79.201.131.111 (Diskussion) (Einordnung von MC-Simulationen und RNG-Theorie; genauerer Link zu DP Landau) |
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Das '''Potts-Modell''' ist ein [[mathematisches Modell]], welches das in der [[Statistische Physik| | Das '''Potts-Modell''' ist ein [[mathematisches Modell]], welches das in der [[Statistische Physik|statistischen Physik]] häufig verwendete [[Ising-Modell]] verallgemeinert. Auf einem Gitter befinden sich statt [[Spin]]s mit nur zwei Zuständen, wie im Ising-Modell, Variablen mit <math>q</math> verschiedenen Zuständen. Im einfachsten Fall beschränkt sich die Wechselwirkung auf benachbarte Gitterplätze. | ||
befinden sich statt [[Spin]]s mit nur zwei Zuständen, wie im | |||
Angewendet wird dieses Modell unter anderem, außer in der statistischen Physik (insbesondere beim Studium von [[Phasenübergang|Phasenübergängen]]), auch in der Informatik ([[Signalverarbeitung]]) und der Biologie ([[Neuronales Netz|neuronale Netze]]). Das Modell wurde nach [[Renfrey Potts]] benannt, welcher das Modell 1951 in seiner Dissertation definierte. Einen Spezialfall behandelten schon 1943 [[Julius Ashkin]] und [[Edward Teller]]. Einen Überblick zu Geschichte und Analyse des Modells gibt ein Übersichtsartikel von Fa-Yueh Wu aus dem Jahr 1982. | |||
:<math>S'=\{\theta_{s}=\frac{2\pi s}{q}, 0 \leq s \leq q \} \quad q \in \{2,3,\ldots\} </math> | == Definition == | ||
Die Unterscheidung von planarem und Standard-Potts-Modell stammt von [[Cyril Domb]] (1974)<ref>[[Cyril Domb|C.Domb]], J. Phys. A, Band 7, 1974, S. 1335</ref>. | |||
=== Planares Potts-Modell === | |||
Das Potts-Modell besteht aus einem <math>d</math>-dimensionalen [[Gittergraph]]en <math>L(V,E)</math>, z. B. einem zweidimensionalen Rechteckgitter, einer Menge von Knotenbelegungen <math>S'^{|V|}</math> (Knotenkonfigurationen) und einem [[Hamiltonoperator]] <math>H'</math> auf dieser Menge. Jeder Knoten wird belegt mit einem Element aus der Menge | |||
::<math>S' = \{\theta_{s}=\frac{2\pi s}{q}, 0 \leq s \leq q \} \quad q \in \{2,3,\ldots\}</math> | |||
Diese können als Punkte auf dem 2-dimensionalen [[Einheitskreis]] interpretiert werden und sind die Richtungen, die die „Spins“ auf den jeweiligen Gitterpunkten annehmen können. | |||
Der Hamiltonoperator ist im planaren Potts-Modell (auch Vektor-Potts-Modell oder Uhren-Modell, ''clock model'') gegeben durch | |||
:<math>H'(\sigma) = J_1 \sum_{\langle i,j \rangle \in E}\cos(\theta_{s_i} - \theta_{s_j}), \quad \sigma = (\theta_{s_1},\theta_{s_2},\dots) \in S'^{|V|}.</math> | |||
Summiert wird über alle benachbarten Knoten <math>\langle i,j \rangle</math> für <math>i,j \in V</math>. Die [[Kopplungskonstante]] <math>J_1</math> beschreibt die Wechselwirkung zwischen Spins auf den benachbarten Knoten. | |||
=== Standard-Potts-Modell === | |||
Alternativ zum gerade beschriebenen planaren Potts-Modell gibt es das Standard-Potts-Modell (oder einfach: Potts-Modell). Dabei werden die Knoten belegt mit Elementen aus der Menge | |||
::<math>S = \{0,1,\dots,q\}</math>. | |||
