imported>Wiesebohm (Die letzte Textänderung von 46.90.130.170 wurde verworfen und die Version 166946460 von Bautsch wiederhergestellt.) |
imported>MaxBE K (→Licht: Tippfehler korrigiert) |
||
Zeile 1: | Zeile 1: | ||
[[Datei | [[Datei:R-DSC00449-WMC.jpg|mini|Brechung an einem Wasserglas. Durch seine Form wirkt das Glas wie eine [[Zylinderlinse]] und erzeugt ein seitenverkehrtes Bild.]] | ||
'''Brechung''' | Die '''Brechung''', auch '''Refraktion''', ist die Änderung der Ausbreitungsrichtung einer [[Welle]] durch eine räumliche Änderung des [[Brechungsindex]] des [[Ausbreitungsmedium|Mediums]], das die Welle durchläuft. Die Änderung des Brechungsindex führt dabei zu einer Änderung der [[Phasengeschwindigkeit]] der Welle. Brechung tritt bei jeder Art von Wellen auf, die sich in mehr als einer [[Dimension (Mathematik)|Dimension]] ausbreiten. Beispiele sind [[Licht]], [[Schallwelle]]n, [[Wasserwelle]]n oder [[Seismische Welle|Erdbebenwellen]]. | ||
__INHALTSVERZEICHNIS__ | |||
{{Absatz}} | |||
Die Abhängigkeit der Brechung von der Wellenlänge (bei Licht also von der Farbe) nennt man [[Dispersion (Physik)|Dispersion]]. | == Licht == | ||
[[Datei:Fénytörés.jpg|mini|Brechung (unterer Lichtstrahl) und Reflexion (oberer Lichtstrahl) eines Lichtstrahls an einem Plexiglas-Halbkreiskörper.]] | |||
Die Brechung von Licht – oder allgemeiner: von elektromagnetischen Wellen – wird am einfachsten durch die [[Strahlenoptik]] beschrieben, welche für Strukturen gilt, die groß im Vergleich zur [[Wellenlänge]] sind. An [[Grenzfläche|Phasengrenzen]] tritt durch Brechung ein Knick im [[Strahlung|Strahl]] auf. Dabei ist der Winkel zwischen dem Lichtstrahl und dem [[Lot (Mathematik)|Lot]] auf der Seite der Grenzfläche größer, wo der Brechungsindex kleiner ist. Die Richtungsänderung ist umso stärker, je größer der Einfallswinkel ist. Beides wird durch das [[Snelliussches Brechungsgesetz|Snelliussche Brechungsgesetz]] beschrieben. | |||
[[Datei:Refraction - Huygens-Fresnel principle.svg|mini|Brechung einer ebenen [[Wellenfront]] an der Grenze zweier Medien nach dem huygensschen Prinzip]] | |||
Die Brechung lässt sich jedoch auch im Wellenbild erklären, und zwar mit dem [[Huygenssches Prinzip|Huygensschen Prinzip]]: Die [[Wellenfront]]en des einfallenden Lichts erzeugen [[Elementarwelle]]n, die sich im Inneren des optisch dichteren Mediums mit geringerer Geschwindigkeit ausbreiten und deswegen auch eine geringere Wellenlänge aufweisen. Die Teile der Wellenfront, die als erste auf die Phasengrenze treffen, werden auch früher abgebremst, so dass sich die Wellenfront zum optisch dichteren Medium hin dreht. Dadurch ändert sich die Ausbreitungsrichtung, die ja stets orthogonal zur Wellenfront ist. (siehe Abbildung) | |||
Meistens tritt an einer derartigen Phasengrenze zusätzlich zur Brechung auch [[Reflexion (Physik)|Reflexion]] auf, so dass der einfallende Lichtstrahl in zwei Strahlen (einen reflektierten und einen gebrochenen Lichtstrahl) aufgetrennt wird. Bilden diese beiden letzteren Strahlen einen rechten Winkel, so ist der Einfallswinkel der [[Brewster-Winkel]]. Verschwindet die Brechung jedoch völlig und das gesamte Licht wird reflektiert, so spricht man von [[Totalreflexion]]. Zur Totalreflexion kommt es, wenn der Lichtstrahl aus dem optisch dichteren Medium kommt und verhältnismäßig flach auf die Grenzfläche trifft. Dann wäre der Ausfallwinkel des gebrochenen Strahls nach dem Brechungsgesetz größer als 90°, was geometrisch unsinnig ist. | |||
