Elliott Hers(c)hel Lieb (* 31. Juli 1932 in Boston, Massachusetts) ist ein US-amerikanischer Physiker, dessen Hauptarbeitsgebiet die Mathematische Physik ist, insbesondere die mathematische Behandlung der statistischen Mechanik und die Stabilität der Materie.
Lieb studierte am Massachusetts Institute of Technology (MIT) in Cambridge, wo er 1953 seinen Abschluss machte und promovierte an der University of Birmingham in England 1956 bei Samuel Edwards (er gehörte dort zur Gruppe von Rudolf Peierls). Nach einem Jahr als Fulbright-Fellow 1956/57 in Kyoto war er an der University of Illinois und von 1958 bis 1960 an der Cornell University, bevor er von 1960 bis 1963 ans IBM Forschungszentrum in Yorktown Heights ging (und dabei zeitweise an der Universität von Sierra Leone lehrte). Von 1963 bis 1966 war er Professor an der Yeshiva University, von 1966 bis 1968 an der Northeastern University und danach am MIT, bevor er 1975 zur Princeton University wechselte.
Lieb ist wesentlich an der exakten Behandlung von Modellen der statistischen Mechanik und der Vielteilchenphysik beteiligt. Seine zahlreichen Arbeiten beschäftigen sich u. a. mit Stabilität der Materie (grundlegende Arbeiten in den 1970er Jahren teilweise mit Walter Thirring), Modellen vom Ising-Typ (mit Daniel Mattis), Ferromagnetismus und Ferroelektrische Modelle, die exakte Lösung des 6-Vertex Modells von zweidimensionalem „Eis“, Hartree-Fock-Theorie von Coulombsystemen und Thomas-Fermi-Modell der Atome, Bosegasen (z. B. in den 1960er Jahren mit Werner Liniger) und Bose-Einstein-Kondensation, dem Hubbard-Modell, mit der exakten Behandlung der Entropiezunahme im zweiten Hauptsatz der Thermodynamik (mit Jakob Yngvason). Mit Fa-Yueh Wu gab er 1968 die exakte Lösung des eindimensionalen Hubbard-Modells. Zusammen mit Derek W. Robinson leitete er Schranken für die Ausbreitungsgeschwindigkeit von Information in nicht-relativistischen quantenmechanischen Spinsystemen mit lokalen Wechselwirkungen ab,[1] die heute als Lieb-Robinson-Schranken eine wichtige Rolle z. B. bei der Fehlerabschätzung im thermodynamischen Grenzfall oder bei der Quantensimulation spielen und verwendet werden können, um den (mit dem Abstand) exponentiellen Zerfall von Korrelationen in Spinsystemen oder Aussagen über die Größe der Energielücke über dem Grundzustand in höher-dimensionalen Spinsystemen (verallgemeinerte Lieb–Schultz–Mattis Theoreme[2]) zu beweisen.
Mit Daniel Mattis und T. Schultz behandelte er 1964 das zweidimensionale Isingmodell (mit neuer Ableitung der exakten Lösung von Lars Onsager über eine Jordan-Wigner-Transformation der Transfermatrizen)[3] und löste 1961 das XY-Modell, ein exakt lösbares eindimensionales Spin-1/2-Modell.[4]
1971 führte er mit Harold Neville Vazeille Temperley die Temperley-Lieb-Algebren ein. 1972 bewies er mit Mary Beth Ruskai die starke Subadditivität für die Von-Neumann-Entropie quantenmechanischer Zustände (der Satz ist wichtig in der Quanteninformationstheorie).[5][6]
Er ist mit der deutschen Linguistin Christiane Fellbaum, der Hauptentwicklerin des WordNet und Mitglied der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, verheiratet.
Zu seinen Doktoranden zählen Horng-Tzer Yau und Jan Solovej.
Er ist Mitglied der National Academy of Sciences der USA, der American Academy of Arts and Sciences sowie der Dänischen und Österreichischen Akademie der Wissenschaften. 2013 wurde er auswärtiges Mitglied der Royal Society,[8] 2014 der Academia Europaea. Er ist Fellow der American Mathematical Society.
Personendaten | |
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NAME | Lieb, Elliott |
ALTERNATIVNAMEN | Lieb, Elliott Herschel |
KURZBESCHREIBUNG | US-amerikanischer Physiker, Hochschullehrer für Mathematik |
GEBURTSDATUM | 31. Juli 1932 |
GEBURTSORT | Boston, Massachusetts |