Levi-Civita-Symbol

Levi-Civita-Symbol

Das Levi-Civita-Symbol εi1i2in, auch Permutationssymbol, (ein wenig nachlässig) total antisymmetrischer Tensor oder Epsilon-Tensor genannt, ist ein Symbol, das in der Physik bei der Vektor- und Tensorrechnung nützlich ist. Es ist nach dem italienischen Mathematiker Tullio Levi-Civita benannt. Betrachtet man in der Mathematik allgemein Permutationen, spricht man stattdessen meist vom Vorzeichen der entsprechenden Permutation. In der Differentialgeometrie betrachtet man koordinatenunabhängig die Antisymmetrisierungsabbildung und den Hodge-Stern.

Die n Indizes i1 bis in haben Werte von 1 bis n. Haben zwei oder mehr Indizes denselben Wert, so ist εi1in=0. Sind die Werte der Indizes verschieden, so gibt das Symbol an, ob eine gerade (εi1in=+1) oder eine ungerade (εi1in=1) Anzahl von Vertauschungen der Indizes nötig ist, um die Werte aufsteigend anzuordnen. Zum Beispiel ist ε132=1, da eine einzige Vertauschung nötig ist, um 132 in die Reihenfolge 123 zu bringen.

Definition

Das Levi-Civita-Symbol in n Dimensionen hat n Indizes, die gewöhnlich von 1 bis n (für manche Anwendungen auch von 0 bis n1) laufen. Es wird durch folgende Eigenschaften definiert:

  • ε12n=1.
  • Unter Vertauschung zweier Indizes ändert es das Vorzeichen: εijuv=εijvu.

Aus der zweiten Eigenschaft folgt sofort: Falls zwei Indizes gleich sind, ist der Wert null: εijuu=0.

Gleichwertig ist die Definition

εijk={+1,wenn (i,j,k,) eine gerade Permutation von (1,2,3,) ist,1,wenn (i,j,k,) eine ungerade Permutation von (1,2,3,) ist,0,wenn mindestens zwei Indizes gleich sind.

Eine alternative Definition verwendet eine Formel, welche auch für die Darstellung des Vorzeichens einer Permutation benutzt wird:

εi1in=1p<qnipiqpq.

Es bezeichne N={1,,n} die Menge der natürlichen Zahlen von 1 bis n. Man kann das Levi-Civita-Symbol als eine Abbildung ε:{i|i:NN}{1,0,+1}R auffassen mit ε(i)=0, falls i nicht bijektiv ist, und ε(i)=sgn(i) sonst (also das Vorzeichen von i, falls i eine Permutation ist).

Zusammenhang mit der Determinante

Die Determinante einer n×n-Matrix A=(Aij) kann mit dem Levi-Civita-Symbol und der Summenkonvention wie folgt geschrieben werden:

detA=εj1jnA1j1Anjn.

Allgemeiner gilt der Zusammenhang

εi1indetA=εj1jnAi1j1Ainjn.

Setzt man in diese Beziehung für A die Einheitsmatrix En ein, also für Aij das Kronecker-Delta δij, so erhält man wegen detE=1 die folgende Darstellung des Levi-Civita-Symbols:

εi1in=εj1jnδi1j1δinjn=|δi11δi1nδin1δinn|=det(ei1ein).

Dabei sind die Zeilen der Matrix die Einheitsvektoren aus der Standardbasis {e1,,en} des Rn. Diese Matrix ist also diejenige Permutationsmatrix, welche den Vektor (x1x2xn)T auf (xi1xi2xin)T abbildet. Daraus erhält man mit Hilfe der Produktregel für Determinanten einen Ausdruck für das folgende Tensorprodukt:

εi1inεj1jn=det((ei1ein)T(ej1ejn))=|δi1j1δi1jnδinj1δinjn|.

Unter Verwendung des laplaceschen Entwicklungssatzes erhält man daraus die folgende Beziehung, wenn man über die jeweils ersten k Indizes beider Tensoren verjüngt:

εi1ikik+1inεi1ikjk+1jn=k!|δik+1jk+1δik+1jnδinjk+1δinjn|.

