Quanten-Hall-Effekt

Quanten-Hall-Effekt

Der Quanten-Hall-Effekt (kurz: QHE) äußert sich dadurch, dass bei tiefen Temperaturen und starken Magnetfeldern die senkrecht zu einem Strom auftretende Spannung nicht wie beim klassischen Hall-Effekt linear mit dem Magnetfeld anwächst, sondern in Stufen. Der Effekt tritt an Grenzflächen auf, bei denen die Elektronen als zweidimensionales Elektronengas beschrieben werden können.

Der sog. Hall-Widerstand $ R_{\mathrm {H} } $, also das Verhältnis der Hall-Spannung zur Stromstärke, nimmt dabei als Plateauwerte nur ganzzahlige Bruchteile der Größe $ R_{\mathrm {K} }=h/e^{2} $ an ($ \approx 25{,}8\,\mathrm {k\Omega } $), wobei $ h $ das plancksche Wirkungsquantum und $ e $ die Elementarladung ist. Beides sind Naturkonstanten; die Plateauwerte hängen also weder von den Materialeigenschaften wie der Ladungsträgerdichte, noch von der Probengröße, noch von der Magnetfeldstärke ab.

Für diese Erkenntnisse erhielt Klaus von Klitzing im Jahr 1985 den Physik-Nobelpreis.[1][2] Die als Von-Klitzing-Konstante bezeichnete Größe $ R_{\mathrm {K} } $ wurde zur Norm-Definition des elektrischen Widerstandes verwendet. Seit der Reform des SI von 2019, bei der den Konstanten h und e ein exakter Wert zugewiesen wurde,[3] hat auch die Von-Klitzing Konstante einen exakten Wert.

Vom integralen Quanten-Hall-Effekt mit nur ganzzahligen Nennern von $ R_{\mathrm {K} } $ unterscheidet man den fraktionalen Quanten-Hall-Effekt (auch fraktionierter QHE), bei dem die Nenner die Form von Brüchen annehmen (siehe unten).

Beschreibung des Phänomens

Hall-Widerstand ρxy und elektrischer Widerstand ρxx bei tiefen Temperaturen über der magnetischen Induktion B in Tesla. Für das höchste gezeigte Plateau von ρxy gilt ν = 3.

Beim klassischen Hall-Effekt fließt elektrischer Strom durch eine Platte, die senkrecht zu ihrer Oberfläche von einem Magnetfeld durchsetzt wird. Die im Magnetfeld fließenden Ladungsträger werden durch die Lorentzkraft seitlich abgelenkt, so dass an den Kanten der Platte quer zur Stromrichtung eine elektrische Spannung gemessen werden kann, die als Hall-Spannung bezeichnet wird.

Das Verhältnis der seitlich anliegenden Hall-Spannung zum Strom wird als Hall-Widerstand bezeichnet und beträgt in zweidimensionalen Hall-Streifen beim klassischen Hall-Effekt

$ R_{\mathrm {H} }={\frac {U_{\mathrm {H} }}{I}}={\frac {B}{ne}} $[4]

wobei $ U_{\mathrm {H} } $ die quer zum Gesamtstrom auftretende Hallspannung, $ I $ der Gesamtstrom (senkrecht zur Richtung, in der die Hallspannung gemessen wird), $ B $ die Magnetfeldstärke, $ n $ die Ladungsträgerdichte [5][6] und $ e $ die Elementarladung ist. Der klassische Hall-Widerstand ist also insbesondere proportional zum anliegenden Magnetfeld. Man sieht dies im Bild für kleine $ B $-Feldwerte.

Bei hinreichend tiefer Temperatur und starkem Magnetfeld nimmt der Hall-Widerstand jedoch unabhängig vom Material einen der Plateau-Werte

$ R_{\mathrm {H} }={\frac {h}{\nu e^{2}}}={\frac {R_{\mathrm {K} }}{\nu }} $ (im nebenstehenden Bild wird $ R_{\mathrm {H} } $ mit $ \rho _{xy} $ gekennzeichnet)

an, wobei hier[7] $ \nu =1,2,\dots $ ganze Zahlen sind, $ h $ das plancksche Wirkungsquantum und $ R_{\mathrm {K} } $ der „von Klitzing’sche Elementarwiderstand“ ist.

