Ein physikalisches Kraftfeld ist ein Feld, dessen Feldstärke auf einen Probekörper eine Kraft ausübt.[1] Die Kraft hängt ab vom Ort $ {\vec {r}} $ des Probekörpers in dem Feld und von der Ladung $ q $ des Probekörpers bezüglich der betreffenden Wechselwirkung.
Die Wirkung des Probekörpers auf das Feld wird als vernachlässigbar klein angenommen, in dieser Weise ist ein Probekörper idealisiert und reagiert nur passiv. Falls das Kraftfeld durch die elektromagnetische Wechselwirkung hervorgerufen wird, ist $ q $ die elektrische Ladung; der Körper wird dann Probeladung genannt. Im Schwerefeld ist die Ladung die Masse $ m $, der Körper heißt dann Probemasse.
Mathematisch ist die Kraft auf einen Probekörper in einem Kraftfeld eine vektorwertige Funktion des Ortes: $ {\vec {F}}({\vec {r}},q) $. Kraftfelder können mit Hilfe von Feldlinien dargestellt werden.
In der Literatur ist die Verwendung des Begriffs nicht einheitlich: der Begriff kann zum einen synonym mit der Feldstärke $ {\vec {E}}({\vec {r}}) $ so verstanden werden, dass es das Feld ist, das unabhängig vom Vorhandensein eines Probekörpers existiert und nicht die Dimension einer Kraft hat; ein derartiges Feld muss noch mit der Ladung des Probekörpers multipliziert werden, um die Kraft auf diesen zu erhalten: $ {\vec {F}}({\vec {r}},q)=q\cdot {\vec {E}}({\vec {r}}) $.[1] Andere Autoren verstehen unter dem Kraftfeld hingegen eine Feldfunktion mit der Dimension einer Kraft, die vom verwendeten Probekörper abhängig ist.[2] Auch hierbei ist die Abhängigkeit vom Probekörper ohne Rückwirkung des Probekörpers auf das bestehende Feld zu verstehen.
Aus einem elektrischen Feld erhält man durch Multiplikation der elektrischen Feldstärke mit der elektrischen Ladung des Probekörpers ein Kraftfeld. Analog erhält man bei einem Gravitationsfeld durch Multiplikation der Gravitationsfeldstärke (d.h. der Gravitationsbeschleunigung) mit der Masse des Probekörpers die Gravitationskraft. Wird der Probekörper im Kraftfeld entlang eines Weges s von A nach B bewegt, wird dabei die Arbeit
$ W=\int _{A}^{B}{\vec {F}}({\vec {r}})\cdot \mathrm {d} {\vec {r}} $
verrichtet. Wird es entlang eines anderen Weges s' wieder von B zurück nach A bewegt, ist die dabei verrichtete Arbeit W' für konservative Kraftfelder gleich -W, kann aber für Kraftfelder, die wie das Magnetfeld kein Gradient eines Potentials sind, davon abweichen.
Im einfachsten Fall ist das Kraftfeld homogen, die Kraft also an allen Orten gleich. Dies stellt eine Idealisierung dar, die zum Beispiel für das Schwerefeld in der Nähe der Erdoberfläche, oder das elektrische Feld zwischen zwei Kondensatorplatten eine sinnvolle Näherung ist.
Der Begriff Kraftfeld wurde gegen 1830 von Michael Faraday aus den Beobachtungen zu Elektrizität und Magnetismus heraus entwickelt und am Bild der Feldlinien präzisiert. Demnach herrscht an jedem Punkt des Raums eine bestimmte Feldstärke, die man durch ihre Kraftwirkung auf einen Probekörper nachweisen und messen kann. Alsbald wurde auch die Gravitation durch ein Gravitationsfeld beschrieben. Hervorgerufen wird ein Feld durch einen anderen Körper, die Quelle des Feldes. Damit konnte das als philosophisch problematisch angesehene Bild der Fernwirkung abgelöst werden: Ein Körper wirkt nun nicht mehr durch den leeren Raum direkt auf einen anderen ein, sondern erzeugt um sich herum ein Feld, das seinerseits am Ort des anderen Körpers seine Wirkung ausübt.
Dass einem Feld auch unabhängig von seiner Quelle physikalische Realität zukommt, wurde 1886 durch die Entdeckung von Heinrich Hertz gezeigt, dass freie elektromagnetische Felder in Form von Wellen existieren und sich ausbreiten. 1905 ergab sich aus der speziellen Relativitätstheorie von Albert Einstein, dass diese Felder ohne jedes materielle Substrat („Äther“) im Vakuum existieren und sich nicht unendlich schnell ausbreiten, sondern mit Lichtgeschwindigkeit. Der Gedanke, dass dies auch für das Gravitationsfeld gelten müsse, führte Einstein 1916 zur Allgemeinen Relativitätstheorie.
1900 machte Max Planck die Entdeckung, dass das freie elektromagnetische Feld seine Energie nur in bestimmten Portionen aufnehmen oder abgeben kann. Diese wurden 1905 von Einstein als Lichtquanten, später als Photonen bezeichnet. Dies markiert den Beginn der Quantenphysik.
Ab 1927 wandten Paul Dirac, Werner Heisenberg, Wolfgang Pauli u.a. die Regeln der Quantenmechanik auf Felder an. Demnach sind die Photonen die elementaren Anregungsstufen des freien elektromagnetischen Felds. Darüber hinaus ergibt sich, dass Photonen in „virtuellen Zuständen“ existieren können, die nach den klassischen Feldgleichungen verboten wären. In solchen Zuständen können die Photonen zwar nicht direkt nachgewiesen werden, sind aber für sämtliche beobachtbaren elektrischen und magnetischen Effekte verantwortlich. Damit stehen sie in der Quantenelektrodynamik als Austauschteilchen hinter der elektromagnetischen Wechselwirkung und rufen insbesondere auch die Faradayschen Kraftfelder hervor.
Die entsprechenden Feldquanten für das zweite Kraftfeld der klassischen Physik, das Gravitationsfeld, heißen Gravitonen. Es ist derzeit aber unbekannt, ob sie wirklich existieren. Eine befriedigende Quantenfeldtheorie für die Gravitation wurde noch nicht gefunden.
Friedrich Hund: Geschichte der physikalischen Begriffe (Bd. 2). 2. Auflage. BI Hochschultaschenbücher, Mannheim 1978, ISBN 3-411-05543-X.