Als eine Anwendung dieser Formeln erhält man für die Einträge der Adjunkten einer n×n-Matrix:

adj(A)ij=1(n1)!εii2inεjj2jnAj2i2Ajnin.

Speziell in drei Dimensionen

Das Levi-Civita-Symbol lässt sich als Spatprodukt dreier orthogonaler Einheitsvektoren darstellen:

εijk=e^i(e^j×e^k)=det(e^ie^je^k)=:detA
εlmn=e^l(e^m×e^n)=det(e^le^me^n)=:detB

Beim Produkt zweier Epsilon-Tensoren nutzt man aus, dass das Produkt zweier Determinanten als Determinante des Matrizenprodukts geschrieben werden kann. Zudem verwendet man die Identität der Determinante einer Matrix und der Determinante der transponierten Matrix:

εijkεlmn=detAdetB=detAdetBT=det(ABT)=|(e^ie^je^k)(e^le^me^n)|=|e^ie^le^ie^me^ie^ne^je^le^je^me^je^ne^ke^le^ke^me^ke^n|

Somit lässt sich das Produkt zweier Epsilon-Tensoren als Determinante von Kronecker-Deltas schreiben:

εijkεlmn=|δilδimδinδjlδjmδjnδklδkmδkn|

Als Komponenten einer Pseudotensordichte

Definiert man eine n-fach kovariante Pseudotensordichte vom Gewicht -1, indem man für eine gegebene geordnete Basis des Rn und alle (i1,,in){1,,n}n ihre Komponenten durch εi1...in festlegt, so ändern sich die Komponenten dieser Pseudotensordichte bei einem Basiswechsel nicht. In diesem Sinn stellt also das Levi-Civita-Symbol bezüglich beliebiger Basen die Komponenten einer Pseudotensordichte dar. Daraus folgt insbesondere, dass das Symbol die Komponenten eines Tensors beschreibt, wenn man nur Orthonormalbasen positiver Orientierung betrachtet.

In ähnlicher Weise kann im Rn oder allgemeiner auf einer n-dimensionalen orientierbaren semi-riemannschen Mannigfaltigkeit das Levi-Civita-Symbol zur Definition der Komponenten eines kovarianten total schiefsymmetrischen Tensorfeldes n-ter Stufe, einer sogenannten Differentialform, benutzt werden. Eine solche Differentialform ist nur bis auf einen skalaren Faktor bestimmt. Die Wahl des Vorfaktors fixiert die Volumeneinheit und definiert die Differentialform als Volumenform. Im euklidischen Raum steht das Levi-Civita-Symbol für die Komponenten des Standardvolumens in der Standardbasis {ei,,en}. Bezüglich einer anderen Basis ei=Cjiej hat derselbe Tensor offenbar die Komponenten (detC1)εi1in, wobei C=(Cij) und C1 die dazu inverse Matrix ist. Ist die Basis nicht orthonormal bezüglich des Standardskalarprodukts, dann unterscheiden sich entsprechend ko- und kontravariante Komponenten des Tensors. Der Vorfaktor hängt von den Koordinaten ab, wenn krummlinige Koordinaten verwendet werden oder der zugrunde liegende Basisraum eine (orientierbare) Mannigfaltigkeit ist. Für eine semi-riemannsche Mannigfaltigkeit mit metrischem Tensor g und der zugehörigen riemannschen Volumenform (siehe Hodge-Stern-Operator) ist der Vorfaktor gegeben durch ±detg. Das Vorzeichen hängt von der gewählten Orientierung ab. Der Zusammenhang zwischen Levi-Civita-Symbol und Kronecker-Delta verallgemeinert sich zu

(detg)εi1inεj1jn=|gi1j1gi1jnginj1ginjn|.

