Optisches Theorem

Optisches Theorem

Das optische Theorem, im Rahmen der Quantenmechanik auch Bohr-Peierls-Placzek-Theorem oder -Beziehung genannt (nach Niels Bohr, Rudolf Peierls und George Placzek)[1], bringt in der Streutheorie den Imaginärteil der Streuamplitude mit dem totalen Wirkungsquerschnitt σ in Zusammenhang. Das optische Theorem ist ein Resultat der Wellenoptik beziehungsweise der klassischen Elektrodynamik, wo es auf der Erhaltung der Energie gestreuter elektromagnetischer Wellen aufbaut. Später wurde in der quantenmechanischen Wellenmechanik basierend auf der Erhaltung der Wahrscheinlichkeit ein analoges Ergebnis für die Streuung von Materiewellen und in der Quantenfeldtheorie eine Verallgemeinerung des optischen Theorems für Quantenfelder gefunden.

In seiner ursprünglichen Formulierung lautet das optische Theorem:

σ=4πkImfk(θ=0)

mit

  • k: Kreiswellenzahl
  • fk(θ=0): Streuamplitude bei Streuwinkel θ=0.

Klassische Elektrodynamik

Licht, beziehungsweise eine allgemeine elektromagnetische Welle, mit elektrischer Feldstärke E und magnetischer Flussdichte B kann von einem Objekt mit endlicher Ausdehnung sowohl gestreut als auch absorbiert oder transmittiert werden. Die gesamten Felder setzen sich also zusammen aus den einfallenden Feldern Ei,Bi und den gestreuten oder transmittierten Feldern Es,Bs. Die Leistungsdichte des Felds wird durch den Poynting-Vektor P=12μ0Re(E×B) mit der Vakuumpermeabilität μ0 beschrieben. Die absorbierte Leistung der elektromagnetischen Welle ergibt sich als Flächenintegral des Poynting-Vektors der Gesamtfelder über die (nach innen gerichtete) Oberfläche des Streuers; die gestreute Leistung als Integral der gestreuten Felder über die (nach außen gerichtete) Oberfläche:

P=Pabs+Pstreu=12μ0Re(dA(E×B))+12μ0Re(dA(Es×Bs))=12μ0Re(dA(Es×Bi+Ei×Bs))

Mit der Zerlegung des elektrischen Felds in ebene Wellen

Ei=E0εieikix,

wobei ε der Polarisationsvektor in Schwingungsrichtung, k der Wellenvektor in Ausbreitungsrichtung und E0 die Amplitude des Felds sind sowie der Beziehung

Bi=1ckiki×Ei,

da elektrisches Feld, magnetische Flussdichte und Wellenvektor im Vakuum paarweise senkrecht aufeinander stehen, führt dies zu:

P=12μ0Re(E0dAeikix[εi(n×Bs)+εiki×(n×Es)ck])

(n ist der Flächennormalenvektor, dA=ndA).

Andererseits ist die Streuamplitude f für ein elektromagnetisches Feld mit Polarisationsvektor ε:

f(ε,k,ki)=ick4πE01dA eikx[ε(n×Bs)+εk×(n×Es)ck]

Aus dem Vergleich dieser beiden Ausdrücke sieht man, dass

P=2πμ0ckiImE0E0f(εi,ki,ki)

sein muss. Mit der Definition des Streuquerschnitts als Leistung normiert auf die einfallende Leistung

σ=(EE2μ0c)1P

folgt das optische Theorem.[2]

Quantenfeldtheorie

In der Quantenfeldtheorie ist das optische Theorem ein exaktes Resultat, das nicht auf störungstheoretischen Näherungen basiert. In der Störungstheorie führt das optische Theorem zu einer Beziehung zwischen Schleifen-Diagrammen und Streuquerschnitten in führender Ordnung.

Sei M(if) das Matrixelement eines Prozesses if, dann gilt[3]

M(if)M(fi)=iXjXd3pj2pj0δ(4)(pipX)M(iX)M(fX)

mit der Summe über alle möglichen physikalischen (Mehrteilchen-)Zustände |X und dem lorentzinvarianten Phasenraumintegral über alle Einteilchen-Impulse pj im jeweiligen Mehrteilchen-Zustand.

Insbesondere gilt für Zweiteilchen-Zustände |A

ImM(AA)=2ECM|pA|Xσ(AX)

im Schwerpunktssystem mit der Schwerpunktsenergie ECM, was das optische Theorem der nichtrelativistischen Quantenmechanik zurückgibt.

Für Einteilchen-Zustände |B, also für Zerfälle, gilt

ImM(BB)=mBXΓ(AX)=mBΓtot

mit der Masse des zerfallenden Teilchens mB und der Zerfallsbreite Γ.

Herleitung

Das optische Theorem basiert auf der Unitarität der S-Matrix von Quantenfeldtheorien. Sei T der nichttriviale Teil der S-Matrix, also S=1+iT, dann folgt aus der Unitarität der S-Matrix:

1=SS=(1iT)(1+iT)=1i(TT)+TTi(TT)=TT

Durch Multiplikation von f| sowie |i ergibt sich die linke Seite der Gleichung mit der Definition des Matrixelements als f|T|i=(2π)4δ(4)(pipf)M(if) zu:

f|i(TT)|i=i(2π)4δ(4)(pipf)(M(fi)M(if))

Das Einfügen einer Eins in Form von

1=XjXd3pj(2π)412pj0|XX|

auf der rechten Seite führt zu:

f|TT|i=XjXd3pj2pj0(2π)4δ(4)(pipX)δ(4)(pfpX)M(iX)M(fX)

Das optische Theorem folgt durch Gleichsetzen.

Einzelnachweise

  1. vgl. Fußnote 1 in Der angekündigte Artikel in Proceedings of the Copenhagen Academy wurde durch den Ausbruch des 2. Weltkriegs nie publiziert.

Literatur

  • Wolfgang Nolting: Grundkurs Theoretische Physik 5/2: Quantenmechanik – Methoden und Anwendungen, Springer, Berlin, 2006, ISBN 9783540260356, S. 333

Weblinks