Skalarpotential: Unterschied zwischen den Versionen

Skalarpotential: Unterschied zwischen den Versionen

imported>LoRo
 
imported>Aka
K (Dateigröße angepasst, Links optimiert)
 
Zeile 1: Zeile 1:
[[Bild:GravityPotential.jpg|thumb|upright=1.5|Das Gravitationspotential einer homogenen Kugel]]
[[Datei:GravityPotential.jpg|mini|hochkant=1.5|Das Gravitationspotential einer homogenen Kugel]]
Das '''Skalarpotential''', oft einfach auch nur '''Potential''' genannt, ist ''in der Mathematik'' ein – im Unterschied zum [[Vektorpotential]] – [[Skalarfeld|skalares Feld]] <math>\Phi(\vec r)\,</math>, dessen [[Gradient (Mathematik)|Gradient]] gemäß folgender Formel  
Das '''Skalarpotential''', oft einfach auch nur '''Potential''' genannt, ist ''in der Mathematik'' ein – im Unterschied zum [[Vektorpotential]] – [[Skalarfeld|skalares Feld]] <math>\Phi(\vec r)\,</math>, dessen [[Gradient (Mathematik)|Gradient]] gemäß folgender Formel


:<math> \vec F(\vec r) = \operatorname {grad} \ \Phi(\vec r) = \vec \nabla \Phi(\vec r)</math>
:<math> \vec F(\vec r) = \operatorname {grad} \ \Phi(\vec r) = \vec \nabla \Phi(\vec r)</math>


ein „[[Gradientenfeld]]“ genanntes Vektorfeld <math> \vec F(\vec r)\ </math> liefert.  
ein „[[Gradientenfeld]]“ genanntes Vektorfeld <math> \vec F(\vec r)\ </math> liefert.


:Ist <math>\vec F(\vec r)\ </math> ein [[Konservative Kraft|konservatives Kraftfeld]], in dem die Kraft <math>\vec F\ </math> dem [[Prinzip des kleinsten Zwanges]] folgend stets der Richtung des maximalen Anstiegs des Potentials <math>\Phi\ </math> entgegengerichtet ist, gilt alternativ die Definition  
:Ist <math>\vec F(\vec r)\ </math> ein [[Konservative Kraft|konservatives Kraftfeld]], in dem die Kraft <math>\vec F\ </math> dem [[Prinzip des kleinsten Zwanges]] folgend stets der Richtung des maximalen Anstiegs des Potentials <math>\Phi\ </math> entgegengerichtet ist, gilt alternativ die Definition


:<math> \vec F(\vec r) = -\operatorname {grad} \ \Phi(\vec r) = -\vec \nabla \Phi(\vec r).</math>
:<math> \vec F(\vec r) = -\operatorname {grad} \ \Phi(\vec r) = -\vec \nabla \Phi(\vec r).</math>


Skalarpotentiale bilden u. a. die mathematische Grundlage der Untersuchung konservativer Kraftfelder wie des [[Elektrisches Feld|elektrischen]] und des [[Gravitationsfeld]]s, aber auch von [[wirbelfrei]]en sogen. [[Potentialströmung]]en.
Skalarpotentiale bilden u. a. die mathematische Grundlage der Untersuchung konservativer Kraftfelder wie des [[Elektrisches Feld|elektrischen]] und des [[Gravitationsfeld]]s, aber auch von [[wirbelfrei]]en sogenannten [[Potentialströmung]]en.


== Formale Definition und Eigenschaften ==
== Formale Definition und Eigenschaften ==
Ein [[Skalarfeld]] <math>\Phi:\vec r \mapsto \Phi(\vec r)</math> ist genau dann ein Skalarpotential, wenn es in einem [[einfach zusammenhängend]]en Gebiet  
Ein [[Skalarfeld]] <math>\Phi\colon\vec r \mapsto \Phi(\vec r)</math> ist genau dann ein Skalarpotential, wenn es in einem [[einfach zusammenhängend]]en Gebiet


# zweimal [[stetig]] differenzierbar ist, das heißt keine „Sprünge“, Stufen oder andere Unstetigkeitsstellen enthält;
# zweimal [[stetig differenzierbar]] ist, das heißt keine „Sprünge“, Stufen oder andere Unstetigkeitsstellen enthält;
# zu ihm ein [[Vektorfeld]] <math>\vec F:\vec r \mapsto \vec F(\vec r)</math> existiert, so dass gilt:<br/><math>\vec F(\vec r) = \operatorname {grad}\,\Phi(\vec r) = \vec \nabla \Phi(\vec r)</math>
# zu ihm ein [[Vektorfeld]] <math>\vec F\colon\vec r \mapsto \vec F(\vec r)</math> existiert, so dass gilt:<br /><math>\vec F(\vec r) = \operatorname {grad}\,\Phi(\vec r) = \vec \nabla \Phi(\vec r)</math>


<math>\vec F</math> wird daher oft auch das zugehörige [[Gradientenfeld]] genannt, das als [[Gradient (Mathematik)|Gradient]] des Skalarpotentials <math>\Phi\ </math> seinerseits stets folgende Bedingungen erfüllt <ref name="KEM 547" />:
<math>\vec F</math> wird daher oft auch das zugehörige [[Gradientenfeld]] genannt, das als [[Gradient (Mathematik)|Gradient]] des Skalarpotentials <math>\Phi\ </math> seinerseits stets folgende Bedingungen erfüllt<ref name="KEM 547" />:


# ''Wegunabhängigkeit des [[Kurvenintegral]]s'': Der Wert des Kurvenintegrals entlang einer beliebigen Kurve ''S'' innerhalb des Feldes ist nur von ihrem Anfangs- und Endpunkt abhängig, nicht dagegen von ihrer [[Bogenlänge|Länge]].  
# ''Wegunabhängigkeit des [[Kurvenintegral]]s'': Der Wert des Kurvenintegrals entlang einer beliebigen Kurve ''S'' innerhalb des Feldes ist nur von ihrem Anfangs- und Endpunkt abhängig, nicht dagegen von ihrer [[Bogenlänge|Länge]].
# ''Verschwinden des [[Ringintegral|geschlossenen Kurvenintegrals]] für beliebige Randkurven S'':<br/><math>\oint_S \operatorname{grad}\,\Phi(\vec r)\,\mathrm d \vec r = \oint_S \vec F(\vec r)\,\mathrm d \vec r = 0</math>
# ''Verschwinden des [[Ringintegral|geschlossenen Kurvenintegrals]] für beliebige Randkurven S'':<br /><math>\oint_S \operatorname{grad}\,\Phi(\vec r)\,\mathrm d \vec r = \oint_S \vec F(\vec r)\,\mathrm d \vec r = 0</math>
# ''Generelle Rotationsfreiheit bzw. [[wirbelfrei|Wirbelfreiheit]] des Feldes'':<br/><math>\operatorname {rot}\,(\operatorname{grad}\,\Phi(\vec r)) = \operatorname {rot}\,\vec F(\vec r) = \vec \nabla \times \vec F(\vec r) = \vec 0</math>
# ''Generelle Rotationsfreiheit bzw. [[Wirbelfrei]]heit des Feldes'':<br /><math>\operatorname {rot}\,(\operatorname{grad}\,\Phi(\vec r)) = \operatorname {rot}\,\vec F(\vec r) = \vec \nabla \times \vec F(\vec r) = \vec 0</math>


Es lässt sich zeigen, dass die zuletzt genannten drei Charakteristika eines Gradientenfelds einander mathematisch gleichwertig sind, das heißt allein schon die Erfüllung einer der drei Bedingungen genügt, damit auch die beiden anderen gelten.
Es lässt sich zeigen, dass die zuletzt genannten drei Charakteristika eines Gradientenfelds einander mathematisch gleichwertig sind, das heißt allein schon die Erfüllung einer der drei Bedingungen genügt, damit auch die beiden anderen gelten.
Zeile 31: Zeile 31:
:<math>\Delta \Phi(\vec r) = \operatorname {div}\,(\operatorname{grad}\,\Phi(\vec r)) = \operatorname{div}\,\vec F(\vec r) = \vec \nabla \cdot \vec F(\vec r) = \frac{\partial^2 \Phi(\vec r)}{\partial x^2} + \frac{\partial^2 \Phi(\vec r)}{\partial y^2} + \frac{\partial^2 \Phi(\vec r)}{\partial z^2},</math>
:<math>\Delta \Phi(\vec r) = \operatorname {div}\,(\operatorname{grad}\,\Phi(\vec r)) = \operatorname{div}\,\vec F(\vec r) = \vec \nabla \cdot \vec F(\vec r) = \frac{\partial^2 \Phi(\vec r)}{\partial x^2} + \frac{\partial^2 \Phi(\vec r)}{\partial y^2} + \frac{\partial^2 \Phi(\vec r)}{\partial z^2},</math>


sind vom Prinzip her zwei Ergebnisse möglich:  
sind vom Prinzip her zwei Ergebnisse möglich:
# Die Summe ist eine von Null verschiedene Funktion <math>f(\vec r)</math>, oder aber  
# Die Summe ist eine von Null verschiedene Funktion <math>f(\vec r)</math>, oder aber
# Die Summe ist – als Sonderfall von 1) – stets gleich Null.
# Die Summe ist – als Sonderfall von 1) – stets gleich Null.


