GOCE | |
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Typ: | Forschungssatellit |
Land: | Europa |
Betreiber: | ESA |
COSPAR-Bezeichnung: | 2009-013A |
Missionsdaten | |
Masse: | 1100 kg |
Größe: | 1,0 × 5,3 m |
Start: | 17. März 2009 |
Startplatz: | Plessezk |
Trägerrakete: | Rockot |
Status: | Wiedereintritt am 11. November 2013 |
Bahndaten | |
Bahnhöhe: | 283,5 km |
Bahnneigung: | 96,70° |
Der Gravity field and steady-state ocean circulation explorer (GOCE) war ein geowissenschaftlicher künstlicher Erdsatellit, der seit etwa 1995 von der ESA entwickelt wurde.
Er gehörte zur Mission zur Messung der Gravitation und des stationären Zustandes der Ozeanzirkulation, eine der Erderkundungsmissionen im Forschungsprogramm Living Planet der ESA, und soll der hochpräzisen Gradiometrie dienen.
Astrium ist Mitglied des Kernteams der von der ESA ausgewählten Projektpartner mit dem Hauptauftragnehmer Thales Alenia Space und zeichnet für die Entwicklung der Plattform verantwortlich. Der Start erfolgte am 17. März 2009 um 14:21 UTC.
Nach dem Ende der Treibstoffvorräte verglühte der Satellit am 11. November 2013 in der Erdatmosphäre.[1][2]
GOCE wird regionale Variationen des Erdschwerefeldes genauer als je zuvor messen. Ein Hauptziel ist die Bestimmung einer Referenzfläche zur Beobachtung von Meeresströmungen, die durch ihren großen Beitrag zum globalen Wärmetransport entscheidend für das Klima sind.
Die Messinstrumente von GOCE sind keine Gradiometer im eigentlichen Sinn, sondern messen die Schweregradienten indirekt nach einer Differential-Methode („Gravitationsgradiometrie“). Dabei handelt es sich um hochpräzise Beschleunigungssensoren (3-Achs-Schweregradiometer mit 6 Akzelerometern), die auf ultrastabilen Carbon-Wabenstrukturen und Auslegern montiert werden und in der Umlaufbahn ununterbrochen alle neun Werte des Schwere-Tensors messen sollen. Zusätzlich sind hochgenaue Zwölfkanal-GPS-Empfänger an Bord und die Flugbahn soll mit Hilfe von Laserentfernungsmessungen überprüft werden, wofür entsprechende Reflektoren verbaut sind. Damit erhofft man sich eine Bestimmung des globalen Geoids mit mindestens Zentimeter-Genauigkeit bei einer räumlichen Auflösung von etwa 100 Kilometern.
In Kombination mit anderen Messungen (vor allem GPS und Satelliten-Altimetrie) sind wichtige Beiträge zur Ozeanografie und anderen Geowissenschaften zu erwarten. Das seit 2004 laufende Satellitenprojekt GRACE der NASA und des DLR ist eine ideale Ergänzung zu GOCE: seine zwei Satelliten bestimmen durch SST-Distanzmessungen die mittelwelligen Anteile des Schwerefeldes und seine zeitliche Veränderungen.
Insgesamt besitzt der einer Pfeilspitze ähnelnde, lange Satellit mit der Grundform eines achtseitigen Prismas eine Startmasse von 1100 Kilogramm, eine Länge von 5,3 Metern und einen Durchmesser von etwa einem Meter. Zur Bahnkorrektur (Ständiger Antrieb zum Halten der Umlaufbahn gegen die bremsende Hochatmosphäre) ist er mit zwei kleinen (nur eins aktiv, eins als Reserve) mit Xenon arbeitenden Ionentriebwerken vom Kaufmann-Typ mit 1,0 bis 20 mN Schub ausgestattet. Der Xenonvorrat beträgt 40 kg.[3] Zur Lageregelung ist GOCE mit Sternsensoren und Magnettorquer ausgerüstet. Die der Energieversorgung dienenden Solarzellen (1300 Watt Leistung) sind auf der Oberfläche des Satelliten und der kleinen Flügel angebracht.[4]
Der Start in Plessezk war zuerst für den 10. September 2008 geplant. Wegen eines Fehlers im Leit- und Navigationssystem der für den Start vorgesehenen Rockot-Trägerrakete wurde er auf den 16. März 2009 verschoben.[5] Kurz vor dem Abheben wurde der Start jedoch abgebrochen, weil sich der Startturm nicht wie vorgesehen automatisch zurückzog.[6] Der Start am 17. März 2009 um 14:21:13 Uhr UTC war erfolgreich und GOCE erreichte eine 283,5 km hohe Umlaufbahn[7], das erste Signal wurde um 14:51 UTC empfangen.[8]
Der Satellit bewegte sich in einem kreisförmigen, sonnensynchronen und polaren Orbit (Bahnneigung 96,7°) um die Erde. Die Höhe der endgültigen Umlaufbahn betrug lediglich 255 Kilometer. Diese niedrige Höhe erlaubte zwar ein präziseres Vermessen des Geoids, führte aber zur Abbremsung des Satelliten durch die restliche Atmosphäre in dieser Höhe. Um dieses Abbremsen zu kompensieren, wurde der Satellit durch eines von zwei Niedrigschub-Ionentriebwerken angetrieben. Diese sind im Schubbereich zwischen 1 und 20 mN in Echtzeit regelbar, um sich der abbremsenden Kraft optimal anzupassen und die Flugbahn stabil zu halten.[9] Die für einen Satelliten ungewöhnliche aerodynamische Form trägt dazu bei, dass der Luftwiderstand minimal gehalten wird. Ohne diese Maßnahmen würde der Satellit innerhalb kurzer Zeit so stark abgebremst, dass er in dichtere Atmosphärenschichten eindringen und schließlich verglühen würde.
