Elektromagnetischer Feldstärketensor

Elektromagnetischer Feldstärketensor

Der elektromagnetische Feldstärketensor (auch Faraday-Tensor oder einfach Feldstärketensor) ist eine physikalische Größe, die in der Elektrodynamik das elektromagnetische Feld als Feld in der Raumzeit beschreibt. Er wurde 1908 von Hermann Minkowski im Rahmen der Relativitätstheorie eingeführt. Die aus Physik und Technik bekannten vektoriellen Feldgrößen wie elektrische und magnetische Feldstärke lassen sich aus dem Feldstärketensor ableiten. Die Bezeichnung Tensor für die Art dieser Größe ist eine Abkürzung, tatsächlich ist es ein Tensorfeld, also ein von Punkt zu Punkt variierender Tensor.

Definition

Der elektromagnetische Feldstärketensor ist gewöhnlich definiert durch das Vektorpotential:

Fμν=μAννAμ

z. B. mit dem klassischen Vektorpotential

Aμ=(ϕc,A)

Diese Definition ist auch für die Quantenelektrodynamik gültig. Dort ist einfach nur das Vektorpotential operatorwertig. Es ist ein Spezialfall der Feldstärketensor-Definition einer allgemeinen Eichtheorie.

Eigenschaften und Formeln

Der Feldstärketensor besitzt folgende Eigenschaften:

  • Fμν ist antisymmetrisch: Fμν=Fνμ
  • Verschwindende Spur: Fμμ=0
  • Aufgrund der Antisymmetrie sind nur 6 der 16 Komponenten unabhängig

Hier einige häufig auftretenden Kontraktionen:

In der Lagrangedichte tritt dieser Lorentz-invariante Term auf:

FαβFαβ= 2(B2E2c2)

Von Interesse ist auch die mit dem Levi-Civita-Symbol gebildete, pseudoskalare Invariante:

ϵαβγδFαβFγδ=8c(BE)

Mit der Konvention  ϵ0123=1.

In einigen Rechnungen kommt auch diese Größe vor:

det(F)=1c2(BE)2

Der Energie-Impuls-Tensor Tμν der allgemeinen Relativitätstheorie für das elektromagnetische Feld wird aus Fαβ gebildet:

Tαβ=FαγFγβ14gαβFμνFνμ

Darstellung als Matrix

Die Matrixdarstellung des Feldstärketensors ist koordinatenabhängig. In einer flachen Raumzeit (also mit Minkowski-Metrik) und kartesischen Koordinaten kann der kontravariante Feldstärketensor geschrieben werden als:

Fμν=(0Ex/cEy/cEz/cEx/c0BzByEy/cBz0BxEz/cByBx0)

(Diese Matrix wird gelegentlich ebenfalls kurz als Tensor bezeichnet, ist aber nicht der Tensor selbst). Die kovariante Form der Matrixdarstellung des Tensors lautet bei Verwendung der Signatur (+,−,−,−) entsprechend

Fμν=(0Ex/cEy/cEz/cEx/c0BzByEy/cBz0BxEz/cByBx0) .

Inhomogene Maxwellgleichungen in kompakter Formulierung

Es ist gebräuchlich, auch den dualen elektromagnetischen Feldstärketensor zu definieren:

F~μν:=12εμναβFαβF~μν=[0BxByBzBx0Ez/cEy/cByEz/c0Ex/cBzEy/cEx/c0]

wobei Fαβ der kovariante Feldstärketensor ist.

Damit lassen sich sowohl die homogenen, als auch die inhomogenen Maxwellgleichungen kompakt aufschreiben:

μFμν=μ0jνμF~μν=0

wobei der folgende Viererstrom verwendet wurde:

jμ=(cρ,ȷ)

Der elektromagnetische Feldstärketensor lässt sich auch mit Hilfe der Lorentzkraft begründen

Im Folgenden wird das Gaußsche CGS-System verwendet, um die fundamentalen Zusammenhänge klarer herauszuarbeiten. Zudem wird statt der magnetischen Flussdichte die magnetische Feldstärke verwendet, da diese die zur elektrischen Feldstärke äquivalente Größe ist.

F=q(E+1cv×H)

Der Lorentzkraft ist die Relativitätstheorie bereits inne was im Folgenden klarer wird.

Mit

F=ddt(mv)

folgt

ddt(mv)=q(E+1cv×H)

Mit dem Differential der Zeit und der Lichtgeschwindigkeit multipliziert cdt ergibt sich die Gestalt.

d(mcv)=q(Ecdt+vdt×H)

In Koordinatenschreibweise ergeben sich daraus drei Gleichungen.

d(mcvx)=q(Excdt+HzvydtHyvzdt)d(mcvy)=q(Eycdt+HxvzdtHzvxdt)d(mcvz)=q(Ezcdt+HyvxdtHxvydt)

Wechseln wir zur Koordinatenschreibweise der speziellen Relativitätstheorie mit den kontravarianten Komponenten (x0,x1,x2,x3)=(ct,x,y,z)

cdt=dx0vidt=dxii=(1,2,3)

d(mcvx)=q(Exdx0+Hzdx2Hydx3)d(mcvy)=q(Eydx0+Hxdx3Hzdx1)d(mcvz)=q(Ezdx0+Hydx1Hxdx2)

