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Als '''Synchrotronstrahlung''' bezeichnet man die [[Elektromagnetische Welle|elektromagnetische Strahlung]], die ''tangential'' zur Bewegungsrichtung geladener Teilchen abgestrahlt wird, wenn diese | Als '''Synchrotronstrahlung''' bezeichnet man die [[Elektromagnetische Welle|elektromagnetische Strahlung]], die ''[[tangential]]'' zur Bewegungsrichtung geladener Teilchen abgestrahlt wird, wenn diese aus einer geraden Bahn abgelenkt werden. Da die Ablenkung im physikalischen Sinne eine [[Beschleunigung]] (Änderung des Geschwindigkeitsvektors) darstellt, handelt es sich um eine besondere Form der [[Bremsstrahlung]]. | ||
Relevant wird die Synchrotronstrahlung bei [[Spezielle Relativitätstheorie|relativistischen]] Geschwindigkeiten der Teilchen nahe der [[Lichtgeschwindigkeit]]. Der Name ''Synchrotronstrahlung'' rührt von ihrem Auftreten in [[Synchrotron]]-Teilchenbeschleunigern her, bei denen Teilchen auf Kreisbahnen auf solche Geschwindigkeiten beschleunigt werden. Heutzutage wird Synchrotronstrahlung vielfach verwendet zur [[Strukturaufklärung]] von verschiedensten Materialien. Ein Vorteil gegenüber vielen anderen Methoden ist die hohe [[Brillanz (Strahlung)|Brillanz]], mit der diese Strahlung erzeugt werden kann. | |||
Synchrotronstrahlung kann auch natürlich im [[Weltraum]] bei verschiedensten Prozessen entstehen. Eine natürliche Quelle für Synchrotronstrahlung im All ist z. B. [[Jupiter (Planet)|Jupiter]], der seine Monde mit dieser Art der Strahlung beschießt. | |||
== Geschichte == | == Geschichte == | ||
Synchrotronstrahlung wurde 1944 von [[Dmitri Dmitrijewitsch Iwanenko]] und [[Isaak Jakowlewitsch Pomerantschuk]] vorhergesagt.<ref>Ivanenko, Pomeranchuk: ''On the maximal energy attainable in betatron.'' In: ''Physical Review.'' 65 (1944), S. 343.</ref> Etwa gleichzeitig wurde ihr Auftreten | Synchrotronstrahlung wurde 1944 von [[Dmitri Dmitrijewitsch Iwanenko]] und [[Isaak Jakowlewitsch Pomerantschuk]] vorhergesagt.<ref>Ivanenko, Pomeranchuk: ''On the maximal energy attainable in betatron.'' In: ''Physical Review.'' 65 (1944), S. 343.</ref> Etwa gleichzeitig wurde ihr Auftreten 1945 von [[Julian Schwinger]] am [[Massachusetts Institute of Technology|MIT]] berechnet, der darüber im Sommer 1945 in [[Los Alamos National Laboratory|Los Alamos]] und bei anderen Gelegenheiten wie dem [[American Physical Society|APS]]-Treffen im Herbst 1946 in New York vortrug und mit David Saxon veröffentlichte.<ref>Saxon, Schwinger: ''Electron orbits in the Synchrotron.'' In: ''Phys. Rev.'' Band 69, 1946, S. 702. Nur eine kurze Note. Die vollständigen Berechnungen zirkulierten damals nur als Manuskript und Schwinger veröffentlichte erst 1949 einen größeren Aufsatz: ''On the classical radiation of accelerated electrons.'' In: ''Phys. Rev.'' Band 75, 1949, S. 1912.</ref><ref>Jagdish Mehra, Kimball A. Milton: ''Climbing the mountain.'' Oxford University Press 2000, S. 138ff (Schwingers Biographie).</ref> Zu der Zeit war von einigen Physikern die Existenz einer solchen Strahlung bezweifelt worden. Man argumentierte, der Kreisstrom der Elektronen würde destruktiv interferierende Strahlung erzeugen, was Schwinger widerlegen konnte. | ||