Eine Zunahme der Stärke des Magnetfeldes $ B $ lässt jetzt den Hall-Widerstand konstant, bis dieser auf den nächsten Stufenwert wechselt. Die Mitte der Stufen entspricht der oberen Formel, also dem klassischen Hall-Effekt. Genau in der Stufenmitte verschwindet die in Stromrichtung an der Probe anliegende Spannung $ U_{x} $, das heißt, der elektrische Widerstand ist dort Null und die Leitung wird dissipationsfrei, anscheinend im ganzen Plateaubereich zwischen den Stufen. An den Stufen selbst ergeben sich scharfe Maxima im Widerstand.

Bei den Plateauzuständen des Quanten-Hall-Effekts handelt es sich also, ähnlich wie bei der Supraleitung, um einen makroskopischen Quantenzustand.

Versuchsbedingungen

Versuche zur Beobachtung des Quanten-Hall-Effektes werden üblicherweise in einem einfachen Helium-Kryostaten bei 4,2 Kelvin durchgeführt. Tiefere Temperaturen, die nur durch deutlich aufwändigere Kühltechnik möglich werden, sind meistens nicht nötig, außer für die Beobachtung des gebrochenzahligen Effektes. Eine Stickstoffkühlung reicht allerdings nicht aus, da die Kühltemperatur bei ca. 70 Kelvin liegt und aufgrund dessen die mittlere freie Weglänge der Elektronen noch zu gering ist, die Messung also durch Wechselwirkungen zu stark gestört wird.

Je nach Probe werden Magnetfelder von einigen Tesla verwendet und konnten bei von Klitzings Apparatur bis zu 40 Tesla betragen, was einem Vielfachen der mittleren Erdmagnetfeldstärke in Deutschland von etwa 20 Mikrotesla entspricht. Für sehr starke Magnetfelder wird meist ein Helmholtz-Spulen-Paar aus supraleitendem Material verwendet, in dem typischerweise Spulenstromstärken zwischen 10 A und 100 A fließen. Der Strom durch die Probe selbst liegt dagegen nur bei 0,1 bis 10 µA.

Die bei QHE-Versuchen verwendeten Proben sind MOSFETs (metal oxide semiconductor field effect transistors), bei denen die Ladungsträgerdichte durch eine am Transistorgatter angelegte Spannung verändert werden kann, oder aber Halbleiter-Isolator-Heterostrukturen (z. B. AlxGa1-xAs/GaAs-Heterostrukturen), also dünne Plättchen, die einen Übergang zwischen einem Isolator und einem Halbleiter besitzen. An einer solchen Grenzschicht verlieren die Elektronen eine Bewegungsrichtung: Die $ z $-Richtung, in der das Magnetfeld angelegt wird, ist im Grenzpotential durch eine Quantenzahl fixiert, die Besetzungswahrscheinlichkeit des nächsthöheren Energieniveaus ist verschwindend gering. Man spricht daher von einem zweidimensionalen Elektronengas.

In dem im Jahr 2004 erstmals hergestellten Material Graphen wurde der Quanten-Hall-Effekt bei Raumtemperatur beobachtet, siehe auch unten im Abschnitt Ungewöhnlicher Quanten-Hall-Effekt in Graphen-Monolagen.

Theorie

Leitfähigkeitstensor

Aufgrund eines Magnetfelds oder von bevorzugten Leitungsrichtungen in einem Festkörper ist das Ohmsche Gesetz allgemein mithilfe eines Leitfähigkeitstensors $ {\stackrel {\leftrightarrow }{\sigma }} $ zu schreiben:

$ {\vec {j}}={\stackrel {\leftrightarrow }{\sigma }}{\vec {E}}\,. $

In zwei Dimensionen lässt sich der Leitfähigkeit- $ {\stackrel {\leftrightarrow }{\sigma }} $ und der Widerstandstensor $ {\stackrel {\leftrightarrow }{\rho }} $ als 2x2-Matrizen darstellen:

