Relativistischer Impuls: Unterschied zwischen den Versionen

Relativistischer Impuls: Unterschied zwischen den Versionen

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Bei Stößen und anderen Wechselwirkungen von Teilchen erweist sich der [[Impuls]] als additive Erhaltungsgröße: Die Summe der anfänglichen Impulse stimmt mit der Summe der Impulse nach der Wechselwirkung überein.
In der [[Spezielle Relativitätstheorie|speziellen Relativitätstheorie]] hängt der [[Impuls]] anders mit der [[Geschwindigkeit]] zusammen als in der [[Newtonsche Mechanik|Newtonschen Mechanik]] und wird daher auch '''relativistischer Impuls''' genannt. Der relativistische Impuls ist der tatsächlich wirksame, z. B. für Teilchen, die in Beschleunigern auf Zielkörper aufprallen. Bei [[Stoß (Physik)|Stößen]] und anderen [[Fundamentale Wechselwirkung|Wechselwirkungen]] von [[Teilchen]] erweist er sich als additive [[Erhaltungssatz|Erhaltungsgröße]]: Die Summe der anfänglichen Impulse stimmt mit der Summe der Impulse nach der Wechselwirkung überein.


In der speziellen Relativitätstheorie hängt der Impuls <math>\mathbf p</math> eines Teilchens der Masse <math>m</math> nichtlinear von der [[Geschwindigkeit]] <math>\mathbf v</math> ab:
Der Impuls <math>\vec p</math> eines Teilchens der [[Masse (Physik)|Masse]] <math>m</math> hängt in der speziellen Relativitätstheorie nichtlinear von der [[Geschwindigkeit]] <math>\vec v</math> ab:
:<math>\mathbf p = \gamma m \mathbf v = \frac{m \, \mathbf v}{\sqrt{1-\frac{\mathbf v^2}{c^2}}}</math>
Dabei ist <math>\gamma</math> der [[Lorentzfaktor]].


Für nicht-relativistische Geschwindigkeiten <math>(v\ll c)</math> ist <math>\gamma</math> gleich 1. So erhält man für kleine Geschwindigkeiten annähernd den klassischen Impuls wie in der [[Newtonsche Mechanik|Newtonschen Mechanik]]:
:<math>\vec p = \gamma m \vec v = \frac{m \vec v}{\sqrt{1 - \frac{v^2}{c^2}}}</math>
:<math>\mathbf p_{\text{Newton}} = m \, \mathbf v</math>


Nach dem [[Noether-Theorem]] gehört zur Impulserhaltung die Symmetrie der Wirkung unter räumlichen Verschiebungen.
Dabei ist <math>\gamma</math> der [[Lorentzfaktor|relativistische Faktor (Lorentzfaktor)]]. Der Lorentzfaktor wird bei steigender Geschwindigkeit immer größer, bei Lichtgeschwindigkeit unendlich.  


Wird durch eine Kraft <math>\mathbf F</math> Impuls im Laufe der Zeit auf ein Teilchen übertragen, so ändert sich dadurch sein Impuls. Kraft ist Impulsübertrag pro Zeit:
Für nichtrelativistische Geschwindigkeiten <math>(v\ll c)</math> ist <math>\gamma</math> annähernd&nbsp;1, d.&nbsp;h. man erhält für kleine Geschwindigkeiten den klassischen Impuls der [[Newtonsche Mechanik|newtonschen Mechanik]]:


:<math>\mathbf F =\frac{\mathrm d \mathbf p}{\mathrm d t}</math>
:<math>\vec p_{\text{Newton}} = m \vec v</math>
 
Nach dem [[Noether-Theorem]] gehört zur [[Impulserhaltungssatz|Impulserhaltung]] die [[Symmetrie (Physik)|Symmetrie]] der [[Wirkung (Physik)|Wirkung]] unter räumlichen Verschiebungen.
 
Wird durch eine [[Kraft]] <math>\vec F</math> Impuls im Laufe der Zeit auf ein Teilchen übertragen, so ändert sich dadurch sein Impuls, d.&nbsp;h. Kraft ist Impulsübertrag pro Zeit:
 
:<math>\vec F =\frac{\mathrm d \vec p}{\mathrm d t}</math>


== Herleitung ==
== Herleitung ==
Sowohl der Impuls wie auch die Energie eines Teilchens der Masse <math>m</math> müssen in relativistischer Physik für jeden Beobachter additive Erhaltungsgrößen sein. Daraus lässt sich die Abhängigkeit des Impulses und der Energie von der Geschwindigkeit <math>\vec v</math> ableiten.