Zuerst experimentell beobachtet wurde sie 1946 an einem [[Synchrotron]] von [[General Electric]] bei der Ringbeschleunigung von Elektronen.<ref>Frank Elder, Anatole Gurewitsch, Robert Langmuir, Herb Pollock: ''Radiation from Electrons in a Synchrotron.'' In: ''Physical Review.'' Band 71, 1947, S. 829–830.</ref><ref>[http://www.esrf.eu/about/synchrotron-science/history-synchrotron History of Synchrotron X-rays, ESRF].</ref> Zunächst wurde sie nur als störender Energieverlust der beschleunigten Teilchen angesehen. Erst ab Ende der 1970er Jahre begannen Planungen für spezielle Beschleuniger zur Erzeugung von Synchrotronstrahlung. | Zuerst experimentell beobachtet wurde sie 1946 an einem [[Synchrotron]] von [[General Electric]] bei der Ringbeschleunigung von Elektronen.<ref>Frank Elder, Anatole Gurewitsch, Robert Langmuir, Herb Pollock: ''Radiation from Electrons in a Synchrotron.'' In: ''Physical Review.'' Band 71, 1947, S. 829–830.</ref><ref>[http://www.esrf.eu/about/synchrotron-science/history-synchrotron History of Synchrotron X-rays, ESRF].</ref> Zunächst wurde sie nur als störender Energieverlust der beschleunigten Teilchen angesehen. Erst ab Ende der 1970er Jahre begannen Planungen für spezielle Beschleuniger zur Erzeugung von Synchrotronstrahlung. | ||
== | == Eigenschaften == | ||
Synchrotronstrahlung wird | Der Energieverlust durch Synchrotronstrahlung wird bei relativistischen Geschwindigkeiten, wenn also die Geschwindigkeit nicht mehr klein im Vergleich zur Lichtgeschwindigkeit ist, relevant. Dann wird sie gebündelt in Bewegungsrichtung der Teilchen abgestrahlt und ist größtenteils linear in der Ebene der Bewegungsrichtung [[Polarisation|polarisiert]]. Ihr Spektrum ist kontinuierlich und reicht vom Infrarot bis tief in den Röntgenbereich. | ||
=== Winkelabhängigkeit === | |||
[[Datei:Koordinatensystem Synchrotronstrahlung.svg|mini|Koordinatensystem mit Polarwinkel <math>\theta</math> und Azimutalwinkel <math>\phi</math>, das Teilchen bewegt sich in der <math>(x,z)</math>-Ebene]] | |||
Die differentielle abgestrahlte Leistung pro Raumwinkelelement <math>\mathrm dP/d\Omega</math> einer auf einer Kreisbahn bewegten Ladung beträgt<ref name="Jackson">{{Literatur|Autor= John David Jackson|Titel= Klassische Elektrodynamik|Verlag= de Gruyter|Auflage= 3|Ort= Berlin, New York| Jahr= 2002|Seiten= 771-788}}</ref> | |||
:<math>\frac{\mathrm dP}{\mathrm d\Omega} = \frac{q^2}{16\pi^2 \varepsilon_0 c} \frac{\dot \vec \beta^2}{(1 - \beta \cos \theta)^3}\left[1 - \frac{\sin^2 \theta \cos^2 \phi}{\gamma^2 (1 - \beta \cos \theta)^2}\right]</math> | |||
wobei das Koordinatensystem so gewählt ist, dass die bewegte Ladung momentan im Ursprung liegt, der Geschwindigkeitsvektor in <math>z</math>-Richtung und der Beschleunigungsvektor in <math>x</math>-Richtung zeigt. Dann sind <math>\phi</math> der Azimutalwinkel und <math>\theta</math> der Polarwinkel. Die restlichen in der Gleichung vorkommenden Größen sind: | |||
* die [[elektrische Ladung]] des Teilchens <math>q</math>, | |||