Das Levi-Civita-Symbol in der allgemeinen Relativitätstheorie

In der allgemeinen Relativitätstheorie ist auch die Notation [α,β,γ,] gebräuchlich. Sie kennzeichnet in der Regel das Levi-Civita-Symbol im flachen Raum[1] und wird mit der Definition (hier konventionell in 3D)

ϵα,β,γ=g[α,β,γ,]

mit der Metrik-Determinanten g=det(gμν) zum Levi-Civita-(Pseudo)tensor. Dabei wird durch die Metrik in der Regel eine Orthonormalbasis gegeben. Der Levi-Civita-Tensor transformiert sich dann wie ein Tensor. Deswegen ist im Allgemeinen das Kreuzprodukt a×b in einer dreidimensionalen raumartigen Hyperfläche (wie sie in der 3+1-Cauchy-Initial Value-Formulierung verwendet wird, vgl. ADM-Masse) nicht eindeutig definiert.

Anwendungen

Vektorrechnung

Für den dreidimensionalen Fall ergibt sich

εijk=ij12ik13jk23=12(ji)(kj)(ik)(ji)(kj)(ik)mod3

wobei i,j,k{1,2,3}.

Werte des Levi-Civita-Symbols für ein rechtshändiges Koordinatensystem
Matrixdarstellung des Levi-Civita-Symbols und ...
korrespondierende Darstellung des Levi-Civita-Symbols für ein linkshändiges Koordinatensystem

Wie der nebenstehenden Abbildung zu entnehmen, sind dabei lediglich 6 der insgesamt 27 Komponenten von εijk ungleich null:

ε123=ε312=ε231=1,
ε321=ε213=ε132=1.

Oder als Merkregel: 123123 Nun resultiert +1 wenn man von links nach rechts abliest, und -1 wenn man von rechts nach links abliest. In diesem Beispiel erkennt man ferner eine Invarianz unter zyklischer Permutation der Indizes, die allerdings nur dann gilt, wenn n ungerade ist – ist das nicht der Fall, geht eine zyklische Permutation der Indizes mit einem Vorzeichenwechsel einher.

Das folgende Zahlenbeispiel demonstriert die Darstellung als Determinante, welche im dreidimensionalen Fall auch durch das Spatprodukt ausgedrückt werden kann:

ε123=e1(e2×e3)=(100)((010)×(001))=(100)(100)=1

Das Levi-Civita-Symbol mit drei Indizes erweist sich in der Vektorrechnung als nützlich, um die Komponenten des Kreuzproduktes zweier Vektoren zu schreiben. Es gilt

(a×b)i=j=13k=13εijkajbk.

Bei solchen Rechnungen wird häufig die einsteinsche Summenkonvention angewandt, das heißt, man lässt die Summenzeichen weg und vereinbart, dass über in Produkten doppelt auftretende Indizes stets automatisch summiert wird:

(a×b)i=εijkajbk.

Ist ei der i-te Einheitsvektor, so kann diese Gleichung auch notiert werden als:

a×b=εijkajbkei=εijkaibjek

Für das Spatprodukt gilt

(a×b)c=εijkaibjck.

In dieser Beziehung wird die Eigenschaft des Levi-Civita-Symbols als Komponenten einer Volumenform deutlich, denn das Spatprodukt ist gleich dem Volumen des von den drei Vektoren aufgespannten Spates.

Für den Zusammenhang zwischen Levi-Civita-Symbol bzw. Epsilon-Tensor und Kronecker-Delta erhält man die Beziehung

εijkεlmn=|δilδimδinδjlδjmδjnδklδkmδkn|=δilδjmδkn+δimδjnδkl+δinδjlδkmδimδjlδknδilδjnδkmδinδjmδkl.

Aus dieser folgt (wiederum mit Summenkonvention)

εijkεimn=|δjmδjnδkmδkn|=δjmδknδjnδkmεijkεijn=2δknεijkεijk=3!=6

Diese Beziehungen sind hilfreich bei der Herleitung von Identitäten für das Kreuzprodukt.

Weiterhin ordnet der Epsilon-Tensor einem Vektor a eine schiefsymmetrische Matrix A mit Aij=εijkak zu. Damit kann das Kreuzprodukt als Matrixprodukt a×b=Ab ausgedrückt werden. In der Mathematik wird diese Zuordnung als Hodge-Stern-Operator bezeichnet. Ein Beispiel ist die Zuordnung des magnetischen Feldvektors zu den entsprechenden Komponenten im elektromagnetischen Feldstärketensor. Solch eine Zuordnung ist auch für andere axiale Vektoren, etwa für den Drehimpulsvektor, üblich.