Nach dem Start sank GOCE auf seine Einsatzflughöhe von 255 km ab, in der er die Primärmission durchführte. Im August 2012 wurde GOCE auf eine Missionsverlängerung bis Ende 2013 vorbereitet. Dazu wurde die Umlaufbahn bis Februar 2013 auf 235 km Höhe abgesenkt.[10]
GOCE lieferte das bis dahin genauste Abbild des Erdschwerefelds. Die Auflösung des Höhenprofils soll nach Auswertung aller Daten auf zwei Zentimeter genau sein.[2]
Auch die durch das schwere Erdbeben im März 2011 in Japan ausgelöste Infraschallwellen konnten durch GOCE aufgezeichnet und ausgewertet werden. Dies war zuvor mit noch keinem anderen Satelliten gelungen.[11]
Die Auswertungen aller mit GOCE gesammelten Daten soll noch bis mindestens Mitte 2014 anhalten.[2]
Die Entwicklung des Satelliten kostete ca. 300 Millionen Euro.[12]
Primärer Projektpartner der ESA ist bei dieser Mission die italo-französische Firma Thales Alenia Space.[13]
Weitere 45 europäische Industriepartner waren an der Entwicklung und am Bau des Satelliten beteiligt.[14]
Die Betriebskosten belaufen sich auf jährlich ca. 8 Mio. Euro.
Das GOCE-Projektbüro befindet sich an der TU München in Kooperation mit dem DLR. Es bereitete bis zum Start des Satelliten die Auswertung der Mission vor – ebenso wie die Nutzung der GOCE-Ergebnisse in verschiedenen Geowissenschaften.
Das Analyseprojekt erhielt den Namen GOCE-GRAND – eine Abkürzung für Gravitionsfeld-Analyse Deutschland.
Der Koordinator des Forschungsprojekts ist Reiner Rummel, der schon vor Jahren ein globales System der Erdbeobachtung (IGGOS) vorgeschlagen hat. Konkretes Ziel ist die hochauflösende Schwerefeldmodellierung aus GPS- und Gradiometrie-Messungen von GOCE.
Am 21. Oktober 2013 war der mitgeführte Xenonvorrat soweit aufgebraucht, dass das Ionentriebwerk den Antrieb einstellte.[15][16]
In der Folge senkte sich die Umlaufbahn langsam ab, wobei die Lageregelung in Funktion blieb; die Erhitzung durch die Luftreibung erlaubte Studien, bis zu welcher Temperatur der Satellit noch funktionsfähig blieb. Der endgültige Eintritt in die Erdatmosphäre erfolgte statt der erwarteten zwei Wochen erst drei Wochen später: GOCE trat am 11. November 2013 um 00:16 Uhr UTC in die Atmosphäre ein und verglühte während seines Flugs entlang einer Bahn über Sibirien, dem Indischen Ozean, dem Pazifischen Ozean und der Antarktis bis über den Südatlantik.[17]
Die Trümmerteile stürzten nahe der Falklandinseln ins Meer.[18] Der Wiedereintritt konnte von den Falklandinseln aus beobachtet und photographisch dokumentiert werden.[19] Es wird angenommen, dass ungefähr ein Viertel der Gesamtmasse des Satelliten die Erdoberfläche erreicht hat. Schäden durch nicht vollständig verglühte Wrackteile sind nicht bekannt.[20]