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Die '''Molekularfeldtheorie''' (engl. '''mean field theory''') ist eine Näherung, die Systeme | Die '''Molekularfeldtheorie''' (engl. '''mean-field theory''') ist eine [[Approximation|Näherung]], die Systeme miteinander wechselwirkender Teilchen als Systeme [[freies Teilchen|freier Teilchen]] in einem externen [[Feld (Physik)|Feld]] betrachtet. Das externe Feld wird dabei als konstant angesehen und berücksichtigt somit nicht, dass jedes Teilchen durch sein Verhalten das Feld lokal verändert (d. h., [[Fluktuation]]en werden vernachlässigt).<ref> D.J. Amit: ''Field Theory, the Renormalization Group, and Critical Phenomena'', World Scientific, 1978, ISBN 9971-966-10-7.</ref> | ||
Obwohl bei dieser Näherung für viele Größen quantitativ ungenaue Werte entstehen, | Obwohl bei dieser Näherung für viele Größen ''quantitativ'' ungenaue Werte entstehen, gibt sie zahlreiche ''qualitative'' Hinweise auf das [[Skaleninvarianz|Skalenverhalten]], also auf die [[Kritischer Exponent|kritischen Exponenten]] bei [[Phasenübergang|Phasenübergängen]]. Die Molekularfeldtheorie hängt eng mit der [[Landau-Theorie]] der Phasenübergänge zusammen. | ||
Die Molekularfeldtheorie | Formal betrachtet die Molekularfeldtheorie den Zustand mit dem größten Beitrag zur [[Zustandssumme]], weshalb sie auch als ''klassische Näherung'' oder '''Molekularfeldnäherung''' bezeichnet wird. | ||
== Anwendungen == | |||
Die Molekularfeldtheorie wird häufig angewendet in der [[Statistische Physik|statistischen Physik]] oder der [[Statistische Thermodynamik|statistischen Thermodynamik]], u. a. bei der Bestimmung der [[Permittivität]] [[Polarisierbarkeit|polarisierbarer]] Medien,<ref>C. Itzykson, J.M. Drouffe: ''Statistical Field Theory'', Cambridge University Press, 1989, ISBN 0-521-40805-9.</ref> im [[Ising-Modell]] (Gitter aus N [[Spin]]s) und in der [[Van-der-Waals-Gleichung|Van-der-Waals-Theorie]] (Flüssigkeiten). Dabei ergibt sich die Beziehung zwischen dem Isingmodell und der Flüssigkeitstheorie aus der Gittergas-Interpretation des Ising-Modells (''spin up'' <math>\hat = </math> 'Gitterplatz ist besetzt', ''spin down'' <math>\hat =</math> 'Gitterplatz ist leer'). | |||
== Beispiel: N-Spin-System == | |||
Ein System aus <math>N</math> [[Spin]]s ist charakterisiert durch seinen [[Hamilton-Operator]]: | |||
:<math>\begin{align} | |||
\hat H &= -\sum_jg\mu_\mathrm B\hat{\vec S_j}\vec B - \sum_{i,j}J_{ji}\hat{\vec S_j}\hat{\vec S_i}\\ | |||
&= -\sum_jg\mu_\mathrm B\hat{\vec S_j}\left(\vec B + \frac 1{g\mu_\mathrm B}\sum_{i}J_{ji}\hat{\vec S_i}\right) \ , | |||
\end{align}</math> | |||
wobei | |||
* der erste Summand den [[Energie]]<nowiki/>beitrag durch die Wechselwirkung der Spins <math>\hat{\vec S}</math> mit der [[Magnetische Flussdichte|magnetischen Flussdichte]] <math>\vec B</math> eines äußeren [[Magnetfeld]]es | |||
* der zweite Summand die Wechselwirkung der Spins untereinander, deren Eintrag in der [[Kopplungskonstante|Wechselwirkungsmatrix]] <math>J_{ji}</math> von Null verschieden ist, | |||
* <math>g</math> den [[Gyromagnetischer Faktor|gyromagnetischen Faktor]] | |||
* <math>\mu_\mathrm B</math> das [[Bohrsches Magneton|Bohrsche Magneton]] | |||
beschreibt. | |||
Im Sinn der Molekularfeldtheorie wird der Wechselwirkungsterm nun abgeschätzt, indem man die Spins ersetzt durch ihren Mittelwert über das gesamte System: | |||
::<math>\langle \hat{\vec S}\rangle=\frac{1}{N}\sum_{i=0}^N \hat{\vec S_i}\ .</math> | |||
Der [[Erwartungswert]] eines einzelnen Spins <math>S_i</math> ist dann in der Molekularfeldnäherung <math>\langle \hat{\vec S_i}\rangle=\langle \hat{\vec S}\rangle</math>. | |||
Damit wird der Hamilton-Operator zu: | |||
:<math>\hat H = -\sum_jg\mu_\mathrm B\hat{\vec S_j}\left(\vec B+\frac{1}{g\mu_\mathrm B} J_j \langle \hat{\vec S} \rangle \right)\ ,</math> | |||
wobei <math>J_j = {\sum}_i J_{ji}</math>. | |||
In einer weiteren Abschätzung wird <math>J_j</math> als gleich für alle <math>j</math> angenommen: | |||
::<math>J_j = J</math> | |||
Der Term in der Klammer <math>\vec B_{\text{eff}} = \left( \vec B + \frac 1{g\mu_\mathrm B} J \langle \hat{\vec S} \rangle \right)</math> ist nun unabhängig von den einzelnen Wechselwirkungen im System und kann wie ein effektives äußeres Magnetfeld verstanden werden. Dieses kann man anstelle des Magnetfelds einsetzen in die Lösungen für das Problem freier Spins (<math>J_{ji} = 0</math>). | |||
= | Im Fall eines entlang der z-Achse ausgerichteten Magnetfeldes <math>\vec B = B \, \vec e_z</math> ergibt sich aus dem Erwartungswert der <math>z</math>-Komponente der Spinssumme <math>S</math>: | ||
:<math>\langle\hat{S_z}\rangle = S\ \operatorname{B}_S\left(\frac{Sg\mu_\mathrm B B}{k_\mathrm B T}\right) \ ,</math> | |||
:<math>\hat | |||
mit | |||
* der [[Brillouin-Funktion]] <math>\operatorname{B}_S(\cdot)</math> zum Spin S | |||
* der [[Boltzmann-Konstante]] <math>k_\mathrm B</math> | |||
* der [[absolute Temperatur|absoluten Temperatur]] <math>T</math> | |||
der Erwartungswert für wechselwirkende Spins zu: | |||
:<math>\langle\hat{S_z}\rangle = S\ \operatorname{B}_S \left[ \frac{Sg\mu_\mathrm B}{k_\mathrm B T} \left( \vec B + \frac 1{g\mu_\mathrm B} J \langle \hat{\vec S} \rangle \right) \right] \ .</math> | |||
=== Einschränkungen === | |||
Die Molekularfeldtheorie vernachlässigt [[Korrelation]]en der physikalischen Größen, d. h., es wird angenommen, dass <math>\langle S_1 S_2\rangle=\langle S_1\rangle\langle S_2\rangle</math>. Daraus folgt, dass die Molekularfeldtheorie am [[Kritischer Punkt (Thermodynamik)|kritischen Punkt]] eines [[Phasenübergang]]s, und in dessen Nähe, zusammenbricht. | |||
== Verallgemeinerungen == | |||
==Verallgemeinerungen== | Der Kern der Theorie besteht darin, dass für einen komplizierteren Operator eine [[Linearität|lineare]] Näherung, d. h. eine [[Einteilchenproblem|Einteilchennäherung]] gemacht wird. Analog kann man z. B. in der Quantentheorie eine komplizierte [[Vielteilchentheorie]] auf eine optimal angepasste Einteilchentheorie zurückführen, indem man den Hamiltonoperator beispielsweise durch die zugehörige [[Hartree-Fock-Methode|Hartree-Fock-Näherung]] approximiert oder passende [[Quasiteilchen]] einführt. | ||
Der | |||
== Literatur == | == Literatur == |
Die Molekularfeldtheorie (engl. mean-field theory) ist eine Näherung, die Systeme miteinander wechselwirkender Teilchen als Systeme freier Teilchen in einem externen Feld betrachtet. Das externe Feld wird dabei als konstant angesehen und berücksichtigt somit nicht, dass jedes Teilchen durch sein Verhalten das Feld lokal verändert (d. h., Fluktuationen werden vernachlässigt).[1]
Obwohl bei dieser Näherung für viele Größen quantitativ ungenaue Werte entstehen, gibt sie zahlreiche qualitative Hinweise auf das Skalenverhalten, also auf die kritischen Exponenten bei Phasenübergängen. Die Molekularfeldtheorie hängt eng mit der Landau-Theorie der Phasenübergänge zusammen.