Ausgehend davon können skalare Potentiale noch einmal wie folgt klassifiziert werden:
Ausgehend davon können skalare Potentiale noch einmal wie folgt klassifiziert werden:


* Lösungen der als [[Poisson-Gleichung|poissonsche Differentialgleichung oder Poisson-Gleichung]] bezeichneten Potentialgleichung <math>\Delta\Phi(\vec r) = f(\vec r)</math>&nbsp;werden Potentialfunktionen (oder auch einfach nur Potentiale) genannt.  
* Lösungen der als [[Poisson-Gleichung|poissonsche Differentialgleichung oder Poisson-Gleichung]] bezeichneten Potentialgleichung <math>\Delta\Phi(\vec r) = f(\vec r)</math>&nbsp;werden Potentialfunktionen (oder auch einfach nur Potentiale) genannt.
* Lösungen der als [[Laplace-Gleichung|laplacesche Differentialgleichung oder Laplace-Gleichung]] bezeichneten Potentialgleichung <math>\Delta\Phi(\vec r) = 0</math>&nbsp;(als eines Sonderfalls der poissonschen Gleichung) werden ''außerdem'' als [[harmonische Funktion]]en bezeichnet <ref name="Papula85" />. Harmonische Funktionen sind dementsprechend Sonderfälle von Potentialfunktionen, die außerdem die Laplace-Gleichung erfüllen. <br/>Manche Autoren allerdings benutzen beide Bezeichnungen [[Synonymie|synonym]], so dass auch die Begriffe „Potential“ beziehungsweise „Potentialfunktion“ bei ihnen nur Lösungen der Laplace-Gleichung meinen, das heißt ''„jede Funktion <math>\Phi(\vec r)</math>, die nach allen drei Veränderlichen zweimal stetig differenzierbar ist und dabei in einem gewissen Gebiet des Raumes die Gleichung <math>\Delta \Phi(\vec r) =0</math> erfüllt, eine [[Potentialfunktion]] oder auch [[harmonische Funktion]] in diesem Gebiet“'' <ref name="KEM 743">Walter Gellert, Herbert Küstner, Manfred Hellwich, Herbert Kästner (Hrsg.): ''Kleine Enzyklopädie Mathematik.'' Leipzig 1970, S. 743–746.</ref> genannt wird und auch die Definition der [[Potentialtheorie]] in diesem Fall lediglich Laplace-Potentiale berücksichtigt: ''„Die Potentialtheorie ist die Theorie der Lösungen der Potentialgleichung <math>\Delta U =0</math>.“'' <ref name="KEM 743" />
* Lösungen der als [[Laplace-Gleichung|laplacesche Differentialgleichung oder Laplace-Gleichung]] bezeichneten Potentialgleichung <math>\Delta\Phi(\vec r) = 0</math>&nbsp;(als eines Sonderfalls der poissonschen Gleichung) werden ''außerdem'' als [[harmonische Funktion]]en bezeichnet<ref name="Papula85" />. Harmonische Funktionen sind dementsprechend Sonderfälle von Potentialfunktionen, die außerdem die Laplace-Gleichung erfüllen.<br />Manche Autoren allerdings benutzen beide Bezeichnungen [[Synonymie|synonym]], so dass auch die Begriffe „Potential“ beziehungsweise „Potentialfunktion“ bei ihnen nur Lösungen der Laplace-Gleichung meinen, das heißt ''„jede Funktion <math>\Phi(\vec r)</math>, die nach allen drei Veränderlichen zweimal stetig differenzierbar ist und dabei in einem gewissen Gebiet des Raumes die Gleichung <math>\Delta \Phi(\vec r) =0</math> erfüllt, eine Potentialfunktion oder auch harmonische Funktion in diesem Gebiet“''<ref name="KEM 743">Walter Gellert, Herbert Küstner, Manfred Hellwich, Herbert Kästner (Hrsg.): ''Kleine Enzyklopädie Mathematik.'' Leipzig 1970, S. 743–746.</ref> genannt wird und auch die Definition der [[Potentialtheorie]] in diesem Fall lediglich Laplace-Potentiale berücksichtigt: ''„Die Potentialtheorie ist die Theorie der Lösungen der Potentialgleichung <math>\Delta U =0</math>.“''<ref name="KEM 743" />


=== Poisson- und Laplace-Felder ===
=== Poisson- und Laplace-Felder ===


Die sich als Gradienten eines skalaren Potentials ergebenden Vektorfelder sind stets wirbelfrei und werden daher – im Gegensatz zu „[[Feldtheorie_(Physik)#Wirbelfeld|Wirbelfeld]]ern“ – oft unter dem Überbegriff „[[Feldtheorie (Physik)#Quellenfeld|Quellenfeld]]er“ zusammengefasst <ref name="Schwab18">Adolf J. Schwab; ''Begriffswelt der Feldtheorie''; Springer, 2002, S. 18–20.</ref>, was nicht heißt, dass sie deshalb nicht trotzdem [[quellenfrei]] sein können.  
Die sich als Gradienten eines skalaren Potentials ergebenden Vektorfelder sind stets wirbelfrei und werden daher – im Gegensatz zu „[[Feldtheorie (Physik)#Wirbelfeld|Wirbelfeldern]]– oft unter dem Überbegriff „[[Feldtheorie (Physik)#Quellenfeld|Quellenfelder]]zusammengefasst<ref name="Schwab18">Adolf J. Schwab; ''Begriffswelt der Feldtheorie''; Springer, 2002, S. 18–20.</ref>, was nicht heißt, dass sie deshalb nicht trotzdem [[quellenfrei]] sein können.


Je nachdem nämlich, ob es sich bei den zugrundeliegenden Potentialen lediglich um Lösungen einer Poisson-Gleichung oder außerdem der Laplace-Gleichung handelt, kann man auch die aus ihnen gewonnenen Gradientenfelder noch einmal wie folgt klassifizieren:
Je nachdem nämlich, ob es sich bei den zugrundeliegenden Potentialen lediglich um Lösungen einer Poisson-Gleichung oder außerdem der Laplace-Gleichung handelt, kann man auch die aus ihnen gewonnenen Gradientenfelder noch einmal wie folgt klassifizieren:


* Gradientenfelder, die sich aus Lösungen einer Poisson-Gleichung mit <math>f(\vec r) \neq 0</math> ergeben, werden „Poisson-Felder“ oder auch „Newton-Felder“ <ref name="Schwab18" /> genannt und sind lediglich wirbelfrei. Anders gesagt: Beruht ein skalares Potential auf einer Raum(ladungs)dichte <math>\rho(\vec r)</math> und ist es damit eine partikuläre Lösung einer entsprechenden inhomogenen (poissonschen) Differentialgleichung <math>\Delta\Phi(\vec r) = \rho(\vec r)</math>, wird das sich aus dem Potential ableitende Gradientenfeld „Poisson-Feld“ bzw. „Newton-Feld“ genannt. Beispiele solcher Felder sind etwa das [[Gravitationsfeld]] oder das [[Elektrisches Feld|elektrische Feld]] in Abwesenheit einer entgegengesetzten zweiten Ladung, deren Wirkung damit stets räumlich unbegrenzt ist.
* Gradientenfelder, die sich aus Lösungen einer Poisson-Gleichung mit <math>f(\vec r) \neq 0</math> ergeben, werden „Poisson-Felder“ oder auch „Newton-Felder“<ref name="Schwab18" /> genannt und sind lediglich wirbelfrei. Anders gesagt: Beruht ein skalares Potential auf einer Raum(ladungs)dichte <math>\rho(\vec r)</math> und ist es damit eine partikuläre Lösung einer entsprechenden inhomogenen (poissonschen) Differentialgleichung <math>\Delta\Phi(\vec r) = \rho(\vec r)</math>, wird das sich aus dem Potential ableitende Gradientenfeld „Poisson-Feld“ bzw. „Newton-Feld“ genannt. Beispiele solcher Felder sind etwa das [[Gravitationsfeld]] oder das [[Elektrisches Feld|elektrische Feld]] in Abwesenheit einer entgegengesetzten zweiten Ladung, deren Wirkung damit stets räumlich unbegrenzt ist.
* Gradientenfelder harmonischer Funktionen dagegen, die sich aus Lösungen der Laplace-Gleichung (bzw. einer Poisson-Gleichung mit <math>f(\vec r) = 0</math>&nbsp;) ergeben, werden „Laplace-Felder“ genannt und sind ''außerdem'' [[quellenfrei]] <ref name="Papula85" />. Anders gesagt: Beruht ein skalares Potential auf einer Flächen(ladungs)dichte <math>\sigma(\vec r)</math> auf der Oberfläche geladener Körper und ist es dabei die homogene Lösung einer homogenen (laplaceschen) Differentialgleichung <math>\Delta\Phi(\vec r) = 0\,</math> für die entsprechend gewählten Randbedingungen, wird das sich aus dem Potential ableitende Gradientenfeld „Laplace-Feld“ genannt. Beispiele solcher Felder sind etwa das [[Elektrisches Feld|elektrische Feld]] in Anwesenheit einer entgegengesetzten zweiten Ladung, auf der die von der ersten Ladung ausgehenden Feldlinien enden. „Laplace-Felder“ besitzen also stets einen „Rand“ im Endlichen, während dieser bei „Poisson–“ bzw. „Newton-Feldern“ quasi im Unendlichen liegt.  
* Gradientenfelder harmonischer Funktionen dagegen, die sich aus Lösungen der Laplace-Gleichung (bzw. einer Poisson-Gleichung mit <math>f(\vec r) = 0</math>&nbsp;) ergeben, werden „Laplace-Felder“ genannt und sind ''außerdem'' [[quellenfrei]]<ref name="Papula85" />. Anders gesagt: Beruht ein skalares Potential auf einer Flächen(ladungs)dichte <math>\sigma(\vec r)</math> auf der Oberfläche geladener Körper und ist es dabei die homogene Lösung einer homogenen (laplaceschen) Differentialgleichung <math>\Delta\Phi(\vec r) = 0\,</math> für die entsprechend gewählten Randbedingungen, wird das sich aus dem Potential ableitende Gradientenfeld „Laplace-Feld“ genannt. Beispiele solcher Felder sind etwa das [[Elektrisches Feld|elektrische Feld]] in Anwesenheit einer entgegengesetzten zweiten Ladung, auf der die von der ersten Ladung ausgehenden Feldlinien enden. „Laplace-Felder“ besitzen also stets einen „Rand“ im Endlichen, während dieser bei „Poisson–“ bzw. „Newton-Feldern“ quasi im Unendlichen liegt.


Für die Superposition beider Feldtypen schließlich lässt sich i.d.R. eine sogen. ''totale Potentialfunktion'' formulieren, die die Summe je einer partikulären und homogenen Lösung der obengenannten Differentialgleichungen ist. <ref name="Schwab18" />
Für die Superposition beider Feldtypen schließlich lässt sich in der Regel eine sogenannte ''totale Potentialfunktion'' formulieren, die die Summe je einer partikulären und homogenen Lösung der obengenannten Differentialgleichungen ist.<ref name="Schwab18" />


=== Beispiele ===
=== Beispiele ===
Zeile 57: Zeile 57:
:<math>\Phi(\vec r) = \frac{1}{|\vec r|},</math>
:<math>\Phi(\vec r) = \frac{1}{|\vec r|},</math>


das allerdings nur im Dreidimensionalen, also für <math>r^2 = x^2 + y^2 + z^2</math>, eine die Laplace-Bedingung erfüllende harmonische Funktion ist. Umgekehrt ist das dem „newtonschen Potential“ im Zweidimensionalen vergleichbare „logarithmische Potential“ <ref>W. Gellert, H. Küstner, M. Hellwich, H. Kästner (Hrsg.): ''Kleine Enzyklopädie Mathematik.'' Leipzig 1970, S. 746.</ref>
das allerdings nur im Dreidimensionalen, also für <math>r^2 = x^2 + y^2 + z^2</math>, eine die Laplace-Bedingung erfüllende harmonische Funktion ist. Umgekehrt ist das dem „newtonschen Potential“ im Zweidimensionalen vergleichbare „logarithmische Potential“<ref>W. Gellert, H. Küstner, M. Hellwich, H. Kästner (Hrsg.): ''Kleine Enzyklopädie Mathematik.'' Leipzig 1970, S. 746.</ref>


:<math>\Phi(\vec r) = \operatorname{ln} (|\vec r|)</math>
:<math>\Phi(\vec r) = \operatorname{ln} (|\vec r|)</math>


ebenso wie die Funktion ''ln(1/r) = -ln(r)'' nur dort, also für <math>r^2 = x^2 + y^2</math>, eine harmonische Funktion, im Dreidimensionalen dagegen ein gewöhnliches Potential mit &Delta;&Phi;&nbsp;=&nbsp;1/bzw. &Delta;&Phi;&nbsp;=&nbsp;−1/. Ebenfalls nur für ''R²'' definierte harmonische Funktionen sind außerdem die Funktionen <math>\Phi(x,y) = e^x \cdot \sin(y)</math> und <math>\Phi(x,y) = e^x \cdot \cos(y)</math>.
ebenso wie die Funktion <math>\operatorname{ln}\left(\frac{1}{r}\right) = -\operatorname{ln}(r)</math> nur dort, also für <math>r^2 = x^2 + y^2</math>, eine harmonische Funktion, im Dreidimensionalen dagegen ein gewöhnliches Potential mit <math>\Delta \Phi = \frac{1}{r^2}</math> bzw. <math>\Delta \Phi = -\frac{1}{r^2}</math>. Ebenfalls nur für <math>\mathbb{R}^2</math> definierte harmonische Funktionen sind außerdem die Funktionen <math>\Phi(x,y) = e^x \cdot \sin(y)</math> und <math>\Phi(x,y) = e^x \cdot \cos(y)</math>.


== Geschichte ==
== Geschichte ==
Der Begriff '''Potential''' in seiner heutigen ''mathematischen'' Bedeutung geht auf den französischen Mathematiker [[Joseph-Louis Lagrange]] zurück, der bei der Untersuchung des [[Newtonsches Gravitationsgesetz|newtonschen Gravitationsgesetzes]]  
Der Begriff '''Potential''' in seiner heutigen ''mathematischen'' Bedeutung geht auf den französischen Mathematiker [[Joseph-Louis Lagrange]] zurück, der bei der Untersuchung des [[Newtonsches Gravitationsgesetz|newtonschen Gravitationsgesetzes]]


:<math>F = -G\ \frac{m_0\cdot m_1}{r^2}</math>
:<math>F = -G\ \frac{m_0\cdot m_1}{r^2}</math>


schon 1773 feststellte, dass die Komponenten-Zerlegung der Kraft ''F'', der eine Punktmasse <math>m_0</math> im Gravitationsfeld einer zweiten Punktmasse <math>m_1</math> ausgesetzt ist, auf drei Teilkräfte ''F<sub>x</sub>'', ''F<sub>y</sub>'' und ''F<sub>z</sub>'' hinausläuft, die allesamt als partielle Ableitungen einer gemeinsamen skalaren „Stammfunktion“ ''U(x<sub>0</sub>;y<sub>0</sub>;z<sub>0</sub>)'' interpretiert werden konnten <ref name="KEM 741" />:
schon 1773 feststellte, dass die Komponenten-Zerlegung der Kraft ''F'', der eine Punktmasse <math>m_0</math> im Gravitationsfeld einer zweiten Punktmasse <math>m_1</math> ausgesetzt ist, auf drei Teilkräfte ''F<sub>x</sub>'', ''F<sub>y</sub>'' und ''F<sub>z</sub>'' hinausläuft, die allesamt als partielle Ableitungen einer gemeinsamen skalaren „Stammfunktion“ <math>U(x_0;y_0;z_0)</math> interpretiert werden konnten<ref name="KEM 741" />:


:<math>
:<math>
Zeile 74: Zeile 74:
   \vec F(\vec{r}_0| \vec{r}_1) & = {-G\,m_0}\ \frac{m_1}{r^2}\ \hat{\vec{r}}_{10} \\
   \vec F(\vec{r}_0| \vec{r}_1) & = {-G\,m_0}\ \frac{m_1}{r^2}\ \hat{\vec{r}}_{10} \\
   & = {-G\,m_0}\ \frac {m_1}{r^3}
   & = {-G\,m_0}\ \frac {m_1}{r^3}
   \begin{pmatrix}  
   \begin{pmatrix}
     x_0 - x_1\\    y_0 - y_1\\    z_0 - z_1  
     x_0 - x_1\\    y_0 - y_1\\    z_0 - z_1
   \end{pmatrix} = \vec F_x(\vec{r}_0|\vec{r}_1) + \vec F_y(\vec{r}_0|\vec{r}_1) + \vec F_z(\vec{r}_0|\vec{r}_1) \\
   \end{pmatrix} = \vec F_x(\vec{r}_0|\vec{r}_1) + \vec F_y(\vec{r}_0|\vec{r}_1) + \vec F_z(\vec{r}_0|\vec{r}_1) \\
   & = {-G\,m_0\,m_1}\,\frac{x_0 - x_1}{r^3}\,\hat\vec x\ {-G\,m_0\,m_1}\,\frac {y_0 - y_1}{r^3}\,\hat\vec y\ {-G\,m_0\,m_1}\,\frac {z_0 - z_1}{r^3}\,\hat\vec z \\
   & = {-G\,m_0\,m_1}\,\frac{x_0 - x_1}{r^3}\,\hat\vec x\ {-G\,m_0\,m_1}\,\frac {y_0 - y_1}{r^3}\,\hat\vec y\ {-G\,m_0\,m_1}\,\frac {z_0 - z_1}{r^3}\,\hat\vec z \\
   & = \frac{\partial}{\partial x}({G\,m_0}\,\frac {m_1}{r})\,\hat\vec x + \frac{\partial}{\partial y}({G\,m_0}\,\frac {m_1}{r})\,\hat\vec y + \frac{\partial}{\partial z}({G\,m_0}\,\frac {m_1}{r})\,\hat\vec z \\
   & = \frac{\partial}{\partial x}\left({G\,m_0}\,\frac {m_1}{r}\right)\,\hat\vec x + \frac{\partial}{\partial y}\left({G\,m_0}\,\frac {m_1}{r}\right)\,\hat\vec y + \frac{\partial}{\partial z}\left({G\,m_0}\,\frac {m_1}{r}\right)\,\hat\vec z \\
   & \quad\ \text{mit} \ \ r = ((x_0 - x_1)^2+  (y_0 - y_1)^2+  (z_0 - z_1)^2)^{\frac 1 2} \end{align}
   & \quad\ \text{mit} \ \ r = \left((x_0 - x_1)^2+  (y_0 - y_1)^2+  (z_0 - z_1)^2\right)^{\frac 1 2}. \end{align}
</math>
</math>


Wie zu sehen, ist die gefundene „Stammfunktion“ ''U(x<sub>0</sub>;y<sub>0</sub>;z<sub>0</sub>)'' dabei für alle Punkte des Raums außer (x<sub>1</sub>|y<sub>1</sub>|z<sub>1</sub>) definiert, und sie ist außerdem ein Maß der (negativen) potentiellen Energie von ''m<sub>0</sub>'' im Kraftfeld der Masse ''m<sub>1</sub>'':
Wie zu sehen, ist die gefundene „Stammfunktion“ <math>U(x_0;y_0;z_0)</math> dabei für alle Punkte des Raums außer <math>(x_1|y_1|z_1)</math> definiert, und sie ist außerdem ein Maß der (negativen) potentiellen Energie von <math>m_0</math> im Kraftfeld der Masse <math>m_1</math>:


: <math>W_{pot}(\vec{r}_0| \vec{r}_1) = - {G\,m_0}\,\frac {m_1}{r}</math>
: <math>W_{pot}(\vec{r}_0| \vec{r}_1) = - {G\,m_0}\,\frac {m_1}{r}.</math>


Wenig später unter dem Potentialbegriff zusammengefasst, fand diese Entdeckung ihre Fortführung in den Arbeiten des englischen Mathematikers und Physikers [[George Green]], der 1828 in seinem ''Essay on the Application of Mathematical Analysis to the Theories of Electricity and Magnetism'' den Begriff der [[Potentialfunktion]] prägte. In erster Linie aber war es schließlich [[Carl Friedrich Gauss]], der 1840<ref name="KEM 741" /> (nach anderen Quellen bereits 1836<ref>Grimsehl: ''Lehrbuch der Physik, Bd. I''; Leipzig 1954, S. 160.</ref>) den Begriff des Potentials und seine Theorie weiter vertiefte und popularisierte.
Wenig später unter dem Potentialbegriff zusammengefasst, fand diese Entdeckung ihre Fortführung in den Arbeiten des englischen Mathematikers und Physikers [[George Green]], der 1828 in seinem ''Essay on the Application of Mathematical Analysis to the Theories of Electricity and Magnetism'' den Begriff der [[Potentialfunktion]] prägte. In erster Linie aber war es schließlich [[Carl Friedrich Gauss]], der 1840<ref name="KEM 741" /> (nach anderen Quellen bereits 1836<ref>Grimsehl: ''Lehrbuch der Physik, Bd. I''; Leipzig 1954, S. 160.</ref>) den Begriff des Potentials und seine Theorie weiter vertiefte und popularisierte.
Zeile 90: Zeile 90:
== Begriffsabgrenzungen ==
== Begriffsabgrenzungen ==


Der Gebrauch des Potentialbegriffs ist leider aus historischen Gründen oft uneinheitlich. So ist etwa häufig unklar, ob mit dem Wort „Potential“ nun das betreffende Skalarfeld gemeint ist, also die betreffende Ortsfunktion, oder aber einer ihrer Funktionswerte.  
Der Gebrauch des Potentialbegriffs ist leider aus historischen Gründen oft uneinheitlich. So ist etwa häufig unklar, ob mit dem Wort „Potential“ nun das betreffende Skalarfeld gemeint ist, also die betreffende Ortsfunktion, oder aber einer ihrer Funktionswerte.


=== Mathematischer und physikalischer Potentialbegriff ===
=== Mathematischer und physikalischer Potentialbegriff ===
So darf der Begriff des Potentials in seiner ''mathematischen'' Bedeutung – als ein skalares Feld mit bestimmten, zunächst einmal rein abstrakt geforderten Eigenschaften – vor allem nicht mit dem ''physikalischen'' „[[Potential (Physik)|Potential]]“-Begriff verwechselt werden, aus dem er ursprünglich hervorging.
So darf der Begriff des Potentials in seiner ''mathematischen'' Bedeutung – als ein skalares Feld mit bestimmten, zunächst einmal rein abstrakt geforderten Eigenschaften – vor allem nicht mit dem ''physikalischen'' „[[Potential (Physik)|Potential]]“-Begriff verwechselt werden, aus dem er ursprünglich hervorging.