Der Hamiltonoperator ist hier gegeben durch | |||
:<math>H(\sigma)=-J\sum_{\langle i,j \rangle \in E}\delta(s_i,s_j), \quad \sigma=(s_1,s_2,\dots) \in S^{|V|},</math> | :<math>H(\sigma) = -J\sum_{\langle i,j \rangle \in E}\delta(s_i,s_j), \quad \sigma = (s_1,s_2,\dots) \in S^{|V|},</math> | ||
wobei <math>\delta</math> das [[Kronecker-Delta]] ist | wobei <math>\delta</math> das [[Kronecker-Delta]] ist. | ||
Das heißt, falls zwei benachbarte Knoten verschiedene Werte der Spins besitzen, verschwindet der entsprechende Summand. Das negative Vorzeichen von <math>J</math> ist eine Konvention, motiviert vom Ising-Modell. Das Standard-Potts-Modell ist [[ferromagnetisch]] für <math>J > 0</math> und [[antiferromagnetisch]] für <math>J < 0</math>. | |||
==Verhältnis zu anderen statistischen Modellen== | == Verhältnis zu anderen statistischen Modellen == | ||
===Allgemeine Version=== | === Allgemeine Version === | ||
Auf dem Gittergraphen <math>L(V,E)</math> mit der Menge der Knotenbelegungen <math>\{1,2,\dots,q-1\}^{|V|}</math> kann eine allgemeinere Version des Potts-Modells definiert werden: | Auf dem Gittergraphen <math>L(V,E)</math> mit der Menge der Knotenbelegungen <math>\{1,2,\dots,q-1\}^{|V|}</math> kann eine allgemeinere Version des Potts-Modells definiert werden: | ||
:<math>H(\sigma)=-\sum_{\langle i,j \rangle \in E}J_{ij}\delta(s_i,s_j)-\beta^{-1}\sum_{i \in \{1,2,\dots\,|V|\}}h_is_i, \quad \sigma=(s_1,s_2,\dots) \in S^{|V|}.</math> | :<math>H(\sigma) = -\sum_{\langle i,j \rangle \in E}J_{ij}\delta(s_i,s_j)-\beta^{-1}\sum_{i \in \{1,2,\dots\,|V|\}}h_is_i, \quad \sigma = (s_1,s_2,\dots) \in S^{|V|}.</math> | ||
Im Unterschied zum ursprünglichen Modell variiert die Wechselwirkung zwischen den benachbarten Knoten. Außerdem kann ein äußeres Feld ergänzt werden: | Im Unterschied zum ursprünglichen Modell variiert die Wechselwirkung zwischen den benachbarten Knoten. Außerdem kann ein äußeres Feld ergänzt werden: | ||
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:<math>-\beta^{-1}\sum_{i \in \{1,2,\dots,|V|\}}h_is_i</math> | :<math>-\beta^{-1}\sum_{i \in \{1,2,\dots,|V|\}}h_is_i</math> | ||
Hierbei ist wie üblich <math>\beta = \ | Hierbei ist wie üblich <math>\beta = \tfrac {1}{k_\mathrm B T}</math> mit der [[Boltzmann-Konstante]]n <math>k_\mathrm B</math> und der [[absolute Temperatur|Temperatur]] <math>T</math>. | ||
Die Wechselwirkungen <math>J_{ij}</math> müssen nicht auf nächstbenachbarte Gitterplätze beschränkt werden. In ''verdünnten Potts-Modellen'' gibt es freie Gitterplätze (''Gitter-Gas'') oder auch Wechselwirkungen verschiedener Stärke. Durch geeignete [[Randbedingungen]] können interessante Effekte, wie z. B. [[Benetzung]]<ref>[[Siegfried Dietrich (Physiker)|S.Dietrich]], in ''Phase transitions and critical phenomena'' (Hrsg. [[Cyril Domb|C. Domb]] und [[Joel Lebowitz|J.L. Lebowitz]]), Band 12, 1988 </ref> oder Grenzflächen[[adsorption]]<ref>[[Walter Selke|W.Selke]], [[Werner Pesch|W.Pesch]], Z. Phys. B, Band 47, 1982, S. 335</ref>, induziert werden. | |||
