Hipparcos | |
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Typ: | Weltraumteleskop |
Betreiber: | ESA |
COSPAR-Bezeichnung: | 1989-062B |
Missionsdaten | |
Masse: | 500 kg |
Start: | 8. August 1989, 23:25 UTC |
Startplatz: | Centre Spatial Guyanais ELA-2 |
Trägerrakete: | Ariane 44LP V33 |
Status: | außer Betrieb |
Bahndaten | |
Umlaufzeit: | 637,2 min[1] |
Bahnneigung: | 6,5° |
Apogäum: | 35755 km |
Perigäum: | 544 km |
Hipparcos (High Precision Parallax Collecting Satellite) ist ein Satellit für Zwecke der Astrometrie. Er wurde nach dem griechischen Astronomen Hipparch von Nicäa benannt, der erstmals einen Sternkatalog mit über 1000 Sternen erstellte und die Veränderlichkeit der Sternörter entdeckte.
Hipparcos wurde am 8. August 1989 zusammen mit dem deutschen Fernsehsatelliten TV-SAT 2 an Bord einer Ariane 44LP gestartet. Der Satellit erreichte planmäßig die vorgesehene Geostationäre Transferbahn (Geostationary Transfer Orbit, GTO), in der sein Abstand von der Erde zwischen 223 und 35.652 km variierte. Allerdings zündete der MARGE-II-Apogäumsmotor von Hipparcos nicht und der Satellit verblieb in seiner GTO-Umlaufbahn, anstatt wie vorgesehen eine geostationäre Umlaufbahn zu erreichen, von der aus Messungen wechselseitiger Winkelabstände von etwa 120.000 Sternen mit bis dahin unerreichter Präzision vorgenommen hätten werden sollen.[2] Als Position über dem Äquator war 12° West geplant.[3]
Mit Hilfe eines aus diesem Anlass entwickelten neuen Beobachtungsprogramms, für das freilich eine längere Messphase nötig war als ursprünglich vorgesehen, gelang es, den Satelliten seine Messungen von der ungünstigeren Umlaufbahn des GTO aus vornehmen zu lassen. Zuvor wurde die Umlaufbahn mit Hilfe der eigentlich nur für kleinere Kurskorrekturen vorgesehenen Hydrazin-Korrekturtriebwerke leicht vergrößert, so dass der Satellit die Erde nunmehr im Abstand zwischen 526 und 35.900 km Höhe umkreiste. Diese Korrektur war notwendig, da Reibungseffekte der Restatmosphäre in den erdnäheren Regionen der Bahn den Satelliten sonst zu stark gebremst hätten. Auf diese Weise konnten bis zum Betriebsende im Juni 1993 Messungen vorgenommen werden, welche die ursprünglich gesteckten Ziele sogar übertrafen.[3]
Für die genaue Bestimmung der Sternpositionen war in Hipparcos ein Schmidt-Teleskop mit 29 cm Spiegeldurchmesser und 1,4 m Brennweite eingebaut; mit Hilfe eines zusätzlichen Spiegels wurden gleichzeitig zwei Himmelsregionen im Abstand von 58° abgebildet. In der Brennebene wurde ein Gitter (8,2 μm Linienabstand; entspricht 1,2″) platziert, durch das bei der langsamen Drehung des Satelliten die Sternhelligkeit periodisch moduliert wurde; das durchgelassene Licht wurde gemessen. Für die Messungen des Hauptkatalogs wurde eine image dissector tube, eine Spezialform eines Photomultipliers mit einstellbarem „Blickfeld“ verwendet; damit wurde jeweils nur ein Stern erfasst, andere Sterne, deren Licht auch auf das Gitter fiel, konnten ausgeblendet werden. Aus den Helligkeitsmodulation konnten die Sternpositionen zueinander in Drehrichtung bestimmt werden; für die schlussendlichen Positionsdaten waren komplexe Ausgleichungsrechnungen und der Anschluss an Positionsdaten erdgebundener Observatorien notwendig.
Insgesamt bestimmte der Satellit über 1 Million Sternörter, 118.000 davon mit Koordinaten und Bewegungen in einer Genauigkeit, die dem Winkeldurchmesser eines Golfballs aus 5000 km Abstand entspricht. Die Hipparcos-Daten (300 Gigabyte) leiteten – neben den automatisierbaren Messmethoden mit heutigen CCD-Sensoren – die Renaissance der Astrometrie ein und gaben schon im Jahr der Publikation Stoff für hunderte von Aufsätzen von mehr als 1.000 Astronomen.
Das primäre Ergebnis sind also Positionen der gemessenen Sterne, die zu mehreren Mess-Zeitpunkten (Epochen) bestimmt wurden. Aus zeitlich weit auseinander liegenden Epochen können Eigenbewegungen abgeleitet werden, aus Positionen im Abstand von halben Jahren die Parallaxen und damit die Entfernungen der Sterne. Zum Auffinden der Kandidatensterne benötigte Hipparcos bereits so genaue Positionen, dass umfangreiche Vorarbeiten mit irdischen Teleskopen nötig waren.
Hipparcos war für die Astrometrie ein bedeutender Meilenstein: Die Örter, Parallaxen und Eigenbewegungen von 118.000 Sternen wurden mit einer zuvor unerreichten Präzision von etwa 0,001″, also einer Millibogensekunde, gemessen; sie sind im Hipparcos-Katalog verzeichnet und im Internet verfügbar. Darüber hinaus vermaß ein zweites Instrument an Bord über eine Million Sterne mit immer noch beachtlichen ±0,02″, die sich nun im Tycho-Katalog finden. Diese beiden Kataloge sind die beste Realisation des neuen Referenzkoordinatensystems am Himmel ICRF. Sie erlauben nun auch Hobbyastronomen, mit Teleskop und Digitalkamera genau und halbautomatisch jedes Himmelsobjekt einzumessen.
Hipparcos konnte während seiner dreijährigen Funktionsdauer mehrmals Asteroiden beobachten. Sie wurden mit präzisen Meridiankreis-Messungen (La Palma und Bordeaux) zu Bahnbestimmungen kombiniert, die Genauigkeiten von 0,04″ oder 75 m erreichen. Weiter wurden vom Satelliten Hipparcos im Rahmen des Tycho-Katalogs auch Sternhelligkeiten bestimmt.
Als Nachfolger für Hipparcos wurde am 19. Dezember 2013 die ESA-Sonde Gaia erfolgreich gestartet. Sie soll[veraltet] mit mindestens 40-facher Genauigkeit rund eine Milliarde Sterne vermessen. Das deutsche DIVA-Projekt, das als Vorbereitung zu Gaia geplant war, wurde aus finanziellen Gründen abgebrochen.