Streuung (Physik): Unterschied zwischen den Versionen

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Unter '''Streuung''' versteht man in der Physik allgemein die Ablenkung eines Objekts durch Wechselwirkung mit einem lokalen anderen Objekt ([[Streukörper|Streuzentrum]]), konkreter die Ablenkung von Teilchen- oder Wellen[[strahlung]]. Beispiele sind die Streuung von [[Licht]] an [[Atom]]en oder [[Feinstaub]], von [[Elektron]]en an anderen Elektronen oder von [[Neutron]]en an [[Atomkern]]en.
Unter '''Streuung''' versteht man in der Physik allgemein die Ablenkung eines Objekts durch Wechselwirkung mit einem lokalen anderen Objekt ([[Streukörper|Streuzentrum]]). Beispiele sind die Streuung von [[Licht]] an [[Atom]]en oder [[Feinstaub]], von [[Elektron]]en an anderen Elektronen oder von [[Neutron]]en an [[Atomkern]]en.


Die Stärke einer Streuung wird durch den so genannten [[Streuquerschnitt]] angegeben. Der Name kommt daher, dass der Streuquerschnitt bei [[Klassische Mechanik|klassischer]] Streuung von [[Massepunkt]]en an einer [[Modell harter Kugeln|harten Kugel]] gerade gleich dem [[Querschnitt (Mechanik)|Querschnitt]] der Kugel ist.
Die Stärke einer Streuung wird durch den [[Streuquerschnitt]] angegeben. Der Name kommt daher, dass der Streuquerschnitt bei [[Klassische Mechanik|klassischer]] Streuung von [[Massepunkt]]en an einer [[Modell harter Kugeln|harten Kugel]] gerade gleich dem [[Querschnitt (Mechanik)|Querschnitt]] der Kugel ist.


Man unterscheidet zwischen ''elastischer'' und ''unelastischer'' (oder inelastischer) Streuung:
Man unterscheidet zwischen ''elastischer'' und ''unelastischer'' (oder inelastischer) Streuung:
* bei elastischer Streuung (siehe auch [[Elastischer Stoß]]) ist die Summe der [[Kinetische Energie|kinetischen Energien]] nach dem Stoß gleich groß wie vorher
* bei elastischer Streuung (siehe auch [[Elastischer Stoß]]) ist die Summe der [[Kinetische Energie|kinetischen Energien]] nach dem Stoß gleich groß wie vorher
* bei unelastischer Streuung ändert sie sich dagegen, beispielsweise geht ein Teil der vorhandenen kinetischen Energie in [[Angeregter Zustand|Anregungsenergie]] eines Atoms über oder wird, etwa bei [[Ionisation]]svorgängen, zum Aufbrechen einer Bindung verwendet.
* bei {{Anker|unelastische Streuung}}unelastischer Streuung ändert sie sich dagegen, beispielsweise geht ein Teil der vorhandenen kinetischen Energie in [[Angeregter Zustand|Anregungsenergie]] eines Atoms über oder wird, etwa bei [[Ionisation]]svorgängen, zum Aufbrechen einer Bindung verwendet.


Unelastische Streuung im engeren Sinne bedeutet, dass das einfallende Teilchen nach dem Stoß, wenn auch mit verringerter Energie, noch vorhanden ist; in weiterem Sinne werden manchmal auch Absorptionsvorgänge (Vorgänge, bei denen das einfallende Teilchen „verschwindet“) zu den unelastischen Streuvorgängen gezählt.
Unelastische Streuung im engeren Sinne bedeutet, dass das einfallende Teilchen nach dem Stoß, wenn auch mit verringerter Energie, noch vorhanden ist; in weiterem Sinne werden manchmal auch Absorptionsvorgänge (Vorgänge, bei denen das einfallende Teilchen „verschwindet“) zu den unelastischen Streuvorgängen gezählt.


Bei der Streuung von Wellen unterscheidet man auch zwischen [[Kohärenz (Physik)|kohärenter]] und inkohärenter Streuung. Im Falle von kohärenter Streuung gibt es eine feste Phasenbeziehung zwischen der einlaufenden und der gestreuten Welle, im Fall von inkohärenter Streuung nicht. Werden kohärente Strahlen kohärent gestreut, können die gestreuten Strahlen miteinander interferieren. Dies nutzt man insbesondere bei der Röntgenbeugung aus.
Bei der Streuung von Wellen unterscheidet man auch zwischen [[Kohärenz (Physik)|kohärenter]] und inkohärenter Streuung. Im Falle von kohärenter Streuung gibt es eine feste Phasenbeziehung zwischen der einlaufenden und der gestreuten Welle (siehe [[Reflexion (Physik)|Reflexion]]), im Fall von inkohärenter Streuung nicht. Werden kohärente Strahlen kohärent gestreut, können die gestreuten Strahlen miteinander interferieren. Dies nutzt man insbesondere bei der [[Röntgenbeugung]] aus.


Die theoretische Beschreibung von Streuungen ist Aufgabe der [[Streutheorie]]. Streuexperimente geben Aufschluss über die Form des [[Grundkräfte der Physik|Wechselwirkungspotentials]].
Die theoretische Beschreibung von Streuungen ist Aufgabe der [[Streutheorie]]. Experimente der [[Hochenergiephysik]] werden allgemein als Streuexperimente bezeichnet, auch dann, wenn dabei z. B. neue Teilchen entstehen ([[tiefinelastische Streuung]]). Sie geben Aufschluss über die Form des [[Grundkräfte der Physik|Wechselwirkungspotentials]].
[[Ernest Rutherford]] zeigte anhand [[Kinematik (Teilchenprozesse)|kinematischer]] Zusammenhänge bei der Streuung von [[Alphateilchen]] an [[Atom]]en, dass diese einen schweren [[Atomkern|Kern]] enthalten müssen.