Einem Begriff, der dort in erster Linie die Fähigkeit eines konservativen Kraftfelds bedeutet, einen ihm ausgesetzten Körper eine Arbeit verrichten zu lassen, für gewöhnlich ausgedrückt durch das Verhältnis seiner potentiellen Energie und Ladung bzw. Masse. Das aber kann sowohl heißen, dass man es in dem gegebenen Zusammenhang mit dem skalaren ''Feld'' zu tun hat, das dieses Verhältnis in Form seiner Funktionswerte wiedergibt, oder aber, dass mit dem „Potential“ die einzelnen ''Funktionswerte'' des Felds an der betreffenden Stelle selbst gemeint sind, etwa das [[Elektrische Spannung#Elektrisches Potential|elektrische]] oder das [[Gravitationspotential]], gemessen in Volt (= J/C) bzw. J/kg.  
Einem Begriff, der dort in erster Linie die Fähigkeit eines konservativen Kraftfelds bedeutet, einen ihm ausgesetzten Körper eine Arbeit verrichten zu lassen, für gewöhnlich ausgedrückt durch das Verhältnis seiner potentiellen Energie und Ladung bzw. Masse. Das aber kann sowohl heißen, dass man es in dem gegebenen Zusammenhang mit dem skalaren ''Feld'' zu tun hat, das dieses Verhältnis in Form seiner Funktionswerte wiedergibt, oder aber, dass mit dem „Potential“ die einzelnen ''Funktionswerte'' des Felds an der betreffenden Stelle selbst gemeint sind, etwa das [[Elektrische Spannung#Elektrisches Potential|elektrische]] oder das [[Gravitationspotential]], gemessen in Volt (= J/C) bzw. J/kg.


Hinzu kommt, dass sich, was ihre mathematischen Eigenschaften angeht, auch die [[potentielle Energie]] eines Körpers in einem konservativen Kraftfeld selbst als Skalarpotential beschreiben lässt<ref name="KEM 741">W. Gellert, H. Küstner, M. Hellwich, H. Kästner (Hrsg.): ''Kleine Enzyklopädie Mathematik.'' Leipzig 1970, S. 741–742.</ref>, ganz zu schweigen von dem nur noch mathematisch ein Potential darstellenden [[Geschwindigkeitspotential]] der Fluiddynamik.
Hinzu kommt, dass sich, was ihre mathematischen Eigenschaften angeht, auch die [[potentielle Energie]] eines Körpers in einem konservativen Kraftfeld selbst als Skalarpotential beschreiben lässt<ref name="KEM 741">W. Gellert, H. Küstner, M. Hellwich, H. Kästner (Hrsg.): ''Kleine Enzyklopädie Mathematik.'' Leipzig 1970, S. 741–742.</ref>, ganz zu schweigen von dem nur noch mathematisch ein Potential darstellenden [[Geschwindigkeitspotential]] der Fluiddynamik.
Zeile 102: Zeile 102:


=== Potentialvektoren und Potentialfelder ===
=== Potentialvektoren und Potentialfelder ===
Ein weiteres Problem rührt aus dem Umstand, dass der Begriff „Potential…“ auch in einigen Wortbildungen verwendet wird, bei denen dadurch nicht klarer wird, ob damit nun skalare oder vektorielle Größen bzw. Felder gemeint sind, etwa in Termini wie „[[Vektorpotential]]“, „[[Potentialvektor]]“ oder „[[Potentialfeld]]“. So könnte man gerade bei letzterem annehmen, dass damit das skalare Feld des Potentials selbst gemeint ist – die überwiegende Zahl der Autoren aber benutzt diesen Ausdruck ''nicht'' dafür, sondern für das aus dem jeweiligen Potential abgeleitete ''Vektor''feld der Potential- bzw. Gradient''vektoren'' <ref>[http://www.math.uni-kiel.de/geometrie/klein/ingws9/mo1412.pdf ''§4 Potentialfelder.''] (PDF; 1,9&nbsp;MB) In: ''Mathematik für Ingenieure III.'' WS 2009/2010, Universität Kiel.</ref><ref>Albert Fetzer, Heiner Fränkel: ''Mathematik 2: Lehrbuch für ingenieurwissenschaftliche Studiengänge.'' Springer, Berlin/Heidelberg, S. 322.</ref>.
Ein weiteres Problem rührt aus dem Umstand, dass der Begriff „Potential…“ auch in einigen Wortbildungen verwendet wird, bei denen dadurch nicht klarer wird, ob damit nun skalare oder vektorielle Größen bzw. Felder gemeint sind, etwa in Termini wie „[[Vektorpotential]]“, „[[Potentialvektor]]“ oder „[[Potentialfeld]]“. So könnte man gerade bei letzterem annehmen, dass damit das skalare Feld des Potentials selbst gemeint ist – die überwiegende Zahl der Autoren aber benutzt diesen Ausdruck ''nicht'' dafür, sondern für das aus dem jeweiligen Potential abgeleitete ''Vektor''feld der Potential- bzw. Gradient''vektoren''<ref>[http://www.math.uni-kiel.de/geometrie/klein/ingws9/mo1412.pdf ''§4 Potentialfelder.''] (PDF; 1,8&nbsp;MB) In: ''Mathematik für Ingenieure III.'' WS 2009/2010, Universität Kiel.</ref><ref>Albert Fetzer, Heiner Fränkel: ''Mathematik 2: Lehrbuch für ingenieurwissenschaftliche Studiengänge.'' Springer, Berlin/Heidelberg, S. 322.</ref>.


Analog bezeichnen manche Autoren die Vektoren, aus denen sich Gradientenfelder zusammensetzen, zur besseren Abgrenzung zwischen dem ''[[Gradient (Mathematik)|Gradienten als mathematischem Operator]]'' und dem ''Resultat seiner Anwendung'' als Gradientvektoren <ref>Grimsehl: ''Lehrbuch der Physik, Bd. I.'' Leipzig 1954, S. 579.</ref>, andere dagegen mit Blick auf die (skalaren) Potentiale, aus denen sie sich herleiten, als Potential''vektoren'' <ref name="KEM 547">Walter Gellert, Herbert Küstner, Manfred Hellwich, [[Herbert Kästner]] (Hrsg.): ''Kleine Enzyklopädie Mathematik.'' Leipzig 1970, S. 547–548.</ref>.
Analog bezeichnen manche Autoren die Vektoren, aus denen sich Gradientenfelder zusammensetzen, zur besseren Abgrenzung zwischen dem ''[[Gradient (Mathematik)|Gradienten als mathematischem Operator]]'' und dem ''Resultat seiner Anwendung'' als Gradientvektoren<ref>Grimsehl: ''Lehrbuch der Physik, Bd. I.'' Leipzig 1954, S. 579.</ref>, andere dagegen mit Blick auf die (skalaren) Potentiale, aus denen sie sich herleiten, als Potential''vektoren''<ref name="KEM 547">Walter Gellert, Herbert Küstner, Manfred Hellwich, [[Herbert Kästner]] (Hrsg.): ''Kleine Enzyklopädie Mathematik.'' Leipzig 1970, S. 547–548.</ref>.


== Beziehungen zwischen Skalar- und Vektorpotential ==
== Beziehungen zwischen Skalar- und Vektorpotential ==
Wirbelfelder, die Rotationen eines anderen Vektorfelds sind, sind stets quellenfrei - quellenfreie Vektorfelder können daher umgekehrt immer auch als Rotation eines anderen Vektorfelds interpretiert werden, das man in diesem Fall als „[[Vektorpotential]]“ des betreffenden quellenfreien Vektorfelds bezeichnet <ref name="Papula85" >Lothar Papula: ''Mathematik für Ingenieure und Naturwissenschaftler: Vektoranalysis, Wahrscheinlichkeitsrechnung, mathematische Statistik, Fehler- und Ausgleichsrechnung, Band 3''; Vieweg + Teubner, 2008, S. 85–92.</ref>.  
Wirbelfelder, die Rotationen eines anderen Vektorfelds sind, sind stets quellenfrei quellenfreie Vektorfelder können daher umgekehrt immer auch als Rotation eines anderen Vektorfelds interpretiert werden, das man in diesem Fall als „[[Vektorpotential]]“ des betreffenden quellenfreien Vektorfelds bezeichnet<ref name="Papula85">Lothar Papula: ''Mathematik für Ingenieure und Naturwissenschaftler: Vektoranalysis, Wahrscheinlichkeitsrechnung, mathematische Statistik, Fehler- und Ausgleichsrechnung, Band 3''; Vieweg + Teubner, 2008, S. 85–92.</ref>.