Wie der Impuls und die Energie eines Teilchens der Masse <math>m</math> in relativistischer Physik von der [[Geschwindigkeit]] <math>\mathbf v</math> abhängen, [[Äquivalenz von Masse und Energie#Einsteins Herleitung|folgt daraus]], dass diese Größen für jeden Beobachter additive Erhaltungsgrößen sind.
Eine Herleitung ergibt sich auch aus der [[Hamiltonsches Prinzip|Wirkung]]
 
:<math>S[\mathcal L] = \int {\mathcal L}\left(t,\vec x(t),\vec v(t)\right) \, \mathrm d t</math>
Es ergibt sich auch aus der [[Hamiltonsches Prinzip|Wirkung]]
:<math>S[\mathbf X] = \int \, {\mathcal L}\bigl(t,\mathbf x(t),\frac{\mathrm d\mathbf x}{\mathrm d t}(t)\bigr) \, \mathrm d t</math>
mit der [[Lagrangefunktion]]
mit der [[Lagrangefunktion]]
:<math>{\mathcal L}(t,\mathbf x,\mathbf v)=-m \, c^2\sqrt{1-\frac{\mathbf v^2}{c^2}}.</math>
:<math>{\mathcal L}(t,\vec x,\vec v)=-m c^2\sqrt{1-\frac{v^2}{c^2}}.</math>


Da die Lagrangefunktion nicht vom Ort <math>\mathbf x</math> abhängt, (das heißt, die Komponenten <math>x^i\,,i=1,2,3\,,</math> sind [[Lagrange-Formalismus#Zyklische Variablen und Symmetrie|zyklisch]]), ist die Wirkung invariant unter räumlichen Verschiebungen. Die nach dem [[Noether-Theorem]] zugehörige Erhaltungsgröße ist definitionsgemäß der Impuls. Im vorliegenden Fall ist dies der zu <math>\mathbf x</math> [[Generalisierter Impuls|konjugierte Impuls]] mit Komponenten
Da die Lagrangefunktion nicht vom Ort <math>\vec x</math> abhängt (das heißt, die Komponenten <math>x^i\,,i=1,2,3\,,</math> sind [[Lagrange-Formalismus#Zyklische Variablen und Symmetrie|zyklisch]]), ist die Wirkung invariant unter räumlichen Verschiebungen. Die nach dem Noether-Theorem zugehörige Erhaltungsgröße ist definitionsgemäß der Impuls. Im vorliegenden Fall ist dies der zu <math>\vec x</math> [[Generalisierter Impuls|konjugierte Impuls]] mit Komponenten
:<math>p_i=\frac{\partial {\mathcal L}}{\partial v^i}=\frac{m \,v^i}{\sqrt{1-\mathbf v^2/c^2}},</math> also
:<math>p_i=\frac{\partial {\mathcal L}}{\partial v^i}=\frac{m v^i}{\sqrt{1- v^2/c^2}},</math> also
:<math>\mathbf p=\frac{m \,\mathbf v}{\sqrt{1-\mathbf v^2/c^2}}\,.</math>
:<math>\vec p=\frac{m \vec v}{\sqrt{1-v^2/c^2}}\,.</math>


Da die Lagrangefunktion nicht von der Zeit <math>t</math> abhängt, ist nach dem Noether-Theorem die Energie
Da die Lagrangefunktion nicht von der Zeit <math>t</math> abhängt, ist nach dem Noether-Theorem die Energie
:<math>E= v^i \frac{\partial {\mathcal L}}{\partial v^i}-{\mathcal L}=
:<math>E= v^i \frac{\partial {\mathcal L}}{\partial v^i}-{\mathcal L}=
\frac{m\,c^2}{\sqrt{1-\mathbf v^2/c^2}}</math>
\frac{mc^2}{\sqrt{1-v^2/c^2}}</math>
erhalten. Fassen wir hier die Geschwindigkeit als Funktion des Impulses auf,
eine Erhaltungsgröße. Die Geschwindigkeit als Funktion des Impulses ist


:<math>\mathbf{v}=\frac{\mathbf p}{\sqrt{m^2+\mathbf p^2/c^2}},</math>
:<math>\vec {v}=\frac{\vec p}{\sqrt{m^2+p^2/c^2}},</math>


wie sie sich umgekehrt aus <math>\mathbf p(\mathbf v)</math> ergibt, so erhalten wir die Energie als Funktion der Phasenraumvariablen, die [[Hamilton-Funktion]]
wie sie sich umgekehrt aus <math>\vec p(\vec v)</math> ergibt. Daraus folgt die Energie als Funktion der [[Phasenraum]]variablen, die [[Hamilton-Funktion]]
:<math>H(t, \mathbf {x},\mathbf {p})=\sqrt{m^2\,c^4+\mathbf p^2\,c^2}.</math>
:<math>H(t, \vec{x},\vec{p})=\sqrt{m^2c^4+p^2c^2}.</math>
Die Energie und der Impuls erfüllen also die [[Energie-Impuls-Relation|Energie-Impuls-Beziehung]] und liegen auf der [[Massenschale]].
Die Energie und der Impuls erfüllen also die [[Energie-Impuls-Relation|Energie-Impuls-Beziehung]] und liegen auf der [[Massenschale]].
== Literatur ==
* [[Torsten Fließbach]]: ''Allgemeine Relativitätstheorie.'' 4. Auflage. Elsevier – Spektrum Akademischer Verlag, 2003, ISBN 3-8274-1356-7.