=== Das Ising-Modell als Spezialfall === | |||
Setzt man <math>q = 2</math>, so folgt aus dem Potts-Modell das [[Ising-Modell]]. | |||
=== Das XY-Modell als Spezialfall === | |||
Für <math>q \to \infty </math> erhält man das [[XY-Modell]], welches wiederum als Spezialfall des [[N-Vektor-Modell]]s mit <math>N = 2</math> verstanden werden kann. Betrachtet man das planare Potts-Modell, so ist der [[Zustandsraum]] der Spins keine endliche Teilmenge des Einheitskreises, sondern der ''ganze'' 2-dimensionale Einheitskreis. | |||
=== | === Ashkin-Teller-Modell === | ||
Das Ashkin-Teller-Modell ist das planare Potts-Modell mit <math>q = 4</math> Zuständen. | |||
=== Sonstige === | |||
Es gibt auch Verbindungen zum [[Heisenberg-Modell]], N-Vektor-Modell, (ice-rule-)Vertex-Modellen und zur [[Perkolationstheorie]] (zuerst von P.W. Kasteleyn und C.M. Fortuin 1969<ref>[[Pieter Kasteleyn|P. W. Kasteleyn]], C.M. Fortuin, | |||
J. Phys. Soc. Japan, Band 26 (Suppl.),1969, S. 11</ref> für Bond-Perkolation, später auch für Site-Perkolation). | |||
===Sonstige=== | |||
Es gibt auch Verbindungen zum [[Heisenberg-Modell]], N-Vektor-Modell, (ice-rule) Vertex-Modellen und zur [[Perkolationstheorie]] (zuerst von P.W. Kasteleyn und C.M. Fortuin 1969 <ref>P.W. Kasteleyn, C.M. Fortuin, | |||
J. Phys. Soc. Japan, Band 26 (Suppl.),1969, S.11 </ref> für Bond-Perkolation, später auch für Site-Perkolation). | |||
Das Kirchhoffsche Gesetz für Netzwerke aus linearen Widerständen ergibt sich als q=0 Grenzwert des Potts-Modells (Kasteleyn, Fortuin 1972). | Das [[Kirchhoffsche Regeln|Kirchhoffsche Gesetz]] für Netzwerke aus linearen Widerständen ergibt sich als <math>q = 0</math> Grenzwert des Potts-Modells (Kasteleyn, Fortuin 1972). | ||
==Diskussion== | == Diskussion == | ||
Potts betrachtete das planare Modell und konnte ähnlich wie beim Ising-Modell mit Kramers-Wannier-Dualität den kritischen Punkt für das Rechteckgitter und q=2, 3, 4 | Potts betrachtete das planare Modell und konnte ähnlich wie beim Ising-Modell mit Kramers-Wannier-Dualität den kritischen Punkt bestimmen für das Rechteckgitter und <math>q = 2, 3, 4</math>. Am Ende seiner Arbeit gab er den kritischen Punkt des Standard-Potts-Modells für alle <math>q</math>. | ||
Das planare und das Standard-Modell sind identisch für q=2 (Ising-Modell) mit <math>J=2 J_1</math> und q=3 mit <math>J=\ | Das planare und das Standard-Modell sind identisch für <math>q = 2</math> (Ising-Modell) mit <math>J = 2 J_1</math> und für <math>q = 3</math> mit <math>J = \tfrac 3 2 J_1</math>. Außerdem ist das planare Modell mit <math>q = 4</math> für beliebige Gitter auf das Modell mit <math>q = 2</math> [[reduzierbar]]. Für <math>q > 4</math> gibt es dagegen keine offensichtlichen Bezüge zwischen dem planaren und dem Standard-Modell. | ||