$ {\stackrel {\leftrightarrow }{\sigma }}=\left({\begin{array}{cc}\sigma _{xx}&-\sigma _{xy}\\\sigma _{xy}&\sigma _{xx}\end{array}}\right),\ \ {\stackrel {\leftrightarrow }{\rho }}={\stackrel {\leftrightarrow }{\sigma }}^{\,-1}={\frac {1}{\sigma _{xx}^{2}+\sigma _{xy}^{2}}}\left({\begin{array}{cc}\sigma _{xx}&\sigma _{xy}\\-\sigma _{xy}&\sigma _{xx}\end{array}}\right)=\left({\begin{array}{cc}\rho _{xx}&\rho _{xy}\\-\rho _{xy}&\rho _{xx}\end{array}}\right) $.

Wählt man für die Beschreibung des QHE $ x $ als die Stromrichtung, $ y $ als die seitliche Richtung, in die die Hall-Spannung anliegt, und $ z $ als die Magnetfeldrichtung, so gilt aufgrund der Anordnung $ j_{y}=0 $.

Orthogonales E- und B-Feld

Die klassische Bewegung von freien Elektronen, die sich in zueinander senkrecht (orthogonal) stehenden elektrischen und magnetischen Feldern befinden, ist eine auf Spiralbahnen entlang des $ B $-Feldes und kann als Überlagerung der folgenden Komponenten aufgefasst werden:[8]

  • eine Kreisbewegung mit der Zyklotronfrequenz $ \omega _{c}={\frac {eB}{m}} $ um die $ B $-Feldrichtung,
  • einer Driftbewegung mit $ v_{D}=-E/B $ senkrecht zu $ E $- und $ B $-Feld,
  • einer unbeschleunigten Bewegung in $ B $-Feldrichtung.

Die Zyklotronfrequenz spielt auch beim QHE eine wichtige Rolle, wie wir gleich sehen werden.

Quantenmechanische Betrachtung

Mit $ {\vec {p}}=i\hbar \nabla +e{\vec {A}} $, der Coulomb-Eichung $ {\vec {A}}=(0,xB,0) $ und dem Separationsansatz $ \psi =\xi (x)\cdot e^{i(k_{y}y+k_{z}z)} $ kann die Schrödingergleichung für das freie Elektron, also

$ {\frac {{\vec {p}}^{2}}{2m}}\ \psi \ =\ E\ \psi $,

in eine Differentialgleichung für die $ x $-abhängige Funktion $ \xi $ umgeformt werden, die die Schrödingergleichung eines harmonischen Oszillators um den Ruhepunkt $ X={\frac {\hbar k_{y}}{m\omega _{c}}} $ ist. Man erhält als Energieeigenwerte nur die Landau-Niveaus:

$ E=E_{z}+\left(l+{\frac {1}{2}}\right)\ \hbar \omega _{c}\, $, wobei $ l=0,1,2,\dots $.

Bei einer Probenabmessung von $ L_{x} $ in Stromrichtung bzw. $ L_{y} $ in Richtung der Hall-Spannung gilt dann: Die Wellenzahl in $ y $-Richtung kann die Werte $ k_{y}={\frac {2\pi }{L_{y}}}\cdot \kappa $ mit ganzzahligem $ \kappa $ annehmen, sie taucht aber auch in der Ruhelage des harmonischen Oszillators auf, für die $ 0\leq X\leq L_{x} $ gilt. Daraus ergibt sich für $ \kappa $ der Wertebereich

$ 0\leq \kappa \leq L_{x}L_{y}{\frac {eB}{h}} $.

Jedes Landau-Niveau hat also in diesem Bauteil als Entartungsgrad pro Flächeneinheit eine Größe gL („Zustandsflächendichte“), für die folgende Beziehung gilt:

$ g_{L}={\frac {eB}{h}}\,. $  [9]

Am Probenrand und durch Unordnungspotenziale in der Probe treten weitere Effekte auf, die beim Verständnis des QHE eine entscheidende Rolle spielen und im Folgenden erläutert werden, denn allein mit den idealen Landau-Niveaus lässt sich der QHE nicht erklären.

Vereinfachte Erklärung des QHE

Liegt das Ferminiveau zwischen zwei Landau-Niveaus, so findet keine Streuung statt und es treten Plateaus auf.