Formal betrachtet die Molekularfeldtheorie den Zustand mit dem größten Beitrag zur Zustandssumme, weshalb sie auch als klassische Näherung oder Molekularfeldnäherung bezeichnet wird.
Die Molekularfeldtheorie wird häufig angewendet in der statistischen Physik oder der statistischen Thermodynamik, u. a. bei der Bestimmung der Permittivität polarisierbarer Medien,[2] im Ising-Modell (Gitter aus N Spins) und in der Van-der-Waals-Theorie (Flüssigkeiten). Dabei ergibt sich die Beziehung zwischen dem Isingmodell und der Flüssigkeitstheorie aus der Gittergas-Interpretation des Ising-Modells (spin up $ {\hat {=}} $ 'Gitterplatz ist besetzt', spin down $ {\hat {=}} $ 'Gitterplatz ist leer').
Ein System aus $ N $ Spins ist charakterisiert durch seinen Hamilton-Operator:
wobei
beschreibt.
Im Sinn der Molekularfeldtheorie wird der Wechselwirkungsterm nun abgeschätzt, indem man die Spins ersetzt durch ihren Mittelwert über das gesamte System:
Der Erwartungswert eines einzelnen Spins $ S_{i} $ ist dann in der Molekularfeldnäherung $ \langle {\hat {{\vec {S}}_{i}}}\rangle =\langle {\hat {\vec {S}}}\rangle $.
Damit wird der Hamilton-Operator zu:
wobei $ J_{j}={\sum }_{i}J_{ji} $.
In einer weiteren Abschätzung wird $ J_{j} $ als gleich für alle $ j $ angenommen:
Der Term in der Klammer $ {\vec {B}}_{\text{eff}}=\left({\vec {B}}+{\frac {1}{g\mu _{\mathrm {B} }}}J\langle {\hat {\vec {S}}}\rangle \right) $ ist nun unabhängig von den einzelnen Wechselwirkungen im System und kann wie ein effektives äußeres Magnetfeld verstanden werden. Dieses kann man anstelle des Magnetfelds einsetzen in die Lösungen für das Problem freier Spins ($ J_{ji}=0 $).
Im Fall eines entlang der z-Achse ausgerichteten Magnetfeldes $ {\vec {B}}=B\,{\vec {e}}_{z} $ ergibt sich aus dem Erwartungswert der $ z $-Komponente der Spinssumme $ S $:
mit
der Erwartungswert für wechselwirkende Spins zu:
Die Molekularfeldtheorie vernachlässigt Korrelationen der physikalischen Größen, d. h., es wird angenommen, dass $ \langle S_{1}S_{2}\rangle =\langle S_{1}\rangle \langle S_{2}\rangle $. Daraus folgt, dass die Molekularfeldtheorie am kritischen Punkt eines Phasenübergangs, und in dessen Nähe, zusammenbricht.
Der Kern der Theorie besteht darin, dass für einen komplizierteren Operator eine lineare Näherung, d. h. eine Einteilchennäherung gemacht wird. Analog kann man z. B. in der Quantentheorie eine komplizierte Vielteilchentheorie auf eine optimal angepasste Einteilchentheorie zurückführen, indem man den Hamiltonoperator beispielsweise durch die zugehörige Hartree-Fock-Näherung approximiert oder passende Quasiteilchen einführt.