[[Ernest Rutherford]] zeigte anhand der Streuung von [[Alphateilchen]] an Atomen mit einer [[Kinematik (Teilchenprozesse)|kinematischen]] Überlegung, dass die Atome einen schweren [[Atomkern|Kern]] enthalten müssen.
Im Gegensatz zur Streuung findet bei der [[Beugung (Physik)|Beugung]] eine Ablenkung von [[Strahlung]] durch die Eigenschaft einer Wellenfront statt, sich an der Kante eines Hindernisses in alle Richtungen auszubreiten.
Bei der [[Brechung (Physik)|Brechung]] beruht die Ablenkung der [[Strahlung]] auf der Änderung der [[Phasengeschwindigkeit|Ausbreitungsgeschwindigkeit]] bei Änderung der Dichte oder der Zusammensetzung des [[Ausbreitungsmedium]]s, am deutlichsten an [[Grenzfläche|Phasengrenzen]].


Auch die Experimente der [[Hochenergiephysik]] werden allgemein als Streuexperimente bezeichnet, auch dann, wenn dabei z. B. neue Teilchen entstehen ([[tiefinelastische Streuung]]).
== Streuwinkel, Vorwärts- und Rückstreuung {{Anker|Streuwinkel}} {{Anker|Vorwärtsstreuung}} {{Anker|Rückstreuung}} ==
Der '''Streuwinkel'''&nbsp;<math>\theta</math> ist der Winkel, um den das gestreute Teilchen abgelenkt wird. Als '''Vorwärtsstreuung''' werden Streuprozesse bezeichnet, bei denen es nur zu einer kleinen Ablenkung kommt (kleiner Streuwinkel). '''Rückstreuung''' oder '''Rückwärtsstreuung''' bezeichnet Streuprozesse mit einem Streuwinkel zwischen <math>90^\circ</math> und <math>180^\circ</math> (siehe auch [[Kinematik (Teilchenstoß)]]).


== Streuwinkel, Vorwärts- und Rückstreuung ==
Wenn beide Stoßpartner eine von Null verschiedene Masse haben, wird bei Streuexperimenten in der [[Kernphysik|Kern-]] und [[Teilchenphysik]] oftmals der Streuwinkel im [[Schwerpunktsystem]] betrachtet. Dieser ist für die theoretische Betrachtung bedeutender als der Streuwinkel im [[Laborsystem]].
Der Streuwinkel&nbsp;θ ist als der Winkel definiert, um den das gestreute Teilchen abgelenkt wird. Als ''Vorwärtsstreuung'' werden Streuprozesse bezeichnet, bei denen es nur zu einer kleinen Ablenkung kommt (kleiner Streuwinkel). ''Rückstreuung'' oder ''Rückwärtsstreuung'' bezeichnet Streuprozesse mit einem Streuwinkel zwischen 90° und 180° (siehe auch [[Kinematik (Teilchenstoß)]]).


Wenn beide Stoßpartner (streuendes und gestreutes Teilchen) eine Ruhemasse haben (also keine Photonen sind), wird bei Streuexperimenten in der [[Kernphysik|Kern-]] und [[Teilchenphysik]] oftmals der Streuwinkel im [[Schwerpunktsystem]] betrachtet; dieser ist für die theoretische Betrachtung bedeutender als der Streuwinkel im [[Laborsystem]].
In vielen Fällen ist die Vorwärtsstreuung wesentlich stärker als Streuung in andere Richtungen, hat also einen vergleichsweise großen [[Wirkungsquerschnitt#Differentieller Wirkungsquerschnitt|differentiellen Wirkungsquerschnitt]]. Ein aus dem Alltag bekanntes Beispiel ist die Streuung von Licht an Staubteilchen in der Luft: Blickt man nahezu in Richtung der Lichtquelle (wenn beispielsweise Sonnenlicht in einen dunklen Raum fällt), sind die Staubteilchen deutlich als helle Punkte zu sehen. Ähnliches passiert an feinen Wassertröpfchen.


In vielen Fällen ist die Vorwärtsstreuung wesentlich stärker als Streuung in andere Richtungen, hat also einen vergleichsweise großen [[Wirkungsquerschnitt#Differentieller Wirkungsquerschnitt|differentiellen Wirkungsquerschnitt]]. Ein aus dem Alltag bekanntes Beispiel ist die Streuung von Licht an Staubteilchen in der Luft: Blickt man nahezu in Richtung der Lichtquelle (wenn beispielsweise Sonnenlicht in einen dunklen Raum fällt), sind die Staubteilchen deutlich als helle Punkte zu sehen.
Die Streuung in Rückwärtsrichtung (<math>\theta = 180^\circ</math>) ist im Rahmen der klassischen Physik meist schwächer als in alle anderen Richtungen, kann aber durch [[Quantenmechanik|quantenmechanische]] Effekte bzw. [[Interferenz (Physik)|Interferenzeffekte]] stärker als die Streuung in benachbarte Richtungen sein. [[Kohärenz (Physik)|Kohärente]] Rückstreuung ist auch für die hohe Helligkeit des Vollmondes verantwortlich.
 
Die Streuung in Rückwärtsrichtung (θ&nbsp;=&nbsp;180°) ist im Rahmen der klassischen Physik meist schwächer als in alle anderen Richtungen, kann aber durch [[Quantenmechanik|quantenmechanische]] Effekte bzw. [[Interferenz (Physik)|Interferenzeffekte]] stärker als die Streuung in benachbarte Richtungen sein. [[Kohärenz (Physik)|Kohärente]] Rückstreuung ist auch für die hohe Helligkeit des Vollmondes verantwortlich.