* die [[Elektrische Feldkonstante]] <math>\varepsilon_0</math>, | |||
* die [[Lichtgeschwindigkeit]] <math>c</math>, | |||
* die [[Geschwindigkeit]] des Teilchens in Einheiten der Lichtgeschwindigkeit <math>\vec \beta = \vec v/c</math> und | |||
* der [[Lorentzfaktor]] <math>\gamma = (1 - \beta^2)^{-1/2}</math> | |||
Für hochrelativistische Geschwindigkeiten, <math>\beta \to 1</math>, neigt sich das Maximum der abgestrahlten Leistung immer mehr in Vorwärtsrichtung <math>\theta \to 0</math>. Dieser Grenzfall lässt sich durch | |||
:<math>\ | :<math>\frac{\mathrm dP}{\mathrm d\Omega} \approx \frac{q^2}{2 \pi^2 \varepsilon_0 c} \gamma^6 \frac{\dot \vec \beta^2}{(1 + \gamma^2 \theta^2)^3} \left[1 - \frac{4 \gamma^2 \theta^2 \cos^2 \phi}{(1 + \gamma^2 \theta^2)^2}\right]</math> | ||
beschreiben.<ref name="Jackson"/> Nach einer Mittelung über den Azimutalwinkel <math>\phi</math> ergibt sich die Wurzel aus dem mittleren quadratischen Öffnungswinkel zu | |||
:<math>\sqrt{\overline{\theta^2}} = \frac{1}{\gamma} = \frac{mc^2}{E}</math> | |||
und nimmt mit wachsender Energie <math>E</math> des Teilchens ab. Im momentanen Ruhesystem erfolgt die Abstrahlung nach der Charakteristik eines [[Hertzscher Dipol|Hertz’schen Dipols]] quer zur Beschleunigung des Teilchens. Die im [[Laborsystem]] mit steigender Energie beobachtete zunehmend scharfe Bündelung entlang der Bewegungsrichtung wird durch eine [[Lorentztransformation]] verständlich. | |||
=== Frequenzverteilung und Polarisation=== | |||
<math> | Die differentielle [[Intensität (Physik)|Intensitätsverteilung]] der Strahlung eines geladenen Teilchens folgt nach den [[Liénard-Wiechert-Potential]]en für bewegte Ladungen zu:<ref name="Jackson"/> | ||
:<math>\frac{\mathrm d^2 I}{\mathrm d\omega\, \mathrm d\Omega} = \frac{q^2}{16\pi^3 \varepsilon_0 c} \omega^2 \left|\int_{-\infty}^\infty \mathrm dt\, \vec n \times (\vec n \times \vec \beta) e^{\mathrm i \omega(t - \vec n \cdot \vec r/c)}\right|^2</math> | |||
Da im hochrelativistischen Limes nur kleine Öffnungswinkel interessieren und die Synchrotronstrahlung ähnlich wie ein Scheinwerfer in nur kurzen Pulsen den Beobachtungspunkt überstreicht, führt eine [[Taylor-Entwicklung]] in <math>t</math> und <math>\theta</math> zu<ref name="Jackson"/> | |||
:<math>\frac{\mathrm d^2 I}{\mathrm d\omega\, \mathrm d\Omega} \approx \frac{q^2}{12 \pi^3 \varepsilon_0 c}\left(\frac{\omega R}{c}\right)^2\left(\frac{1}{\gamma^2} + \theta^2\right)^2 \left[K_{2/3}^2(\xi) + \frac{\theta^2}{(1/\gamma^2) + \theta^2} K_{1/3}^2(\xi)\right]</math>, | |||
wobei <math>K_{1/3}</math> und <math>K_{2/3}</math> die [[Airysche Integrale|Airyschen Integrale]] bezeichnen. Ihr Argument ist <math>\textstyle \xi = \frac{\omega R}{3c} \left(1/\gamma^2 + \theta^2\right)^{3/2}</math>. Der erste Summand in der Klammer ist dabei die Intensität der in der Bahnebene polarisierten, der zweite Summand der dazu senkrecht polarisierten Strahlung. Das Ergebnis ist unabhängig vom Azimutalwinkel <math>\phi</math>, da über eine komplette Umlaufbahn <math>r(t)</math> integriert wird und sich die Richtung relativ zum Beschleunigungsvektor herausmittelt. | |||
