James Webb Space Telescope

James Webb Space Telescope

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Oberseite des James Webb Space Telescope
Unterseite des James Webb Space Telescope

Das James Webb Space Telescope, abgekürzt JWST, ist ein in Vorbereitung befindliches Weltraumteleskop unter der Kooperation von NASA, ESA und der CSA. Der anfängliche Name des Teleskops war Next Generation Space Telescope, es wurde 2002 nach dem im Jahre 1992 verstorbenen Leiter der Luft- und Raumfahrtbehörde NASA James Edwin Webb umbenannt. Es kann als wissenschaftlicher Nachfolger des Hubble-Teleskops gesehen werden und soll dessen Leistungen ungefähr um den Faktor 100 übertreffen. Im Gegensatz zu Hubble, das im sichtbaren, nahen ultravioletten und nahem infraroten Spektrum arbeitet, wird JWST fast ausschließlich Infrarotastronomie betreiben. Die Gesamtmasse des Teleskopes beträgt beim Start inklusive Treibstoff etwa 6,2 Tonnen.[1]

Europa ist am JWST mit 300 Millionen Euro beteiligt. Darin ist der Start mit einer Ariane-5-Rakete enthalten.[2]

Aufgaben

Der (nah-)infrarote Spektralbereich zeigt bei manchen Studienobjekten deutliche Vorteile.

Das JWST hat vier primäre wissenschaftliche Aufgaben:[1]

  • Es soll nach Licht von den ersten Sternen und Galaxien nach dem Urknall suchen.
  • Es sollen allgemein Struktur und Entwicklung von Galaxien untersucht werden.
  • Das Verständnis der Struktur von Sternen und planetaren Systemen soll erweitert werden
  • Die planetaren Systeme selbst und der Ursprung von Leben sollen untersucht werden.

Aufgrund einer Kombination von Rotverschiebung, Verdunkelungen durch galaktische Staubnebel und niedriger Temperaturen vieler Studienobjekte arbeitet das JWST auf den Wellenlängen 0,6–28 µm im Frequenzspektrum des infraroten Lichtes.[1] Nach einer Übergangszeit von sechs Monaten nach der Ankunft in der Umlaufbahn beginnen die wissenschaftlichen Projekte mit dem Teleskop, die es im derzeit geplanten Umfang für fünf Jahre in Beschlag nehmen, eine Ausweitung der wissenschaftlichen Aufgaben auf zehn Jahre wird allerdings vorgesehen.

Missionsverlauf

Planung und Vorbereitung

Der ursprüngliche Plan war ein Start im Jahr 2014 mit einer Ariane 5.[3] Für Bau und zehnjährigen Betrieb waren nach offiziellen Angaben die notwendigen 3,3 Milliarden Euro auf US-amerikanischer Seite gesichert. Aufgrund der enorm gestiegenen Kosten empfahl der Wissenschaftsausschuss des US-Repräsentantenhauses am 13. Juli 2011, den Bau des Teleskops zu stoppen. Die Baukosten wurden von der NASA zu der Zeit auf 8,7 Milliarden Dollar geschätzt.[4] Bis dahin wurden etwa 3 Milliarden Dollar (2,6 Mrd €) ausgegeben und etwa 75 % der notwendigen Komponenten waren angeschafft, darunter die meisten wissenschaftlichen Instrumente. Auch alle Elemente des Primärspiegels waren fertiggestellt.

Im Dezember 2014 galt die Finanzierung inkl. Betriebskosten der ersten fünf Jahre wieder als gesichert und ein Start wurde frühestens 2018 erwartet.[5] Im November 2015 wurde die Endfertigung begonnen.[6] Im November 2016 konnten am fertig montierten Spiegel erste Messungen der optischen Eigenschaften durchgeführt werden.[7]

Am 18. Dezember 2015 wurde der Liefervertrag für die Ariane-5-Rakete unterzeichnet. Der Flug ist für Frühjahr 2019 geplant.[veraltet][8]