== Klassische Streuung ==
== Klassische Streuung ==
Die [[klassische Mechanik]] unterscheidet [[Stoß (Physik)|Stöße]] zwischen [[starren Körpern]] von der Streuung an einem Potential. Für Bahnbewegung einer Punktmasse in einem Potential, das mit der Entfernung quadratisch abfällt, ergeben sich immer Gleichungen, die einen [[Kegelschnitt]] beschreiben: Hyperbel, Parabel, oder Ellipse. Ein positives, also abstoßendes Potential führt immer zu Hyperbeln. Anziehende Potentiale führen zu Ellipsen, wenn die Energie des Stoßpartners nicht groß genug ist. In diesem Sinne ist die Bewegung eines Kometen auch die Streuung am Gravitationspotential der Sonne.
Die [[klassische Mechanik]] unterscheidet [[Stoß (Physik)|Stöße]] zwischen [[Starrer Körper|starren Körpern]] von der Streuung an einem Potential. Für Bahnbewegung einer Punktmasse in einem Potential, das mit der Entfernung linear abfällt, ergeben sich immer Gleichungen, die einen [[Kegelschnitt]] beschreiben: Hyperbel, Parabel, oder Ellipse. Ein positives, also abstoßendes Potential führt immer zu Hyperbeln. Anziehende Potentiale führen zu Ellipsen, wenn die Energie des Stoßpartners nicht groß genug ist. In diesem Sinne ist die Bewegung eines Kometen auch die Streuung am Gravitationspotential der Sonne.


== Streuung elektromagnetischer Strahlung==
== Streuung elektromagnetischer Strahlung ==
<!--Wechselwirkung von [[Elektromagnetische Welle|Wellen]] und [[Elementarteilchen|Teilchen]]-->
<!--Wechselwirkung von [[Elektromagnetische Welle|Wellen]] und [[Elementarteilchen|Teilchen]]-->


=== an Elementarteilchen ===
=== An Elementarteilchen ===
* [[Thomson-Streuung]]: elastische Streuung an quasifreien Elektronen (Grenzfall der Compton-Streuung für kleine Photonenenergien).
* [[Thomson-Streuung]]: elastische Streuung an quasifreien Elektronen (Grenzfall der Compton-Streuung für kleine Photonenenergien).
* [[Compton-Effekt|Compton-Streuung]]: elastische Streuung an quasifreien Elektronen.
* [[Compton-Effekt|Compton-Streuung]]: elastische Streuung an quasifreien Elektronen.
* [[Halpern-Streuung|Licht-Licht-Streuung]]: Effekt, der nur im Rahmen der [[Quantenelektrodynamik]] erklärt werden kann.  
* [[Halpern-Streuung|Licht-Licht-Streuung]]: Effekt, der nur im Rahmen der [[Quantenelektrodynamik]] erklärt werden kann.


=== an Materie ===
=== An Materie ===
* [[Rayleigh-Streuung]]: elastische (keine Energieübertragung) [[elektromagnetische Streuung]] an Objekten, die kleiner sind als deren Wellenlänge, auch Dipol-Streuung
* [[Rayleigh-Streuung]]: elastische (keine Energieübertragung) [[elektromagnetische Streuung]] an Objekten, die kleiner sind als deren Wellenlänge, auch Dipol-Streuung
* [[Raman-Streuung]]: inelastische Streuung an Atomen, Molekülen oder [[Festkörper]]n
* [[Raman-Streuung]]: inelastische Streuung an Atomen, Molekülen oder [[Festkörper]]n
* [[Mie-Streuung]]: elektromagnetische Streuung an Objekten in der Größenordnung der Wellenlänge, auch Lorenz-Mie-Streuung, benannt nach dem deutschen Physiker [[Gustav Mie]] (1868–1957) und dem dänischen Physiker [[Ludvig Lorenz]] (1829–1891)
* [[Mie-Streuung]]: elektromagnetische Streuung an Objekten in der Größenordnung der Wellenlänge, auch Lorenz-Mie-Streuung, benannt nach dem deutschen Physiker [[Gustav Mie]] (1868–1957) und dem dänischen Physiker [[Ludvig Lorenz]] (1829–1891), führt zum [[Tyndall-Effekt]]
* [[Raman-Streuung|Phonon-Raman-Streuung]]: unelastische Streuung an optischen Phononen (Gitterschwingungen im Frequenzbereich des sichtbaren Lichts)
* [[Raman-Streuung|Phonon-Raman-Streuung]]: unelastische Streuung an optischen Phononen (Gitterschwingungen im Frequenzbereich des sichtbaren Lichts)
* [[Brillouin-Streuung]]: unelastische Streuung an akustischen Phononen (Gitterschwingungen im Frequenzbereich von Schall).
* [[Brillouin-Streuung]]: unelastische Streuung an akustischen Phononen (Gitterschwingungen im Frequenzbereich von Schall).
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== Streuung von Teilchen ==
== Streuung von Teilchen ==
* [[Rutherford-Streuung]]: geladenes Teilchen an Atomkern, elastisch
* [[Rutherford-Streuung]]: geladenes Teilchen an Atomkern, elastisch
* [[Mott-Streuung]]: wie Rutherfordstreuung, aber mit Berücksichtigung des [[Spin]]s
* [[Mott-Streuung]]: wie Rutherford-Streuung, aber mit Berücksichtigung des [[Spin]]s
* [[Neutronenstreuung]]: [[thermisch]]es Neutron an Kristall, elastisch oder unelastisch; schnelles Neutron an Atomkern, elastisch (siehe auch [[Moderator (Physik)|Moderator]]) oder unelastisch
* [[Neutronenstreuung]]: [[Thermische Neutronen|thermisches Neutron]] an Kristall, elastisch oder unelastisch; schnelles Neutron an Atomkern, elastisch (siehe auch [[Moderator (Physik)|Moderator]]) oder unelastisch
* [[Elektronenbeugung]]: Elektron an Festkörper (Kristallgitter)
* [[Elektronenbeugung]]: Elektron an Festkörper (Kristallgitter)
* [[Møller-Streuung]]: Elektron an Elektron, also ununterscheidbare Teilchen
* [[Møller-Streuung]]: Elektron an Elektron, also ununterscheidbare Teilchen
* [[Bhabha-Streuung]]: Elektron an Positron, seinem Antiteilchen
* [[Bhabha-Streuung]]: Elektron an Positron, seinem Antiteilchen
* [[Tiefinelastische Streuung]], zum Beispiel Elektron an [[Hadron]]en mit hohen Energie- und Impulsüberträgen, sie lieferten Aufschluss über den inneren Aufbau der Hadronen.
Streuung von Elementarteilchen wird anschaulich durch [[Feynmandiagramm]]e beschrieben. Bei Streuprozessen oder Zerfallsprozessen in der Elementarteilchenphysik unterscheidet man zwischen exklusiven und inklusiven Prozessen. Bei exklusiven Prozessen wird Energie und Impuls aller Streuprodukte gemessen, bei inklusiven entfällt das bei einigen Streuprodukten, so dass statt einem spezifischen Streuprozess ein Kollektiv von Prozessen gemessen wird. Letzteres ist unter anderem dann der Fall, wenn einige der Streuprodukte schwer zu messen sind, man nur an bestimmten Streuprodukten interessiert ist oder zu viele Streuprodukte vorhanden sind, deren genaue Messung nicht möglich oder zu aufwändig ist.


