Die Born-Oppenheimer-Näherung oder Born-Oppenheimer-Approximation (nach Max Born und J. Robert Oppenheimer) oder adiabatische Näherung ist eine Näherung zur Vereinfachung der Schrödingergleichung von Systemen aus mehreren Teilchen. Sie nutzt aus, dass schwere und leichte Teilchen in einem System ihre Bewegungsrichtung auf sehr unterschiedlichen Zeitskalen ändern, und dass die Bewegungsgleichungen der schnellen, leichten daher ohne Berücksichtigung der Bewegung der langsamen, schweren sinnvoll gelöst werden kann.
Die Born-Oppenheimer-Approximation wird bei der quantenmechanischen Behandlung von Molekülen und Festkörpern angewendet, da diese aus mindestens zwei Atomkernen und einer Vielzahl sehr viel leichterer Elektronen bestehen. Auch in der physikalischen Chemie findet die Näherung breite Anwendung, da hier lediglich für die einfachsten Systeme, z. B. das Wasserstoffatom, eine analytisch exakte Lösung der Schrödinger-Gleichung bekannt ist.[1] Die Born-Oppenheimer-Approximation wurde erstmals 1927 in den Annalen der Physik veröffentlicht.[2]
Die Born-Oppenheimer-Näherung führt zu guten Ergebnissen für Moleküle im Grundzustand, insbesondere bei denen mit schweren Kernen. Allerdings kann sie für angeregte Moleküle und Kationen zu sehr schlechten Ergebnissen führen, was besonders bei der Photoelektronenspektroskopie zu beachten ist.
Die quantenmechanische Zustandsfunktion $ \Psi _{\mathrm {mol} }({\vec {r}},{\vec {R}}) $ eines Moleküls oder Festkörpers ist eine Funktion der Freiheitsgrade aller Elektronen und Atomkerne. Im folgenden sei auf die Spin-Freiheitsgrade der Teilchen verzichtet; dann werden die Positionen aller $ n $ Elektronen im Vektor $ {\vec {r}} $ zusammengefasst, die Positionen aller $ N $ Atome im Vektor $ {\vec {R}} $.
Bestimmt wird die Zustandsfunktion wie üblich aus der zugehörigen Schrödingergleichung:
Der molekulare Hamiltonian
enthält neben den kinetischen Operatoren
und
auch die Abstoßung zwischen den Elektronen
die Abstoßung zwischen den Kernen
und die Anziehung zwischen Kernen und Elektronen
Die molekulare Schrödingergleichung ist nur für die allereinfachsten Systeme analytisch lösbar. Auch eine numerische Lösung des vollständigen Systems ist auf Grund der hohen Dimensionalität nicht durchführbar. Um die molekulare Schrödingergleichung lösbar zu machen, ist also eine Näherung vonnöten.
Die Born-Oppenheimer-Näherung trennt die molekulare Schrödingergleichung in eine Gleichung für die Elektronen und eine für die Kerne. Die beiden Teilprobleme sind dann unter Ausnutzung von Symmetrien wesentlich einfacher lösbar. Die Trennung der elektronischen und nuklearen Freiheitsgrade basiert auf dem großen Massenunterschied, der zu einer größeren Trägheit der Kerne führt. Da alle Teilchen untereinander hauptsächlich durch Coulomb-Kräfte wechselwirken, die im Wesentlichen gleich stark sind, werden die leichten Elektronen viel stärker beschleunigt als die Kerne.
Das Wesen der Born-Oppenheimer-Näherung lässt sich wie folgt darstellen:
Voraussetzung für die Born-Oppenheimer-Näherung ist, dass die Bewegung der Elektronen und diejenige der Kerne getrennt werden können. Diese Annahme führt zu einer molekularen Wellenfunktion $ \Psi _{\mathrm {mol} } $, die aus einem Produkt der Wellenfunktion $ \phi $ der Elektronen und der Wellenfunktion $ \eta $ der Kerne besteht:
Weiter trifft man die Annahmen, dass:
Wendet man nun den Hamilton-Operator $ {\hat {H}}_{\mathrm {mol} } $ auf die gesamte Wellenfunktion an, so bekommt man zwei getrennte Ausdrücke:
Für verschiedene Kernabstände wird die Schrödingergleichung sukzessiv gelöst. Schließlich erhält man einen Zusammenhang zwischen Bindungslänge bzw. Gleichgewichtsabstand und der Energie des Moleküls bzw. der Dissoziationsenergie der Bindung. Dieser Zusammenhang wird ausgedrückt durch die Potentialkurve.