Start und Flug bis zum Einsatzort

Der Start der Ariane-5-Rakete erfolgt vom Centre Spatial Guyanais in Französisch-Guayana. Das Teleskop muss für den Transport in der Rakete zusammengefaltet werden und wird in der Zeit, solange sie auf dem Weg zum Beobachtungsorbit ist, in vielen Teilschritten wieder entfaltet. Die beiden Raketenstufen bringen das Teleskop zunächst auf Kurs. Nach dem Abtrennen der Raketenstufen wird etwa eine halbe Stunde nach dem Start das Solarpanel aus fünf Segmenten entfaltet, dadurch ist die Stromversorgung für den Flug gesichert und die systemeigene Lageregelung kann ihre Funktionen aufnehmen. Die Aufgabe besteht dabei nicht nur in Kontrolle des Kurses, sondern auch in der Hitzekontrolle, damit die Sonnenstrahlung keine Funktionen beeinträchtigt. Nach ungefähr einem Tag wird die Mondumlaufbahn erreicht und die Parabolantenne wird ausgefahren. Ab dem dritten Tag werden zuerst die beiden Hauptträger für das Sonnensegel ausgeklappt. Am vierten Tag wird das Teleskop angehoben, um es von den übrigen Teilen wie Antrieb und Recheneinheiten thermisch abzuschirmen. Es folgt die Öffnung der Schutzhüllen für die Folien und die beiden Seitenmasten in Teleskopbauweise werden ausgeschoben, um den Sonnenschild zu entfalten. Anschließend werden die Folien gestrafft und separiert, sodass zwischen jeder Lage ein Zwischenraum entsteht, der es ermöglicht, dass Wärmestrahlung an die Umgebung abgegeben werden kann. Die komplizierte Entfaltung des Sonnenschilds dauert mit allen Schritten ungefähr bis zum elften Tag, dann kann der Sekundärspiegel ausgeklappt und die Kühlelemente der Instrumente können ausgefahren werden. Vom zwölften bis zum vierzehnten Tag werden die Seitenteile des Hauptspiegels in die Endposition ausgeklappt. In der Zeit bis zum 23. Tag kühlen die Instrumente soweit ab, dass sie ihre Funktion aufnehmen können. Am 29. Tag unternimmt das System eine Kurskorrektur, um in die Umlaufbahn um L2 einzuschwenken. Die Spiegel werden anschließend präzise ausgerichtet, um mit der wissenschaftlichen Arbeit beginnen zu können.[9] Für die Abkühlung aller Komponenten bis auf Betriebstemperatur, die Kalibrierung der Instrumente und Feinjustierung der Spiegel werden sechs Monate Vorbereitungszeit angesetzt, danach werden die ersten wissenschaftlichen Daten erwartet.

Umlaufbahn

Position der Lagrange-Punkte im System Erde-Sonne

Um sicherzustellen, dass die Beobachtungen nicht von der Infrarotstrahlung (Wärmestrahlung) des Teleskops und der Instrumente selbst verfälscht werden, muss die gesamte Beobachtung in einem sehr kalten Zustand und besonders geschützt vor Sonnenstrahlen bei unter −220 °C (50 Kelvin) ablaufen.[1] Das JWST verfügt über einen 21,2 m × 14,2 m großen mehrlagigen Sonnenschild,[1] der das Teleskop vor den Wärmestrahlen von Sonne, Mond und Erde abschirmt. Dieser Sonnenschild besteht aus fünf Lagen Kapton, einem Polyimid, das mit Aluminium und dotiertem Silizium beschichtet wurde.

Das Teleskop soll in eine solare Umlaufbahn an dem Lagrange-Punkt L2 des Erde-Sonne-Systems gebracht werden, ca. 1,5 Millionen km von der Erde entfernt auf der sonnenabgewandten Seite, das ist ungefähr vier mal so weit entfernt wie der Mond.[1] Die Hauptquellen der Infrarotstörstrahlung, Sonne und Erde, liegen aus Sicht des Teleskops in der gleichen Richtung und der Strahlungsschild kann möglichst effektiv eingesetzt werden. Das MIRI (Mid Infrared Instrument) wird aktiv gekühlt, um eine Temperatur von unter 15 Kelvin (−258,15 °C) zu erreichen. Im Gegensatz zu einer sonstigen Umlaufbahn um die Sonne ist die Entfernung zur Erde bei dieser Vorgehensweise aber noch vergleichsweise gering, sodass die Datenübertragungsrate recht hoch ist. Die Positionierung um den L2-Punkt erlaubt längere Belichtungs- und Beobachtungszeiten. Das Hubble-Teleskop umkreist hingegen die Erde, weshalb die maximale Belichtungszeit etwa 40 Minuten beträgt, da danach der Stern – vom Hubble-Teleskop gesehen – unter dem Erdhorizont verschwindet. Dabei muss das Teleskop ständig zum Beobachtungspunkt mit Drallrädern nachgeführt werden. Dies entfällt bei der Positionierung um den L2-Punkt. Ein positiver Nebeneffekt dieser Umlaufbahn ist, dass das Teleskop weniger gefährdet ist, von Weltraumschrott getroffen zu werden. Der Orbit ist auf Dauer nicht stabil, weshalb der Kurs in regelmäßigen Abständen durch Raketentriebwerke korrigiert werden muss. Der mitgeführte Treibstoff wird für ca. zehn Jahre reichen, die angesetzte Mindestlebensdauer beträgt fünf Jahre. Ein Nachteil der Positionierung des Teleskops um den L2-Punkt ist die im Vergleich beispielsweise zum Hubble-Teleskop große Entfernung zur Erde. Während der vorgesehenen Nutzungsdauer sind bisher keine Reparatur- und Wartungsmissionen vorgesehen, es gibt jedoch eine Vorrichtung, die eine nachträgliche Ergänzung der Treibstoffvorräte durch eine Robotermission ermöglichen würde.