== Wechselwirkung zwischen elektromagnetischer Strahlung und Materie ==
== Wechselwirkung zwischen elektromagnetischer Strahlung und Materie ==
[[Datei:fig1 elastische streuung.png|miniatur|Elastische Streuung]]
[[Datei:fig1 elastische streuung.png|mini|Elastische Streuung]]
[[Datei:fig2 inelastische streuung.png|miniatur|Inelastische Streuung]]
[[Datei:fig2 inelastische streuung.png|mini|Inelastische Streuung]]
[[Datei:fig4 compton-streuung.png|miniatur|Comptonstreuung]]
[[Datei:fig4 compton-streuung.png|mini|Comptonstreuung]]
<!--[[Datei:fig3 resonanzabsorption.png|miniatur|Resonanzabsorption]]
<!--[[Datei:fig3 resonanzabsorption.png|miniatur|Resonanzabsorption]]
[[Datei:fig7 fluoreszenz.png|miniatur|Fluoreszenz]]-->
[[Datei:fig7 fluoreszenz.png|miniatur|Fluoreszenz]]-->
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=== Compton-Streuung ===
=== Compton-Streuung ===
{{Hauptartikel|Compton-Streuung}}
{{Hauptartikel|Compton-Streuung}}
Als [[Compton-Effekt|Compton-Streuung]] wird der inkohärente Prozess bezeichnet, bei dem ein Photon an einem freien oder nur schwach gebundenen Elektron gestreut wird. Bei Streuung am Elektron eines Atoms wird dieses durch diesen Prozess ionisiert und es werden ein Photoelektron sowie ein Photon verringerter Energie emittiert.  
Als [[Compton-Effekt|Compton-Streuung]] wird der inkohärente Prozess bezeichnet, bei dem ein Photon an einem freien oder nur schwach gebundenen Elektron gestreut wird <math>E_{Bindung}<<E_{h\nu} </math>. Bei Streuung am Elektron eines Atoms wird dieses durch diesen Prozess ionisiert und es werden ein Photoelektron sowie ein Photon mit winkelabhängig verringerter Energie emittiert.
Diese Streuung ist elastisch, da die Summe der kinetischen Energie vor und nach dem Stoß identisch ist. Für einen inelastischen Vorgang muss kinetische Energie auch in innere Energie umgewandelt werden, wobei innere Freiheitsgrade angeregt werden (über die ein Elektron aber nicht verfügt). Eine Änderung der inneren Energie ist nach der Masse-Energie-Äquivalenz auch stets mit einer Masseänderung verknüpft. Tatsächlich ändern sich die Ruhemassen des Photons und Elektrons jedoch nicht.
Diese Streuung wird als elastisch bezeichnet, da der Einfluss der Bindungsenergie vernachlässigt werden kann und so die Summe der kinetischen Energien vor und nach dem Stoß identisch ist. Für einen inelastischen Vorgang bezüglich des Elektrons, müsste kinetische Energie auch in innere Energie umgewandelt werden, wobei innere Freiheitsgrade angeregt werden, über die ein Elektron aber nicht verfügt.


=== Rayleigh-Streuung ===
=== Rayleigh-Streuung ===
{{Hauptartikel|Rayleigh-Streuung}}
{{Hauptartikel|Rayleigh-Streuung}}
Der Streuprozess ist kohärent, also die [[Kohärenz (Physik)|Kohärenz]] erhaltend. Die Energie <math>E=h\nu</math> (''h''&nbsp;ist das Plancksche [[Wirkungsquantum]], <math>\nu</math>&nbsp;die Frequenz) des eingestrahlten Photons ist zu klein, um das Atom anzuregen. Die Streuung findet an gebundenen Elektronen statt, wobei sich die Energie des gestreuten Photons nicht ändert.
Der Streuprozess ist kohärent, also die [[Kohärenz (Physik)|Kohärenz]] erhaltend. Die Energie <math>E=h\nu</math> (''h''&nbsp;ist das Plancksche [[Wirkungsquantum]], <math>\nu</math>&nbsp;die Frequenz) des eingestrahlten Photons ist zu klein, um das Atom anzuregen. Die Streuung findet an gebundenen Elektronen statt, wobei sich die Energie des gestreuten Photons nicht ändert.
Im klassischen Grenzfall, das heißt einer großen Wellenlänge des Photons gegenüber dem Bohrradius des Atoms, spricht man von [[Rayleigh-Streuung]]. Besonderes Kennzeichen ist, dass der [[Streuquerschnitt]]&nbsp;σ sehr stark von der Frequenz abhängt und proportional zu <math>\nu^4</math> ansteigt. Eine doppelt so große Frequenz wird um das 2<sup>4</sup>-fache (= 16-fache) mehr gestreut, dies ist die Ursache für das Himmelblau und das Abendrot.
Im klassischen Grenzfall, das heißt einer großen Wellenlänge des Photons gegenüber dem Bohrradius des Atoms, spricht man von Rayleigh-Streuung. Besonderes Kennzeichen ist, dass der [[Streuquerschnitt]]&nbsp;σ sehr stark von der Frequenz abhängt und proportional zu <math>\nu^4</math> ansteigt. Eine doppelt so große Frequenz wird um das 2<sup>4</sup>-fache (= 16-fache) mehr gestreut, dies ist die Ursache für das Himmelblau und das Abendrot.


=== Raman-Streuung ===
=== Raman-Streuung ===
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=== Resonanzabsorption, spontane Emission, Fluoreszenz und Phosphoreszenz ===
=== Resonanzabsorption, spontane Emission, Fluoreszenz und Phosphoreszenz ===
Entspricht die Energie eines eintreffenden Photons genau der Differenz zweier diskreter Energieniveaus <math>\Delta E</math>, so wird das Photon vom Atom [[Absorption (Physik)|absorbiert]] (man spricht auch von [[Resonanzabsorption]]). Das Atom befindet sich darauf in einem angeregten Zustand, der über verschiedene Kanäle zerfallen kann. Folgt innerhalb kurzer Zeit die [[Spontane Emission|Emission]] eines Lichtquants ähnlicher Frequenz, so spricht man von [[Fluoreszenz]]. Die Energie des Fluoreszenzphotons kann durch nicht-strahlende Relaxationsvorgänge im Atom niedriger, als die eingestrahlte Energie sein. Die Lebensdauer des (der) angeregten Zustandes (Zustände) beträgt typischerweise einige Nanosekunden (siehe [[Fluoreszenzlebensdauer]]). Ist die Verweildauer deutlich länger, als einige Nanosekunden, so spricht man von [[Phosphoreszenz]] (oft sind Phosphoreszenzübergänge Spin-verbotene Übergänge). Man beachte, dass in beiden Fällen das emittierte und absorbierte Photon keine feste Phasenbeziehung aufweisen, es handelt sich also um einen [[Kohärenz (Physik)|inkohärenten]] Streuvorgang.
Entspricht die Energie eines eintreffenden Photons genau der Differenz zweier diskreter Energieniveaus <math>\Delta E</math>, so wird das Photon vom Atom [[Absorption (Physik)|absorbiert]] (man spricht auch von [[Resonanzabsorption]]). Das Atom befindet sich darauf in einem angeregten Zustand, der über verschiedene Kanäle zerfallen kann. Folgt innerhalb kurzer Zeit die [[Spontane Emission|Emission]] eines Lichtquants ähnlicher Frequenz, so spricht man von [[Fluoreszenz]]. Die Energie des Fluoreszenzphotons kann durch nicht-strahlende Relaxationsvorgänge im Atom niedriger als die eingestrahlte Energie sein. Die Lebensdauer des (der) angeregten Zustandes (Zustände) beträgt typischerweise einige Nanosekunden (siehe [[Fluoreszenzlebensdauer]]). Ist die Verweildauer deutlich länger als einige Nanosekunden, so spricht man von [[Phosphoreszenz]] (oft sind Phosphoreszenzübergänge Spin-verbotene Übergänge). Man beachte, dass in beiden Fällen das emittierte und absorbierte Photon keine feste Phasenbeziehung aufweisen, es handelt sich also um einen [[Kohärenz (Physik)|inkohärenten]] Streuvorgang.


=== Stimulierte Emission ===
=== Stimulierte Emission ===
[[Datei:fig6 stimulierte emission.png|miniatur|stimulierte Emission]]
[[Datei:fig6 stimulierte emission.png|mini|stimulierte Emission]]
Bei der [[Stimulierte Emission|stimulierten Emission]] wird ein vorhandenes angeregtes Atom durch ein mit passender Energie eingestrahltes Photon zur Emission eines zweiten, kohärenten Photons angeregt.
Bei der [[Stimulierte Emission|stimulierten Emission]] wird ein vorhandenes angeregtes Atom durch ein mit passender Energie eingestrahltes Photon zur Emission eines zweiten, kohärenten Photons angeregt.


=== Photoeffekt ===
=== Photoeffekt ===
[[Datei:fig5 photoeffekt.png|miniatur|Photoeffekt]]
[[Datei:fig5 photoeffekt.png|mini|Photoeffekt]]
Ein Absorptionsvorgang, bei dem ein Elektron die volle Energie des Photons übernimmt, wird als [[Photoelektrischer Effekt]] bezeichnet. Dafür ist eine gewisse Bindungsfestigkeit des Elektrons aus Gründen der [[Kinematik (Teilchenstoß)|Kinematik]] notwendig; deshalb ist der Wirkungsquerschnitt für den Photoeffekt am größten in der innersten Schale (K-Schale) schwerer Atome.
Ein Absorptionsvorgang, bei dem ein Elektron die volle Energie des Photons übernimmt, wird als [[Photoelektrischer Effekt]] bezeichnet. Dafür ist eine gewisse Bindungsfestigkeit des Elektrons aus Gründen der [[Kinematik (Teilchenstoß)|Kinematik]] notwendig; deshalb ist der Wirkungsquerschnitt für den Photoeffekt am größten in der innersten Schale (K-Schale) schwerer Atome.


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== Mehrfachstreuung ==
== Mehrfachstreuung ==
Die laterale Aufweitung eines dünnen Bleistiftstrahls aus geladenen Teilchen am Potential der Kerne eines Mediums wird durch die [[Molière-Theorie]] beschrieben. In erster Ordnung ergibt sich ein gaußförmiges Strahlprofil. Mehrfachstreuung führt jedoch zu höheren Termen, die zu einer höheren [[Kurtosis]] führen, also einer gesteigerten Aufweitung des Strahls.
Mehrfachstreuung an mehreren Streuzentren tritt z.&nbsp;B. auf bei:
''Siehe auch [[Molière-Radius]].''
* der [[Röntgenbeugung]] in [[Kristall]]en
* [[akustische Welle|akustischen Wellen]] in [[porös]]en Medien
* der [[Lichtstreuung]] an [[Wassertropfen|Wassertröpfchen]] in [[Wolke]]n
* der Streuung von Strahlen schneller [[Geladenes Teilchen|geladener Teilchen]] in Materie ([[Molière-Theorie]], z.&nbsp;B. [[Molière-Radius]]).