Relativitätstheorie

In der Relativitätstheorie muss zwischen ko- und kontravarianten Komponenten des Epsilon-Tensors unterschieden werden. Im Folgenden sei im vierdimensionalen Minkowski-Raum die Signatur des metrischen Tensors ηij als (1,−1,−1,−1) festgelegt. Die Indizes sollen Werte von 0 bis 3 annehmen. Weiterhin sei für die vierfach kontravariante Komponente ε0123=1 festgelegt.[2] Unterschiedliche Autoren verwenden verschiedene Konventionen für die Vorzeichen in Metrik und Epsilon-Tensor. Wie üblich werden Indizes mit dem metrischen Tensor bewegt. Dann erhält man zum Beispiel für die vierfach kovariante Komponente ε0123=η0μη1νη2ϱη3σεμνϱσ=det(η)=1.

Der Epsilon-Tensor bleibt unter einer eigentlichen Lorentztransformation Λ invariant:

εμνϱσ=Λ μμΛ ννΛ ϱϱΛ σσεμνϱσ=εμνϱσ

Dies folgt direkt aus der Tatsache, dass die Determinante von Λ gleich 1 ist. Der Epsilon-Tensor kann verwendet werden, um den dualen elektromagnetischen Feldstärketensor F~μν=12εμνϱσFϱσ zu definieren, mit dessen Hilfe sich wiederum die homogenen Maxwell-Gleichungen μF~μν=0 kompakt notieren lassen.

Eine Anwendung des zweistufigen Epsilon-Tensors in der Relativitätstheorie ergibt sich, wenn man den Minkowski-Raum auf den Vektorraum der hermiteschen 2×2-Matrizen abbildet: vαα˙=σαα˙mvm. Dabei sind σm für m=1,2,3 die Pauli-Matrizen und σ0=E2 die negative Einheitsmatrix. Entsprechend erfolgt dann die Zuordnung von Tensoren. Der metrische Tensor wird dabei auf das Produkt zweier Epsilon-Tensoren abgebildet: σαα˙mσββ˙nηmn=2εαβεα˙β˙. In diesem Formalismus sind Objekte mit einem Index Spinoren ψα, und der Epsilon-Tensor spielt bei der Umrechnung von ko- in kontravariante Komponenten die gleiche Rolle wie der metrische Tensor ηmn im gewöhnlichen Minkowski-Raum: ψα=εαβψβ. Dieser Formalismus ist unter dem Namen Van-der-Waerden-Notation bekannt. Für die Metrik wird üblicherweise die Signatur (−1,1,1,1) gewählt. Für den Epsilon-Tensor gilt hierbei die Festlegung ε12=ε21=1.[3]

Quantenmechanik

In der Quantenmechanik wird das Levi-Civita-Symbol bei der Formulierung der Drehimpulsalgebra verwendet. In mathematischen Begriffen ausgedrückt stimmt das Symbol mit den Strukturkonstanten der Lie-Algebren so(3,R)su(2,C) überein. Das folgende Beispiel illustriert die Anwendung des Levi-Civita-Symbols in diesem Zusammenhang. Die Lie-Algebra so(3,R) kann als die Unteralgebra der schiefsymmetrischen Matrizen in R3×3, das heißt der reellen 3×3-Matrizen, dargestellt werden. Die Generatoren (eine Basis) von so(3,R) ist gegeben durch die Matrizen TiR3×3, i=1,2,3, mit den Komponenten (Ti)jk=εijk. Die Kommutatoren der Generatoren lauten dann [Ti,Tj]=εijkTk.

Einzelnachweise

  1. Éric Gourgoulhon: The 3+1 Formalism in General Relativity. Springer, 2012, ISBN 978-3-642-24524-4.
  2. John David Jackson: Classical Electrodynamics. 3. Auflage. John Wiley & Sons, 1999, ISBN 0-471-30932-X.
  3. Julius Wess, Jonathan Bagger: Supersymmetry and Supergravity. Princeton University Press, 1983, ISBN 9971-950-67-7.