Die Bandstruktur beschreibt die Zustände von Elektronen und Löchern eines kristallinen Festkörpers im Impulsraum und damit die Beschaffenheit dessen elektronischer Struktur. Sie ist die Dispersionsrelation von Elektronen unter dem Einfluss des Festkörpergitterpotentials. Das Energiebändermodell eines Festkörpers ist im Wesentlichen die im Impulsraum dargestellte Bandstruktur.
Die Bandstruktur zählt zu den zentralen Konzepten der Festkörperphysik. Viele grundlegende Eigenschaften eines Festkörpers können mit Hilfe der Bandstruktur verstanden werden, beispielsweise:
Freie Elektronen der Masse $ m $ besitzen eine parabolische Dispersionsrelation, d. h., der Zusammenhang zwischen Wellenvektor $ {\vec {k}} $ (der Betrag des Wellenvektors ist die Kreiswellenzahl $ k $) und Energie $ E $ ist gegeben durch
mit dem reduzierten Planckschen Wirkungsquantum $ \hbar . $
„Frei“ bedeutet dabei, dass die Elektronen nicht mit anderen Elektronen wechselwirken und sich in keinem Potential befinden. Diese Situation wird durch folgende Hamilton-Funktion beschrieben:
mit dem Impuls $ {\vec {p}}. $
Elektronen in einem Festkörper können durch den Einfluss des periodischen Gitterpotentials nicht mehr als freie Teilchen angesehen werden. Im einfachsten Fall wird das durch die abweichende effektive Masse $ m^{*} $ berücksichtigt, was zu Parabelkurven verschiedener Krümmung führt.
Die vollständige Dispersionsrelation $ E({\vec {k}}) $ der Kristallelektronen wird durch die Bandstruktur beschrieben: diese stellt die Energie über dem Wellenvektor $ {\vec {k}} $ (graphisch) dar. In der direkten Umgebung der Hochsymmetriepunkte, wie dem Punkt Γ in der Abbildung unten, ist die Parabelform der Kurven noch zu erkennen.
Ein Energieband, wie beispielsweise das Leitungs- oder Valenzband, ergibt sich durch den Energiebereich, welchen die zugehörige $ E({\vec {k}}) $-Kurve überdeckt (vgl. Abbildung): für diese Energien gibt es erlaubte Zustände im Impulsraum. Der Bereich der Bandlücke (nicht bei Metallen) ist jedoch frei von Elektronen, da es dort keine erlaubten elektronischen Zustände gibt. Deshalb wird dieser Bereich auch oft als „Energielücke“ oder auch „verbotene Zone“ bezeichnet.
Interbandübergänge erfolgen von einem Band zu einem anderen. Das Ereignis, das einen Interbandübergang auslöst, also die Absorption eines Photons ggf. plus der eines Phonons, nennt man auch Interbandanregung.
Direkte Übergänge erfolgen praktisch ohne Änderung des Impulsvektors $ {\vec {k}} $, also senkrecht im Diagramm (der Impulsübertrag durch das Photon auf das Elektron ist vergleichsweise klein und daher zu vernachlässigen). Sie sind hoch wahrscheinlich, da neben der Zuführung der nötigen Sprungenergie, z. B. durch ein Photon, keine zusätzliche Bedingung erfüllt sein muss.
Bei indirekten Bandübergängen ändert sich zusätzlich der Impulsvektor $ {\vec {k}} $, im Diagramm erfolgen sie also „schräg“. Um solche Übergänge auszulösen, muss also nicht nur die Energie zugeführt werden, sondern auch noch der zusätzliche Impuls. Dies kann z. B. durch ein passendes Phonon erfolgen, wie es bei Temperaturen oberhalb des absoluten Nullpunkts durch die thermische Gitterschwingung existieren kann. Durch diese Verknüpfung zweier Bedingungen sind die indirekten Übergänge in der Regel sehr viel weniger wahrscheinlich als die direkten, außerdem kommt eine Temperaturabhängigkeit hinzu.
Bei Halbleitern spricht man je nach dieser Natur ihrer Fundamentalabsorption von direkten oder indirekten Halbleitern.