== Resonanzstreuung ==
== Resonanzstreuung ==
Für niedrige Potentialtöpfe von der Größe der [[Comptonwellenlänge]] tritt resonante Streuung auf, die kohärent, aber phasenverschoben ist. Der Phasenunterschied gibt Aufschluss über die Potentialtiefe.
Für niedrige [[Potentialtopf|Potentialtöpfe]] von der Größe der [[Compton-Wellenlänge]] tritt [[Resonanz|resonant]]e Streuung auf, die [[Kohärenz (Physik)|kohärent]], aber [[Phasenverschiebung|phasenverschoben]] ist. Der Phasenunterschied gibt Aufschluss über die Potentialtiefe.
 
== Literatur ==
*{{Literatur | Autor = Jörn Bleck-Neuhaus | Titel = Elementare Teilchen: moderne Physik von den Atomen bis zum Standard-Modell | Reihe=  Springer-Lehrbuch | Ort = Berlin/Heidelberg | Verlag = Springer | Jahr = 2010 | Kapitel= Kapitel 5| ISBN = 978-3-540-85299-5}}
* {{Literatur | Autor = Bogdan Povh, Mitja Rosina | Titel = Streuung und Strukturen: ein Streifzug durch die Quantenphänomene | Reihe=  Physics and astronomy online library | Ort = Berlin Heidelberg New York Hongkong London Mailand Paris Tokio | Verlag = Springer | Jahr = 2002 | ISBN = 3-540-42887-9 }}


==Tiefinelastische Streuung ==
Aus der Winkelverteilung der Stoßpartner, der Energien nach dem Stoß und dem Verlauf des Wirkungsquerschnitts für unterschiedliche Eingangsenergien können Daten über Zusammensetzung ([[Parton (Physik)|Parton]]), Form ([[Formfaktor (Physik)|Formfaktor]]), Potentialverhalten ([[Yukawa-Potential]]) und [[Kopplungskonstante]]n gewonnen werden. Zudem kann das [[Phasendiagramm]] der Kernmaterie vermessen werden (siehe [[Quark-Gluon-Plasma]]).


== Literatur ==
* {{Literatur
  |Autor=Gustav Mie
  |Titel=Beiträge zur Optik trüber Medien, speziell kolloidaler Metallösungen
  |Sammelwerk=[[Annalen der Physik]]
  |Band=25
  |Nummer=3
  |Jahr=1908
  |Seiten=377–445}}
* Ludvig Lorenz: ''Lysbevaegelsen i og uden for en af plane Lysbolger belyst Kugle.'' Det Kongelige Danske Videnskabernes Selskabs Skrifter, 6. Raekke, 6. Bind, 1890, 1, S.&nbsp;1–62.
* {{Literatur
  |Autor=Ludvig V. Lorenz
  |Titel=Sur la lumière réfléchie et réfractée par une sphère transparente
  |Sammelwerk=Œuvres scientifiques de L. Lorenz, revues et annotées par H. Valentiner
  |Verlag=Librairie Lehmann et Stage
  |Jahr=1898
  |Ort=Kopenhagen
  |Seiten=403–529}}
==Siehe auch==
*[[Streutheorie]]
*[[S-Matrix]]
*[[Partialwelle]]


[[Kategorie:Spektroskopie]]
[[Kategorie:Spektroskopie]]

Aktuelle Version vom 28. Februar 2022, 10:51 Uhr

Unter Streuung versteht man in der Physik allgemein die Ablenkung eines Objekts durch Wechselwirkung mit einem lokalen anderen Objekt (Streuzentrum), konkreter die Ablenkung von Teilchen- oder Wellenstrahlung. Beispiele sind die Streuung von Licht an Atomen oder Feinstaub, von Elektronen an anderen Elektronen oder von Neutronen an Atomkernen.

Die Stärke einer Streuung wird durch den Streuquerschnitt angegeben. Der Name kommt daher, dass der Streuquerschnitt bei klassischer Streuung von Massepunkten an einer harten Kugel gerade gleich dem Querschnitt der Kugel ist.

Man unterscheidet zwischen elastischer und unelastischer (oder inelastischer) Streuung:

  • bei elastischer Streuung (siehe auch Elastischer Stoß) ist die Summe der kinetischen Energien nach dem Stoß gleich groß wie vorher
  • bei unelastischer Streuung ändert sie sich dagegen, beispielsweise geht ein Teil der vorhandenen kinetischen Energie in Anregungsenergie eines Atoms über oder wird, etwa bei Ionisationsvorgängen, zum Aufbrechen einer Bindung verwendet.

Unelastische Streuung im engeren Sinne bedeutet, dass das einfallende Teilchen nach dem Stoß, wenn auch mit verringerter Energie, noch vorhanden ist; in weiterem Sinne werden manchmal auch Absorptionsvorgänge (Vorgänge, bei denen das einfallende Teilchen „verschwindet“) zu den unelastischen Streuvorgängen gezählt.

Bei der Streuung von Wellen unterscheidet man auch zwischen kohärenter und inkohärenter Streuung. Im Falle von kohärenter Streuung gibt es eine feste Phasenbeziehung zwischen der einlaufenden und der gestreuten Welle (siehe Reflexion), im Fall von inkohärenter Streuung nicht. Werden kohärente Strahlen kohärent gestreut, können die gestreuten Strahlen miteinander interferieren. Dies nutzt man insbesondere bei der Röntgenbeugung aus.

Die theoretische Beschreibung von Streuungen ist Aufgabe der Streutheorie. Experimente der Hochenergiephysik werden allgemein als Streuexperimente bezeichnet, auch dann, wenn dabei z. B. neue Teilchen entstehen (tiefinelastische Streuung). Sie geben Aufschluss über die Form des Wechselwirkungspotentials. Ernest Rutherford zeigte anhand kinematischer Zusammenhänge bei der Streuung von Alphateilchen an Atomen, dass diese einen schweren Kern enthalten müssen.