:<math>\ | Die Integration über alle Winkel ergibt<ref name="Jackson"/> | ||
:<math>\frac{\mathrm dI}{\mathrm d\omega} = \sqrt 3 \frac{q^2}{4 \pi \varepsilon_0 c} \gamma \frac{\omega}{\omega_c} \int_{\omega/\omega_c}^\infty \mathrm dx\, K_{5/3}(x)</math> | |||
mit der kritischen Kreisfrequenz <math>\textstyle \omega_c = \frac 32 \gamma^3 \frac cR</math> und | |||
die Integration über alle Frequenzen<ref name="Jackson"/> | |||
:<math>\frac{\mathrm dI}{\mathrm d\Omega} = \frac{7}{16} \frac{1}{4 \pi \varepsilon_0} \frac{q^2}{R} \frac{1}{(1/\gamma^2 + \theta^2)^{5/2}} \left[1 + \frac{5}{7} \frac{\theta^2}{(1/\gamma^2) + \theta^2}\right]</math>. | |||
Eine vollständige Integration sowohl über alle Winkel als auch Frequenzen ergibt | |||
:<math>I \approx \frac {7}{24 \varepsilon_0} \frac{q^2}{R} \gamma^4 \left[1 + \frac 17 \right]</math>; | |||
die Intensität der zur Bahnebene parallelen Polarisation ist also siebenmal größer als die der zur Bahnebene orthogonalen. | |||
==== Näherungen für große und kleine Frequenzen ==== | |||
Die Darstellung der Frequenzverteilung als Integral über eine Besselfunktion ist zwar exakt, aber in der praktischen Anwendung unhandlich. Daher existieren folgende Näherungen für kleine Frequenzen | |||
:<math>\left.\frac{\mathrm dI}{\mathrm d\omega}\right|_{\omega \ll \omega_c} \approx \left(\frac{\Gamma(2/3)}{\pi}\right)^2 \left(\frac{3}{2}\right)^{1/3} \frac{q^2}{2\varepsilon_0 c} \gamma \left(\frac{\omega}{\omega_c}\right)^{1/3}</math> | |||
mit der [[Gammafunktion]] <math>\Gamma</math>, die den Wert <math>\Gamma(2/3) \approx 1{,}354</math> annimmt und für große Frequenzen | |||
:<math>\left.\frac{\mathrm dI}{\mathrm d\omega}\right|_{\omega \gg \omega_c} \approx \left(\frac{3}{8\pi}\right)^{1/2} \frac{q^2}{2 \varepsilon_0 c} \gamma \left(\frac{\omega}{\omega_c}\right)^{1/2} e^{- \omega/\omega_c}</math> | |||
=== Totale Leistung === | |||
:<math> | Die totale Leistung ergibt sich nach einer Integration der Leistung über den kompletten Raumwinkel zur [[Larmor-Formel]]<ref name="Jackson"/> | ||
:<math>P = \frac{q^2}{6\pi \varepsilon_0 c}\gamma^6 \left((\dot \vec \beta)^2 - (\vec \beta \times \dot \vec \beta)^2\right)</math>. | |||
Bei einer Kreisbahn ist die Beschleunigung immer orthogonal zur momentanen Bewegungsrichtung. Es kann daher mit Beträgen statt mit Vektoren gerechnet werden. Des Weiteren ist der Betrag der [[Zentripetalbeschleunigung]] <math>\dot \beta = c\beta^2/R</math>. Es folgt | |||
:<math>P = \frac{c}{6\pi \varepsilon_0} \frac{q^2}{R^2} \beta^4 \gamma^4</math>. | |||
Der gesamte Energieverlust eines Teilchens pro Umlauf beträgt daher<ref>Bogdan Povh, Klaus Rith, Christoph Scholz, Frank Zetsche: ''Teilchen und Kerne. Eine Einführung in die physikalischen Konzepte.'' 2009, ISBN 978-3-540-68075-8, S. 365.</ref> | |||
:<math>\Delta E = P\Delta t = P \frac{2\pi R}{\beta c} = \frac{1}{3\varepsilon_0} \frac{q^2}{R} \beta^3 \gamma^4</math> | |||
= | Für relativistische Geschwindigkeiten, also <math> \beta \approx 1</math>, wird dies zu: | ||
