n}} $ ist, dann gilt mit $ v\approx c $
wobei $ \gamma $ den Lorentzfaktor bezeichnet. Die Potentiale und Feldstärken sind damit proportional zu $ \gamma ^{2} $. Weil die Feldstärken quadratisch in die Strahlungsenergie eingehen (siehe Poynting-Vektor) wird die Energie der Synchrotronstrahlung proportional zu $ \gamma ^{4} $.
Niedrige Geschwindigkeit hat man zum Beispiel am Beginn eines Beschleunigungsvorganges. Große Entfernungen sind der Bereich, der für elektromagnetische Strahlung relevant ist. Mit dieser Spezialisierung vereinfachen sich die Ausdrücke für die elektrische und magnetische Feldstärke (siehe Nolting[1] im Limes $ \beta =0 $). Für das Magnetfeld gilt
Die elektrische Feldstärke folgt daraus mit einer allgemeinen Relation für Felder in der Fernzone[2]
Damit ist die ins Unendliche gehende Energiestromdichte (Poynting-Vektor) im Abstand $ r $ betragsmäßig gleich
wobei $ \vartheta \!\, $ der Winkel zwischen dem Beschleunigungsvektor und der Beobachtungsrichtung ist. Den Energiestrom pro Raumwinkel erhält man durch Weglassen des $ r^{2} $ im Nenner.
Herleitung des B-Feldes: Die Teilchengeschwindigkeit soll klein gegenüber der Lichtgeschwindigkeit sein, so dass alle Terme vernachlässigt werden können, die im Ergebnis einen Faktor $ {\dot {R}}/c $ enthalten. Wenn Ableitungen nach $ x,y,z,t $ auf die retardierte Zeit wirken, braucht deswegen der Teilchenort nicht mitdifferenziert zu werden. Damit gilt näherungsweise
Bei Ableitungen des Vektorpotentials darf der Faktor $ {\dot {R}}/c $ nicht stehenbleiben; also muss überhaupt nur dieser Faktor differenziert werden. Für das Magnetfeld erhält man so
wobei eine Kettenregel für die Rotation benutzt wurde. Außerdem wurde $ c^{2}=1/\varepsilon _{0}\mu _{0} $ benutzt.