Diese drei Gleichungen drücken den Impuls des Teilchens (multipliziert mit der Lichtgeschwindigkeit c) in Abhängigkeit vom elektromagnetischen Feld und der vier Raumzeit-Koordinaten (x0,x1,x2,x3) aus. Die Impulse auf der linken Seite sind die zu den drei Ortskoordinaten x1,x2,x3 kanonisch konjugierten Variablen. Da die Koordinate x0 die Zeit in der Relativitätstheorie repräsentiert und die zur Zeit konjugierte Variable die Energie ist, können wir das Gleichungssystem um eine weitere Gleichung ergänzen, dem Differential der Teilchenenergie. Dabei gilt zu beachten das nur das elektrische Feld Arbeit am Teilchen leistet.

dW=qEdxdx=(dx1,dx2,dx3)

d(mc2)=q(Exdx1+Eydx2+Ezdx3)

d(mc2)=q(Exdx1+Eydx2+Ezdx3)d(mcvx)=q(Exdx0+Hzdx2Hydx3)d(mcvy)=q(Eydx0+Hxdx3Hzdx1)d(mcvz)=q(Ezdx0+Hydx1Hxdx2)

Auf der linken Seite steht der Viererimpuls.

dp0=q(Exdx1+Eydx2+Ezdx3)dp1=q(Exdx0+Hzdx2Hydx3)dp2=q(Eydx0+Hxdx3Hzdx1)dp3=q(Ezdx0+Hydx1Hxdx2)

Wir wechseln in die kovariante Darstellung des Viererimpulses und sortieren nach den Komponenten der Koordinaten.

dp0=dp0dpi=dpii=(1,2,3)

dp0=q(0Exdx1Eydx2Ezdx3)dp1=q(Exdx0+0+Hzdx2Hydx3)dp2=q(Eydx0Hzdx1+0+Hxdx3)dp3=q(Ezdx0+Hydx1Hxdx2+0)

Nun erkennt man den Charakter der linearen Abbildung. Das Produkt der Feldkomponenten mit den Koordinatenkomponenten lässt sich elegant in der Matrixschreibweise darstellen.

(dp0dp1dp2dp3)=q(0ExEyEzEx0+HzHyEyHz0+HxEz+HyHx0)(dx0dx1dx2dx3)

Woraus der elektromagnetische Feldstärketensor folgt

Fμν=(0ExEyEzEx0+HzHyEyHz0+HxEz+HyHx0)


pμ=qFμνxν

Hier gilt zu beachten, dass aufgrund der Herleitung mit Hilfe der Lorentzkraft die Signatur (,+,+,+) gilt. Für die Signatur (+,,,) muss lediglich mit 1 multipliziert werden.

Darstellung in Differentialformschreibweise

Der Feldstärketensor F ist eine Differentialform zweiter Stufe auf der Raumzeit. Die Maxwell-Gleichungen lauten in Differentialformschreibweise dF=jmag und dF=j mit der magnetischen Stromdichte jmag und der elektrischen Stromdichte j, beide als 1-Formen wiederum auf der Raumzeit.

Da in der Regel von der Abwesenheit magnetischer Ladungen ausgegangen wird, ist dF=0, und der Feldstärketensor kann somit als Ableitung F=dA einer 1-Form A dargestellt werden. A entspricht dem raumzeitlichen Vektorpotential. Bei Anwesenheit magnetischer Ladungen nimmt man ein weiteres Vektorpotential hinzu, dessen Quelle die magnetische Stromdichte ist.

Beispiel: Der Feldstärketensor einer ruhenden Punktladung q ist F=qdtd1r mit dem Abstand r=x2+y2+z2. Eine entsprechende Lorentztransformation liefert den Feldstärketensor einer gleichförmig bewegten Ladung.

Die 4-Form 12FF ist die Lagrange-Dichte des elektromagnetischen Feldes.

Ableitung der vektoriellen Feldgrößen

Relativ zur Bewegung eines Beobachters durch Raum und Zeit kann der Feldstärketensor in einen elektrischen und einen magnetischen Anteil zerlegt werden. Der Beobachter nimmt diese Anteile als elektrische beziehungsweise magnetische Feldstärke wahr. Unterschiedliche zueinander bewegte Beobachter können daher unterschiedliche elektrische oder magnetische Feldstärken wahrnehmen.

Beispiel: Wird in einem elektrischen Generator relativ zu einem „magnetischen“ Feld ein Draht bewegt, dann hat der Feldstärkentensor bei Zerlegung relativ zur Drahtbewegung und somit aus Sicht der im Draht enthaltenen Elektronen auch einen elektrischen Anteil, der für die Induktion der elektrischen Spannung verantwortlich ist.

In flacher Raumzeit (Minkowski-Raum) lassen sich die Vektorfelder E und B aus der Koordinatendarstellung F=12Fμνdxμdxν des Feldstärketensors ablesen: man erhält die obige Matrixdarstellung. Eine allgemeingültigere Beziehung ergibt sich aus der Zerlegung F=uE+(uB), wo u einem zeitartigen und E, B raumartigen Vektorfeldern entsprechen.[1]

Auftreten in der Quantenelektrodynamik

Der Feldstärketensor tritt direkt in der QED-Lagrangedichte (hier ohne Eichfixierungsterme) auf:

LQED=ψ¯[iγμDμm]ψ14FμνFμν

Literatur

  • J. D. Jackson: Klassische Elektrodynamik. de Gruyter, 2002, ISBN 3-11-016502-3.
  • C. Misner, K. S. Thorne, J. A. Wheeler: Gravitation. W. H. Freeman, San Francisco 1973, ISBN 0-7167-0344-0.
  • Torsten Fließbach: Allgemeine Relativitätstheorie. Spektrum Akademischer Verlag, 2003, ISBN 3-8274-1356-7.

Einzelnachweise

  1. Sylvan A. Jacques: Relativistic Field Theory of Fluids. arxiv:physics/0411237