:<math>\Delta E \approx \frac{1}{3\varepsilon_0} \frac{q^2}{R} \gamma^4 = \frac{1}{3\varepsilon_0} \frac{q^2}{R} \left(\frac{E}{mc^2}\right)^4</math> | |||
Dies stimmt aufgrund des [[Energieerhaltungssatz]]es mit der Gesamtenergie der emittierten Strahlung überein. Bei Geschwindigkeiten nahe der Lichtgeschwindigkeit nimmt also der Energieverlust des Teilchens durch die Abstrahlung sehr stark mit der kinetischen Energie zu. | |||
== Erzeugung und Anwendung == | |||
[[Datei:Syncrotron.png|mini|Synchrotronstrahlung erzeugt durch einen ablenkenden Magneten]] | |||
* | [[Datei:Undulator (numbers).svg|mini|Synchrotronstrahlung erzeugt durch abwechselnde Magnetfelder in einem [[Undulator]]<br>1: Magnete, <br>2: Elektronenstrahl, <br>3: Strahlungskeule]] | ||
* | Synchrotronstrahlung wird für Anwendungszwecke durch Ablenkung von [[Elektron]]en mit [[Kinetische Energie|Bewegungsenergien]] der Größenordnung 1 Giga-[[Elektronenvolt]] (GeV) erzeugt. Dazu dienen Elektronen-[[Speicherring]]e und [[Freie-Elektronen-Laser]] mit speziell hierfür konstruierten magnetischen Strukturen ([[Undulator]]en). | ||
* | |||
Für die Erzeugung von Synchrotronstrahlung existieren weltweit etwa 30 [[Laboratorium|Laboratorien]]. In Deutschland sind das unter anderem [[BESSY]] in [[Berlin]], [[DESY]] in [[Hamburg]], [[DELTA]] an der [[Technische Universität Dortmund|Technischen Universität Dortmund]] und [[ANKA (Synchrotronstrahlungslabor)|ANKA]] in [[Karlsruhe]]. | |||
Eine Reihe von Aspekten sind vorteilhaft für Anwendungen der Synchrotronstrahlung in Wissenschaft und Technik: | |||
* Aus dem breiten Spektrum lässt sich für verschiedene Zwecke ein jeweils geeignetes Frequenzfenster wählen. | |||
* Sie kann mit hoher Intensität erzeugt werden verglichen mit anderen Strahlungsquellen außer [[Laser]]n, | |||
* darüber hinaus mit sehr hoher [[Brillanz (Strahlung)|Brillanz]]. | |||
* Sie lässt sich [[Puls (Elektrotechnik)|gepulst]] erzeugen; Frequenz und Pulsdauer sind (in engen Grenzen) einstellbar. | |||
* Durch ihre gute Berechenbarkeit eignet sie sich als Strahlungsnormal zur Eichung von Strahlungsquellen oder -detektoren. | |||
=== Polarisation der Synchrotronstrahlung === | === Polarisation der Synchrotronstrahlung === | ||
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* [[Freie-Elektronen-Laser|Freie-Elektronen-Laser (FEL)]] stellen die vierte Generation dar. Erste Anlagen sind FELICITA am DELTA an der TU Dortmund und der FLASH am DESY in Hamburg. | * [[Freie-Elektronen-Laser|Freie-Elektronen-Laser (FEL)]] stellen die vierte Generation dar. Erste Anlagen sind FELICITA am DELTA an der TU Dortmund und der FLASH am DESY in Hamburg. | ||
== | === Anwendungsfelder === | ||
Die Synchrotronstrahlung kann genutzt werden für die | Die Synchrotronstrahlung kann genutzt werden für die | ||
* [[Oberflächenphysik]] | * [[Oberflächenphysik]] | ||
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* [[Röntgenbeugung]] | * [[Röntgenbeugung]] | ||
* [[Photochemie]] | * [[Photochemie]] | ||
* [[Röntgentiefenlithographie]] | * [[LIGA (Fertigungsverfahren)|Röntgentiefenlithographie]] | ||
* [[Metrologie]] | * [[Metrologie]] | ||
* [[Mineralogie]] | * [[Mineralogie]] | ||