Durch das Anlegen eines Magnetfeldes (senkrecht zum zweidimensionalen Elektronengas (2DEG)) werden die Elektronen dazu gebracht, sich auf Kreisbahnen – den Zyklotronbahnen – zu bewegen. Mit der Coulomb-Eichung lässt sich der Hamiltonian $ H $ des Systems schreiben als $ H={\tfrac {1}{2m}}(p_{x}^{2}+p_{y}^{2}+(p_{z}+eBx)^{2}) $. Dies lässt sich umschreiben zu einem Hamiltonian des harmonischen Oszillators in $ x $-Richtung mit der Zyklotronfrequenz $ \omega _{c} $. Dessen Zustände sind quantisiert und bilden die Landau-Niveaus.[10]

Legt man nun senkrecht zum Magnetfeld ein zusätzliches longitudinales elektrisches Feld (etwa durch ein externes Potential) parallel zum 2DEG an, so erfahren die Elektronen eine zusätzliche Ablenkung. Im idealen Fall (ohne Streuung) werden sie dabei in die zum elektrischen Feld senkrechte Richtung abgelenkt und erzeugen die Hall-Spannung UH, d. h., sie beschreiben eine Spiralbahn senkrecht zum elektrischen und Magnetfeld (die Bewegung ist durch das 2DEG in diese zwei Dimensionen eingeschränkt). Da ohne Streuung die Streuzeit τ gegen unendlich geht, verschwinden sowohl die Leitfähigkeit (in Richtung des externen elektrischen Feldes/Potentials) als auch der zugehörige Widerstand, da sich die Elektronen senkrecht zum Potential bewegen. Bezieht man nun die Streuung mit ein, so ändert sich die Richtung eines Elektrons, das an einer Störstelle gestreut wurde. Dadurch erfahren die Ladungsträger eine Komponente in Richtung des elektrischen Feldes, die zu einem Strom führt.

Quantenmechanisch kann man die Oszillationen von Widerstand und Leitfähigkeit vereinfacht dadurch erklären, dass je nach Position der Fermienergie relativ zu den Landau-Niveaus Streuung stattfinden kann oder nicht. Die Landau-Niveaus sind durch die endlichen Umläufe der Elektronen nicht deltaförmig, sondern verbreitert (Halbwertsbreite $ \Gamma \propto 1/\tau $). Befindet sich die Fermienergie innerhalb eines Niveaus, so tritt Streuung auf, da freie Zustände existieren, in die gestreut werden kann. Liegt die Fermienergie jedoch zwischen zwei Landau-Niveaus, wird die Streuung mangels freier Zustände idealerweise vollständig unterdrückt und es findet nur über die Randkanäle widerstandfreier Transport statt (siehe unten).

Die Position der Landau-Niveaus zueinander ändert sich über $ \hbar \omega _{c} $ mit dem $ B $-Feld. Die Fermi-Kante, also der Energiewert, bis zu dem sich freie Elektronen im Festkörper befinden, liege zwischen den Niveaus $ \nu $ und $ \nu +1 $. Wie oben festgestellt wurde, verschwindet die Komponente $ U_{x} $ in der Mitte der Plateaus; die Hall-Spannung $ U_{\mathrm {H} } $ verschwindet dagegen nicht. Aus der Ladungsträgerdichte $ n=\nu g_{L} $, der jeweiligen Ladung und ihrer Driftgeschwindigkeit $ v_{\mathrm {D} }=E_{\mathrm {H} }/B $ lässt sich die Stromdichte $ j_{x} $ bestimmen:

$ j_{x}=-env_{\mathrm {D} }=\nu \cdot eg_{L}v_{\mathrm {D} }=\nu \cdot {\frac {e^{2}}{h}}E_{\mathrm {H} }\ {\stackrel {!}{=}}\ \sigma _{xy}E_{\mathrm {H} } $.

Die Nebendiagonalkomponente $ \sigma _{xy} $ des Leitfähigkeitstensors ist also ein ganzzahliges Vielfaches ($ \nu =1,2,\dots $) der von Klitzing’schen Grundeinheit $ e^{2}/h $, woraus $ R_{\mathrm {H} }={\frac {U_{\mathrm {H} }}{I}}={\frac {h}{\nu \cdot e^{2}}} $ folgt. Wird $ B $ verändert, so bleibt die Zahl $ \nu $ konstant, bis ein neues Landau-Niveau an die Fermikante stößt und $ \nu $ seinen Wert ändert.