Ändert sich der Brechungsindex des Ausbreitungsmediums jedoch [[Stetige Funktion|stetig]], z. B. wegen sich räumlich allmählich ändernden Stoffkonzentrationen, findet eine kontinuierliche Änderung der Ausbreitungsgeschwindigkeit statt und Strahlen werden gekrümmt, siehe etwa [[astronomische Refraktion]]. In beiden Fällen gilt das [[Fermatsches Prinzip|Fermatsche Prinzip]], wonach Strahlen Wege extremaler, meist minimaler Laufzeit beziehungsweise [[Optischer Weg|optischer Weglänge]] nehmen. | |||
Die Abhängigkeit der Brechung von der Wellenlänge (bei Licht also von der Farbe) nennt man [[Dispersion (Physik)|Dispersion]]. Darauf beruht die Eigenschaft eines [[Prisma (Optik)|Prismas]], Licht in seine [[Spektrum (Physik)|spektralen]] Bestandteile zu zerlegen. | |||
[[Anisotropie|Anisotrope]] Materialien sind [[Doppelbrechung|doppelbrechend]], das heißt, die Anteile einer Welle werden in Abhängigkeit ihrer [[Polarisation]] unterschiedlich (stark) gebrochen. | [[Anisotropie|Anisotrope]] Materialien sind [[Doppelbrechung|doppelbrechend]], das heißt, die Anteile einer Welle werden in Abhängigkeit ihrer [[Polarisation]] unterschiedlich (stark) gebrochen. | ||
<gallery> | <gallery> | ||
Brechungluftrp.jpg|Ein Stab, der in einem leeren Glas steht. | |||
Brechungluftwasserp.jpg|Nach dem Zufüllen von Wasser erscheint der Stab etwas nach oben geknickt. | |||
brechungluftuwrp.jpg|Vergleich der zwei Bilder (Überlagerung). | |||
Pencil in a bowl of water.svg|Schemazeichnung zur Erklärung des Effekts der 'optischen Hebung'. | |||
</gallery> | </gallery> | ||
=== Anwendungen === | |||
In der [[Technische Optik|technischen Optik]] findet die Brechung zahlreiche Anwendungen: | |||
* [[Prisma (Optik)|Prismen]] lenken das Licht um und sorgen mittels Dispersion für die spektrale Auffächerung des Lichts. | |||
* [[Sammellinse]]n bündeln das Licht. Dadurch wird die Intensität des Lichts in einem Punkt extrem erhöht ([[Brennglas]]). Beim Blick durch eine Sammellinse sieht man ein vergrößertes, [[virtuelles Bild]] ([[Lupe]]). Außerdem lassen sich mit einer Linse [[Reelles Bild|reelle Bilder]] erzeugen ([[Diaprojektor]], [[Overheadprojektor]], [[Fotokamera]] …) | |||
* [[Teleskop]]e und [[Mikroskop]] verwenden [[Linsensystem]]e, um weit entfernte oder winzig kleine Objekte zu vergrößern. | |||
* Im menschlichen [[Auge]] wird das Licht durch die Brechung an der [[Hornhaut]], an der [[Augenlinse]] und dem [[Glaskörper]] so gebrochen, dass ein reelles Bild auf der [[Netzhaut]] entsteht. | |||
* [[Brille]]n und [[Kontaktlinse]]n verstärken oder vermindern die Brechung am Auge, um [[Sehfehler]] auszugleichen. | |||
== Schall == | |||
Die Refraktion oder Brechung von [[Schall]] ist vergleichbar mit der derjenigen von [[Elektromagnetische Welle|elektromagnetischen Wellen]] und beschreibt die Änderung der [[Schallausbreitung|Ausbreitungsrichtung einer Schallwelle]] in inhomogenen, elastischen Medien (Gase, Flüssigkeiten und Feststoffe), in denen die Wellengeschwindigkeit eine Funktion der räumlichen Koordinaten ist. Schallwellen werden in inhomogenen Medien in Richtung der Bereiche gebrochen, die eine geringere Schallgeschwindigkeit aufweisen. Dieser Effekt kann dazu führen, dass Schallwellen in der [[Erdatmosphäre|Atmosphäre]] oder in [[Ozean]]en relativ weite Strecken zurücklegen. | |||