Aufbau

Das gesamte System besteht aus drei Hauptkomponenten, dem eigentlichen Teleskop, dem Sondenkörper und dem Sonnenschild.

Sondenkörper

Der Sondenkörper (Spacecraft Bus) stellt die grundlegenden Funktionen bereit für den Betrieb der Sonde. Die wichtigsten Teile davon sind die elektrische Energieversorgung, die Lagekontrolle, das Kommunikationssystem, das Kontrollsystem, der Antrieb und die Wärmeregulierung. Die Sonde verfügt über Solarmodule zur Stromversorgung und eine Hochgewinnantenne. Zur Lagekontrolle hat die Sonde drei Star Tracker und eine Feinsteuerung.

Sonnenschild

Der Sonnenschild hat die Aufgabe Infrarotstrahlung bzw. Wärmestrahlung vom Teleskop und den Instrumenten fernzuhalten. Fünf Lagen von Kaptonfolien trennen das Teleskop nicht nur von Sonneneinstrahlung, sondern auch vom Sondenkörper und deren Elektronik, die eine gewisse Mindesttemperatur haben muss, um zuverlässig zu arbeiten. Ein komplizierter Mechanismus sichert die Folien während des Starts und sorgt für die korrekte Entfaltung, sobald die Sonde auf ihrem Zielkurs ist.

Optik

Vergleich der Primärspiegel des Hubble-Teleskops und des James Webb Space Telescopes
Strahlengang des JWST
Spiegelelemente des JWST bei der Vorbereitung eines Kältetests
Das JWST mit allen 18 Spiegeln

Das JWST ist als Korsch-Teleskop (TMA – Three-Mirror-Anastigmat) aufgebaut. Die effektive Brennweite beträgt 131,4 Meter.[1]

Der Hauptspiegel hat 6,5 Meter Durchmesser und besteht aus 18 sechseckigen Segmenten, die sich erst im All entfalten. Die Spiegel bestehen aus goldbeschichtetem Beryllium,[1] das hauptsächlich wegen seiner geringen Dichte, seiner hohen Festigkeit und seinem niedrigen Wärmeausdehnungskoeffizienten gewählt wurde. Das Flächengewicht der Berylliumplatten beträgt 10,3 kg/m2 (einschließlich der Spiegelmontierung sind es 15,6 kg/m2). Aktuatoren sorgen dafür, dass die einzelnen Segmente genau ausgerichtet werden können. Jedes Segment ist 1,3 Meter groß bei einer Masse von 20 Kilogramm. Gefertigt wurden sie von Ball Aerospace in Boulder (Colorado). Die letzte Platte verließ am 7. Februar 2007 die Fertigung, um geschliffen und poliert zu werden.

Der Sekundärspiegel lässt sich in sechs Freiheitsgraden ausrichten und ist an einer faltbaren Haltestruktur angebracht. Über den Tertiärspiegel und den Feinausrichtungsspiegel wird das Licht auf die Instrumente in der Bildebene geleitet.

Die Spiegel wurden von Ball Aerospace & Technologies Corporation in Boulder, Colorado gebaut. Bis Anfang Februar 2016 wurden alle 18 Segmente an dem Satelliten installiert.[10]

Instrumente

Ein Computermodell der NIRCam
Modell des MIRI
  • NIRCam ({{Modul:Vorlage:lang}} Modul:Multilingual:149: attempt to index field 'data' (a nil value)) ist ein Projekt der NASA und detektiert Licht bzw. Infrarotstrahlung mit einer Wellenlänge zwischen 0,6 und 5 µm und wird vor allem zur Erforschung der ersten nach dem Urknall entstandenen Sterne eingesetzt werden. Ihr Sichtfeld besteht aus 2 Quadraten (jeweils 2,3′ × 2,3′ (Bogenminuten)), wovon eines Strahlung mit einer Wellenlänge kleiner und das andere größer als 2,5 µm detektiert. Die Winkelauflösung beträgt 0,034″ bzw. 0,068″ (Bogensekunden).
  • MIRI ({{Modul:Vorlage:lang}} Modul:Multilingual:149: attempt to index field 'data' (a nil value)) ist für Infrarotstrahlung mit Wellenlängen zwischen 5 und 27 µm empfindlich und besteht aus einer Kamera mit drei identischen 1024 × 1024-Pixel-Detektoren und einem Spektrographen. Die Winkelauflösung beträgt ca. 0,19″.
  • NIRSpec ({{Modul:Vorlage:lang}} Modul:Multilingual:149: attempt to index field 'data' (a nil value)) ist ein Spektrograph für den Wellenlängenbereich von 0,6 bis 5 µm. Entwickelt und gefertigt wurde er im Auftrag der ESA von Astrium in Ottobrunn und Friedrichshafen.
  • FGS ({{Modul:Vorlage:lang}} Modul:Multilingual:149: attempt to index field 'data' (a nil value)) dient der Ausrichtung des Teleskops und wurde in Kanada entwickelt. Das Projekt wird von der Canadian Space Agency (CSA) geleitet. Weitere Beteiligte an dem Projekt sind das Herzberg Institute of Astrophysics, das National Research Council of Canada und die Universität Montreal.