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* [[Medizin]] | * [[Medizin]] | ||
== Quellen == | == Natürliche Quellen von Synchrotronstrahlung == | ||
In der [[Astronomie]] tritt Synchrotronstrahlung dann auf, wenn sich ein heißes [[Plasma (Physik)|Plasma]] in einem [[Magnetismus|Magnetfeld]] bewegt. Beispiele für kosmische „Synchrotronquellen“ sind [[Pulsar]]e, [[Radiogalaxie]]n und [[Quasar]]e. | |||
== Literatur == | == Literatur == | ||
* Albert Hofmann: ''The Physics of Synchrotron Radiation.'' Cambridge University Press, 2004, ISBN 0-521-30826-7. | * Albert Hofmann: ''The Physics of Synchrotron Radiation.'' Cambridge University Press, 2004, ISBN 0-521-30826-7. | ||
* Helmut Wiedemann: ''Synchrotron Radiation.'' Springer, 2003, ISBN 3-540-43392-9. | * Helmut Wiedemann: ''Synchrotron Radiation.'' Springer, 2003, ISBN 3-540-43392-9. | ||
== Weblinks == | == Weblinks == | ||
{{Commonscat|Synchrotrons|Synchrotron}} | |||
* [http://www.delta.tu-dortmund.de/cms/Medienpool/SYLI/Vorlesung_SyLi.pdf TU Dortmund: Eigenschaften der Synchrotronstrahlung] pdf 11,9 MB | * [http://www.delta.tu-dortmund.de/cms/Medienpool/SYLI/Vorlesung_SyLi.pdf TU Dortmund: Eigenschaften der Synchrotronstrahlung] pdf 11,9 MB | ||
* [http://www-elsa.physik.uni-bonn.de/Informationen/accelerator_list.html Liste der Großbeschleuniger weltweit, darunter viele Synchrotronstrahlungslaboratorien] | * [http://www-elsa.physik.uni-bonn.de/Informationen/accelerator_list.html Liste der Großbeschleuniger weltweit, darunter viele Synchrotronstrahlungslaboratorien] | ||
* [http://lightsources.org/ Website der "vereinigten" Lichtquellen] | * [http://lightsources.org/ Website der "vereinigten" Lichtquellen] | ||
* [http://hasylab.desy.de/e81/e19622/e53090/e53346/e53347/e53352/infoboxContent62596/xray-03_eng.pdf Strahlung beschleunigter Teilchen] (sehr guter Überblick; PDF, 553 KiB) | * [http://hasylab.desy.de/e81/e19622/e53090/e53346/e53347/e53352/infoboxContent62596/xray-03_eng.pdf Strahlung beschleunigter Teilchen] (sehr guter Überblick; PDF, 553 KiB) | ||
== Einzelnachweise == | |||
<references /> | |||
{{Normdaten|TYP=s|GND=4184235-2}} | |||
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Als Synchrotronstrahlung bezeichnet man die elektromagnetische Strahlung, die tangential zur Bewegungsrichtung geladener Teilchen abgestrahlt wird, wenn diese aus einer geraden Bahn abgelenkt werden. Da die Ablenkung im physikalischen Sinne eine Beschleunigung (Änderung des Geschwindigkeitsvektors) darstellt, handelt es sich um eine besondere Form der Bremsstrahlung.
Relevant wird die Synchrotronstrahlung bei relativistischen Geschwindigkeiten der Teilchen nahe der Lichtgeschwindigkeit. Der Name Synchrotronstrahlung rührt von ihrem Auftreten in Synchrotron-Teilchenbeschleunigern her, bei denen Teilchen auf Kreisbahnen auf solche Geschwindigkeiten beschleunigt werden. Heutzutage wird Synchrotronstrahlung vielfach verwendet zur Strukturaufklärung von verschiedensten Materialien. Ein Vorteil gegenüber vielen anderen Methoden ist die hohe Brillanz, mit der diese Strahlung erzeugt werden kann.