In der Atmosphäre führen vertikale Windgeschwindigkeits- und Temperaturgradienten zu Refraktion.<ref>{{Cite web|url=http://www.mne.psu.edu/lamancusa/me458/10_osp.pdf|title=Noise Control - Outdoor Sound Propagation|date=2009-07-20|accessdate=2018-05-31|last=Lamancusa|first=J.S.}}</ref> Die Windgeschwindigkeit nimmt häufig mit der Höhe zu, was dazu führt, dass die Schallwellen zur Erdoberfläche hin gebrochen werden. Das Gleiche gilt, wenn die [[Temperatur]] mit der Höhe zunimmt (Inversionswetterlage). Nimmt die Temperatur aber mit der Höhe ab und ist die Windgeschwindigkeit gleichzeitig gering, werden die Schallwellen von der Erde weg gebrochen. | |||
=== Anwendungen === | |||
An Übergängen zwischen Materialien unterschiedlicher [[Schallgeschwindigkeit]] werden [[seismische Welle]]n in charakteristischer Weise gebrochen. [[Geophysik]]er nutzen daher die Brechung von durch Erdbeben ausgelösten Wellen, um Erkenntnisse über den [[Innerer Aufbau der Erde|Aufbau des Erdinneren]] zu gewinnen. | An Übergängen zwischen Materialien unterschiedlicher [[Schallgeschwindigkeit]] werden [[seismische Welle]]n in charakteristischer Weise gebrochen. [[Geophysik]]er nutzen daher die Brechung von durch Erdbeben ausgelösten Wellen, um Erkenntnisse über den [[Innerer Aufbau der Erde|Aufbau des Erdinneren]] zu gewinnen. | ||
== Literatur == | |||
* {{Literatur | Autor = [[Christiaan Huygens]] | Titel = Abhandlung über das Licht: worin die Ursachen der Vorgänge bei seiner Zurückwerfung und Brechung und besonders bei der eigentümlichen Brechung des isländischen Spates dargelegt sind ; (1678) | Auflage = 4. Aufl | Reihe= Ostwalds Klassiker der exakten Wissenschaften | BandReihe= Bd. 20 | Ort = Thun Frankfurt am Main | Verlag = Deutsch | Jahr = 1996 | ISBN = 978-3-8171-3020-7}} | |||
== Weblinks == | == Weblinks == | ||
{{Commons|Refraction}} | {{Commons|Refraction}} | ||
*[ | * [https://www.leifiphysik.de/optik/lichtbrechung/grundwissen/lichtbrechung-einfuehrung Brechung bei Leifiphysik] | ||
*[http://www.zum.de/dwu/depotan/apop101.htm Flash-Animation zu Brechung und Totalreflexion] | * [http://www.zum.de/dwu/depotan/apop101.htm Flash-Animation zu Brechung und Totalreflexion] | ||
== Einzelnachweise == | |||
<references /> | |||
[[Kategorie:Wellenlehre]] | [[Kategorie:Wellenlehre]] |
Die Brechung, auch Refraktion, ist die Änderung der Ausbreitungsrichtung einer Welle durch eine räumliche Änderung des Brechungsindex des Mediums, das die Welle durchläuft. Die Änderung des Brechungsindex führt dabei zu einer Änderung der Phasengeschwindigkeit der Welle. Brechung tritt bei jeder Art von Wellen auf, die sich in mehr als einer Dimension ausbreiten. Beispiele sind Licht, Schallwellen, Wasserwellen oder Erdbebenwellen.
Die Brechung von Licht – oder allgemeiner: von elektromagnetischen Wellen – wird am einfachsten durch die Strahlenoptik beschrieben, welche für Strukturen gilt, die groß im Vergleich zur Wellenlänge sind. An Phasengrenzen tritt durch Brechung ein Knick im Strahl auf. Dabei ist der Winkel zwischen dem Lichtstrahl und dem Lot auf der Seite der Grenzfläche größer, wo der Brechungsindex kleiner ist. Die Richtungsänderung ist umso stärker, je größer der Einfallswinkel ist. Beides wird durch das Snelliussche Brechungsgesetz beschrieben.