Es sind auch Übergänge innerhalb eines Bands möglich, sie werden entsprechend Intrabandübergänge genannt. Dabei ändert sich immer der Impulsvektor $ {\vec {k}} $, meistens auch die Energie. Genau wie bei einem indirekten Interbandübergang ist zur Auslösung also die Zuführung sowohl der Differenzenergie als auch des zusätzlichen Impulses notwendig.
Trägt man in einem Diagramm die Energie der Elektronen über deren Wellenvektor auf, so erhält man bezüglich eines Wellenvektors (entspricht der Ausbreitungsrichtung und ist proportional zum Impuls) abwechselnd erlaubte Energiebereiche (Energiebänder) und verbotene Energiebereiche (Energie- oder Bandlücken). Ebenso können Überlappungen von Energiebändern auftreten (z. B. bei mehrwertigen Metallen). Einen kontinuierlichen Verlauf $ E({\vec {k}}) $ der Energie in Abhängigkeit vom Wellenvektor erhält man nur für einen unendlich ausgedehnten Kristall.[1]
Es gibt drei Varianten derartiger Bandstrukturdiagramme (auch als Zonenschemen oder Energie-Wellenvektor-Diagramme bezeichnet):
Markante Punkte in der Bandstruktur sind die Symmetriepunkte wie unter anderem der Γ-Punkt, $ {\vec {k}}=(0,0,0) $. Hier ist der Impuls $ {\vec {p}}=\hbar {\vec {k}}=0 $. Abhängig von der Kristallstruktur sind bestimmte Ausbreitungsrichtungen energetisch sehr günstig für Elektronen. An diesen Punkten kann man in der Bandstruktur Minima finden, was heißt, dass die Ladungsträgerdichte entlang dieser Ausbreitungsrichtungen (allerdings auch abhängig von der Temperatur) tendenziell höher ist.
Die Berechnung von Bandstrukturen realer Materialien erfolgt im Allgemeinen mit Hilfe des Bändermodells. Hierbei wird der Kristall lediglich über eine Einteilchen-Schröderingergleichung approximiert und mit Hilfe von Ansatzfunktionen in Form von Blochfunktionen gelöst. Diese setzen sich zunächst aus einem vollständigen Satz von unendlich vielen Basisfunktionen zusammen, wobei die explizite mathematische Form je nach verwendetem Modell sehr unterschiedlich ausfallen kann. Die bedeutendsten Ansätze sind der Fourierreihenansatz im Modell der quasifreien Elektronen und die Linearkombination von Atomorbitalen in der Tight-Binding-Methode. Die unendlich langen Summen approximiert man in der Praxis mit einer endlichen Anzahl von Basisfunktionen, wobei je nach verwendetem Modell und betrachtetem Material (v.a. Abhängigkeit des Bindungstyp) die Zahl der verwendeten Terme bis zur Konvergenz der Energien stark unterschiedlich ausfallen kann. Häufig reduziert sich der numerische Aufwand unter Ausnutzung von Symmetrieeigenschaften erheblich. Dadurch kann nun mit relativ überschaubarem numerischem Aufwand die Bandstruktur realer Materialien ermittelt werden. Die gebräuchlichsten drei Modelle sind:
Modell der quasifreien Elektronen mit Fourierreihenansatz
Tight-Binding-Methode mit Atomorbitansatz
k·p-Methode mit abstrakten, darstellungsunabhängigen Ansatz über die Gruppentheorie
Bandstrukturen realer Kristalle können sehr komplex sein (Beispiel: GaAs und AlAs[2]). Üblicherweise stellt man die Dispersionsrelation in einem eindimensionalen Schema dar, wobei die Verbindungslinien zwischen verschiedenen charakteristischen Punkten der Brillouin-Zone einfach aneinander gehängt werden.
In jedem realen Kristall gibt es im Energiebereich der Bandlücke zusätzliche lokalisierte Zustände, die von Verunreinigungen, Gitterfehlern oder Oberflächeneffekten herrühren. Diese Zustände können systematisch erzeugt und für Anwendungen genutzt werden, z. B. beim Dotieren von Halbleitern oder in Farbzentren.