Gemäß dem Fundamentalsatz der Vektoranalysis, auch [[Helmholtz-Theorem]] genannt, kann dabei (fast) ''jedes'' Vektorfeld <math>\vec H(\vec r)</math> als [[Superposition]] zweier Komponenten <math>\vec F(\vec r)\,</math> und  
Gemäß dem Fundamentalsatz der Vektoranalysis, auch [[Helmholtz-Theorem]] genannt, kann dabei (fast) ''jedes'' Vektorfeld <math>\vec H(\vec r)</math> als [[Superposition (Physik)|Superposition]] zweier Komponenten <math>\vec F(\vec r)\,</math> und
<math>\vec G(\vec r)</math> aufgefasst werden, deren erste der [[Gradient (Mathematik)|Gradient]] eines Skalarpotentials <math>\Phi(\vec r)\,</math> ist, die zweite dagegen die [[Rotation (Mathematik)|Rotation]] eines [[Vektorpotential]]s <math>\vec\Gamma(\vec r)</math>:
<math>\vec G(\vec r)</math> aufgefasst werden, deren erste der [[Gradient (Mathematik)|Gradient]] eines Skalarpotentials <math>\Phi(\vec r)\,</math> ist, die zweite dagegen die [[Rotation (Mathematik)|Rotation]] eines [[Vektorpotential]]s <math>\vec\Gamma(\vec r)</math>:


:<math>\vec H(\vec r) = \vec F(\vec r) + \vec G(\vec r) = \operatorname{grad}\,\Phi(\vec r) + \operatorname{rot}\,\vec \Gamma(\vec r) = \vec\nabla\Phi(\vec r) + \vec\nabla \times\vec \Gamma(\vec r)</math>
:<math>\vec H(\vec r) = \vec F(\vec r) + \vec G(\vec r) = \operatorname{grad}\,\Phi(\vec r) + \operatorname{rot}\,\vec \Gamma(\vec r) = \vec\nabla\Phi(\vec r) + \vec\nabla \times\vec \Gamma(\vec r)</math>


Ist <math>\vec F(\vec r)\,</math> ein konservatives Kraftfeld, in dem die Kraft <math>\vec F\,</math> dem [[Prinzip des kleinsten Zwanges]] folgend stets der Richtung des maximalen Anstiegs des Potentials <math>\Phi\ </math> entgegengerichtet ist, gilt alternativ die Schreibweise  
Ist <math>\vec F(\vec r)\,</math> ein konservatives Kraftfeld, in dem die Kraft <math>\vec F\,</math> dem [[Prinzip des kleinsten Zwanges]] folgend stets der Richtung des maximalen Anstiegs des Potentials <math>\Phi\ </math> entgegengerichtet ist, gilt alternativ die Schreibweise


:<math>\vec H(\vec r) = \vec F(\vec r) + \vec G(\vec r) = -\operatorname{grad}\,\Phi(\vec r) + \operatorname{rot}\,\vec \Gamma(\vec r) = -\vec\nabla\Phi(\vec r) + \vec\nabla \times\vec \Gamma(\vec r).</math>
:<math>\vec H(\vec r) = \vec F(\vec r) + \vec G(\vec r) = -\operatorname{grad}\,\Phi(\vec r) + \operatorname{rot}\,\vec \Gamma(\vec r) = -\vec\nabla\Phi(\vec r) + \vec\nabla \times\vec \Gamma(\vec r).</math>

Aktuelle Version vom 6. November 2021, 10:04 Uhr

Das Gravitationspotential einer homogenen Kugel

Das Skalarpotential, oft einfach auch nur Potential genannt, ist in der Mathematik ein – im Unterschied zum Vektorpotentialskalares Feld $ \Phi ({\vec {r}})\, $, dessen Gradient gemäß folgender Formel

$ {\vec {F}}({\vec {r}})=\operatorname {grad} \ \Phi ({\vec {r}})={\vec {\nabla }}\Phi ({\vec {r}}) $

ein „Gradientenfeld“ genanntes Vektorfeld $ {\vec {F}}({\vec {r}})\ $ liefert.

Ist $ {\vec {F}}({\vec {r}})\ $ ein konservatives Kraftfeld, in dem die Kraft $ {\vec {F}}\ $ dem Prinzip des kleinsten Zwanges folgend stets der Richtung des maximalen Anstiegs des Potentials $ \Phi \ $ entgegengerichtet ist, gilt alternativ die Definition
$ {\vec {F}}({\vec {r}})=-\operatorname {grad} \ \Phi ({\vec {r}})=-{\vec {\nabla }}\Phi ({\vec {r}}). $

Skalarpotentiale bilden u. a. die mathematische Grundlage der Untersuchung konservativer Kraftfelder wie des elektrischen und des Gravitationsfelds, aber auch von wirbelfreien sogenannten Potentialströmungen.

Formale Definition und Eigenschaften

Ein Skalarfeld $ \Phi \colon {\vec {r}}\mapsto \Phi ({\vec {r}}) $ ist genau dann ein Skalarpotential, wenn es in einem einfach zusammenhängenden Gebiet

  1. zweimal stetig differenzierbar ist, das heißt keine „Sprünge“, Stufen oder andere Unstetigkeitsstellen enthält;
  2. zu ihm ein Vektorfeld $ {\vec {F}}\colon {\vec {r}}\mapsto {\vec {F}}({\vec {r}}) $ existiert, so dass gilt:
    $ {\vec {F}}({\vec {r}})=\operatorname {grad} \,\Phi ({\vec {r}})={\vec {\nabla }}\Phi ({\vec {r}}) $

$ {\vec {F}} $ wird daher oft auch das zugehörige Gradientenfeld genannt, das als Gradient des Skalarpotentials $ \Phi \ $ seinerseits stets folgende Bedingungen erfüllt[1]:

  1. Wegunabhängigkeit des Kurvenintegrals: Der Wert des Kurvenintegrals entlang einer beliebigen Kurve S innerhalb des Feldes ist nur von ihrem Anfangs- und Endpunkt abhängig, nicht dagegen von ihrer Länge.
  2. Verschwinden des geschlossenen Kurvenintegrals für beliebige Randkurven S:
    $ \oint _{S}\operatorname {grad} \,\Phi ({\vec {r}})\,\mathrm {d} {\vec {r}}=\oint _{S}{\vec {F}}({\vec {r}})\,\mathrm {d} {\vec {r}}=0 $
  3. Generelle Rotationsfreiheit bzw. Wirbelfreiheit des Feldes:
    $ \operatorname {rot} \,(\operatorname {grad} \,\Phi ({\vec {r}}))=\operatorname {rot} \,{\vec {F}}({\vec {r}})={\vec {\nabla }}\times {\vec {F}}({\vec {r}})={\vec {0}} $

Es lässt sich zeigen, dass die zuletzt genannten drei Charakteristika eines Gradientenfelds einander mathematisch gleichwertig sind, das heißt allein schon die Erfüllung einer der drei Bedingungen genügt, damit auch die beiden anderen gelten.

Potentialfunktionen und harmonische Funktionen

Bildet man mit Hilfe des Laplace-Operators $ \Delta \ $ die Summe der zweiten partiellen Ableitungen eines Skalarpotentials

$ \Delta \Phi ({\vec {r}})=\operatorname {div} \,(\operatorname {grad} \,\Phi ({\vec {r}}))=\operatorname {div} \,{\vec {F}}({\vec {r}})={\vec {\nabla }}\cdot {\vec {F}}({\vec {r}})={\frac {\partial ^{2}\Phi ({\vec {r}})}{\partial x^{2}}}+{\frac {\partial ^{2}\Phi ({\vec {r}})}{\partial y^{2}}}+{\frac {\partial ^{2}\Phi ({\vec {r}})}{\partial z^{2}}}, $

sind vom Prinzip her zwei Ergebnisse möglich:

  1. Die Summe ist eine von Null verschiedene Funktion $ f({\vec {r}}) $, oder aber
  2. Die Summe ist – als Sonderfall von 1) – stets gleich Null.