Synchrotronstrahlung kann auch natürlich im Weltraum bei verschiedensten Prozessen entstehen. Eine natürliche Quelle für Synchrotronstrahlung im All ist z. B. Jupiter, der seine Monde mit dieser Art der Strahlung beschießt.
Synchrotronstrahlung wurde 1944 von Dmitri Dmitrijewitsch Iwanenko und Isaak Jakowlewitsch Pomerantschuk vorhergesagt.[1] Etwa gleichzeitig wurde ihr Auftreten 1945 von Julian Schwinger am MIT berechnet, der darüber im Sommer 1945 in Los Alamos und bei anderen Gelegenheiten wie dem APS-Treffen im Herbst 1946 in New York vortrug und mit David Saxon veröffentlichte.[2][3] Zu der Zeit war von einigen Physikern die Existenz einer solchen Strahlung bezweifelt worden. Man argumentierte, der Kreisstrom der Elektronen würde destruktiv interferierende Strahlung erzeugen, was Schwinger widerlegen konnte.
Zuerst experimentell beobachtet wurde sie 1946 an einem Synchrotron von General Electric bei der Ringbeschleunigung von Elektronen.[4][5] Zunächst wurde sie nur als störender Energieverlust der beschleunigten Teilchen angesehen. Erst ab Ende der 1970er Jahre begannen Planungen für spezielle Beschleuniger zur Erzeugung von Synchrotronstrahlung.
Der Energieverlust durch Synchrotronstrahlung wird bei relativistischen Geschwindigkeiten, wenn also die Geschwindigkeit nicht mehr klein im Vergleich zur Lichtgeschwindigkeit ist, relevant. Dann wird sie gebündelt in Bewegungsrichtung der Teilchen abgestrahlt und ist größtenteils linear in der Ebene der Bewegungsrichtung polarisiert. Ihr Spektrum ist kontinuierlich und reicht vom Infrarot bis tief in den Röntgenbereich.
Die differentielle abgestrahlte Leistung pro Raumwinkelelement $ \mathrm {d} P/d\Omega $ einer auf einer Kreisbahn bewegten Ladung beträgt[6]
wobei das Koordinatensystem so gewählt ist, dass die bewegte Ladung momentan im Ursprung liegt, der Geschwindigkeitsvektor in $ z $-Richtung und der Beschleunigungsvektor in $ x $-Richtung zeigt. Dann sind $ \phi $ der Azimutalwinkel und $ \theta $ der Polarwinkel. Die restlichen in der Gleichung vorkommenden Größen sind:
Für hochrelativistische Geschwindigkeiten, $ \beta \to 1 $, neigt sich das Maximum der abgestrahlten Leistung immer mehr in Vorwärtsrichtung $ \theta \to 0 $. Dieser Grenzfall lässt sich durch
beschreiben.[6] Nach einer Mittelung über den Azimutalwinkel $ \phi $ ergibt sich die Wurzel aus dem mittleren quadratischen Öffnungswinkel zu
und nimmt mit wachsender Energie $ E $ des Teilchens ab. Im momentanen Ruhesystem erfolgt die Abstrahlung nach der Charakteristik eines Hertz’schen Dipols quer zur Beschleunigung des Teilchens. Die im Laborsystem mit steigender Energie beobachtete zunehmend scharfe Bündelung entlang der Bewegungsrichtung wird durch eine Lorentztransformation verständlich.
Die differentielle Intensitätsverteilung der Strahlung eines geladenen Teilchens folgt nach den Liénard-Wiechert-Potentialen für bewegte Ladungen zu:[6]
Da im hochrelativistischen Limes nur kleine Öffnungswinkel interessieren und die Synchrotronstrahlung ähnlich wie ein Scheinwerfer in nur kurzen Pulsen den Beobachtungspunkt überstreicht, führt eine Taylor-Entwicklung in $ t $ und $ \theta $ zu[6]
wobei $ K_{1/3} $ und $ K_{2/3} $ die Airyschen Integrale bezeichnen. Ihr Argument ist $ \textstyle \xi ={\frac {\omega R}{3c}}\left(1/\gamma ^{2}+\theta ^{2}\right)^{3/2} $. Der erste Summand in der Klammer ist dabei die Intensität der in der Bahnebene polarisierten, der zweite Summand der dazu senkrecht polarisierten Strahlung. Das Ergebnis ist unabhängig vom Azimutalwinkel $ \phi $, da über eine komplette Umlaufbahn $ r(t) $ integriert wird und sich die Richtung relativ zum Beschleunigungsvektor herausmittelt.