Die Brechung lässt sich jedoch auch im Wellenbild erklären, und zwar mit dem Huygensschen Prinzip: Die Wellenfronten des einfallenden Lichts erzeugen Elementarwellen, die sich im Inneren des optisch dichteren Mediums mit geringerer Geschwindigkeit ausbreiten und deswegen auch eine geringere Wellenlänge aufweisen. Die Teile der Wellenfront, die als erste auf die Phasengrenze treffen, werden auch früher abgebremst, so dass sich die Wellenfront zum optisch dichteren Medium hin dreht. Dadurch ändert sich die Ausbreitungsrichtung, die ja stets orthogonal zur Wellenfront ist. (siehe Abbildung)
Meistens tritt an einer derartigen Phasengrenze zusätzlich zur Brechung auch Reflexion auf, so dass der einfallende Lichtstrahl in zwei Strahlen (einen reflektierten und einen gebrochenen Lichtstrahl) aufgetrennt wird. Bilden diese beiden letzteren Strahlen einen rechten Winkel, so ist der Einfallswinkel der Brewster-Winkel. Verschwindet die Brechung jedoch völlig und das gesamte Licht wird reflektiert, so spricht man von Totalreflexion. Zur Totalreflexion kommt es, wenn der Lichtstrahl aus dem optisch dichteren Medium kommt und verhältnismäßig flach auf die Grenzfläche trifft. Dann wäre der Ausfallwinkel des gebrochenen Strahls nach dem Brechungsgesetz größer als 90°, was geometrisch unsinnig ist.
Ändert sich der Brechungsindex des Ausbreitungsmediums jedoch stetig, z. B. wegen sich räumlich allmählich ändernden Stoffkonzentrationen, findet eine kontinuierliche Änderung der Ausbreitungsgeschwindigkeit statt und Strahlen werden gekrümmt, siehe etwa astronomische Refraktion. In beiden Fällen gilt das Fermatsche Prinzip, wonach Strahlen Wege extremaler, meist minimaler Laufzeit beziehungsweise optischer Weglänge nehmen.
Die Abhängigkeit der Brechung von der Wellenlänge (bei Licht also von der Farbe) nennt man Dispersion. Darauf beruht die Eigenschaft eines Prismas, Licht in seine spektralen Bestandteile zu zerlegen.
Anisotrope Materialien sind doppelbrechend, das heißt, die Anteile einer Welle werden in Abhängigkeit ihrer Polarisation unterschiedlich (stark) gebrochen.
In der technischen Optik findet die Brechung zahlreiche Anwendungen:
Die Refraktion oder Brechung von Schall ist vergleichbar mit der derjenigen von elektromagnetischen Wellen und beschreibt die Änderung der Ausbreitungsrichtung einer Schallwelle in inhomogenen, elastischen Medien (Gase, Flüssigkeiten und Feststoffe), in denen die Wellengeschwindigkeit eine Funktion der räumlichen Koordinaten ist. Schallwellen werden in inhomogenen Medien in Richtung der Bereiche gebrochen, die eine geringere Schallgeschwindigkeit aufweisen. Dieser Effekt kann dazu führen, dass Schallwellen in der Atmosphäre oder in Ozeanen relativ weite Strecken zurücklegen.
In der Atmosphäre führen vertikale Windgeschwindigkeits- und Temperaturgradienten zu Refraktion.[1] Die Windgeschwindigkeit nimmt häufig mit der Höhe zu, was dazu führt, dass die Schallwellen zur Erdoberfläche hin gebrochen werden. Das Gleiche gilt, wenn die Temperatur mit der Höhe zunimmt (Inversionswetterlage). Nimmt die Temperatur aber mit der Höhe ab und ist die Windgeschwindigkeit gleichzeitig gering, werden die Schallwellen von der Erde weg gebrochen.
An Übergängen zwischen Materialien unterschiedlicher Schallgeschwindigkeit werden seismische Wellen in charakteristischer Weise gebrochen. Geophysiker nutzen daher die Brechung von durch Erdbeben ausgelösten Wellen, um Erkenntnisse über den Aufbau des Erdinneren zu gewinnen.