Ausgehend davon können skalare Potentiale noch einmal wie folgt klassifiziert werden:

  • Lösungen der als poissonsche Differentialgleichung oder Poisson-Gleichung bezeichneten Potentialgleichung $ \Delta \Phi ({\vec {r}})=f({\vec {r}}) $ werden Potentialfunktionen (oder auch einfach nur Potentiale) genannt.
  • Lösungen der als laplacesche Differentialgleichung oder Laplace-Gleichung bezeichneten Potentialgleichung $ \Delta \Phi ({\vec {r}})=0 $ (als eines Sonderfalls der poissonschen Gleichung) werden außerdem als harmonische Funktionen bezeichnet[2]. Harmonische Funktionen sind dementsprechend Sonderfälle von Potentialfunktionen, die außerdem die Laplace-Gleichung erfüllen.
    Manche Autoren allerdings benutzen beide Bezeichnungen synonym, so dass auch die Begriffe „Potential“ beziehungsweise „Potentialfunktion“ bei ihnen nur Lösungen der Laplace-Gleichung meinen, das heißt „jede Funktion $ \Phi ({\vec {r}}) $, die nach allen drei Veränderlichen zweimal stetig differenzierbar ist und dabei in einem gewissen Gebiet des Raumes die Gleichung $ \Delta \Phi ({\vec {r}})=0 $ erfüllt, eine Potentialfunktion oder auch harmonische Funktion in diesem Gebiet“[3] genannt wird und auch die Definition der Potentialtheorie in diesem Fall lediglich Laplace-Potentiale berücksichtigt: „Die Potentialtheorie ist die Theorie der Lösungen der Potentialgleichung $ \Delta U=0 $.“[3]

Poisson- und Laplace-Felder

Die sich als Gradienten eines skalaren Potentials ergebenden Vektorfelder sind stets wirbelfrei und werden daher – im Gegensatz zu „Wirbelfeldern“ – oft unter dem Überbegriff „Quellenfelder“ zusammengefasst[4], was nicht heißt, dass sie deshalb nicht trotzdem quellenfrei sein können.

Je nachdem nämlich, ob es sich bei den zugrundeliegenden Potentialen lediglich um Lösungen einer Poisson-Gleichung oder außerdem der Laplace-Gleichung handelt, kann man auch die aus ihnen gewonnenen Gradientenfelder noch einmal wie folgt klassifizieren:

  • Gradientenfelder, die sich aus Lösungen einer Poisson-Gleichung mit $ f({\vec {r}})\neq 0 $ ergeben, werden „Poisson-Felder“ oder auch „Newton-Felder“[4] genannt und sind lediglich wirbelfrei. Anders gesagt: Beruht ein skalares Potential auf einer Raum(ladungs)dichte $ \rho ({\vec {r}}) $ und ist es damit eine partikuläre Lösung einer entsprechenden inhomogenen (poissonschen) Differentialgleichung $ \Delta \Phi ({\vec {r}})=\rho ({\vec {r}}) $, wird das sich aus dem Potential ableitende Gradientenfeld „Poisson-Feld“ bzw. „Newton-Feld“ genannt. Beispiele solcher Felder sind etwa das Gravitationsfeld oder das elektrische Feld in Abwesenheit einer entgegengesetzten zweiten Ladung, deren Wirkung damit stets räumlich unbegrenzt ist.
  • Gradientenfelder harmonischer Funktionen dagegen, die sich aus Lösungen der Laplace-Gleichung (bzw. einer Poisson-Gleichung mit $ f({\vec {r}})=0 $ ) ergeben, werden „Laplace-Felder“ genannt und sind außerdem quellenfrei[2]. Anders gesagt: Beruht ein skalares Potential auf einer Flächen(ladungs)dichte $ \sigma ({\vec {r}}) $ auf der Oberfläche geladener Körper und ist es dabei die homogene Lösung einer homogenen (laplaceschen) Differentialgleichung $ \Delta \Phi ({\vec {r}})=0\, $ für die entsprechend gewählten Randbedingungen, wird das sich aus dem Potential ableitende Gradientenfeld „Laplace-Feld“ genannt. Beispiele solcher Felder sind etwa das elektrische Feld in Anwesenheit einer entgegengesetzten zweiten Ladung, auf der die von der ersten Ladung ausgehenden Feldlinien enden. „Laplace-Felder“ besitzen also stets einen „Rand“ im Endlichen, während dieser bei „Poisson–“ bzw. „Newton-Feldern“ quasi im Unendlichen liegt.

Für die Superposition beider Feldtypen schließlich lässt sich in der Regel eine sogenannte totale Potentialfunktion formulieren, die die Summe je einer partikulären und homogenen Lösung der obengenannten Differentialgleichungen ist.[4]

Beispiele

Das mit Abstand bekannteste Skalarpotential ist das sogen. „newtonsche Potential“

$ \Phi ({\vec {r}})={\frac {1}{|{\vec {r}}|}}, $

das allerdings nur im Dreidimensionalen, also für $ r^{2}=x^{2}+y^{2}+z^{2} $, eine die Laplace-Bedingung erfüllende harmonische Funktion ist. Umgekehrt ist das dem „newtonschen Potential“ im Zweidimensionalen vergleichbare „logarithmische Potential“[5]

$ \Phi ({\vec {r}})=\operatorname {ln} (|{\vec {r}}|) $

ebenso wie die Funktion $ \operatorname {ln} \left({\frac {1}{r}}\right)=-\operatorname {ln} (r) $ nur dort, also für $ r^{2}=x^{2}+y^{2} $, eine harmonische Funktion, im Dreidimensionalen dagegen ein gewöhnliches Potential mit $ \Delta \Phi ={\frac {1}{r^{2}}} $ bzw. $ \Delta \Phi =-{\frac {1}{r^{2}}} $. Ebenfalls nur für $ \mathbb {R} ^{2} $ definierte harmonische Funktionen sind außerdem die Funktionen $ \Phi (x,y)=e^{x}\cdot \sin(y) $ und $ \Phi (x,y)=e^{x}\cdot \cos(y) $.

Geschichte

Der Begriff Potential in seiner heutigen mathematischen Bedeutung geht auf den französischen Mathematiker Joseph-Louis Lagrange zurück, der bei der Untersuchung des newtonschen Gravitationsgesetzes

$ F=-G\ {\frac {m_{0}\cdot m_{1}}{r^{2}}} $

schon 1773 feststellte, dass die Komponenten-Zerlegung der Kraft F, der eine Punktmasse $ m_{0} $ im Gravitationsfeld einer zweiten Punktmasse $ m_{1} $ ausgesetzt ist, auf drei Teilkräfte Fx, Fy und Fz hinausläuft, die allesamt als partielle Ableitungen einer gemeinsamen skalaren „Stammfunktion“ $ U(x_{0};y_{0};z_{0}) $ interpretiert werden konnten[6]:

$ {\begin{aligned}{\vec {F}}({\vec {r}}_{0}|{\vec {r}}_{1})&={-G\,m_{0}}\ {\frac {m_{1}}{r^{2}}}\ {\hat {\vec {r}}}_{10}\\&={-G\,m_{0}}\ {\frac {m_{1}}{r^{3}}}{\begin{pmatrix}x_{0}-x_{1}\\y_{0}-y_{1}\\z_{0}-z_{1}\end{pmatrix}}={\vec {F}}_{x}({\vec {r}}_{0}|{\vec {r}}_{1})+{\vec {F}}_{y}({\vec {r}}_{0}|{\vec {r}}_{1})+{\vec {F}}_{z}({\vec {r}}_{0}|{\vec {r}}_{1})\\&={-G\,m_{0}\,m_{1}}\,{\frac {x_{0}-x_{1}}{r^{3}}}\,{\hat {\vec {x}}}\ {-G\,m_{0}\,m_{1}}\,{\frac {y_{0}-y_{1}}{r^{3}}}\,{\hat {\vec {y}}}\ {-G\,m_{0}\,m_{1}}\,{\frac {z_{0}-z_{1}}{r^{3}}}\,{\hat {\vec {z}}}\\&={\frac {\partial }{\partial x}}\left({G\,m_{0}}\,{\frac {m_{1}}{r}}\right)\,{\hat {\vec {x}}}+{\frac {\partial }{\partial y}}\left({G\,m_{0}}\,{\frac {m_{1}}{r}}\right)\,{\hat {\vec {y}}}+{\frac {\partial }{\partial z}}\left({G\,m_{0}}\,{\frac {m_{1}}{r}}\right)\,{\hat {\vec {z}}}\\&\quad \ {\text{mit}}\ \ r=\left((x_{0}-x_{1})^{2}+(y_{0}-y_{1})^{2}+(z_{0}-z_{1})^{2}\right)^{\frac {1}{2}}.\end{aligned}} $

Wie zu sehen, ist die gefundene „Stammfunktion“ $ U(x_{0};y_{0};z_{0}) $ dabei für alle Punkte des Raums außer $ (x_{1}|y_{1}|z_{1}) $ definiert, und sie ist außerdem ein Maß der (negativen) potentiellen Energie von $ m_{0} $ im Kraftfeld der Masse $ m_{1} $:

$ W_{pot}({\vec {r}}_{0}|{\vec {r}}_{1})=-{G\,m_{0}}\,{\frac {m_{1}}{r}}. $

Wenig später unter dem Potentialbegriff zusammengefasst, fand diese Entdeckung ihre Fortführung in den Arbeiten des englischen Mathematikers und Physikers George Green, der 1828 in seinem Essay on the Application of Mathematical Analysis to the Theories of Electricity and Magnetism den Begriff der Potentialfunktion prägte. In erster Linie aber war es schließlich Carl Friedrich Gauss, der 1840[6] (nach anderen Quellen bereits 1836[7]) den Begriff des Potentials und seine Theorie weiter vertiefte und popularisierte.

