Starship | |
---|---|
Land | Vereinigte Staaten |
Betreiber | SpaceX |
Hersteller | SpaceX |
Aufbau | |
Höhe | 119 m |
Durchmesser | 9 m |
Startmasse | ca. 5000 t |
Stufen | 2 |
Stufen | |
1. Stufe | Super Heavy |
Typ | Booster |
Triebwerk | 33× Raptor (geplant) |
Treibstoff | flüssiges Methan, Flüssigsauerstoff |
2. Stufe | Starship |
Typ | Raumfahrzeug |
Triebwerk | 3× Raptor 3× (später 6×) Raptor Vacuum |
Treibstoff | flüssiges Methan, Flüssigsauerstoff |
Starts | |
Status | in Entwicklung |
Startplatz | Starbase Kennedy Space Center (in Bau) zwei Offshore-Plattformen (geplant) |
Nutzlastkapazität | |
Kapazität LEO | > 100 t |
Kapazität GTO | 21 t > 100 t (mit Auftanken im Erdorbit) |
Kapazität Mars | > 100 t (mit Auftanken im Erdorbit) |
Kapazität Mond | > 100 t (mit Auftanken im Erdorbit) |
Starship (vormals BFR) ist ein Großraketenprojekt des US-amerikanischen Raumfahrtunternehmens SpaceX. Die geplante Rakete besteht aus dem Booster Super Heavy und einer ebenfalls Starship genannten oberen Stufe, die zugleich als Raumschiff dienen soll. Beide Stufen werden durch Triebwerke des Typs Raptor angetrieben. Erklärtes Ziel ist die Entwicklung eines vollständig wiederverwendbaren und dadurch sehr kostengünstigen Trägersystems für über 100 Tonnen Nutzlast, das langfristig alle anderen von SpaceX betriebenen Flugkörper ersetzen soll: Die Raketen Falcon 9 und Falcon Heavy sowie das Raumschiff Dragon 2.[1] Darüber hinaus soll das Starship bemannte Missionen zum Mond und zum Mars ermöglichen.
Im äußersten Süden von Texas errichtete SpaceX ein Startgelände und eine Fabrik, in der seit Ende 2019 Starship-Prototypen gefertigt werden. Ein erster Testflug des Gesamtsystems ist für 2022 geplant[veraltet].[2][3]
Die Entwicklung des Starship-Raketensystems zielt darauf ab, dass es alle Missionen übernehmen kann, die bislang von Falcon 9 und Falcon Heavy geflogen werden: Kommerzielle Satellitenstarts, Starts für Regierungsorganisationen, Versorgungsflüge zur Internationalen Raumstation (ISS) und den weiteren Aufbau der SpaceX-Satellitenkonstellation Starlink. Durch vollständige und häufigere Wiederverwendbarkeit möchte SpaceX dabei noch einmal[4] deutlich günstigere Betriebskosten erreichen als bei der Falcon 9. Es wird eine Transportkapazität für sehr schwere Nutzlasten von bis zu 150 t, mindestens aber über 100 t in niedrige Erdorbits (LEO) und 21 t in eine geostationäre Transferbahn angestrebt. Außerdem sieht das Konzept vor, solche großen Lasten nach mehreren Betankungsvorgängen im LEO auch in höhere Umlaufbahnen oder in eine Fluchtbahn zu bringen.[5][6][7][8]
Das Raumschiff Starship soll darüber hinaus auch auf anderen Himmelskörpern sowohl mit als auch ohne Atmosphäre landen und von dort wieder starten können.[6] So wählte die NASA im April 2021 das Starship als Mondlandefähre für die geplante Mission Artemis 3.[9][10] Langfristig strebt SpaceX auch regelmäßige bemannte Flüge zum Mars an.[11]
Als erster Starship-Weltraumtourist möchte 2023[veraltet] der japanische Textilunternehmer Yusaku Maezawa gemeinsam mit einer Gruppe von Künstlern um den Mond fliegen.[12]
Als eine weitere Einsatzmöglichkeit schlug SpaceX suborbitale Langstreckenflüge um die Erde vor. Damit solle es möglich werden, jeden Punkt der Erde in weniger als 60 Minuten zu erreichen.[13][14][15] Ein möglicher Nutzer ist das US-Militär; seit 2020 zeigt die Air Force Interesse an Frachttransporten mit dem Starship.[16][17]
Der Unternehmer Elon Musk gründete nach eigener Darstellung die Firma SpaceX mit dem Ziel, die Besiedlung eines anderen Planeten zu ermöglichen.[18]
Entwürfe von Raketen für sehr große Nutzlasten präsentierte SpaceX erstmals 2010 während einer Tagung des American Institute of Aeronautics and Astronautics (AIAA). Dort wurde unter anderem bekanntgegeben, dass das Unternehmen an einer vergrößerten Version des Merlin-Triebwerks, das die Falcon-1- und Falcon-9-Raketen antreibt, arbeite. Das neue Triebwerk – es wurde als Merlin 2 bezeichnet – sollte wie das Merlin mit Raketenkerosin (RP-1) betrieben werden und die Erststufe der neuen Großrakete antreiben. Für die Oberstufe war das Triebwerk Raptor geplant, das mit flüssigem Wasserstoff (LH2) betrieben werden sollte.[19]
2012 wurden die Entwürfe für das Raptor-Triebwerk geändert. Es sollte nun mit flüssigem Methan betrieben und sowohl in der Erst- wie auch der Zweitstufe verwendet werden. Dazu wurde das geplante Triebwerk vergrößert. Das Projekt Merlin 2 wurde fallengelassen.[19]
Im Jahr 2013 gab SpaceX bekannt, an Konzepten für ein Transportsystem zum Mars zu arbeiten, damals unter dem Namen MCT (Mars Colonial Transporter). Es handelte sich dabei um Studien, die in den folgenden Jahren mehrfach stark überarbeitet wurden.[20]
Erste Tests von Komponenten des Raptor-Triebwerks begannen 2014.