Auf einem zweidimensionalen Gitter hat das Potts-Modell mit <math>J>0</math> einen [[Phasenübergang]] | Auf einem zweidimensionalen Gitter hat das Potts-Modell mit <math>J > 0</math> einen [[Phasenübergang #Klassifikation nach Ehrenfest|Phasenübergang erster Ordnung]] für <math>q > 4</math> und ansonsten einen kontinuierlicher Phasenübergang (2. Ordnung) wie beim Isingmodell (<math>q = 2</math>) ([[Rodney Baxter]] 1973, 1978). Baxter benutzte dabei die Identifizierung des zweidimensionalen Potts-Modells mit dem Ice-rule-Vertexmodell durch Temperley und [[Elliott Lieb]] (1971 für ein Gitter aus Quadraten). | ||
Das eindimensionale Potts-Modell ist exakt lösbar (mit Hilfe der Transfer-Matrix-Methode) und ebenso das zweidimensionale Modell mit Wechselwirkungen zwischen benachbarten Gitterplätzen. Im Allgemeinen liefern | Das eindimensionale Potts-Modell ist exakt lösbar (mit Hilfe der Transfer-Matrix-Methode) und ebenso das zweidimensionale Modell mit Wechselwirkungen zwischen benachbarten Gitterplätzen. Im Allgemeinen liefern insbesondere [[Monte-Carlo-Simulation]]en<ref>[[David P. Landau|D.P.Landau]], [[Kurt Binder|K.Binder]], ''A Guide to Monte Carlo Simulations in Statistical Physics'', 2014 </ref> und die [[Renormierungsgruppe]]ntheorie verlässliche Ergebnisse. | ||
insbesondere [[Monte-Carlo-Simulation]]en | |||
==Potts-Maß== | == Potts-Maß == | ||
Mit der Hamilton-Funktion wie oben | Mit der Hamilton-Funktion wie oben | ||
und der üblichen Definition der [[Zustandssumme]] <math>Z</math> | :<math>H(\sigma) = -J\sum_{\langle i,j \rangle \in E}\delta(s_i,s_j), \quad \sigma = (s_1,s_2,\dots) \in S^{|V|}.</math> | ||
und der üblichen Definition der [[Zustandssumme]] <math>Z</math> | |||
:<math>Z(\beta) = \sum_{\sigma \in S^{|V|}}e^{-\beta H(\sigma)}, \quad \beta \in {]0,\infty[}.</math> | |||
kann man das Potts-Maß <math>\pi</math> definieren, das als [[Wahrscheinlichkeitsmaß]] zu den [[Boltzmann-Statistik|Boltzmannverteilungen]] gehört: | |||
:<math>Z(\beta) | :<math>\pi(\sigma) = Z(\beta)^{-1}e^{-\beta H(\sigma)}, \quad \sigma \in S^{|V|}.</math> | ||
Die [[freie Energie]] ist wie üblich: | |||
: | |||
:<math>F(\beta) = -\beta^{-1}\ln(Z(\beta)), \quad \beta \in {]0,\infty[}.</math> | |||
:<math>F(\beta)=-\beta^{-1}\ | |||
==Literatur== | == Literatur == | ||
*{{cite journal |first=Julius |last=Ashkin |first2=Edward |last2=Teller |year=1943 |title=Statistics of Two-Dimensional Lattices With Four Components |journal=[[Physical Review|Phys. Rev.]] |volume=64 |issue=5–6 |pages=178–184 |doi=10.1103/PhysRev.64.178 |bibcode = 1943PhRv...64..178A }} | *{{cite journal |first=Julius |last=Ashkin |first2=Edward |last2=Teller |year=1943 |title=Statistics of Two-Dimensional Lattices With Four Components |journal=[[Physical Review|Phys. Rev.]] |volume=64 |issue=5–6 |pages=178–184 |doi=10.1103/PhysRev.64.178 |bibcode = 1943PhRv...64..178A }} | ||
*{{cite journal |first=Renfrey B. |last=Potts |year=1952 |title=Some Generalized Order–Disorder Transformations |journal=Mathematical Proceedings of the Cambridge Philosophical Society|volume=48 |issue=1 |pages=106–109 |doi=10.1017/S0305004100027419 |bibcode = 1952PCPS...48..106P }} | *{{cite journal |first=Renfrey B. |last=Potts |year=1952 |title=Some Generalized Order–Disorder Transformations |journal=Mathematical Proceedings of the Cambridge Philosophical Society|volume=48 |issue=1 |pages=106–109 |doi=10.1017/S0305004100027419 |bibcode = 1952PCPS...48..106P }} | ||