Im Gegensatz zur Streuung findet bei der Beugung eine Ablenkung von Strahlung durch die Eigenschaft einer Wellenfront statt, sich an der Kante eines Hindernisses in alle Richtungen auszubreiten. Bei der Brechung beruht die Ablenkung der Strahlung auf der Änderung der Ausbreitungsgeschwindigkeit bei Änderung der Dichte oder der Zusammensetzung des Ausbreitungsmediums, am deutlichsten an Phasengrenzen.

Streuwinkel, Vorwärts- und Rückstreuung

Der Streuwinkel $ \theta $ ist der Winkel, um den das gestreute Teilchen abgelenkt wird. Als Vorwärtsstreuung werden Streuprozesse bezeichnet, bei denen es nur zu einer kleinen Ablenkung kommt (kleiner Streuwinkel). Rückstreuung oder Rückwärtsstreuung bezeichnet Streuprozesse mit einem Streuwinkel zwischen $ 90^{\circ } $ und $ 180^{\circ } $ (siehe auch Kinematik (Teilchenstoß)).

Wenn beide Stoßpartner eine von Null verschiedene Masse haben, wird bei Streuexperimenten in der Kern- und Teilchenphysik oftmals der Streuwinkel im Schwerpunktsystem betrachtet. Dieser ist für die theoretische Betrachtung bedeutender als der Streuwinkel im Laborsystem.

In vielen Fällen ist die Vorwärtsstreuung wesentlich stärker als Streuung in andere Richtungen, hat also einen vergleichsweise großen differentiellen Wirkungsquerschnitt. Ein aus dem Alltag bekanntes Beispiel ist die Streuung von Licht an Staubteilchen in der Luft: Blickt man nahezu in Richtung der Lichtquelle (wenn beispielsweise Sonnenlicht in einen dunklen Raum fällt), sind die Staubteilchen deutlich als helle Punkte zu sehen. Ähnliches passiert an feinen Wassertröpfchen.

Die Streuung in Rückwärtsrichtung ($ \theta =180^{\circ } $) ist im Rahmen der klassischen Physik meist schwächer als in alle anderen Richtungen, kann aber durch quantenmechanische Effekte bzw. Interferenzeffekte stärker als die Streuung in benachbarte Richtungen sein. Kohärente Rückstreuung ist auch für die hohe Helligkeit des Vollmondes verantwortlich.

Klassische Streuung

Die klassische Mechanik unterscheidet Stöße zwischen starren Körpern von der Streuung an einem Potential. Für Bahnbewegung einer Punktmasse in einem Potential, das mit der Entfernung linear abfällt, ergeben sich immer Gleichungen, die einen Kegelschnitt beschreiben: Hyperbel, Parabel, oder Ellipse. Ein positives, also abstoßendes Potential führt immer zu Hyperbeln. Anziehende Potentiale führen zu Ellipsen, wenn die Energie des Stoßpartners nicht groß genug ist. In diesem Sinne ist die Bewegung eines Kometen auch die Streuung am Gravitationspotential der Sonne.

Streuung elektromagnetischer Strahlung

An Elementarteilchen

  • Thomson-Streuung: elastische Streuung an quasifreien Elektronen (Grenzfall der Compton-Streuung für kleine Photonenenergien).
  • Compton-Streuung: elastische Streuung an quasifreien Elektronen.
  • Licht-Licht-Streuung: Effekt, der nur im Rahmen der Quantenelektrodynamik erklärt werden kann.

An Materie

  • Rayleigh-Streuung: elastische (keine Energieübertragung) elektromagnetische Streuung an Objekten, die kleiner sind als deren Wellenlänge, auch Dipol-Streuung
  • Raman-Streuung: inelastische Streuung an Atomen, Molekülen oder Festkörpern
  • Mie-Streuung: elektromagnetische Streuung an Objekten in der Größenordnung der Wellenlänge, auch Lorenz-Mie-Streuung, benannt nach dem deutschen Physiker Gustav Mie (1868–1957) und dem dänischen Physiker Ludvig Lorenz (1829–1891), führt zum Tyndall-Effekt
  • Phonon-Raman-Streuung: unelastische Streuung an optischen Phononen (Gitterschwingungen im Frequenzbereich des sichtbaren Lichts)
  • Brillouin-Streuung: unelastische Streuung an akustischen Phononen (Gitterschwingungen im Frequenzbereich von Schall).

Streuung von Teilchen

Streuung von Elementarteilchen wird anschaulich durch Feynmandiagramme beschrieben. Bei Streuprozessen oder Zerfallsprozessen in der Elementarteilchenphysik unterscheidet man zwischen exklusiven und inklusiven Prozessen. Bei exklusiven Prozessen wird Energie und Impuls aller Streuprodukte gemessen, bei inklusiven entfällt das bei einigen Streuprodukten, so dass statt einem spezifischen Streuprozess ein Kollektiv von Prozessen gemessen wird. Letzteres ist unter anderem dann der Fall, wenn einige der Streuprodukte schwer zu messen sind, man nur an bestimmten Streuprodukten interessiert ist oder zu viele Streuprodukte vorhanden sind, deren genaue Messung nicht möglich oder zu aufwändig ist.

Wechselwirkung zwischen elektromagnetischer Strahlung und Materie

Elastische Streuung
Inelastische Streuung
Comptonstreuung

Es folgt eine schematische Darstellung zur Wechselwirkung eines Photons mit einem Atom. Die waagerechten Linien repräsentieren die diskreten Anregungszustände des Atoms, die das punktförmig dargestellte Elektron besetzen kann. Die unterste Linie entspricht dem energetischen Grundzustand.

Thomson-Streuung

Als Thomson-Streuung bezeichnet man die kohärente Wechselwirkung mit einem (quasi) freien Elektron. Dabei ändert sich die Energie des gestreuten Photons allerdings nicht.