Strenggenommen kann das Fermi-Niveau nicht zwischen zwei Landau-Niveaus liegen: Wird ein Landau-Niveau durch ein steigendes $ B $-Feld entvölkert, so springt die Fermienergie in das nächstniedrigere Niveau, ohne dazwischen zu verbleiben. Das widerspricht jedoch der Annahme, unter der das Auftreten der Oszillationen erklärt werden soll. Die Lösung dieses scheinbaren Problems sind Effekte in realen Kristallen. Nur bei völlig reinen Kristallen, die auch keine Gitterfehler aufweisen, tritt obiges Verhalten auf. Durch die in Realität vorhandenen Störstellen werden die „glatten“ Landau-Niveaus „wellig“. Befindet sich nun die Fermienergie in der Nähe eines solchen Niveaus, gibt es nicht mehr nur am Rand Schnittpunkte („Randkanäle“), sondern auch im Innern der Probe. Somit kann das Ferminiveau auch zwischen den Landau-Niveaus liegen.

Zusammenhang mit Magnetflussquanten

Wird der Entartungsgrad mit der Probenfläche multipliziert, so erhält man den folgenden Zusammenhang zwischen der Anzahl von Elektronen im Landauniveau und der Anzahl von Flussquanten in der Probe:

$ N_{\text{Zustände pro Landauniveau}}=g_{L}\cdot L_{x}L_{y}={\frac {eB}{h}}\cdot L_{x}L_{y}={\frac {\Phi }{h/e}}=N_{\text{Flussquanten in der Probe}} $.

Im Plateauzustand rotiert um jedes Magnetflussquant also die gleiche Anzahl $ \nu \, $ von Elektronen.[11] Dieser Zusammenhang spielt insbesondere beim fraktionalen Quanten-Hall-Effekt eine Rolle, bei dem sich aus Elektronen und Flussquanten Quasiteilchen bilden (Robert B. Laughlin, Jainendra K. Jain).

Zusammenhang mit der Feinstrukturkonstante

Für Elementarteilchen-, Atom- und Molekülphysiker bzw. für Chemiker ist der Quanten-Halleffekt u. a. deshalb interessant, weil der reziproke Von-Klitzing-Widerstand die in diesen Disziplinen sehr wichtigen Sommerfeldschen Feinstrukturkonstante $ \alpha $ direkt mit der elektrischen Feldkonstante $ \varepsilon _{0} $ verknüpft:[12]

$ \alpha \ =\ {\frac {1}{2c\,\varepsilon _{0}}}\;{\frac {e^{2}}{h}}=\ {\frac {1}{2c\,\varepsilon _{0}}}\;{\frac {1}{V_{\mathrm {K} }}}. $

Notwendigkeit der Versuchsbedingungen

Das starke Magnetfeld ist einerseits dazu notwendig, dass die Landau-Niveaus voneinander getrennt sind. Es bringt aber auch die Anzahl von Flussquanten in dieselbe Größenordnung wie die Anzahl von freien Ladungsträgern.

Die Übergänge auf höhere Landau-Niveaus sind thermisch nur bei niedrigen Temperaturen wahrscheinlich. Ebenso wird die Einschränkung auf zwei Dimensionen benötigt, um $ E_{z} $ als einen festen Wert ansehen zu können.

Geschichte

Der QHE geht kontinuierlich aus dem klassischen Hall-Effekt hervor, wenn die Temperatur abgesenkt wird, Proben mit höherer Beweglichkeit der Elektronen untersucht werden und das Magnetfeld stark anwächst. Abhängig von diesen Parametern tritt der Quanten-Hall-Effekt bei sehr hohen Magnetfeldstärken auf. Die späte Entdeckung des Effekts beruht unter anderem darauf, dass – im Gegensatz zu vielen anderen physikalischen Größen – die apparative Erzeugung von dauerhaften Magnetfeldern verhältnismäßig stark limitiert ist (20–40 Tesla). Deshalb dauerte der Übergang vom klassischen Hall-Effekt, der seit 1879 bekannt ist, zum Quanten-Hall-Effekt mehr als 100 Jahre, bis genügend hochbewegliche Elektronensysteme in Halbleiter-Heterostrukturen zur Verfügung standen.