Im September 2016 stellte Musk auf dem 67. Internationalen Astronautischen Kongress in Nachfolge des MCT das Interplanetary Transport System (ITS) vor, mit dem erstmals ein bemannter Flug zum Mars ermöglicht werden solle.[21] Im selben Monat wurde erstmals ein Raptor-Triebwerk auf einem Teststand gezündet. Das ITS sollte 122 m hoch sein und bis zu 550 t Nutzlast in einen niedrigen Erdorbit transportieren können. Das Raumschiff sollte einen Durchmesser von 12 m aufweisen. Ziel war es, mit dem System 100 Menschen in durchschnittlich 115 Tagen zum Planeten Mars zu befördern. Die erste bemannte Marsmission sollte nach Musks Konzept frühestens im Jahr 2024 starten.
Am 29. September 2017 präsentierte Musk auf dem 68. Internationalen Astronautischen Kongress ein überarbeitetes Raketenkonzept namens BFR[6] (Big Fucking Rocket,[22][23][24][25] wenig später von SpaceX auch als Big Falcon Rocket bezeichnet[26][27]). Das BFR-Konzept wurde gegenüber dem ITS-Entwurf erheblich verkleinert. Im Rahmen dieser Änderungen wurden auch die Ziele für das Raptor-Triebwerk nach unten skaliert. Statt des zunächst geplanten Schubs von 3050 kN (3500 kN im Vakuum) sollte es nur noch 1700 kN (1900 kN im Vakuum) erzeugen.[28][29]
Seitdem änderte sich das Design der Rakete mehrfach. So wurde die geplante Gesamtlänge etwas vergrößert und der Schub des Raptor-Triebwerks auf 2000 kN angehoben.[30]
Die folgende Tabelle zeigt die beiden Entwürfe von 2010 (Falcon X und Falcon XX) sowie die neueren Konzepte im Vergleich zur Saturn V, der Rakete des Apollo-Mondprogramms.
Saturn V | Space Launch System | Falcon X[19] | Falcon XX[19] | ITS (2016)[28] | BFR (2017)[29] | BFR (2018)[5] | Starship – SH (2019)[31][7] | |
---|---|---|---|---|---|---|---|---|
Höhe | 110 m | 98 m | 93 m | 100 m | 122 m | 106 m | 119 m | |
Durchmesser | 10,1 m | 8,38 m | 6 m | 10 m | 12 m | 9 m | ||
Startmasse | 2.934 t | 2.500 t | k. A. | k. A. | 10.500 t | 4.400 t | k. A. | 5.000 t |
Nutzlast (LEO) | 133 t | 95 t | 38 t | 140 t | 300 t (550 t1) | 150 t (250 t1) | 100 t (k. A.1) | > 100 t (beworben)[8] 150 t (angestrebt) |
Startschub | 33.851 kN | 33.379 kN | 16.000 kN | 45.360 kN | 128.000 kN | 52.700 kN | 62.000 kN | |
Besatzung | 3 | 4 | k. A. | k. A. | max. 100[32][33] |
(Höchstwerte sind mit gelbem Hintergrund markiert; 1 ohne Wiederverwendung.)
Im November 2018 gab Elon Musk die Umbenennung der BFR in Starship und Super Heavy bekannt.[34]
Ein Kernelement des Konzepts ist die volle Wiederverwendbarkeit aller Raketenbestandteile und dadurch ein sehr kostengünstiger Betrieb der Rakete.[35] Mit zunehmender Anzahl an Wiederverwendungen verringern sich die Kosten pro Start, da sich die Herstellungskosten auf eine größere Anzahl von Nutzungen aufteilen. Lediglich die variablen Kosten z. B. für Treibstoff und Wartung fallen jeweils in voller Höhe an. Die Planungen für das Interplanetary Transport System zielten auf eine 12-malige Wiederverwendbarkeit des bemannten interplanetaren Raumschiffs, eine 100-malige Wiederverwendung einer als Tankschiff modifizierten Version und bis zu 1000 Starts der Erststufe ab.[28] Zum Vergleich: Bei der Falcon 9 war ein Ziel von 10 Wiederverwendungen ausgegeben, das im Mai 2021 mit dem zehnten Start der Erststufe Nr. B1051 erstmals erreicht wurde.[36] Nicht zuletzt erlaubt die Wiederverwendbarkeit ein schnelleres Testprogramm, das an die Testflüge von Flugzeugen angelehnt ist: Prinzipiell kann nach jedem Start die Abnutzung von Bauteilen studiert und die Flugsteuerung verbessert werden.
Grundfähigkeiten wie Rückflug und aufrechte Landung einer Raketenstufe mittels der eigenen Triebwerke (propulsive landing) und auf Landebeinen wurde bereits mit dem Versuchsträger Grasshopper erprobt und dann bei den Falcon-9-Raketen bis zur Serienreife gebracht.
SpaceX setzt bereits bei den aktuellen Raketen erfolgreich auf Serienfertigung in relativ großer Stückzahl. Durch den entstehenden Skaleneffekt können identische Bauteile günstiger produziert werden; zudem können Konstruktionsfehler schneller erkannt und ausgemerzt werden. Bei der Falcon 9 werden zum Beispiel neun identische, relativ kleine Merlin-1D-Triebwerke in der Erststufe sowie ein Vakuum-optimiertes Aggregat in der Oberstufe verwendet, das sich hauptsächlich durch die vergrößerte Ausströmdüse unterscheidet. Für die Falcon Heavy werden 27 baugleiche Merlin-Triebwerke in der Erststufe verwendet und wiederum eine Vakuum-Merlin in der Oberstufe. Die Erststufe der Super Heavy soll 33 identische Raptor-Triebwerke erhalten. Die Oberstufe Starship wird sechs Raptor-Triebwerke enthalten, wobei drei davon für den luftleeren Raum optimiert sind.
Obwohl flüssiger Wasserstoff (LH2) in Verbindung mit flüssigem Sauerstoff (LOX) einen höheren spezifischen Impuls liefert als Methan mit LOX, entschied sich SpaceX gegen diese Treibstoffkombination. Hintergrund ist eine angestrebte Methanherstellung auf dem Mars. Zudem hat LH2 eine erheblich geringere Dichte (≈ 71 kg/m³) als verflüssigtes Methan (≈ 420 kg/m³), was größere und schwerere Tanks erfordert. Der bei der Falcon 9 verwendete Treibstoff RP1 wäre mit dem derzeitigen Stand der Technik auf dem Mars nicht herstellbar. Ein weiterer Nachteil von RP1 ist die eine Wiederverwendung erschwerende stärkere Verrußung der Triebwerke.[19]
Üblicherweise werden kryogene Treibstoffe im Bereich der Siedetemperatur eingesetzt. Bei Starship und Super Heavy soll hingegen – wie bereits bei der Falcon 9 und der Falcon Heavy – der Treibstoff supergekühlt eingesetzt werden, also bei Temperaturen in der Nähe des Gefrierpunkts. Das führt zu einer Erhöhung der Dichte der Treibstoffe und erlaubt bei gegebenen Tankvolumen 10–12 % mehr Treibstoffmasse unterzubringen, was wiederum die mögliche Nutzlast erhöht. Zudem verringert es das Risiko von Kavitation in den Treibstoffpumpen und erhöht somit deren Lebensdauer. Andererseits erhöht es auch die Viskosität von Kohlenwasserstoffen wie Methan, was das Pumpen des Treibstoffs erschwert.
Während ein Rückflug von der Mondoberfläche ohne erneute Betankung möglich sein soll, müsste der für einen Rückflug vom Mars benötigte Treibstoff vor Ort produziert werden. Das SpaceX-Konzept sieht vor, das auf dem Mars vorhandene Wassereis abzubauen und mittels Elektrolyse in Sauerstoff und Wasserstoff aufzuspalten. Der Sauerstoff würde danach verflüssigt und eingelagert werden. Aus dem Wasserstoff soll dann zusammen mit Kohlendioxid aus der Marsatmosphäre im Sabatier-Prozess Methan produziert werden. Dieses müsste ebenfalls verflüssigt und gelagert werden. Das beim Sabatier-Prozess entstehende Wasser würde wiederum der Elektrolyse zugeführt werden. Die für die Treibstoffgewinnung nötige Energie möchte SpaceX mit einem Solarkraftwerk gewinnen.[6]
Die als Super Heavy bezeichnete erste Stufe soll mit 33 Raptor-Triebwerken ausgerüstet werden, die bei Starts von der Erde mit voller Nutzlast alle zum Einsatz kommen. Eine innere Gruppe von 13 Triebwerken soll schwenkbar angebracht sein und die Schubvektorsteuerung übernehmen.[37] Die Erststufe soll nach ihrer Abtrennung zur Erde zurückfliegen.[7] SpaceX möchte versuchen, sie in einer Fangvorrichtung direkt am Startturm auf der Startrampe landen zu lassen, um einen schnellen Neustart zu ermöglichen. Dadurch würden auch das Gewicht und die Kosten für Landebeine eingespart.[38][39][40]
Für die tragende Struktur und die Tanks sah die ursprüngliche Planung kohlenstofffaserverstärkten Kunststoff (CFK) vor.[28] Ab Ende 2018 wurde zu einer Edelstahlbauweise gewechselt. Die Konstruktion ist einwandig ausgeführt, das heißt, die Tankhülle ist gleichzeitig die Außenhülle der Rakete;[41][42] zudem sind Sauerstoff- und Methantank nur mit einem einfachen Blechschott getrennt.
Die Druckbeaufschlagung der Tanks – auch bei der Oberstufe – soll mit Hilfe von Methan- und Sauerstoffmengen erfolgen, die in den Triebwerken erhitzt und von dort zurück in die Tanks geleitet werden.[43] Beim ersten Landeversuch mit einem Starship-Prototyp stellte sich allerdings heraus, dass der so erzeugte Druck in dem gesonderten Methantank, der während dieser Flugphase genutzt wird (dem sogenannten header tank), nicht ausreichte. Darum wurde hierfür zumindest vorläufig auf eine konventionelle Druckbeaufschlagung mit Helium gewechselt.
Die geplante Triebwerksauslegung der Oberstufe – des Starship (vormals BFS für Big Falcon Spaceship[44] oder Big Fucking Spaceship[45]) – wechselte mehrmals. Mit Beginn der Fertigung von flugfähigen Prototypen legte sich SpaceX auf die Verwendung von sechs Raptor-Triebwerken fest, drei davon identisch mit denen der Erststufe und drei vakuumoptimierte Motoren – kurz RVac genannt – mit wesentlich größerer Düse.[46] Wie bei der Super Heavy ist eine Schubvektorsteuerung mit einer inneren Gruppe von einzeln schwenkbaren Triebwerken geplant, um die herum die starr befestigten übrigen Motoren angeordnet werden. Lageveränderungen während des Raumflugs sollen mit kleineren Steuertriebwerken erfolgen, die aus separaten Hochdrucktanks ebenfalls mit Flüssigsauerstoff und Methan versorgt werden.[7]
Die Außenhülle entwickelte sich wie bei der Super Heavy von einem CFK-Entwurf zu einer Konstruktion aus zusammengeschweißten Blechen aus rostfreiem Chromnickelstahl (Typ 304L[47][48]). Zurzeit werden vier Millimeter dicke Bleche verwendet, doch das soll im späteren Verlauf auf 3 Millimeter verringert werden, um Gewicht einzusparen. Dieses Material ist bei sehr hohen und sehr niedrigen Temperaturen wesentlich stabiler als CFK und kann den Infrarotanteil der Sonnenstrahlung im All zum größten Teil reflektieren. Zudem ist Stahl weitaus preiswerter und einfacher als CFK zu verarbeiten. Die Unterseite des Starship soll mit dünnen keramischen Hitzeschutzkacheln versehen werden.[49][7]
Im Gegensatz zu herkömmlichen Raketenkonstruktionen ist die Oberstufe des Starship-Systems fest mit der Nutzlastsektion verbaut, sodass beide eine Einheit bilden. Der Durchmesser beträgt 9 Meter, und als maximale Nutzlastmasse sind über 100 Tonnen geplant. Eine volle Nutzung des Treibstofftanks und der Transportkapazität für interplanetare Flüge soll möglich werden, indem weitere Raumschiffe (Tanker) den Treibstoff in Portionen in den Erdorbit transportieren und dort das Raumschiff etwa für einen Flug zum Mars betanken.
Der aktuelle Starship-Entwurf verfügt über vier seitliche, flügelähnliche Brems- und Steuerflächen für Landungen auf Planeten mit Atmosphäre. Zwei kleine sind ähnlich Canards am vorderen (beim Start oberen) Ende des Raumschiffs angebracht, zwei größere am hinteren Ende. Diese Klappen wirken nach demselben Prinzip wie die Arme und Beine eines Fallschirmspringers: Während das Raumschiff mit dem „Bauch“ (der mit Hitzeschutz versehenen Seite) voran nach unten fällt, werden die Klappen unabhängig voneinander bewegt, um es in der Waagerechten bzw. dem gewünschten Anstellwinkel zu halten. In der Endphase des Landeanflugs dreht sich das Schiff um 90 Grad um die Querachse, fliegt rückwärts und landet wie die Falcon 9 mit Triebwerksbremsung, aber auf sechs anstelle von vier ausgeklappten Landebeinen. Bei der Rückkehr von interplanetaren Flügen soll das Starship mit Atmosphärenbremsung landen, das heißt, vor dem Landen mehrmals in die Erdatmosphäre eintauchen, um schrittweise die Bewegungsenergie abzubauen ohne zu überhitzen.[7]
Die Oberstufe ist in mindestens sechs verschiedenen Ausführungen geplant: Als Starlink-Frachter, als Frachter für große Nutzlasten, als Tanker, als orbitales Treibstoffdepot, als Raumschiff für Personen- und Frachttransporte und als Mondlandefähre.
Für einen kostengünstigen interplanetaren Transport erachtet Elon Musk die Wiederbetankung der Raumschiffe in der Erdumlaufbahn als unverzichtbar. Eine Technik zum vollautomatischen Rendezvous und Ankoppeln realisierte SpaceX bereits mit dem Raumschiff Dragon 2. Beim Starship sollen jeweils zwei Schiffe – davon eines ein Tanker – an dieselben Elemente ankoppeln, an denen die Treibstoffleitungen der Startanlage angeschlossen werden, es sind dann jeweils die Seiten einander zugewandt, die nicht mit den Hitzeschutzkacheln bedeckt sind.[56]
Bei der Entwicklung der Wiederbetankungstechnik arbeitet SpaceX mit dem Glenn Research Center und dem Marshall Space Flight Center der NASA zusammen.[57] Die NASA fördert das Vorhaben auch mit einem Betrag von 53 Millionen Dollar.[58]
Stand: Mai 2021
Das Design von Starship und Super Heavy ist noch im Fluss. Falls das Projekt erfolgreich ist, wird die Transportleistung unter anderem von der genauen Triebwerksleistung und dem Leergewicht abhängen; beides steht noch nicht fest. Der erste Prototyp des Starships (Mk I) wog 200 Tonnen; angestrebt werden zunächst maximal 120 Tonnen,[7] langfristig unter 100 Tonnen.[59] Beworben wird das System mit „100+ t“ Höchstnutzlast.[8] Auf den Durchmesser von etwa 9 Metern hat sich SpaceX durch die Auslegung der Raketenfabrik und Startanlagen in Boca Chica festgelegt.
Ganze Rakete | Erststufe (Super Heavy) |
Zweitstufe (Starship) | |
---|---|---|---|
Nutzlast (LEO) | wiederverwendbar: über 100 t Einfachnutzung: k. A. | ||
Nutzlast (GTO) | Einfachflug, wiederverwendbar: 21 t[50] wiederbetankt, wiederverwendbar: über 100 t Einfachnutzung: k. A. | ||
Nutzlast für Landung | 50 t[7] (Stand 2019) | ||
Rumpfdurchmesser | 9 m | ||
Höhe | ca. 120 m | ca. 69 m | ca. 50 m |
Leergewicht | ≤ 120 t | ||
Triebwerke | 33 Raptor-Triebwerke[60] | 9 Raptor-Triebwerke, davon 6 vakuumoptimiert[61] | |
Tankkapazität | 3.400 t, davon ca. 3⁄4 O2 | 1.200 t, davon ca. 3⁄4 O2 |
Die Entwicklungskosten für das ursprünglich geplante ITS wurden 2016 auf rund 10 Milliarden US-Dollar veranschlagt,[21] die Kosten für die BFR zunächst auf 2–10 Mrd. Durch den Wechsel auf die Stahlbauweise erwartete man eine beschleunigte Entwicklung und weitere Einsparungen, sodass 2019 ein Aufwand von etwa 3 Mrd. Dollar angestrebt wurde.[7] Die finanziellen Mittel zur Entwicklung der Rakete sollen einerseits durch kommerzielle Satellitenstarts, Versorgungsflüge zur ISS und Weltraumtourismus erwirtschaftet werden, andererseits durch Einnahmen aus dem Betrieb der eigenen Starlink-Satellitenkonstellation. Einen wesentlichen Beitrag leistet auch der Mondpassagier und Milliardär Yusaku Maezawa.[62] Die NASA steuerte im Rahmen des Artemis-Programms zunächst 135 Millionen Dollar bei[63] und im Rahmen des Technologieförderprogramms „Tipping Point“ weitere 53 Millionen.[58] An der Entwicklung der Starship-Mondlandefähre beteiligt sich die NASA mit 2,89 Milliarden Dollar. Dieser Betrag schließt auch die Durchführung je einer unbemannten und bemannten Test-Mondlandung mit ein.[9][10] Durch die Konzentration auf Starship und Super Heavy als einzige zukünftige SpaceX-Raketenplattform wurden auch Kapital und Entwicklungskapazitäten freigesetzt, da kaum noch Aufwand für eine Weiterentwicklung von Falcon 9, Falcon Heavy und Dragon anfällt.[6]
Ein verkleinerter Prototyp des neuen Raptor-Triebwerks wurde 2016 erstmals getestet. 2017 wurde aus einem für kryogene Anwendungen optimierten Kohlenstofffaser-Verbundmaterial (CFK) ein Prototyp des Sauerstofftanks für das ursprünglich geplante ITS hergestellt und getestet.[64][6]
2018 begann die Entwicklung des BFR-Raumschiffs und – auf einem Gelände am Liegeplatz 240 des Port of Los Angeles – der Bau eines ersten Raumschiffprototyps aus CFK. SpaceX bereitete die Errichtung einer Fabrik auf dem Hafengelände vor; die produzierten Raketen wären von dort zu den Startplätzen verschifft worden. Für längere Landtransporte sind Starship und Super Heavy zu groß.[65][66][67]
Im Winter 2018/19 verlegte das Unternehmen die Raketenmontage zur SpaceX South Texas Launch Site in Boca Chica (Texas) und präsentierte dort ein noch unfertiges Fluggerät in Stahlbauweise.[68] Den Standort am Hafen von Los Angeles gab SpaceX auf;[69] die Spezialausrüstung für die CFK-Raumschiffproduktion wurde verschrottet.[70]
Im Sommer 2019 fanden in Boca Chica mit dem mittlerweile als „Starhopper“ bekannten Testvehikel zwei Flüge bis zirka 20 beziehungsweise 150 Meter Höhe statt. Bei beiden kam das sechste gebaute Raptor-Triebwerk zum Einsatz.[71] Parallel dazu begann der Bau der beiden Prototypen Starship Mk I und Starship Mk II (kurz für Mark 1 und Mark 2). Sie wurden von Teams in Texas (Mk I) und in Florida (Mk II) gebaut, die in Konkurrenz zueinander arbeiteten.[72] Das Starship Mk I wurde dann bei einem Betankungstest im Dezember 2019 zerstört, der Bau von Mk II wurde anschließend gestoppt. Die nächsten, in Boca Chica gebauten Prototypen Starship SN1 (Seriennummer 1) und SN3 gingen ebenfalls beim Betanken zu Bruch.[73][74] Beim Starship SN4 wurde im Mai 2020 erstmals ein Raptor-Triebwerk eingebaut und kurz gezündet.[75] Wenig später explodierte dieser Prototyp nach einem weiteren Triebwerksprobelauf.[76]
Am 4. August 2020, etwa ein Jahr nach den Starhopper-Testflügen, hob mit SN5 der erste Starship-Prototyp zu einem erfolgreichen Testflug bis 150 Meter Höhe ab. Am 3. September folgte mit SN6 ein weiterer erfolgreicher 150-Meter-Test. Im Dezember demonstrierte SN8 planmäßig verschiedene Flugmanöver in größerer Höhe, insbesondere den kontrollierten waagerechten Fall mit Klappensteuerung, setzte jedoch bei der Landung hart auf und explodierte. Ursache der Bruchlandung war ein Konstruktionsfehler; die Triebwerke hatten während des Bremsvorgangs wegen zu geringen Tankdrucks nicht genug Treibstoff erhalten.[77][78] Das Starship SN8 besaß erstmals drei Raptor-Triebwerke; alle vorherigen Prototypen hatten nur ein Triebwerk. Im Februar 2021 fand mit SN9 der nächste Testflug statt, der wie bei SN8 zunächst erfolgreich verlief, dann aber wegen eines Triebwerkausfalls mit einer Bruchlandung und einer Explosion endete.[79] Beim folgenden Testflug mit dem Prototyp SN10 landete das Starship aufrecht, setzte allerdings wegen zu wenig Triebwerksschub und dem Versagen mehrerer Landebeine zu hart auf, geriet in Brand und explodierte nach wenigen Minuten.[80][81][82] Die erste erfolgreiche Landung gelang im Mai 2021 mit SN15.[83]
Mehrere weitere Starship-Prototypen und mehrere Superheavy-Prototypen sind im Bau oder auf dem SpaceX-Gelände gelagert. Ein erster, suborbitaler Testflug des Gesamtsystems – von SpaceX und Elon Musk als „Orbitaltest“ bezeichnet – ist für das Jahr 2022 geplant. Dabei soll das Starship SN24 nahezu Orbitalgeschwindigkeit erreichen. Nach einer teilweisen Erdumrundung soll es bei der hawaiianischen Insel Kauaʻi im Pazifik wassern.[84][85]
Da an dem Projekt ungewöhnlich öffentlich gearbeitet wird, hat sich eine wachsende Fangemeinde gebildet, die den Fortschritt in Streams und Videos dokumentiert. Teils sind stationäre Kameras installiert, die rund um die Uhr streamen, oder es finden Überflüge statt, die einen Überblick über das gesamte SpaceX-Gelände bieten. Hierdurch erhalten auch Außenstehende einen Einblick in die Entwicklung des Projekts und können diese live verfolgen.
Für kurze Testflüge der Starship-Prototypen existieren zwei Startgestelle und eine Landefläche auf der SpaceX South Texas Launch Site. Am selben Ort entstand seit Sommer 2020 auch eine Startrampe für Orbitalflüge.[86] Als zweiter Standort ist das Kennedy Space Center in Florida vorgesehen,[50] wo bereits 2019 Vorbereitungen für den Bau einer Starship-Startrampe am historischen Launch Complex 39A begannen.[87] Am LC-39A waren alle Mondflüge des Apollo-Programms gestartet. Für Starship-Landungen würde die bereits bestehende Landing Zone 1 auf der benachbarten Cape Canaveral Space Force Station mitgenutzt; Super Heavy soll auf einer unbemannten Plattform im Atlantik landen.[31]
Um die Lärmbelastung und Gefahren für Anwohner in Südtexas zu reduzieren, plant SpaceX als längerfristige Lösung einen „Offshore-Weltraumbahnhof“ mit schwimmenden Start- und Landeplattformen vor der texanischen Golfküste.[88] Dazu erwarb das Unternehmen im Juli 2020 für je 3,5 Millionen US-Dollar zwei ausgediente Ölbohrplattformen des Ensco 8500 Series Semi Submersible-Typs, die zu Start- und Landeanlagen umgebaut werden. Die Plattformen erhielten die Namen Phobos und Deimos, nach den beiden Marsmonden.[89][90] SpaceX möchte Super Heavy direkt in einem Fangarm auf der Startplattform landen lassen, um einen schnellen Neustart zu ermöglichen. Auch das Starship soll jetzt in den Armen von „Mechazilla“ (so heißt der am Versorgungsturm befestigte Mechanismus aus zwei Fangarmen) landen. Diese „fangen“ mit den sowohl horizontal als auch vertikal beweglichen Armen sowohl Starship als auch Super Heavy auf und setzen sie wieder auf die Startplattform. So will SpaceX Landebeine ersetzen und möglichst viel Gewicht einsparen sowie eine der größten bisherigen Fehlerquellen bei den Landungen ausschließen. Landebeine sind dann erst wieder bei Mars/Mond-Versionen von Starship erforderlich, da dort noch nicht die nötige Infrastruktur vorhanden ist. Auch dieses Konzept ist völlig neuartig; mit der ersten Testlandung ist im Laufe 2022 zu rechnen.[38][39][40]
Stand: 6. Mai 2021
Lfd. Nr. | Datum (UTC) | Rakete | Nutzlast | Höhe (km ca.) | Anmerkungen |
---|---|---|---|---|---|
1 | 26. Juli 2019 | Starhopper | – | 0,02 | Erfolg, Testflug mit Landung |
2 | 27. August 2019 | Starhopper | – | 0,15 | Erfolg, Testflug mit Landung |
3 | 4. August 2020[91] | Starship-Prototyp SN5 | – | 0,15 | Erfolg, Testflug mit Landung |
4 | 3. September 2020[92] | Starship-Prototyp SN6 | – | 0,15 | Erfolg, Testflug mit Landung |
5 | 9. Dezember 2020[93] | Starship-Prototyp SN8 | – | 12,5 | Teilerfolg, Testflug mit Bruchlandung Zu wenig Triebwerksschub beim Landeanflug wegen zu geringem Tankdruck; das Starship zerschellte auf dem Boden.