*{{cite journal |first=Fa-Yueh |last=Wu |year=1982 |title=The Potts model |journal=[[Reviews of Modern Physics]] |volume=54 |issue=1 |pages=235–268 |doi=10.1103/RevModPhys.54.235 |bibcode = 1982RvMP...54..235W }} | *{{cite journal |first=Fa-Yueh |last=Wu |year=1982 |title=The Potts model |journal=[[Reviews of Modern Physics]] |volume=54 |issue=1 |pages=235–268 |doi=10.1103/RevModPhys.54.235 |bibcode = 1982RvMP...54..235W }} | ||
==Einzelnachweise== | == Einzelnachweise == | ||
<references /> | <references /> | ||
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Das Potts-Modell ist ein mathematisches Modell, welches das in der statistischen Physik häufig verwendete Ising-Modell verallgemeinert. Auf einem Gitter befinden sich statt Spins mit nur zwei Zuständen, wie im Ising-Modell, Variablen mit $ q $ verschiedenen Zuständen. Im einfachsten Fall beschränkt sich die Wechselwirkung auf benachbarte Gitterplätze.
Angewendet wird dieses Modell unter anderem, außer in der statistischen Physik (insbesondere beim Studium von Phasenübergängen), auch in der Informatik (Signalverarbeitung) und der Biologie (neuronale Netze). Das Modell wurde nach Renfrey Potts benannt, welcher das Modell 1951 in seiner Dissertation definierte. Einen Spezialfall behandelten schon 1943 Julius Ashkin und Edward Teller. Einen Überblick zu Geschichte und Analyse des Modells gibt ein Übersichtsartikel von Fa-Yueh Wu aus dem Jahr 1982.
Die Unterscheidung von planarem und Standard-Potts-Modell stammt von Cyril Domb (1974)[1].
Das Potts-Modell besteht aus einem $ d $-dimensionalen Gittergraphen $ L(V,E) $, z. B. einem zweidimensionalen Rechteckgitter, einer Menge von Knotenbelegungen $ S'^{|V|} $ (Knotenkonfigurationen) und einem Hamiltonoperator $ H' $ auf dieser Menge. Jeder Knoten wird belegt mit einem Element aus der Menge
Diese können als Punkte auf dem 2-dimensionalen Einheitskreis interpretiert werden und sind die Richtungen, die die „Spins“ auf den jeweiligen Gitterpunkten annehmen können.
Der Hamiltonoperator ist im planaren Potts-Modell (auch Vektor-Potts-Modell oder Uhren-Modell, clock model) gegeben durch
Summiert wird über alle benachbarten Knoten $ \langle i,j\rangle $ für $ i,j\in V $. Die Kopplungskonstante $ J_{1} $ beschreibt die Wechselwirkung zwischen Spins auf den benachbarten Knoten.
Alternativ zum gerade beschriebenen planaren Potts-Modell gibt es das Standard-Potts-Modell (oder einfach: Potts-Modell). Dabei werden die Knoten belegt mit Elementen aus der Menge
Der Hamiltonoperator ist hier gegeben durch
wobei $ \delta $ das Kronecker-Delta ist.
Das heißt, falls zwei benachbarte Knoten verschiedene Werte der Spins besitzen, verschwindet der entsprechende Summand. Das negative Vorzeichen von $ J $ ist eine Konvention, motiviert vom Ising-Modell. Das Standard-Potts-Modell ist ferromagnetisch für $ J>0 $ und antiferromagnetisch für $ J<0 $.