Obwohl die Plateaus im Hall-Widerstand bereits früher beobachtet wurden, wurden die Werte erst 1980 am Hochfeldmagnetlabor in Grenoble (GHMFL) (damals noch dt.-frz. Kooperation von MPI-FKF und CNRS) durch Klaus von Klitzing mit Naturkonstanten in Verbindung gebracht.

Da die Von-Klitzing-Konstante $ R_{\mathrm {K} } $ eine universelle Bezugsgröße für die Messung von Widerständen ist, die überall auf der Welt exakt reproduziert werden kann, wurde sie 1990 durch internationale Übereinkunft als Normal für die Darstellung der Maßeinheit Ohm festgelegt.[13][14] Sie hängt, wie oben erwähnt, über zwei weitere Größen mit der Feinstrukturkonstante $ \alpha $ aus der Quantenelektrodynamik zusammen.[12] Seit der Revision von 2019 ist das Internationale Einheitensystem (SI) dadurch definiert, dass einigen Konstanten, darunter e und h, feste Werte zugewiesen wurden.[3] Dadurch hat die Von-Klitzing Konstante in SI-Einheiten nun einen exakten Wert.

Varianten und verwandte Effekte

Gebrochenzahliger Quanten-Hall-Effekt (Fraktionaler QHE)

Wenige Jahre nach der Entdeckung des Quanten-Hall-Effekts wurden in GaAs zusätzliche Plateaus mit nicht-ganzzahligem $ \nu $ gefunden, wobei viele konkrete Ähnlichkeiten zum ganzzahligen Quanten-Hall-Effekt auftreten. Gut beobachtbar sind gebrochene Quantenzahlen $ \nu $, für die $ \nu ={\frac {m}{2m+1}} $ oder $ \nu =1-{\frac {m}{2m+1}} $ gilt.[15]

Ursache für die Ähnlichkeiten ist anscheinend die Tendenz der Elektronen, zusammen mit dem Magnetfeld gebundene Zustände (composite fermions) zu bilden. Die gebundenen Zustände bestehen hier jeweils aus einem oder mehreren Elektronen und einer passenden Anzahl magnetischer Flussquanten.[16]

Für die Entdeckung des Gebrochenzahligen Quanten-Hall-Effekts erhielten Horst Ludwig Störmer und Daniel Tsui gemeinsam mit Robert B. Laughlin, der den Effekt als Quantenflüssigkeit interpretierte, den Nobelpreis für Physik 1998. Störmer und Tsui entdeckten den Effekt 1981 an den Bell Laboratories mit Arthur Gossard.

Ungewöhnlicher Quanten-Hall-Effekt in Graphen-Monolagen

In dem im Jahr 2004 erstmals hergestellten Material Graphen wurde der Quanten-Hall-Effekt bei Raumtemperatur beobachtet.[17]

Wegen der Besonderheiten in der Dispersion ist in diesem Material (siehe Graphen) die Treppenstruktur der ganzzahligen Quanten-Hall-Plateaus, $ \sigma _{xy}\propto \nu $, für alle Stufen genau „um 1/2 verschoben“, $ \nu \to \nu +{\tfrac {1}{2}}\,,\,\forall \,\nu =\,1,\,2,\,\dots \,. $[18] Die „Zwei-Valley“-Struktur von Graphen und die Spin-Entartung ergeben einen zusätzlichen Faktor 4. Die Differenz der Plateauzentren ist aber immer noch ganzzahlig.