Die Integration über alle Winkel ergibt[6]
mit der kritischen Kreisfrequenz $ \textstyle \omega _{c}={\frac {3}{2}}\gamma ^{3}{\frac {c}{R}} $ und die Integration über alle Frequenzen[6]
Eine vollständige Integration sowohl über alle Winkel als auch Frequenzen ergibt
die Intensität der zur Bahnebene parallelen Polarisation ist also siebenmal größer als die der zur Bahnebene orthogonalen.
Die Darstellung der Frequenzverteilung als Integral über eine Besselfunktion ist zwar exakt, aber in der praktischen Anwendung unhandlich. Daher existieren folgende Näherungen für kleine Frequenzen
mit der Gammafunktion $ \Gamma $, die den Wert $ \Gamma (2/3)\approx 1{,}354 $ annimmt und für große Frequenzen
Die totale Leistung ergibt sich nach einer Integration der Leistung über den kompletten Raumwinkel zur Larmor-Formel[6]
Bei einer Kreisbahn ist die Beschleunigung immer orthogonal zur momentanen Bewegungsrichtung. Es kann daher mit Beträgen statt mit Vektoren gerechnet werden. Des Weiteren ist der Betrag der Zentripetalbeschleunigung $ {\dot {\beta }}=c\beta ^{2}/R $. Es folgt
Der gesamte Energieverlust eines Teilchens pro Umlauf beträgt daher[7]
Für relativistische Geschwindigkeiten, also $ \beta \approx 1 $, wird dies zu:
Dies stimmt aufgrund des Energieerhaltungssatzes mit der Gesamtenergie der emittierten Strahlung überein. Bei Geschwindigkeiten nahe der Lichtgeschwindigkeit nimmt also der Energieverlust des Teilchens durch die Abstrahlung sehr stark mit der kinetischen Energie zu.
Synchrotronstrahlung wird für Anwendungszwecke durch Ablenkung von Elektronen mit Bewegungsenergien der Größenordnung 1 Giga-Elektronenvolt (GeV) erzeugt. Dazu dienen Elektronen-Speicherringe und Freie-Elektronen-Laser mit speziell hierfür konstruierten magnetischen Strukturen (Undulatoren).
Für die Erzeugung von Synchrotronstrahlung existieren weltweit etwa 30 Laboratorien. In Deutschland sind das unter anderem BESSY in Berlin, DESY in Hamburg, DELTA an der Technischen Universität Dortmund und ANKA in Karlsruhe.
Eine Reihe von Aspekten sind vorteilhaft für Anwendungen der Synchrotronstrahlung in Wissenschaft und Technik:
Die in Richtung der Ringebene linear polarisierte Strahlung eignet sich beispielsweise gut, um magnetische Materialien mittels mikromagnetischer Untersuchung zu charakterisieren. Die lineare Polarisation kann mittels mechanischer Phasenverschiebung der Magnetisierungsregionen in einem Undulator in zirkulare Polarisation umgewandelt werden; dies ermöglicht höhere Kontraste bei der Untersuchung der Magnetisierungsregionen magnetischer Materialien. Die Bestrahlung racemischer organischer Verbindungen mit zirkular polarisierter Synchrotronstrahlung erlaubt es etwa, in chiralen Aminosäuren einen Enantiomerenüberschuss zu erzielen.
Man unterscheidet Quellen der ersten, zweiten, dritten und vierten Generation. Diese unterscheiden sich im Wesentlichen durch die Brillanz der emittierten Strahlung.
Die Synchrotronstrahlung kann genutzt werden für die
In der Astronomie tritt Synchrotronstrahlung dann auf, wenn sich ein heißes Plasma in einem Magnetfeld bewegt. Beispiele für kosmische „Synchrotronquellen“ sind Pulsare, Radiogalaxien und Quasare.