Feinstrukturkonstante

Feinstrukturkonstante

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Physikalische Konstante
Name Feinstrukturkonstante
Formelzeichen $ \alpha $
Größenart dimensionslos
Wert
SI $ 7{,}297\,352\,566\,4\cdot 10^{-3} $
Unsicherheit (rel.) $ 2{,}3\cdot 10^{-10} $
Bezug zu anderen Konstanten
$ \alpha ={\frac {e^{2}}{4\pi \,\varepsilon _{0}\,\hbar \,c}} $ (im SI)
Quellen und Anmerkungen
Quelle SI-Wert: CODATA 2014 (Direktlink)
$ \alpha $ ist unabhängig vom Einheitensystem
Sommerfeld-Büste, München, LMU, Theresienstr. 37. Unter der Büste steht die Formel der Feinstrukturkonstante (angegeben im Gaußschen Einheitensystem (ESU), das in der theoretischen Physik oft bevorzugt wird.)

Die Feinstrukturkonstante $ \alpha $ ist eine dimensionslose physikalische Konstante, die die Stärke der elektromagnetischen Wechselwirkung angibt. Sie wurde 1916 von Arnold Sommerfeld bei der theoretischen Erklärung der Aufspaltung (Feinstruktur) von Spektrallinien im Spektrum des Wasserstoffatoms eingeführt, daher wird sie auch Sommerfeldkonstante oder Sommerfeldsche Feinstrukturkonstante genannt.

Sie ist die elektromagnetische Kopplungskonstante. Das bedeutet, sie beschreibt die Stärke, mit der das Austauschteilchen der elektromagnetischen Wechselwirkung, das Photon, an ein elektrisch geladenes Elementarteilchen, zum Beispiel ein Elektron, koppelt. Damit bestimmt die Feinstrukturkonstante die Rate für physikalische Prozesse wie die Lichtemission und die Stärke der abstoßenden oder anziehenden Kräfte zwischen elektrisch geladenen Teilchen.

Wert

Ihr Wert beträgt nach derzeitiger Messgenauigkeit:[1]

$ \alpha \ =7{,}297\,352\,5664\,(17)\cdot 10^{-3}\ \ \approx \ {\frac {1}{137{,}036}}, $

wobei die eingeklammerten Ziffern die Unsicherheit in den letzten Stellen des Wertes bezeichnen. Diese Unsicherheit ist als geschätzte Standardabweichung des angegebenen Zahlenwertes vom tatsächlichen Wert angegeben.

Die Feinstrukturkonstante hängt mit der Elementarladung $ e $ und dem reduzierten Planckschen Wirkungsquantum $ \hbar ={\tfrac {h}{2\pi }} $ zusammen über die Lichtgeschwindigkeit $ c $ und die elektrische Feldkonstante $ \varepsilon _{0} $ nach

$ \alpha \ =\ {\frac {1}{2c\,\varepsilon _{0}}}\;{\frac {e^{2}}{h}}=\ {\frac {1}{4\pi \,c\,\varepsilon _{0}}}\;{\frac {e^{2}}{\hbar \,}}. $

Hierin ist $ e^{2}/h $ der Kehrwert des aus dem Quanten-Hall-Effekt sehr genau bestimmbaren von-Klitzing'schen Elementarwiderstandes $ R_{K}\cong 25812,8074555(59)\ \Omega $. Um die Feinstrukturkonstante zu erhalten, muss dieser Kehrwert wegen $ \varepsilon _{0}\,\mu _{0}=1/c^{2} $ nur noch mit $ c\mu _{0}/2 $ multipliziert werden. Dieser Faktor ist exakt bekannt, denn die Vakuumlichtgeschwindigkeit $ c $ und die magnetische Feldkonstante $ \mu _{0} $ sind durch Definitionen exakt festgelegt.[2]

Vergleich der Grundkräfte der Physik

Direkt kann die Stärke der elektromagnetischen Wechselwirkung nur mit der Gravitation verglichen werden, da beide Kräfte dem gleichen Abstandsgesetz gehorchen: Die Stärke der Kraft nimmt mit dem Quadrat des Abstandes ab.[3]

Drückt man die durch die Gravitationskonstante angegebene Stärke der Gravitation zwischen zwei Protonen, also schwereren Fermionen (im Vergleich z. B. zu Elektronen), in einer wie die Feinstrukturkonstante dimensionslosen Zahl aus, so erhält man einen Wert von

$ \alpha _{G}\ ={\frac {G\,m_{p}^{2}}{\hbar \,c}}\ \approx \ 5{,}9\cdot 10^{-39}. $

Vergleicht man diesen Wert mit der Feinstrukturkonstanten, die die Stärke der elektrischen Abstoßung zwischen den beiden Protonen angibt, sieht man, dass die elektromagnetische Wechselwirkung in etwa um den Faktor 1036 stärker ist als die Gravitation (Hierarchieproblem).