Quanten-Spin-Hall-Effekt

Der Quanten-Spin-Hall-Effekt wurde zuerst 2005 von Charles L. Kane und Gene Mele aufbauend auf einer Arbeit von F. Duncan M. Haldane in Graphen vorgeschlagen.[19] und unabhängig von Andrei Bernevig und Shoucheng Zhang.[20] Die zugrundeliegenden Transportphänomene sind topologisch geschützt, zum Beispiel topologische Isolatoren.[21]

Forscher der Princeton University um Zahid Hasan und Robert Cava berichteten in der Zeitschrift Nature vom 24. April 2008 über Quanten-Hall-artige Effekte in Kristallen aus Bismut-Antimon, ohne dass ein externes Magnetfeld angelegt werden musste. Diese Bismut-Antimon-Legierung ist ein Beispiel eines topologischen Metalls. Die Spinströme konnten jedoch nur indirekt gemessen werden (mit Synchrotron-Photoelektronenspektroskopie).[22][23]

Die direkte Messung von Spinströmen in solchen Bi-Sb-Legierungen gelang 2009 einem internationalen Team, darunter Charles L. Kane, Zahid Hasan, Robert Cava, Gustav Bihlmayer vom Forschungszentrum Jülich. Die Spinströme fließen ohne äußeren Anreiz aufgrund der inneren Struktur des Materials. Der Informationsfluss erfolgt verlustfrei, selbst bei leichten Verunreinigungen.[24]

Der erste experimentelle Nachweis gelang der Gruppe um Laurens Molenkamp um 2007 in Würzburg in Tellurium-Cadmium-Quantentöpfen. 2017 wurde ein Vorschlag für ein Quanten-Spin-Hall-Material bei Raumtemperatur gemacht (Werner Hanke u. a.).[21]

Schubnikow-de-Haas-Effekt

Der Schubnikow-de-Haas-Effekt beschreibt die Oszillationen der Leitfähigkeit entlang des angelegten Strompfades ($ \sigma _{xx} $), also senkrecht zur Richtung des Quanten-Hall-Effekts. Auf den ersten Blick sinkt paradoxerweise sowohl die Leitfähigkeit als auch der Widerstand in paralleler Richtung (bei hoher Reinheit des 2DEG) genau dann auf 0, wenn die Hallspannung ($ \sigma _{yy} $) gerade ein Plateau erreicht. Eine anschauliche Beschreibung liefert das Randkanalmodell, welches durch den Landauer-Büttiker-Formalismus beschrieben werden kann.

