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Die Anomalistische Periode bezeichnet die Zeit eines Trabanten zwischen dem wiederholten Passieren des Perizentrums. Sie ist die eigentliche Bahnperiode eines Himmelskörpers.
Grundlagen
Der Name kommt daher, dass in der Keplerschen Ellipsentheorie der Winkel vom Perizentrum zum Objekt Wahre Anomalie genannt wird.
Die Anomalistische Periode ist ein Bahnelement der klassischen Bahnbestimmung und wird im Allgemeinen mit T (für time) oder auch P (für Periode) bezeichnet. Sie dient als Maß für die Berechnung der Anomalien (Bahnwinkel), und damit der Ausgangsbasis für alle himmelsmechanischen Berechnungen (Ephemeridenrechnung). Von der siderischen Periode unterscheidet sie sich durch die Apsidendrehung (der langfristigen Drift des Perizentrums).
Die Bahnperiode ergibt sich aus dem dritten Keplergesetz unter Zuhilfenahme des Gravitationsgesetzes zu:
- $ T={\sqrt {\frac {a^{3}4\pi ^{2}}{G(M+m)}}} $
für hinreichend vernachlässigbare Masse des Trabanten gegenüber seinem Zentralkörper, als Zweikörperproblem ohne Bahnstörungen, mit:
- G: Gravitationskonstante
- a: große Halbachse der elliptischen Keplerbahn
- M: Masse des Zentralobjekts (in dem Falle das Schwerezentrum)
- m: Masse des Trabanten
Aufgrund der Bahnstörungen durch andere Himmelskörper, wie sie in einem Mehrkörpersystem auftreten, beschreibt der Ausdruck nur einen Idealfall. Aus einer aufwändigeren Störungsrechnung ergibt sich eine Bahnperiode als oskulierendes Bahnelement.
Tabelle: Anomalistische Perioden im Sonnensystem
Nachfolgende Tabelle enthält die Zeiten für die synodischen und siderischen Perioden sowie die mittleren Bahngeschwindigkeiten der Planeten des Sonnensystems, eines Körpers im Asteroidengürtel und von Transneptunen, sowie des Erdmondes (angegeben in Tagen und Kalenderjahren):
- Eine vergleichende Tabelle der Umlaufperioden dieser Körper siehe Umlaufzeit
Objekt m
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Bahnperiode T
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mittlere Bahn- geschwindigkeit v
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MondM1
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0000027,55 TageM2
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siderisch: 27,32 TageM3 M4 synodisch: 29,53 TageM5
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1,03 km/s
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Merkur
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0000087,97 TageIÄ
|
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47,87 km/s
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Venus
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0000224,70 TageIÄ
|
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35,02 km/s
|
ErdeE1
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0000365,260 Tage
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tropisch: 365,242 TageE2
|
29,78 km/s
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Mars
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0000686,98 TageIÄ
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1 Jahr 322 Tage
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24,14 km/s
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Ceres
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000004,600 Jahre
|
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17,91 km/s
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Jupiter
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000011,869 Jahre
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11 Jahre 317 Tage oder 4334 Tage
|
13,07 km/s
|
Saturn
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000029,628 Jahre
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29 Jahre 229 Tage
|
9,67 km/s
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Uranus
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000084,665 Jahre
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84 Jahre 243 Tage
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6,84 km/s
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Neptun
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000165,490 Jahre
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NP
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5,48 km/s
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Pluto
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000247,700 Jahre
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unsicher, zwischen 247,5 bis 248 JahreNP
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4,75 km/s
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Quaoar
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00~285,970 Jahre
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4,52 km/s
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Sedna
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~10040 000 Jahre
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1,35 km/s
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zum Vergleich:
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ISS
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0001,51 StundenI.
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7,80 km/s
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Sonne
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0~ 230 Mio. Jahre
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um das galaktische ZentrumS.
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220 00 km/s
|
M1 Da der Mond um ein anderes Perizentrum kreist, die Erde – präziser mit ihr um den
Erde-Mond-Schwerpunkt – sind die Werte von Mond und den anderen Objekten im Prinzip nicht vergleichbar (siehe die
Keplersche Bahnformel oben, in die die Zentralmasse eingeht). Natürlich kreist der Mond auch um die Sonne, seine Umlaufzeit ist dieselbe wie die der Erde, mit den Schwankungen, ob der Mond sich dann gerade vor oder hinter der Erde befindet. Zu Details siehe
Mondbahn
M4 Außer beim Erdmond ist die Differenz zwischen Bahnperiode und
siderischer Umlaufzeit in dieser Genauigkeit vernachlässigbar, weil die Perizentren der Planeten sich im Vergleich zur Umlaufdauer nur minimal verschieben (
Perizentrumsdrehung)
IÄ Im Unterschied zum Mond sind die
synodischen Umlaufzeiten bei Mond, Merkur, Venus deutlich
länger, ab Mars und den äußeren Planeten (der Ausdruck „innen/außen“ bezieht sich auf den Asteroidengürtel, nicht die Erde) hingegen wieder zunehmend
kürzer (1,092 bis 1,004 Jahre). Die genaue Erklärung dafür siehe im Abschnitt
Planeten des Artikels
Synodische Umlaufzeit
E2 Bei der Erde ist der Vergleich mit der
tropischen Periode angegeben, die die Bemessungsgrundlage für das
Jahr als Größe bildet. Der Unterschied beträgt etwa 25 Minuten.
NP Die Bahnperioden von Neptun und Pluto sind so lang, dass die moderne Astronomie sie noch nicht vollständig erfasst hat. Die angegebenen Werte beruhen auf Planetentheorien (wie der VSOP 87), die in Modellrechnungen dann sinnvolle Ergebnisse liefern. Die Bestätigung durch
Messung steht aber noch aus. Am 11. April 2009 hat Neptun seine erste vollständig beobachtete Periode vollendet.
I. anomalistische Umlaufzeit: 91,4887 Minuten, drakonitische Umlaufzeit: 91,4269 Minuten
[1] – Geostationäre Satelliten: 23,93 Stunden / 3,075 km/s
S. Die Geschwindigkeit addiert sich zu den hier in der Tabelle angegebenen Relativgeschwindigkeiten innerhalb des Sonnensystems hinzu. Die Geschwindigkeit der Sonne relativ zu den Nachbarsternen in Richtung des
Sonnenapex beträgt 19,7 km/s, das liegt in der Größenordnung der inneren Planeten. Die Relativgeschwindigkeit der
lokalen Gruppe der nahen Galaxien im Bezug zum
Virgo-Superhaufen beträgt etwa 1000 km/s.
Siehe auch
Einzelnachweise