Zusammenarbeit

Logo des JWST

Die NASA, die ESA und die CSA kooperieren seit 1996 beim Projekt des neuen Weltraumteleskops. Der Anteil der Beteiligung der ESA sowohl bei Konstruktion als auch Inbetriebnahme wurde 2003 durch die Mitgliedstaaten bestätigt und im Jahr 2007 offiziell eine Vereinbarung zwischen NASA und ESA dazu getroffen. Im Austausch für eine vollständige Partnerschaft, Vertretung und Zugriff ihrer Astronomen auf das Observatorium, stellt die ESA das NIRSpec, das Optical Bench Assembly des MIRI, den Raketenstart durch die Ariane-5 ECA und Personal zum Betrieb des Teleskops zur Verfügung.[2][11] Die kanadische CSA wird einerseits den Fine-Guidance-Sensor und den Near-Infrared-Imager-Slitless-Spektrographen stellen[12] und zusätzlich ebenso Personal zum Betrieb des Teleskops. 15 Prozent der Beobachtungszeit stehen der ESA für eigenständige Projekte zur Verfügung.

Teilnehmer in alphabetischer Reihenfolge:

  • Belgien Belgien
  • Danemark Dänemark
  • Deutschland Deutschland
  • Finnland Finnland
  • Frankreich Frankreich
  • Griechenland Griechenland
  • IrlandIrland Irland
  • Italien Italien
  • Kanada Kanada
  • Luxemburg Luxemburg
  • Niederlande Niederlande
  • Norwegen Norwegen
  • Osterreich Österreich
  • Portugal Portugal
  • Spanien Spanien
  • Schweden Schweden
  • Schweiz Schweiz
  • Tschechien Tschechien
  • Vereinigtes Konigreich Vereinigtes Königreich
  • Vereinigte Staaten Vereinigte Staaten

Siehe auch

Weblinks

Commons: James Webb Space Telescope – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien

Einzelnachweise

  1. 1,0 1,1 1,2 1,3 1,4 1,5 1,6 1,7 The James Webb Space Telescope. NASA, abgerufen am 13. Mai 2012 (englisch).
  2. 2,0 2,1 European agreement on James Webb Space Telescope’s Mid-Infrared Instrument (MIRI) signed. In: eesa. media centre space sciense. 9. Juni 2004, abgerufen am 31. Juli 2011.
  3. ABOUT JWST. In: jwst.nasa.gov. Abgerufen am 27. April 2010.
  4. cris: 8,7 Milliarden Dollar In: Süddeutsche Zeitung. München 24. August 2011, S. 16.
  5. James Webb vorerst gerettet (HTML) Deutschlandfunk. 27. April 2012. Abgerufen am 28. September 2012.
  6. Martin Holland: Hubble-Nachfolger: NASA beginnt Endfertigung des James-Webb-Weltraumteleskops. heise.de, 30. November 2015, abgerufen am 29. November 2016.
  7. NASA Completes Webb Telescope Center of Curvature Pre-test. NASA, 2. November 2016, abgerufen am 29. November 2016.
  8. NASA’s James Webb Space Telescope to be Launched Spring 2019. NASA, 28. September 2017, abgerufen am 1. Oktober 2017.
  9. Hubble Space Telescope: Webb Telescope Deployment Sequence. 30. Juni 2016, abgerufen am 21. April 2017.
  10. NASA's James Webb Space Telescope Primary Mirror Fully Assembled. NASA, 4. Februar 2016, abgerufen am 11. Februar 2016 (Lua-Fehler in Modul:Multilingual, Zeile 149: attempt to index field 'data' (a nil value)).
  11. ESA Science & Technology: Europe’s Contributions to the JWST Mission
  12. Canadian Space Agency "Eyes" Hubble’s Successor: Canada Delivers its Contribution to the World’s Most Powerful Space Telescope – Canadian Space Agency

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