Auf dem Gittergraphen $ L(V,E) $ mit der Menge der Knotenbelegungen $ \{1,2,\dots ,q-1\}^{|V|} $ kann eine allgemeinere Version des Potts-Modells definiert werden:
Im Unterschied zum ursprünglichen Modell variiert die Wechselwirkung zwischen den benachbarten Knoten. Außerdem kann ein äußeres Feld ergänzt werden:
Hierbei ist wie üblich $ \beta ={\tfrac {1}{k_{\mathrm {B} }T}} $ mit der Boltzmann-Konstanten $ k_{\mathrm {B} } $ und der Temperatur $ T $.
Die Wechselwirkungen $ J_{ij} $ müssen nicht auf nächstbenachbarte Gitterplätze beschränkt werden. In verdünnten Potts-Modellen gibt es freie Gitterplätze (Gitter-Gas) oder auch Wechselwirkungen verschiedener Stärke. Durch geeignete Randbedingungen können interessante Effekte, wie z. B. Benetzung[2] oder Grenzflächenadsorption[3], induziert werden.
Setzt man $ q=2 $, so folgt aus dem Potts-Modell das Ising-Modell.
Für $ q\to \infty $ erhält man das XY-Modell, welches wiederum als Spezialfall des N-Vektor-Modells mit $ N=2 $ verstanden werden kann. Betrachtet man das planare Potts-Modell, so ist der Zustandsraum der Spins keine endliche Teilmenge des Einheitskreises, sondern der ganze 2-dimensionale Einheitskreis.
Das Ashkin-Teller-Modell ist das planare Potts-Modell mit $ q=4 $ Zuständen.
Es gibt auch Verbindungen zum Heisenberg-Modell, N-Vektor-Modell, (ice-rule-)Vertex-Modellen und zur Perkolationstheorie (zuerst von P.W. Kasteleyn und C.M. Fortuin 1969[4] für Bond-Perkolation, später auch für Site-Perkolation).
Das Kirchhoffsche Gesetz für Netzwerke aus linearen Widerständen ergibt sich als $ q=0 $ Grenzwert des Potts-Modells (Kasteleyn, Fortuin 1972).
Potts betrachtete das planare Modell und konnte ähnlich wie beim Ising-Modell mit Kramers-Wannier-Dualität den kritischen Punkt bestimmen für das Rechteckgitter und $ q=2,3,4 $. Am Ende seiner Arbeit gab er den kritischen Punkt des Standard-Potts-Modells für alle $ q $.
Das planare und das Standard-Modell sind identisch für $ q=2 $ (Ising-Modell) mit $ J=2J_{1} $ und für $ q=3 $ mit $ J={\tfrac {3}{2}}J_{1} $. Außerdem ist das planare Modell mit $ q=4 $ für beliebige Gitter auf das Modell mit $ q=2 $ reduzierbar. Für $ q>4 $ gibt es dagegen keine offensichtlichen Bezüge zwischen dem planaren und dem Standard-Modell.
Auf einem zweidimensionalen Gitter hat das Potts-Modell mit $ J>0 $ einen Phasenübergang erster Ordnung für $ q>4 $ und ansonsten einen kontinuierlicher Phasenübergang (2. Ordnung) wie beim Isingmodell ($ q=2 $) (Rodney Baxter 1973, 1978). Baxter benutzte dabei die Identifizierung des zweidimensionalen Potts-Modells mit dem Ice-rule-Vertexmodell durch Temperley und Elliott Lieb (1971 für ein Gitter aus Quadraten).
Das eindimensionale Potts-Modell ist exakt lösbar (mit Hilfe der Transfer-Matrix-Methode) und ebenso das zweidimensionale Modell mit Wechselwirkungen zwischen benachbarten Gitterplätzen. Im Allgemeinen liefern insbesondere Monte-Carlo-Simulationen[5] und die Renormierungsgruppentheorie verlässliche Ergebnisse.
Mit der Hamilton-Funktion wie oben
und der üblichen Definition der Zustandssumme $ Z $
kann man das Potts-Maß $ \pi $ definieren, das als Wahrscheinlichkeitsmaß zu den Boltzmannverteilungen gehört:
Die freie Energie ist wie üblich: