Der Van-Allen-Strahlungsgürtel (benannt nach James Van Allen) ist der Strahlungsgürtel der Erde. Er ist ein Ring (Torus) energiereicher geladener Teilchen im Weltraum, die durch das Erdmagnetfeld eingefangen werden. Die Magnetosphäre wirkt dabei als Schutzschild für die Erde, weil sie verhindert, dass solche tödlich wirkenden Teilchen die Erdbewohner erreichen. Auch andere Planeten sind von ähnlichen Gürteln umgeben, aber der Van-Allen-Gürtel bezeichnet nur den Strahlungsgürtel um die Erde.
Der Gürtel besteht im Wesentlichen aus zwei Strahlungszonen. Die innere erstreckt sich in niedrigen geografischen Breiten, d. h. in der Nähe des Äquators, in einem Bereich von etwa 700 bis 6.000 Kilometer über der Erdoberfläche und besteht hauptsächlich aus hochenergetischen Protonen. Die äußere befindet sich in etwa 16.000 bis 58.000 Kilometer Höhe und enthält vorwiegend Elektronen.
Bisher wurde angenommen, dass die Teilchen des Van-Allen-Gürtels überwiegend aus dem Sonnenwind und der kosmischen Strahlung stammen. Neueste Untersuchungen der Ergebnisse der Sonden „Van Allen A“ und „Van Allen B“ zeigen jedoch, dass ein Großteil der Teilchen im Gürtel selbst entsteht, indem dort Atome von elektromagnetischen Feldern quasi zerrissen und so Elektronen herausgelöst werden.[1][2]
Die geladenen kosmischen Teilchen werden im Van-Allen-Gürtel durch das Magnetfeld der Erde infolge der Lorentzkraft abgelenkt, in einer magnetischen Flasche eingeschlossen und schwingen so zwischen den Polen der Erde mit einer Schwingungsdauer von etwa einer Sekunde hin und her.
Wenn der Gürtel überladen wird, streifen die Partikel die obere Erdatmosphäre und regen diese zur Fluoreszenz an, wodurch das Polarlicht entsteht.
Das Vorhandensein eines Strahlungsgürtels wurde schon vor dem Weltraumzeitalter vermutet. Bestätigt wurde die Theorie am 31. Januar 1958 durch die Mission von Explorer 1 und durch die Folgemission Explorer 3, die von James Van Allen geleitet wurden. Weitere Explorer-Missionen konnten die Teilchen kartieren.
Die Grafik veranschaulicht die Verteilung der Teilchendichte um die Erde. Hochenergetische Protonen (oberes Bild) konzentrieren sich im inneren Strahlungsgürtel oberhalb von 3.000 und 6.000 km über der Erdoberfläche. Energiereiche Elektronen (unten) verstärken den inneren und bilden den äußeren Strahlungsgürtel um 25.000 km Höhe. Die Teilchendichte der Protonen mit einer Energie von mehr als 10 MeV und der Elektronen mit mehr als 0,5 MeV liegt in der Größenordnung von 106 Teilchen/(cm²·s). Die Ionisations-Strahlenbelastung durch Elektronen auf elektrische Bauteile liegt bei 0,1 bis 1 krad/h (1 bis 10 Gy/h), durch Protonen (hinter 1 cm Aluminium-Abschirmung) zwei Größenordnungen niedriger.
Im Rahmen des Pamela-Experimentes wurde 2011 nachgewiesen, dass im inneren Strahlungsgürtel der Magnetosphäre eine Anhäufung von Antimaterie existiert.[3] Die detektierten Antiprotonen entstehen vermutlich bei der Kollision hochenergetischer kosmischer Strahlung mit der Erdatmosphäre.[4][5]
Im September 2012 konnten die Van-Allen-Sonden neben den zwei bekannten Strahlungsgürteln der Erde noch einen dritten, deutlich durch eine Lücke vom äußeren Van-Allen-Gürtel getrennten nachweisen. Nachdem der temporäre Strahlungsgürtel etwa einen Monat lang mit konstanter Intensität messbar war, wurde er durch eine starke Sonneneruption aufgelöst. Forscher der NASA vermuten, dass solche temporären Strahlungsgürtel häufiger vorkommen.[6][7][8]
Die Äquivalentdosis der Strahlung beider Hauptzonen beträgt hinter 3 mm dickem Aluminium unter extremen Umständen bis zu 200 mSv/h (Millisievert pro Stunde) im Kernbereich des inneren Gürtels und bis zu 50 mSv/h im Kernbereich des äußeren Gürtels. Als Normwerte gelten im gesamten Van-Allen-Gürtel 0,7–1,5 mSv pro Tag (effektive Dosis), diese Diskrepanz lässt sich zum einen durch die verschiedenen Messmethoden erklären, zum anderen aber auch durch die Abhängigkeit der Strahlung von den starken Schwankungen der Sonnenaktivität. Dadurch können mitunter 1000-mal höhere Werte gemessen werden. Auf der Erde ist die Strahlung des inneren Van-Allen-Gürtels im Bereich der Südatlantischen Anomalie deutlich zu beobachten.
Zum Vergleich: In Europa beträgt die mittlere Strahlungsdosis auf Meereshöhe etwa 2 mSv/a ≈ 0,2 µSv/h.
Die Intensität der Strahlung innerhalb des Van-Allen-Gürtels kann räumlich und zeitlich begrenzt gesundheitsgefährdende Werte erreichen. Daher darf der Aspekt des Strahlenschutzes bei bemannten Raumfahrtmissionen im Erdorbit nicht vernachlässigt werden. Wie groß die Belastung für den menschlichen Organismus ist, hängt von der Sonnenaktivität, der Beschaffenheit der Raumfahrzeughülle, der Trajektorie und der Bahngeschwindigkeit beziehungsweise der Missionsdauer ab.
Die russische Raumstation MIR, das Skylab und die Internationale Raumstation ISS umkreisten die Erde in rund 400 km Höhe (siehe dazu auch Satellitenorbit#Arten). Das russische Raumfahrtprogramm, das Mercury-Raumfahrtprogramm und das Gemini-Raumfahrtprogramm der USA hatten ihren größten Erdabstand darunter. Auch die zahlreichen Space-Shuttle-Missionen (siehe dazu die Liste der Space-Shuttle-Missionen) umrundeten die Erde meist in diesem geringeren Erdabstand, nur das Hubble-Weltraumteleskop wurde in rund 550 km Höhe ausgesetzt. Die Weltraummissionen der bemannten Raumfahrt fanden also in einem erdnahen Orbit statt, der Van-Allen-Strahlungsgürtel wurde nicht erreicht (siehe dazu auch Strahlenexposition#Übersicht: Kosmische Strahlung und Strahlungsmessung auf der ISS).
Nur die Apollo-Missionen zum Mond führten durch den Van-Allen-Strahlungsgürtel und darüber hinaus. Die Raumfahrer waren dabei auch der direkten Bestrahlung durch die Sonne und einer allfälligen Radioaktivität der Mondoberfläche ausgesetzt. Eine derartige Strahlenbelastung bei einem bemannten Marsflug wäre erheblich.
Astronomische Messgeräte wie das Röntgenteleskop Chandra können nur außerhalb des Strahlungsgürtels sinnvolle Daten liefern und müssen deshalb auf entsprechend hohe Umlaufbahnen gebracht werden.