Compton-Streuung

Als Compton-Streuung wird der inkohärente Prozess bezeichnet, bei dem ein Photon an einem freien oder nur schwach gebundenen Elektron gestreut wird $ E_{Bindung}<<E_{h\nu } $. Bei Streuung am Elektron eines Atoms wird dieses durch diesen Prozess ionisiert und es werden ein Photoelektron sowie ein Photon mit winkelabhängig verringerter Energie emittiert. Diese Streuung wird als elastisch bezeichnet, da der Einfluss der Bindungsenergie vernachlässigt werden kann und so die Summe der kinetischen Energien vor und nach dem Stoß identisch ist. Für einen inelastischen Vorgang bezüglich des Elektrons, müsste kinetische Energie auch in innere Energie umgewandelt werden, wobei innere Freiheitsgrade angeregt werden, über die ein Elektron aber nicht verfügt.

Rayleigh-Streuung

Der Streuprozess ist kohärent, also die Kohärenz erhaltend. Die Energie $ E=h\nu $ (h ist das Plancksche Wirkungsquantum, $ \nu $ die Frequenz) des eingestrahlten Photons ist zu klein, um das Atom anzuregen. Die Streuung findet an gebundenen Elektronen statt, wobei sich die Energie des gestreuten Photons nicht ändert. Im klassischen Grenzfall, das heißt einer großen Wellenlänge des Photons gegenüber dem Bohrradius des Atoms, spricht man von Rayleigh-Streuung. Besonderes Kennzeichen ist, dass der Streuquerschnitt σ sehr stark von der Frequenz abhängt und proportional zu $ \nu ^{4} $ ansteigt. Eine doppelt so große Frequenz wird um das 24-fache (= 16-fache) mehr gestreut, dies ist die Ursache für das Himmelblau und das Abendrot.

Raman-Streuung

Bei der an sich inelastischen Raman-Streuung beobachtet man eine Abweichung der Energie des gestreuten Lichtquants und der Energie $ E=h\nu $ des einfallenden Lichtquants. Die Energiedifferenz beträgt gerade die Anregungsenergie $ \Delta E $ einer Rotation oder Schwingung des Moleküls (beim Raman-Effekt 1. Ordnung). Diese Energiedifferenz wird an das Atom abgegeben oder wird vom Photon aufgenommen. Die Energie des gestreuten Photons beträgt dann $ h\nu -\Delta E $ (Energieabgabe an das Molekül) bzw. $ h\nu +\Delta E $ (Energieaufnahme vom Lichtquant).

Resonanzabsorption, spontane Emission, Fluoreszenz und Phosphoreszenz

Entspricht die Energie eines eintreffenden Photons genau der Differenz zweier diskreter Energieniveaus $ \Delta E $, so wird das Photon vom Atom absorbiert (man spricht auch von Resonanzabsorption). Das Atom befindet sich darauf in einem angeregten Zustand, der über verschiedene Kanäle zerfallen kann. Folgt innerhalb kurzer Zeit die Emission eines Lichtquants ähnlicher Frequenz, so spricht man von Fluoreszenz. Die Energie des Fluoreszenzphotons kann durch nicht-strahlende Relaxationsvorgänge im Atom niedriger als die eingestrahlte Energie sein. Die Lebensdauer des (der) angeregten Zustandes (Zustände) beträgt typischerweise einige Nanosekunden (siehe Fluoreszenzlebensdauer). Ist die Verweildauer deutlich länger als einige Nanosekunden, so spricht man von Phosphoreszenz (oft sind Phosphoreszenzübergänge Spin-verbotene Übergänge). Man beachte, dass in beiden Fällen das emittierte und absorbierte Photon keine feste Phasenbeziehung aufweisen, es handelt sich also um einen inkohärenten Streuvorgang.

Stimulierte Emission

stimulierte Emission

Bei der stimulierten Emission wird ein vorhandenes angeregtes Atom durch ein mit passender Energie eingestrahltes Photon zur Emission eines zweiten, kohärenten Photons angeregt.

Photoeffekt

Photoeffekt

Ein Absorptionsvorgang, bei dem ein Elektron die volle Energie des Photons übernimmt, wird als Photoelektrischer Effekt bezeichnet. Dafür ist eine gewisse Bindungsfestigkeit des Elektrons aus Gründen der Kinematik notwendig; deshalb ist der Wirkungsquerschnitt für den Photoeffekt am größten in der innersten Schale (K-Schale) schwerer Atome.

Dieses ist eigentlich kein Streuprozess, sondern eher ein Absorptionsprozess, da danach kein gestreutes Photon mehr existiert. In der Photoelektronenspektroskopie betrachtet man die ausgelösten Photoelektronen, wobei man unter anderem die Anregung mit UV- bzw. Röntgenstrahlung (UPS bzw. XPS) unterscheidet.

Mehrfachstreuung

Mehrfachstreuung an mehreren Streuzentren tritt z. B. auf bei:

  • der Röntgenbeugung in Kristallen
  • akustischen Wellen in porösen Medien
  • der Lichtstreuung an Wassertröpfchen in Wolken
  • der Streuung von Strahlen schneller geladener Teilchen in Materie (Molière-Theorie, z. B. Molière-Radius).

Resonanzstreuung

Für niedrige Potentialtöpfe von der Größe der Compton-Wellenlänge tritt resonante Streuung auf, die kohärent, aber phasenverschoben ist. Der Phasenunterschied gibt Aufschluss über die Potentialtiefe.

Literatur

  • Jörn Bleck-Neuhaus: Elementare Teilchen: moderne Physik von den Atomen bis zum Standard-Modell (= Springer-Lehrbuch). Springer, Berlin/Heidelberg 2010, ISBN 978-3-540-85299-5, Kapitel 5.
  • Bogdan Povh, Mitja Rosina: Streuung und Strukturen: ein Streifzug durch die Quantenphänomene (= Physics and astronomy online library). Springer, Berlin Heidelberg New York Hongkong London Mailand Paris Tokio 2002, ISBN 3-540-42887-9.