[[Kategorie:Spezielle Relativitätstheorie]]
[[Kategorie:Spezielle Relativitätstheorie]]

Aktuelle Version vom 6. Juli 2021, 15:17 Uhr

In der speziellen Relativitätstheorie hängt der Impuls anders mit der Geschwindigkeit zusammen als in der Newtonschen Mechanik und wird daher auch relativistischer Impuls genannt. Der relativistische Impuls ist der tatsächlich wirksame, z. B. für Teilchen, die in Beschleunigern auf Zielkörper aufprallen. Bei Stößen und anderen Wechselwirkungen von Teilchen erweist er sich als additive Erhaltungsgröße: Die Summe der anfänglichen Impulse stimmt mit der Summe der Impulse nach der Wechselwirkung überein.

Der Impuls $ {\vec {p}} $ eines Teilchens der Masse $ m $ hängt in der speziellen Relativitätstheorie nichtlinear von der Geschwindigkeit $ {\vec {v}} $ ab:

$ {\vec {p}}=\gamma m{\vec {v}}={\frac {m{\vec {v}}}{\sqrt {1-{\frac {v^{2}}{c^{2}}}}}} $

Dabei ist $ \gamma $ der relativistische Faktor (Lorentzfaktor). Der Lorentzfaktor wird bei steigender Geschwindigkeit immer größer, bei Lichtgeschwindigkeit unendlich.

Für nichtrelativistische Geschwindigkeiten $ (v\ll c) $ ist $ \gamma $ annähernd 1, d. h. man erhält für kleine Geschwindigkeiten den klassischen Impuls der newtonschen Mechanik:

$ {\vec {p}}_{\text{Newton}}=m{\vec {v}} $

Nach dem Noether-Theorem gehört zur Impulserhaltung die Symmetrie der Wirkung unter räumlichen Verschiebungen.

Wird durch eine Kraft $ {\vec {F}} $ Impuls im Laufe der Zeit auf ein Teilchen übertragen, so ändert sich dadurch sein Impuls, d. h. Kraft ist Impulsübertrag pro Zeit:

$ {\vec {F}}={\frac {\mathrm {d} {\vec {p}}}{\mathrm {d} t}} $

Herleitung

Sowohl der Impuls wie auch die Energie eines Teilchens der Masse $ m $ müssen in relativistischer Physik für jeden Beobachter additive Erhaltungsgrößen sein. Daraus lässt sich die Abhängigkeit des Impulses und der Energie von der Geschwindigkeit $ {\vec {v}} $ ableiten.

Eine Herleitung ergibt sich auch aus der Wirkung

$ S[{\mathcal {L}}]=\int {\mathcal {L}}\left(t,{\vec {x}}(t),{\vec {v}}(t)\right)\,\mathrm {d} t $

mit der Lagrangefunktion

$ {\mathcal {L}}(t,{\vec {x}},{\vec {v}})=-mc^{2}{\sqrt {1-{\frac {v^{2}}{c^{2}}}}}. $

Da die Lagrangefunktion nicht vom Ort $ {\vec {x}} $ abhängt (das heißt, die Komponenten $ x^{i}\,,i=1,2,3\,, $ sind zyklisch), ist die Wirkung invariant unter räumlichen Verschiebungen. Die nach dem Noether-Theorem zugehörige Erhaltungsgröße ist definitionsgemäß der Impuls. Im vorliegenden Fall ist dies der zu $ {\vec {x}} $ konjugierte Impuls mit Komponenten

$ p_{i}={\frac {\partial {\mathcal {L}}}{\partial v^{i}}}={\frac {mv^{i}}{\sqrt {1-v^{2}/c^{2}}}}, $ also
$ {\vec {p}}={\frac {m{\vec {v}}}{\sqrt {1-v^{2}/c^{2}}}}\,. $

Da die Lagrangefunktion nicht von der Zeit $ t $ abhängt, ist nach dem Noether-Theorem die Energie

$ E=v^{i}{\frac {\partial {\mathcal {L}}}{\partial v^{i}}}-{\mathcal {L}}={\frac {mc^{2}}{\sqrt {1-v^{2}/c^{2}}}} $

eine Erhaltungsgröße. Die Geschwindigkeit als Funktion des Impulses ist

$ {\vec {v}}={\frac {\vec {p}}{\sqrt {m^{2}+p^{2}/c^{2}}}}, $

wie sie sich umgekehrt aus $ {\vec {p}}({\vec {v}}) $ ergibt. Daraus folgt die Energie als Funktion der Phasenraumvariablen, die Hamilton-Funktion

$ H(t,{\vec {x}},{\vec {p}})={\sqrt {m^{2}c^{4}+p^{2}c^{2}}}. $

Die Energie und der Impuls erfüllen also die Energie-Impuls-Beziehung und liegen auf der Massenschale.

Literatur

  • Torsten Fließbach: Allgemeine Relativitätstheorie. 4. Auflage. Elsevier – Spektrum Akademischer Verlag, 2003, ISBN 3-8274-1356-7.