|
6 | 2. Februar 2021[94] | Starship-Prototyp SN9 | – | 10 | Teilerfolg, Testflug mit Bruchlandung Eines der Triebwerke zündete während des Landevorgangs nicht; das Starship zerschellte auf dem Boden.
|
7 | 3. März 2021 [95][96][97][98] |
Starship-Prototyp SN10 | – | 10 | Teilerfolg, Testflug mit Bruchlandung Mehrere Landebeine rasteten nicht ein und das im Endanflug aktive Triebwerk entwickelte zu wenig Schub. Das Starship setzte zu hart auf, wurde dabei beschädigt, geriet in Brand und explodierte einige Minuten später.
|
8 | 30. März 2021 [99][100][101] |
Starship-Prototyp SN11 | – | 10 | Fehlschlag, Testflug mit Explosion Durch ein Methanleck an einem der Triebwerke entstand ein Brand, der Teile der Avionik zerstörte und unmittelbar nach der Zündung für den Landeanflug zur Explosion des Starship führte.
|
9 | 5. Mai 2021[102] | Starship-Prototyp SN15 | – | 10 | Erfolg, Testflug mit Landung |
Folgende Starship/Super-Heavy-Einsätze werden von SpaceX angestrebt:
SpaceX verfügt nach eigenen Angaben auch über Startaufträge, bei denen das Unternehmen vertragsgemäß selbst entscheiden kann, ob sie mit einer Falcon-Rakete oder dem Starship ausgeführt werden.[116]
Bisherige Ziele und Projektplanungen von SpaceX erwiesen sich meist als zu optimistisch; bei Großprojekten kam es regelmäßig zu Verzögerungen von mehreren Jahren.[117]
Die NASA entwickelt mit dem Space Launch System (SLS) eine ähnlich große Trägerrakete, die ebenfalls bemannte Missionen zum Mond und zum Mars ermöglichen soll. Das auf der Space-Shuttle-Raketentechnologie basierende SLS wird nicht wiederverwendbar sein und bei gleicher Nutzlast mehr als die zehnfachen Startkosten des Starship-Systems aufweisen. Auch China plant mit der Langer Marsch 9 (CZ-9) eine Superschwerlastrakete für Flüge zum Mond und zum Mars.
Das US-amerikanische Raumfahrtunternehmen Blue Origin entwickelt mit der New Glenn ebenfalls eine sehr große Trägerrakete (96 Meter Höhe, 7 Meter Durchmesser) mit wiederverwendbarer Erststufe. Als Anwendungen wurden Missionen in Erdumlaufbahnen und zum Mond genannt. Die New Glenn soll nur etwa ein Drittel der Starship-Nutzlastkapazität bieten.
Die stärksten derzeit verfügbaren oder in Entwicklung befindlichen Trägerraketen für den Transport in niedrige Erdumlaufbahnen (LEO) sind:
Rakete | Hersteller | Stufen | Seitenbooster | max. Nutzlast (LEO) | max. Nutzlast (GTO) | wiederverwendbar | interplanetare Missionen | bemannte Missionen | Erstflug |
---|---|---|---|---|---|---|---|---|---|
CZ-9[118] | CALT | 3 | – | 150 t | > 50 t | Erststufe | geplant | nicht geplant | ca. 2030 |
SLS Block 1B | Boeing | 2 | 2 | 105 t | > 42 t | nein | geplant | geplant | 2027 (geplant) |
Starship | SpaceX | 2 | – | > 100 t1 | 21 t[119] (> 100 t2) |
vollständig | geplant | geplant | 2022[veraltet] (geplant) |
SLS Block 1 | Boeing | 2 | 2 | 95 t | > 27 t | nein | geplant | geplant | 2022[veraltet] (geplant) |
Falcon Heavy | SpaceX | 2 | 2 | 64 t | 27 t | Erststufe, Seitenbooster, Nutzlastverkleidung | ja | nicht geplant | 2018 |
New Glenn | Blue Origin | 2 | – | 45 t1 | 13 t1 | Erststufe | möglich | geplant | ≥ 2023[veraltet] |
Angara A5V | Chrunitschew | 3 | 4 | 37,5 t | 12 t | nein | geplant | geplant | 2027 (geplant) |
Delta IV Heavy | ULA | 2 | 2 | 29 t | 14 t | nein | ja | nein | 2004 |
Vulcan | ULA | 2 | 6 | 27 t | 15,3 t | nein | geplant | nicht geplant[120] | 2023[veraltet] (geplant) |
CZ-5 | CASC | 2–3 | 4 | 25 t | 14 t | nein | ja | nicht geplant | 2016 |