Begriffsabgrenzungen

Der Gebrauch des Potentialbegriffs ist leider aus historischen Gründen oft uneinheitlich. So ist etwa häufig unklar, ob mit dem Wort „Potential“ nun das betreffende Skalarfeld gemeint ist, also die betreffende Ortsfunktion, oder aber einer ihrer Funktionswerte.

Mathematischer und physikalischer Potentialbegriff

So darf der Begriff des Potentials in seiner mathematischen Bedeutung – als ein skalares Feld mit bestimmten, zunächst einmal rein abstrakt geforderten Eigenschaften – vor allem nicht mit dem physikalischenPotential“-Begriff verwechselt werden, aus dem er ursprünglich hervorging.

Einem Begriff, der dort in erster Linie die Fähigkeit eines konservativen Kraftfelds bedeutet, einen ihm ausgesetzten Körper eine Arbeit verrichten zu lassen, für gewöhnlich ausgedrückt durch das Verhältnis seiner potentiellen Energie und Ladung bzw. Masse. Das aber kann sowohl heißen, dass man es in dem gegebenen Zusammenhang mit dem skalaren Feld zu tun hat, das dieses Verhältnis in Form seiner Funktionswerte wiedergibt, oder aber, dass mit dem „Potential“ die einzelnen Funktionswerte des Felds an der betreffenden Stelle selbst gemeint sind, etwa das elektrische oder das Gravitationspotential, gemessen in Volt (= J/C) bzw. J/kg.

Hinzu kommt, dass sich, was ihre mathematischen Eigenschaften angeht, auch die potentielle Energie eines Körpers in einem konservativen Kraftfeld selbst als Skalarpotential beschreiben lässt[6], ganz zu schweigen von dem nur noch mathematisch ein Potential darstellenden Geschwindigkeitspotential der Fluiddynamik.

So kann ganz allgemein (fast) jedes physikalische Potential durch ein mathematisches modelliert werden, während umgekehrt nicht jedes mathematische Potential auch eines im Sinne der Physik ist.

Potentialvektoren und Potentialfelder

Ein weiteres Problem rührt aus dem Umstand, dass der Begriff „Potential…“ auch in einigen Wortbildungen verwendet wird, bei denen dadurch nicht klarer wird, ob damit nun skalare oder vektorielle Größen bzw. Felder gemeint sind, etwa in Termini wie „Vektorpotential“, „Potentialvektor“ oder „Potentialfeld“. So könnte man gerade bei letzterem annehmen, dass damit das skalare Feld des Potentials selbst gemeint ist – die überwiegende Zahl der Autoren aber benutzt diesen Ausdruck nicht dafür, sondern für das aus dem jeweiligen Potential abgeleitete Vektorfeld der Potential- bzw. Gradientvektoren[8][9].

Analog bezeichnen manche Autoren die Vektoren, aus denen sich Gradientenfelder zusammensetzen, zur besseren Abgrenzung zwischen dem Gradienten als mathematischem Operator und dem Resultat seiner Anwendung als Gradientvektoren[10], andere dagegen mit Blick auf die (skalaren) Potentiale, aus denen sie sich herleiten, als Potentialvektoren[1].

Beziehungen zwischen Skalar- und Vektorpotential

Wirbelfelder, die Rotationen eines anderen Vektorfelds sind, sind stets quellenfrei – quellenfreie Vektorfelder können daher umgekehrt immer auch als Rotation eines anderen Vektorfelds interpretiert werden, das man in diesem Fall als „Vektorpotential“ des betreffenden quellenfreien Vektorfelds bezeichnet[2].

Gemäß dem Fundamentalsatz der Vektoranalysis, auch Helmholtz-Theorem genannt, kann dabei (fast) jedes Vektorfeld $ {\vec {H}}({\vec {r}}) $ als Superposition zweier Komponenten $ {\vec {F}}({\vec {r}})\, $ und $ {\vec {G}}({\vec {r}}) $ aufgefasst werden, deren erste der Gradient eines Skalarpotentials $ \Phi ({\vec {r}})\, $ ist, die zweite dagegen die Rotation eines Vektorpotentials $ {\vec {\Gamma }}({\vec {r}}) $:

$ {\vec {H}}({\vec {r}})={\vec {F}}({\vec {r}})+{\vec {G}}({\vec {r}})=\operatorname {grad} \,\Phi ({\vec {r}})+\operatorname {rot} \,{\vec {\Gamma }}({\vec {r}})={\vec {\nabla }}\Phi ({\vec {r}})+{\vec {\nabla }}\times {\vec {\Gamma }}({\vec {r}}) $

Ist $ {\vec {F}}({\vec {r}})\, $ ein konservatives Kraftfeld, in dem die Kraft $ {\vec {F}}\, $ dem Prinzip des kleinsten Zwanges folgend stets der Richtung des maximalen Anstiegs des Potentials $ \Phi \ $ entgegengerichtet ist, gilt alternativ die Schreibweise

$ {\vec {H}}({\vec {r}})={\vec {F}}({\vec {r}})+{\vec {G}}({\vec {r}})=-\operatorname {grad} \,\Phi ({\vec {r}})+\operatorname {rot} \,{\vec {\Gamma }}({\vec {r}})=-{\vec {\nabla }}\Phi ({\vec {r}})+{\vec {\nabla }}\times {\vec {\Gamma }}({\vec {r}}). $

Einzelnachweise

  1. 1,0 1,1 Walter Gellert, Herbert Küstner, Manfred Hellwich, Herbert Kästner (Hrsg.): Kleine Enzyklopädie Mathematik. Leipzig 1970, S. 547–548.
  2. 2,0 2,1 2,2 Lothar Papula: Mathematik für Ingenieure und Naturwissenschaftler: Vektoranalysis, Wahrscheinlichkeitsrechnung, mathematische Statistik, Fehler- und Ausgleichsrechnung, Band 3; Vieweg + Teubner, 2008, S. 85–92.
  3. 3,0 3,1 Walter Gellert, Herbert Küstner, Manfred Hellwich, Herbert Kästner (Hrsg.): Kleine Enzyklopädie Mathematik. Leipzig 1970, S. 743–746.
  4. 4,0 4,1 4,2 Adolf J. Schwab; Begriffswelt der Feldtheorie; Springer, 2002, S. 18–20.
  5. W. Gellert, H. Küstner, M. Hellwich, H. Kästner (Hrsg.): Kleine Enzyklopädie Mathematik. Leipzig 1970, S. 746.
  6. 6,0 6,1 6,2 W. Gellert, H. Küstner, M. Hellwich, H. Kästner (Hrsg.): Kleine Enzyklopädie Mathematik. Leipzig 1970, S. 741–742.
  7. Grimsehl: Lehrbuch der Physik, Bd. I; Leipzig 1954, S. 160.
  8. §4 Potentialfelder. (PDF; 1,8 MB) In: Mathematik für Ingenieure III. WS 2009/2010, Universität Kiel.
  9. Albert Fetzer, Heiner Fränkel: Mathematik 2: Lehrbuch für ingenieurwissenschaftliche Studiengänge. Springer, