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[[Datei:FokkerPlanck.gif|mini|Lösung der 1D Fokker-Planck-Gleichung mit Drift- und Diffusionsterm. Die Anfangsbedingung ist eine [[Deltafunktion]] bei <math>x=1</math> und die Verteilung driftet nach links.]] | [[Datei:FokkerPlanck.gif|mini|Lösung der [[1D]] Fokker-Planck-Gleichung mit Drift- und Diffusionsterm. Die [[Anfangsbedingung]] ist eine [[Deltafunktion]] bei <math>x=1</math>, und die Verteilung driftet nach links.]] | ||
Die '''Fokker-Planck-Gleichung''' (FPG, nach [[Adriaan Daniël Fokker]] (1887–1972) und [[Max Planck]] (1858–1947)) | Die '''Fokker-Planck-Gleichung''' (FPG, nach [[Adriaan Daniël Fokker]] (1887–1972) und [[Max Planck]] (1858–1947)) ist eine [[partielle Differentialgleichung]]. Sie beschreibt die [[Zeitentwicklung|zeitliche Entwicklung]] einer [[Wahrscheinlichkeitsdichtefunktion]] <math>P(x)</math> unter der Wirkung von Drift <math>A(x,t)</math> und [[Diffusion]] <math>B(x,t)</math>. In ihrer [[eindimensional]]en Form lautet die Gleichung: | ||
:<math>\frac{\partial}{\partial t}P(x,t)=-\frac{\partial}{\partial x}\Big[ A(x,t)P(x,t)\Big] +\frac{1}{2}\frac{\partial^2}{\partial x^2}\Big[ B(x,t)P(x,t)\Big] </math> | :<math>\frac{\partial}{\partial t}P(x,t) = -\frac{\partial}{\partial x}\Big[ A(x,t) \, P(x,t)\Big] + \frac{1}{2} \frac{\partial^2}{\partial x^2}\Big[ B(x,t) \, P(x,t)\Big]</math> | ||
In der [[Wahrscheinlichkeitstheorie]] ist diese Gleichung auch bekannt als '''Kolmogorov-Vorwärtsgleichung''' und in diesem Fall nach dem Mathematiker [[Andrei Nikolajewitsch Kolmogorow]] benannt. Sie ist eine [[Lineare Gleichung|lineare]] [[parabolische partielle Differentialgleichung]], die sich nur für einige Spezialfälle (einfache Körpergeometrie; Linearität der [[Randbedingung]]en, des Drift- und des Diffusionskoeffizienten) [[Gleichung#Analytische Lösung|analytisch exakt lösen]] lässt. | |||
In | Für verschwindende Drift <math>A(x,t)=0</math> und konstante Diffusion <math>B(x,t)=B</math> geht die FPG in die [[Diffusionsgleichung|Diffusions]]- (oder auch Wärmeleitungs-) Gleichung über. | ||
In <math>D</math> Dimensionen lautet die Fokker-Planck-Gleichung | |||
:<math>\frac{\partial}{\partial t} P(\mathbf{x},t) = -\sum_{i=1}^{D} \frac{\partial}{\partial x_i} \Big[ A_i(x_1, \ldots, x_D) P(\mathbf{x},t) \Big] + \frac{1}{2} \sum_{i=1}^{D} \sum_{j=1}^{D} \frac{\partial^2}{\partial x_i \, \partial x_j} \Big[ B_{ij}(x_1, \ldots, x_D) P(\mathbf{x},t) \Big]</math> | :<math>\frac{\partial}{\partial t} P(\mathbf{x},t) = -\sum_{i=1}^{D} \frac{\partial}{\partial x_i} \Big[ A_i(x_1, \ldots, x_D) P(\mathbf{x},t) \Big] + \frac{1}{2} \sum_{i=1}^{D} \sum_{j=1}^{D} \frac{\partial^2}{\partial x_i \, \partial x_j} \Big[ B_{ij}(x_1, \ldots, x_D) P(\mathbf{x},t) \Big]</math> | ||
Von der '''[[Marian Smoluchowski|Smoluchowski]]-Gleichung''' spricht man, wenn <math>x</math> die Positionen der Teilchen im System beschreibt. | |||
Für [[Markow-Kette|Markovsche Prozesse]] geht die FPG aus der [[Kramers-Moyal-Entwicklung]] hervor, die nach der zweiten Ordnung abgebrochen wird. | |||
Von | Von großer Bedeutung ist die äquivalente Beschreibung von Problemen durch [[Langevin-Gleichung]]en, die im Vergleich zur FPG die mikroskopische Dynamik [[Stochastisches System|stochastischer Systeme]] beschreiben und – im Gegensatz zur FPG – im Allgemeinen [[Nichtlineare Gleichung|nichtlinear]] sind. | ||
== Herleitung == | == Herleitung == | ||
Die FPG lässt sich aus der kontinuierlichen [[Chapman-Kolmogorow-Gleichung]], einer allgemeineren Gleichung für die Zeitentwicklung von [[Wahrscheinlichkeit]]en bei [[Markow-Prozess]]en, herleiten, falls <math>x</math> eine kontinuierliche Variable ist und die Sprünge in <math>x</math> klein sind. In diesem Fall ist eine [[Taylor-Entwicklung]] (in diesem Fall wird sie auch als Kramers-Moyal-Entwicklung bezeichnet) der Chapman-Kolmogorow-Gleichung | Die FPG lässt sich aus der kontinuierlichen [[Chapman-Kolmogorow-Gleichung]], einer allgemeineren Gleichung für die Zeitentwicklung von [[Wahrscheinlichkeit]]en bei [[Markow-Prozess]]en, herleiten, falls <math>x</math> eine kontinuierliche Variable ist und die Sprünge in <math>x</math> klein sind. In diesem Fall ist eine [[Taylor-Entwicklung]] (in diesem Fall wird sie auch als [[Kramers-Moyal-Entwicklung]] bezeichnet) der Chapman-Kolmogorow-Gleichung | ||
:<math>P(x,t)= \int{ P\left(x-\Delta x, t- \Delta t \right) \Psi \left(x-\Delta x, \Delta x \right) d^D\! \left( \Delta x \right) }</math> | :<math>P(x,t)= \int{ P\left(x-\Delta x, t- \Delta t \right) \Psi \left(x-\Delta x, \Delta x \right) \mathrm d^D\! \left( \Delta x \right) }</math> | ||
möglich und ergibt die FPG. | möglich und ergibt die FPG. | ||
Dabei ist <math>\Psi\left(x-\Delta x, \Delta x \right)</math> die Wahrscheinlichkeit, dass ein Zustand von <math>\left(x-\Delta x\right)</math> übergeht zum Zustand <math>x</math>. Man kann die Entwicklung auch direkt von der [[Mastergleichung]] starten, dann ist die Taylorentwicklung nach der Zeit nicht mehr nötig. | Dabei ist <math>\Psi\left(x-\Delta x, \Delta x \right)</math> die Wahrscheinlichkeit, dass ein Zustand von <math>\left(x-\Delta x\right)</math> übergeht zum Zustand <math>x</math>. Man kann die Entwicklung auch direkt von der [[Mastergleichung]] starten, dann ist die Taylorentwicklung nach der Zeit nicht mehr nötig. | ||
Unter der Annahme, dass die Übergangswahrscheinlichkeit <math>\Psi</math> bei großen Abständen <math>\Delta x</math> klein ist (eben nur kleine Sprünge stattfinden) kann man folgende Taylor Entwicklung verwenden (unter Benutzung der [[Summenkonvention]]): | Unter der Annahme, dass die Übergangswahrscheinlichkeit <math>\Psi</math> bei großen Abständen <math>\Delta x</math> klein ist (eben nur kleine Sprünge stattfinden) kann man folgende Taylor-Entwicklung verwenden (unter Benutzung der [[Summenkonvention]]): | ||
:<math> \begin{align} | :<math> \begin{align} | ||
P(x,t) \approx | P(x,t) \approx | ||
\int P(x,t) \Psi\left(x, \Delta x \right) - \Delta t \, \Psi\left(x, \Delta x \right) \frac{ \partial P(x,t) }{ \partial t} &- \Delta x_{i} \, \frac{\partial }{\partial x_{i}} P(x,t) \Psi\left(x, \Delta x \right) \\ | \int P(x,t) \Psi\left(x, \Delta x \right) - \Delta t \, \Psi\left(x, \Delta x \right) \frac{ \partial P(x,t) }{ \partial t} &- \Delta x_{i} \, \frac{\partial }{\partial x_{i}} P(x,t) \Psi\left(x, \Delta x \right) \\ | ||
&+ \frac{1}{2} \Delta x_{i} \Delta x_{j} \, \frac{\partial^2}{\partial x_{i} \partial x_{j} } P(x,t) \Psi\left(x, \Delta x \right) \; \, d^D \! \left( \Delta x \right) | &+ \frac{1}{2} \Delta x_{i} \Delta x_{j} \, \frac{\partial^2}{\partial x_{i} \partial x_{j} } P(x,t) \Psi\left(x, \Delta x \right) \; \, \mathrm d^D \! \left( \Delta x \right) | ||
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Durch Ausführen der Integration (da <math> | Durch Ausführen der Integration (da <math>P</math> nicht von <math>\Delta x</math> abhängt kann es aus den Integralen herausgezogen werden) erhält man dann | ||
:<math> | :<math> | ||
\frac{ \partial P }{ \partial t } = - \frac{ \partial }{ \partial x_i } \left\langle \Delta x_i \right\rangle P + | \frac{ \partial P }{ \partial t } = - \frac{ \partial }{ \partial x_i } \left\langle \Delta x_i \right\rangle P + | ||
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mit | mit | ||
:<math>A_i=\left\langle \Delta x_i \right\rangle = \frac{1}{\Delta t} \int \Delta x_i \Psi \, d^D \Delta x </math> | :<math>A_i=\left\langle \Delta x_i \right\rangle = \frac{1}{\Delta t} \int \Delta x_i \Psi \, \mathrm d^D \Delta x </math> | ||
:<math>B_{ij}=\left\langle \Delta x_i \Delta x_j \right\rangle = \frac{1}{\Delta t} \int{\Delta x_i \Delta x_j \Psi \, d^D \Delta x } </math> | :<math>B_{ij}=\left\langle \Delta x_i \Delta x_j \right\rangle = \frac{1}{\Delta t} \int{\Delta x_i \Delta x_j \Psi \, \mathrm d^D \Delta x } </math> | ||
== Stationäre Lösung == | == Stationäre Lösung == | ||
Die stationäre Lösung <math> P_s(x,t) </math> der eindimensionalen FPG, d. h. <math> \frac{\partial}{\partial t}P_s(x,t) = 0</math> für alle <math>t</math>, ist gegeben durch | Die stationäre Lösung <math> P_s(x,t) </math> der eindimensionalen FPG, d. h. <math> \frac{\partial}{\partial t}P_s(x,t) = 0</math> für alle <math>t</math>, ist gegeben durch | ||
:<math>P_s(x,t) = P_s(x) = \frac{n}{B(x)} \exp\left(2 \int_{x_0}^x \frac{A(x')}{B(x')}dx'\right),</math> | :<math>P_s(x,t) = P_s(x) = \frac{n}{B(x)} \exp\left(2 \int_{x_0}^x \frac{A(x')}{B(x')}\mathrm dx'\right),</math> | ||
wobei die Normierungskonstante <math>n</math> mit Hilfe der Bedingung <math>\int_{-\infty}^\infty P_s(x) dx = 1</math> bestimmt werden kann. Dabei ist zu beachten, dass das Integral für den unteren Rand <math>x_0</math> verschwindet. Im Fall höherer Dimensionen lässt sich im Allgemeinen keine stationäre Lösung mehr finden; hier ist man auf verschiedene Näherungsverfahren angewiesen. | wobei die Normierungskonstante <math>n</math> mit Hilfe der Bedingung <math>\int_{-\infty}^\infty P_s(x) \mathrm dx = 1</math> bestimmt werden kann. Dabei ist zu beachten, dass das Integral für den unteren Rand <math>x_0</math> verschwindet. | ||
Im Fall höherer Dimensionen lässt sich im Allgemeinen keine stationäre Lösung mehr finden; hier ist man auf verschiedene [[Näherungsverfahren]] angewiesen. | |||
== Zusammenhang mit stochastischen Differentialgleichungen == | == Zusammenhang mit stochastischen Differentialgleichungen == | ||
Sei für die Funktionen <math>\mathbf{U}\colon \mathbb{R}^n \times \mathbb{R}_{+} \to \mathbb{R}^n </math> und <math>\mathbb{V}\colon \mathbb{R}^n \times \mathbb{R}_{+} \to \mathbb{R}^{n \times m} </math>. Dann ist die [[stochastische Differentialgleichung]] für den [[Ito-Prozess]] <math>\{\mathbf{X}_t\}_{t \in \mathbb{R}_{+}}</math> (in der [[Stochastische Integration|Ito-Interpretation]]) gegeben durch | Sei für die Funktionen <math>\mathbf{U}\colon \mathbb{R}^n \times \mathbb{R}_{+} \to \mathbb{R}^n </math> und <math>\mathbb{V}\colon \mathbb{R}^n \times \mathbb{R}_{+} \to \mathbb{R}^{n \times m} </math>. Dann ist die [[stochastische Differentialgleichung]] für den [[Ito-Prozess]] <math>\{\mathbf{X}_t\}_{t \in \mathbb{R}_{+}}</math> (in der [[Stochastische Integration|Ito-Interpretation]]) gegeben durch | ||
:<math> d\mathbf{X_t} = \mathbf{U}(\mathbf{X_t},t) dt + \mathbb{V}(\mathbf{X_t},t) d\mathbf{W_t} </math>, | :<math> \mathrm d\mathbf{X_t} = \mathbf{U}(\mathbf{X_t},t) \mathrm dt + \mathbb{V}(\mathbf{X_t},t) \mathrm d\mathbf{W_t} </math>, | ||
wobei <math>(\mathbf{W_t})</math> einen <math>m</math>-dimensionalen [[Wiener-Prozess]] ([[Brownsche Bewegung]]) bezeichnet. Dann erfüllt die [[Wahrscheinlichkeitsdichtefunktion]] <math>P(\mathbf{X_t}=\mathbf{x},t)=:P(\mathbf{x},t)</math> der Zufallsvariablen <math>\mathbf{X}_t</math> eine FPG, bei der Drift- bzw. Diffusionskoeffizienten gegeben sind durch <math>\mathbf{A} = \mathbf{U} </math> und <math> \mathbb{B} = (B_{ij}) = \mathbb{V} \mathbb{V}^T</math>. | wobei <math>(\mathbf{W_t})</math> einen <math>m</math>-dimensionalen [[Wiener-Prozess]] ([[Brownsche Bewegung]]) bezeichnet. Dann erfüllt die [[Wahrscheinlichkeitsdichtefunktion]] <math>P(\mathbf{X_t}=\mathbf{x},t)=:P(\mathbf{x},t)</math> der Zufallsvariablen <math>\mathbf{X}_t</math> eine FPG, bei der Drift- bzw. Diffusionskoeffizienten gegeben sind durch <math>\mathbf{A} = \mathbf{U} </math> und <math> \mathbb{B} = (B_{ij}) = \mathbb{V} \mathbb{V}^T</math>. | ||
== Fokker-Planck-Gleichung und Pfadintegral == | == Fokker-Planck-Gleichung und Pfadintegral == | ||
Jede Fokker-Planck-Gleichung ist äquivalent zu einem [[Pfadintegral]]. Dies folgt z. B. daraus, dass die allgemeine Fokker-Planck-Gleichung für | Jede Fokker-Planck-Gleichung ist äquivalent zu einem [[Pfadintegral]]. Dies folgt z. B. daraus, dass die allgemeine Fokker-Planck-Gleichung für <math>D</math> Variablen <math>\mathbf{q}=\{q_i\}</math> | ||
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dieselbe Struktur wie die [[Schrödingergleichung]] hat. Der Fokker-Planck-Operator | dieselbe Struktur wie die [[Schrödingergleichung]] hat. Der Fokker-Planck-Operator <math>F</math> entspricht dem Hamilton-Operator, die Wahrscheinlichkeitsdichtefunktion <math>P</math> entspricht der [[Wellenfunktion]]. Das zur Fokker-Planck-Gleichung äquivalente Pfadintegral lautet entsprechend (siehe [[Pfadintegral#Quantenmechanik von Punktteilchen|Pfadintegral]]) | ||
:<math> | :<math> | ||
Z=N\int_{-\infty}^{\infty}\mathcal{D}\mathbf{q}\int_{-i\infty}^{i\infty}\mathcal{D}\mathbf{\tilde{q}}e^{\int | Z=N\int_{-\infty}^{\infty}\mathcal{D}\mathbf{q}\int_{-i\infty}^{i\infty}\mathcal{D}\mathbf{\tilde{q}}e^{\int L\mathrm dt}, | ||
\;\; L=F\left(-\mathbf{\tilde{q}},\mathbf{q},t\right)-\mathbf{\tilde{q}}\cdot\frac{\partial}{\partial t}\mathbf{q}, | \;\; L=F\left(-\mathbf{\tilde{q}},\mathbf{q},t\right)-\mathbf{\tilde{q}}\cdot\frac{\partial}{\partial t}\mathbf{q}, | ||
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wobei | wobei <math>N</math> ein konstanter Normierungsfaktor ist. Pfadintegrale dieser Art sind in der kritischen Dynamik Ausgangspunkt für Störungsrechnung und Renormierungsgruppe.<ref name="Janssen1976">{{cite journal | title = Lagrangean for Classical Field Dynamics and Renormalization Group Calculations of Dynamical Critical Properties | journal = Z. Phys. B | year = 1976 | first = H. K. | last = Janssen | volume = 23 | pages = 377}}</ref> Die Variablen <math>\mathbf{q}</math> stehen dabei z. B. für die Fourierkomponenten des Ordnungsparameters. Die Variablen <math>\mathbf{\tilde{q}}</math> heißen Responsevariablen<ref name="Janssen1976" />. Die [[Lagrangian|Lagrange-Funktion]] <math>L</math> enthält die Responsevariablen nur in quadratischer Form. Im Unterschied zur Quantenmechanik ist es hier jedoch nicht zweckmäßig, die <math>\mathbf{\tilde{q}}</math>-Integrationen auszuführen. | ||
<ref name="Janssen1976">{{cite journal | title = Lagrangean for Classical Field Dynamics and Renormalization Group Calculations of Dynamical Critical Properties | journal = Z. Phys. B | year = 1976 | first = H. K. | last = Janssen | volume = 23 | pages = 377}}</ref> Die Variablen | |||
== Fokker-Planck-Gleichung in der Plasmaphysik == | == Fokker-Planck-Gleichung in der Plasmaphysik == | ||
Die Fokker-Planck-Gleichung ist in der [[Plasmaphysik]] vor allem deshalb von Bedeutung, da der [[Stoß (Physik)|Stoß]]<nowiki/>term der [[Boltzmann-Gleichung]] für [[Plasma (Physik)|Plasmen]] als Fokker-Planck-Term geschrieben werden kann. Der Grund hierfür ist, dass die Bewegung der Teilchen im Plasma von den vielen Stößen mit weit entfernten Partnern dominiert wird, welche nur kleine Änderungen der Geschwindigkeit bewirken (Drift, Diffusion); starke Stöße mit nahen Teilchen sind dagegen vergleichsweise selten und deshalb oft vernachlässigbar. | |||
Die Gleichung wird auch als '''Landau-Gleichung''' bezeichnet, da sie erstmals von [[Lew Dawidowitsch Landau]] aufgestellt wurde, allerdings nicht in ihrer Fokker-Planck-Form, die im Folgenden beschrieben wird. | |||
In der Landau-Gleichung gibt die [[Einteilchenproblem|Einteilchen]]-[[Verteilungsdichte]] im Geschwindigkeitsraum für Teilchen vom Typ <math>\alpha</math>, <math> f_{\alpha}(\vec{v}, t)</math> an, wie viele Teilchen es bei einer bestimmten Geschwindigkeit <math>v</math> gibt. In einem Plasma, auf das keine äußeren Kräfte wirken, kann die Änderung der Verteilungsdichte durch Kollisionen mit Teilchen vom Typ <math>\beta</math> näherungsweise beschrieben werden durch die Gleichung: | |||
: <math>\frac{ \partial f_{\alpha} }{ \partial t } = - \frac{ \partial }{ \partial v_i } \left\langle \Delta v_i \right\rangle^{\alpha \beta} f_{\alpha} + | |||
<math>\frac{ \partial f_{\alpha} }{ \partial t } = - \frac{ \partial }{ \partial v_i } \left\langle \Delta v_i \right\rangle^{\alpha \beta} f_{\alpha} + | |||
\frac{1}{2} \frac{ \partial^2 }{ \partial v_i \partial v_j } \left\langle \Delta v_i \Delta v_j \right\rangle^{\alpha \beta} f_{\alpha} </math> | \frac{1}{2} \frac{ \partial^2 }{ \partial v_i \partial v_j } \left\langle \Delta v_i \Delta v_j \right\rangle^{\alpha \beta} f_{\alpha} </math> | ||
mit | mit | ||
:<math> | ::<math> | ||
\left\langle \Delta v_i \right\rangle^{\alpha \beta} = | \left\langle \Delta v_i \right\rangle^{\alpha \beta} = \left(1+\frac{m_{\alpha}}{m_{\beta}} \right) \Lambda_c \left( \frac{4 \pi q_{\alpha} q_{\beta}}{m_{\alpha}} \right)^2 \frac{\partial}{\partial v_i} \left( \frac{1}{4 \pi} \int \frac{f_{\beta}(v')}{ \left| v-v' \right|} \mathrm dv' \right) | ||
</math> | </math> | ||
und | und | ||
:<math> | ::<math> | ||
\left\langle \Delta v_i \Delta v_j \right\rangle^{\alpha \beta} = | \left\langle \Delta v_i \Delta v_j \right\rangle^{\alpha \beta} = \Lambda_c \left( \frac{4 \pi q_{\alpha} q_{\beta}}{m_{\alpha}} \right)^2 \frac{\partial^2}{\partial v_i \partial v_j} \left( \frac{1}{4 \pi} \int f_{\beta}(v') \left| v-v' \right| \mathrm dv' \right) | ||
</math> | </math> | ||
Dabei ist | |||
* <math>\Lambda_c</math> der [[Coulomb-Logarithmus]]: Je größer sein Wert, umso stärker die Dominanz vieler leichter Kollisionen, und umso besser die Gültigkeit der Landau-Fokker-Planck-Gleichung | |||
* <math>q_{\alpha}</math> und <math>q_{\beta}</math> die [[Elektrische Ladung|elektrischen Ladungen]] der Teilchensorten | |||
* <math>m</math> ihre Masse. | |||
Da die Teilchen im Plasma auch mit Teilchen der gleichen Spezies kollidieren, ist die Gleichung normalerweise nichtlinear. | |||
Diese Gleichung erhält die Teilchenzahl, den [[Impuls]] und die [[Energie]]. Außerdem erfüllt sie das [[H-Theorem]], d. h. Stöße führen zu einer [[Maxwell-Boltzmann-Geschwindigkeitsverteilung]]. | Diese Gleichung [[Erhaltungssatz|erhält]] die [[Teilchenzahl]], den [[Impuls]] und die [[Energie]]. Außerdem erfüllt sie das [[H-Theorem]], d. h. Stöße führen zu einer [[Maxwell-Boltzmann-Geschwindigkeitsverteilung]]. | ||
== Siehe auch == | == Siehe auch == | ||
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== Weblinks == | == Weblinks == | ||
* [ | * [https://www.uni-muenster.de/Physik.TP/~lemm/econoWS99/options2/node1.html Übersicht stochastischer Prozesse] | ||
* [ | * [https://www.theorie.physik.uni-goettingen.de/~kree/master/part1.pdf Skript: Stochastische Beschreibung physikalischer Systeme Prof. Kree (pdf; 442 kB)] | ||
== Literatur == | == Literatur == | ||
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* Arthur G. Peeters, Dafni Strintzi: The Fokker-Planck equation, and its application in plasma physics. Ann. Phys. 17, No 2-3, 124 (2008). [[doi:10.1002/andp.200710279]]. | * Arthur G. Peeters, Dafni Strintzi: The Fokker-Planck equation, and its application in plasma physics. Ann. Phys. 17, No 2-3, 124 (2008). [[doi:10.1002/andp.200710279]]. | ||
* K.-H. Spatschek: ''Theoretische Plasmaphysik. Eine Einführung.'' Teubner, Stuttgart 1990, ISBN 3-519-03041-1. | * K.-H. Spatschek: ''Theoretische Plasmaphysik. Eine Einführung.'' Teubner, Stuttgart 1990, ISBN 3-519-03041-1. | ||
== Einzelnachweise == | |||
<references /> | |||
[[Kategorie:Partielle Differentialgleichung]] | [[Kategorie:Partielle Differentialgleichung]] |
Die Fokker-Planck-Gleichung (FPG, nach Adriaan Daniël Fokker (1887–1972) und Max Planck (1858–1947)) ist eine partielle Differentialgleichung. Sie beschreibt die zeitliche Entwicklung einer Wahrscheinlichkeitsdichtefunktion $ P(x) $ unter der Wirkung von Drift $ A(x,t) $ und Diffusion $ B(x,t) $. In ihrer eindimensionalen Form lautet die Gleichung:
In der Wahrscheinlichkeitstheorie ist diese Gleichung auch bekannt als Kolmogorov-Vorwärtsgleichung und in diesem Fall nach dem Mathematiker Andrei Nikolajewitsch Kolmogorow benannt. Sie ist eine lineare parabolische partielle Differentialgleichung, die sich nur für einige Spezialfälle (einfache Körpergeometrie; Linearität der Randbedingungen, des Drift- und des Diffusionskoeffizienten) analytisch exakt lösen lässt.
Für verschwindende Drift $ A(x,t)=0 $ und konstante Diffusion $ B(x,t)=B $ geht die FPG in die Diffusions- (oder auch Wärmeleitungs-) Gleichung über.
In $ D $ Dimensionen lautet die Fokker-Planck-Gleichung
Von der Smoluchowski-Gleichung spricht man, wenn $ x $ die Positionen der Teilchen im System beschreibt.
Für Markovsche Prozesse geht die FPG aus der Kramers-Moyal-Entwicklung hervor, die nach der zweiten Ordnung abgebrochen wird.
Von großer Bedeutung ist die äquivalente Beschreibung von Problemen durch Langevin-Gleichungen, die im Vergleich zur FPG die mikroskopische Dynamik stochastischer Systeme beschreiben und – im Gegensatz zur FPG – im Allgemeinen nichtlinear sind.
Die FPG lässt sich aus der kontinuierlichen Chapman-Kolmogorow-Gleichung, einer allgemeineren Gleichung für die Zeitentwicklung von Wahrscheinlichkeiten bei Markow-Prozessen, herleiten, falls $ x $ eine kontinuierliche Variable ist und die Sprünge in $ x $ klein sind. In diesem Fall ist eine Taylor-Entwicklung (in diesem Fall wird sie auch als Kramers-Moyal-Entwicklung bezeichnet) der Chapman-Kolmogorow-Gleichung
möglich und ergibt die FPG. Dabei ist $ \Psi \left(x-\Delta x,\Delta x\right) $ die Wahrscheinlichkeit, dass ein Zustand von $ \left(x-\Delta x\right) $ übergeht zum Zustand $ x $. Man kann die Entwicklung auch direkt von der Mastergleichung starten, dann ist die Taylorentwicklung nach der Zeit nicht mehr nötig.
Unter der Annahme, dass die Übergangswahrscheinlichkeit $ \Psi $ bei großen Abständen $ \Delta x $ klein ist (eben nur kleine Sprünge stattfinden) kann man folgende Taylor-Entwicklung verwenden (unter Benutzung der Summenkonvention):
Durch Ausführen der Integration (da $ P $ nicht von $ \Delta x $ abhängt kann es aus den Integralen herausgezogen werden) erhält man dann
mit
Die stationäre Lösung $ P_{s}(x,t) $ der eindimensionalen FPG, d. h. $ {\frac {\partial }{\partial t}}P_{s}(x,t)=0 $ für alle $ t $, ist gegeben durch
wobei die Normierungskonstante $ n $ mit Hilfe der Bedingung $ \int _{-\infty }^{\infty }P_{s}(x)\mathrm {d} x=1 $ bestimmt werden kann. Dabei ist zu beachten, dass das Integral für den unteren Rand $ x_{0} $ verschwindet.
Im Fall höherer Dimensionen lässt sich im Allgemeinen keine stationäre Lösung mehr finden; hier ist man auf verschiedene Näherungsverfahren angewiesen.
Sei für die Funktionen $ \mathbf {U} \colon \mathbb {R} ^{n}\times \mathbb {R} _{+}\to \mathbb {R} ^{n} $ und $ \mathbb {V} \colon \mathbb {R} ^{n}\times \mathbb {R} _{+}\to \mathbb {R} ^{n\times m} $. Dann ist die stochastische Differentialgleichung für den Ito-Prozess $ \{\mathbf {X} _{t}\}_{t\in \mathbb {R} _{+}} $ (in der Ito-Interpretation) gegeben durch
wobei $ (\mathbf {W_{t}} ) $ einen $ m $-dimensionalen Wiener-Prozess (Brownsche Bewegung) bezeichnet. Dann erfüllt die Wahrscheinlichkeitsdichtefunktion $ P(\mathbf {X_{t}} =\mathbf {x} ,t)=:P(\mathbf {x} ,t) $ der Zufallsvariablen $ \mathbf {X} _{t} $ eine FPG, bei der Drift- bzw. Diffusionskoeffizienten gegeben sind durch $ \mathbf {A} =\mathbf {U} $ und $ \mathbb {B} =(B_{ij})=\mathbb {V} \mathbb {V} ^{T} $.
Jede Fokker-Planck-Gleichung ist äquivalent zu einem Pfadintegral. Dies folgt z. B. daraus, dass die allgemeine Fokker-Planck-Gleichung für $ D $ Variablen $ \mathbf {q} =\{q_{i}\} $
dieselbe Struktur wie die Schrödingergleichung hat. Der Fokker-Planck-Operator $ F $ entspricht dem Hamilton-Operator, die Wahrscheinlichkeitsdichtefunktion $ P $ entspricht der Wellenfunktion. Das zur Fokker-Planck-Gleichung äquivalente Pfadintegral lautet entsprechend (siehe Pfadintegral)
wobei $ N $ ein konstanter Normierungsfaktor ist. Pfadintegrale dieser Art sind in der kritischen Dynamik Ausgangspunkt für Störungsrechnung und Renormierungsgruppe.[1] Die Variablen $ \mathbf {q} $ stehen dabei z. B. für die Fourierkomponenten des Ordnungsparameters. Die Variablen $ \mathbf {\tilde {q}} $ heißen Responsevariablen[1]. Die Lagrange-Funktion $ L $ enthält die Responsevariablen nur in quadratischer Form. Im Unterschied zur Quantenmechanik ist es hier jedoch nicht zweckmäßig, die $ \mathbf {\tilde {q}} $-Integrationen auszuführen.
Die Fokker-Planck-Gleichung ist in der Plasmaphysik vor allem deshalb von Bedeutung, da der Stoßterm der Boltzmann-Gleichung für Plasmen als Fokker-Planck-Term geschrieben werden kann. Der Grund hierfür ist, dass die Bewegung der Teilchen im Plasma von den vielen Stößen mit weit entfernten Partnern dominiert wird, welche nur kleine Änderungen der Geschwindigkeit bewirken (Drift, Diffusion); starke Stöße mit nahen Teilchen sind dagegen vergleichsweise selten und deshalb oft vernachlässigbar.
Die Gleichung wird auch als Landau-Gleichung bezeichnet, da sie erstmals von Lew Dawidowitsch Landau aufgestellt wurde, allerdings nicht in ihrer Fokker-Planck-Form, die im Folgenden beschrieben wird.
In der Landau-Gleichung gibt die Einteilchen-Verteilungsdichte im Geschwindigkeitsraum für Teilchen vom Typ $ \alpha $, $ f_{\alpha }({\vec {v}},t) $ an, wie viele Teilchen es bei einer bestimmten Geschwindigkeit $ v $ gibt. In einem Plasma, auf das keine äußeren Kräfte wirken, kann die Änderung der Verteilungsdichte durch Kollisionen mit Teilchen vom Typ $ \beta $ näherungsweise beschrieben werden durch die Gleichung:
mit
und
Dabei ist
Da die Teilchen im Plasma auch mit Teilchen der gleichen Spezies kollidieren, ist die Gleichung normalerweise nichtlinear.
Diese Gleichung erhält die Teilchenzahl, den Impuls und die Energie. Außerdem erfüllt sie das H-Theorem, d. h. Stöße führen zu einer Maxwell-Boltzmann-Geschwindigkeitsverteilung.