Die Starke Wechselwirkung hat eine energieabhängige (‚laufende') Kopplungskonstante. Der Vergleichswert für die Kraft zwischen zwei Nukleonen im Atomkern ist

$ \alpha _{s}\ \cong \ 1. $

Vergleicht man die Zerfallsraten aus starken und schwachen Zerfällen, so erhält man für die Schwache Kraft eine Kopplungskonstante von

$ \alpha _{w}\ =\ 10^{-7}\ \ldots \ 10^{-6}. $

Zeitliche Konstanz

Die Antwort auf die Frage, ob die Feinstrukturkonstante zeitlich variiert oder seit dem Urknall unverändert ist, ist von beträchtlichem theoretischen Interesse. Bisherige Überlegungen und Messungen konnten bislang keine Veränderung signifikant nachweisen.

Experimente und Messungen hierzu werden auf ganz unterschiedlichen Zeitskalen durchgeführt[4][5]:

  • Laborexperimente, beispielsweise mit Atomuhren, können die relative zeitliche Veränderung von α auf höchstens 10−16/Jahr einschränken.[6][7]
  • Die Beobachtung von Absorptionslinien von Quasaren verbessert diese Genauigkeit um ein bis zwei Größenordnungen[8][9], wobei die Behandlung systematischer Fehler aber schwierig ist und bislang sowohl signifikant positive als auch Nullresultate publiziert wurden. Eine abschließende Auswertung aller Daten steht noch aus.
  • Die Betrachtung der primordialen Nukleosynthese dehnt das Nullresultat auf Zeiten unmittelbar nach dem Urknall aus, allerdings mit größerem Fehlerbalken.
  • Der Naturreaktor Oklo[10][11] und die Isotopenverteilung in Meteoriten wurden ebenfalls für Abschätzungen benutzt.

Energieabhängigkeit

In der Elementarteilchenphysik hängt die Feinstrukturkonstante auch noch von der Energie ab. So ist bei der Masse des Z-Bosons (91 GeV) die Feinstrukturkonstante $ \alpha \approx {\frac {1}{128}}. $ Die Wechselwirkung wird durch Elektron-Positron-Paare abgeschirmt, die kurzzeitig aus dem Vakuum heraus existieren (s. Vakuumfluktuation). Die Teilchen kommen sich bei höheren Energien näher und somit gibt es zwischen ihnen weniger Elektron-Positron-Paare, die die Wechselwirkung abschirmen.

Bei allen herkömmlichen Anwendungen, z. B. in der Spektroskopie, betragen die Energien typischerweise nur einige eV, womit die Energieabhängigkeit verschwindend gering ist.[12]

Auftreten in der Physik

  • Feinstrukturaufspaltung bei Atomen, $ \sim (Z\cdot \alpha )^{2} $.
  • Spektrale Absorption einer Graphenschicht, $ \sim \pi \cdot \alpha $.

Zitate

It has been a mystery ever since it was discovered more than fifty years ago, and all good theoretical physicists put this number up on their wall and worry about it.

„Sie war stets ein Mysterium, seit sie vor über fünfzig Jahren entdeckt wurde, und alle guten theoretischen Physiker hängen sich diese Zahl an die Wand und zerbrechen sich über sie den Kopf.“

Weblinks

Commons: Feinstrukturkonstante – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien

Einzelnachweise und Belege

  1. CODATA Recommended Values. National Institute of Standards and Technology, abgerufen am 26. Juli 2015. Wert für $ \alpha $.
  2. $ \mu _{0}\equiv 4\pi \cdot 10^{-7} $ Vs/Am; $ \,\,c: $ Siehe Lichtgeschwindigkeit.
  3. Rohlf, James William: Modern Physics from a to Z0, Wiley, 1994
  4. John D. Barrow: Varying Constants, Phil. Trans. Roy. Soc. Lond. A363 (2005) 2139–2153, online
  5. Jean-Philippe Uzan, The fundamental constants and their variation: observational status and theoretical motivations, Rev.Mod.Phys. 75 (2003) 403, online
  6. M. Fischer et al: New Limits to the Drift of Fundamental Constants from Laboratory Measurements, Phys. Rev. Lett. 92, 230802 (2004), online
  7. SG Karshenboim, E Peik, B Lipphardt, H Schnatz, T Schneider, Chr. Tamm, Limit on the Present Temporal Variation of the Fine Structure Constant, Phys. Rev. Lett. 93, 170801 (2004), online
  8. M.T. Murphy, J.K. Webb, V.V. Flambaum: Further Evidence for a Variable Fine-Structure Constant from Keck/HIRES QSO Absorption Spectra. In: Monthly Notices of the Royal Astronomical Society. 345. Jahrgang, 2003, S. 609, doi:10.1046/j.1365-8711.2003.06970.x, arxiv:1008.3907.
  9. R. Quast, D. Reimers, S. A. Levshakov, Probing the variability of the fine-structure constant with the VLT/UVES, Astron.Astrophys. 415 (2004) L7, online
  10. H. V. Klapdor-Kleingrothaus, A. Staudt: Teilchenphysik ohne Beschleuniger. Teubner, 1995, ISBN 3-519-03088-8
  11. Yasunori Fujii: Oklo Constraint on the Time-Variability of the Fine-Structure Constant, to be published in Lecture Notes in Physics, online
  12. Christoph Berger: Elementarteilchenphysik, Von den Grundlagen zu den modernen Experimenten, Springer 2006, 2. Auflage, p.194
  13. QED – The strange theory of light and matter, Princeton University Press 1985, p. 129

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