Literatur

Einzelnachweise und Fußnoten

  1. Klaus von Klitzing: The Quantized Hall Effect, Nobel Lecture (english) Nobel Foundation. 9. Dezember 1985. Abgerufen am 11. Dezember 2009.
  2. Klaus von Klitzing: The quantized Hall effect. In: Rev. Mod. Phys. 58. Jahrgang, Nr. 3, 1986, S. 519–531, doi:10.1103/RevModPhys.58.519.
  3. 3,0 3,1 Resolution 1 of the 26th CGPM. On the revision of the International System of Units (SI). Appendix 1. Bureau International des Poids et Mesures, 2018, abgerufen am 15. April 2021 (Lua-Fehler in Modul:Multilingual, Zeile 149: attempt to index field 'data' (a nil value)).
  4. Es wird das SI-Einheitensystem benutzt; im Gauß'schen System wäre dagegen $ B $ durch $ B/c $ zu ersetzen.
  5. Natürlich ist im Zusammenhang mit dem (zweidimensionalen) QHE die Ladungsträgerdichte keine Volumendichte, sondern eine Flächendichte, Gesamtladung / (Länge mal Breite des Hall-Streifens).
  6. Zu den experimentellen Gegebenheiten: Man stelle sich eine Fläche der Länge $ L_{1} $ und der Breite $ L_{2} $ vor. Die „Dicke“ des Streifens betrage nur eine Atomlage (Monolage) oder einen ähnlich kleinen Betrag, während $ L_{1} $ und $ L_{2} $ viel größer sind und daher eine Flächenbetrachtung ermöglicht wird. Durch diese Versuchsanordnung wird sichergestellt, dass es sich um ein zweidimensionales Elektronengas handelt. Das elektrische Feld $ E $ und der Strom $ I $ sind in Längsrichtung ($ x $-Richtung), die Hall-Spannung $ U_{H} $ wirkt in Quer-Richtung ($ y $-Richtung), quer über die Breite der Probe, und die Richtung des Magnetfeld $ B $ sei die $ z $-Richtung, also die senkrechte Richtung auf der Fläche gebildet aus $ L_{1} $ und $ L_{2} $.
  7. Es gibt auch eine andere Konvention für $ \nu $
  8. K. Kopitzki: Einführung in die Festkörperphysik, B.G. Teubner, ISBN 3-519-13083-1.
  9. Auf einen gegebenen Landau-Zustand entfällt also eine zugehörige Fläche $ \Delta F=\Phi _{0}/B $, wobei die Größe $ \Phi _{0}=h/e $ auch als „Flussquant“ bezeichnet werden kann. (In der Theorie der Supraleitung wird $ e $ durch $ 2e $ ersetzt, weil die Ladungsträger dort Cooper-Paare sind.)
  10. Wolfgang Nolting: Quantum Theory of Magnetism, Springer
  11. J. Hajdu, B. Kramer: Der QHE, Phys. Blätter. 41 Nr. 12 (1985) 401.
  12. 12,0 12,1 K.v. Klitzing: The Fine-Structure Constant $ \alpha $, A Contribution of Semiconductor Physics to the Determination of $ \alpha $, Festkörperphysik, XXI (1981) 1.
  13. Resolution 1 of the 18th CGPM. Forthcoming adjustment to the representations of the volt and of the ohm. Bureau International des Poids et Mesures, 1987, abgerufen am 16. April 2021 (Lua-Fehler in Modul:Multilingual, Zeile 149: attempt to index field 'data' (a nil value)).
  14. Resolution 2 of the 19th CGPM. The Josephson and quantum-Hall effects. Bureau International des Poids et Mesures, 1991, abgerufen am 16. April 2021 (Lua-Fehler in Modul:Multilingual, Zeile 149: attempt to index field 'data' (a nil value)).
  15. H.L. Störmer, M. Hill: Der fraktionale QHE, Phys. Blätter, Nr. 9 (1984).
  16. Diese passende Anzahl wird $ p $ genannt, ist geradzahlig und hat in einer Vielteilchentheorie den Effekt, dass bei $ p $-facher Erhöhung des Magnetfeldes, $ B\nearrow B^{*}=p\cdot B $, durch die „composite particle“-Näherung der Wert $ B^{*} $ wieder auf den beim integralen Quanten-Hall-Effekt gültigen einfachen Wert $ B $ reduziert wird; also $ B^{*}{\searrow }B\,. $
  17. K. S. Novoselov, Z. Jiang, Y. Zhang, S. V. Morozov, H. L. Stormer, U. Zeitler, J. C. Maan, G. S. Boebinger, P. Kim, A. K. Geim: Room-Temperature Quantum Hall Effect in Graphene. In: Science. Band 315, Nr. 5817, 2007, S. 1379, doi:10.1126/science.1137201 (sciencemag.org).
  18. Geim, A.K., Novoselov, K.S.: The rise of graphene, Nature Materials 6 (2007) S. 183–191
  19. Kane, Mele, Quantum Spin Hall Effect in Graphene, Physical Review Letters, Band 95, 2005, S. 22608
  20. Bernevig, Zhang, Quantum Spin Hall Effect, Physical Review Letters, Band 96, 2006, S. 106802.
  21. 21,0 21,1 Werner Hanke, Universität Würzburg, Vorschlag für Raumtemperator Quanten-Spin-Hall
  22. D. Hsieh, D. Qian, L. Wray, Y. Xia, Y.S. Hor, R.J. Cava, und M.Z. Hasan: A topological Dirac insulator in a quantum spin Hall phase, Nature, 452, S. 970–974 (2008). doi:10.1038/nature06843
  23. Andreas Stiller, ct: Forscher entdecken Quanten-Hall-Effekt ohne externes Magnetfeld. Abgerufen am 23. April 2009.
  24. D. Hsieh, Y. Xia, L. Wray, A. Pal, J.H. Dil, F. Meier, J. Osterwalder, G. Bihlmayer, C.L. Kane, Y.S. Hor, R.J. Cava, M.Z. Hasan: Observation of unconventional quantum spin textures in topologically ordered materials. Science Band 323, Nr. 5916, 13. Februar 2009, doi:10.1126/science.1167733 Pressemitteilung FZ Jülich

Weblinks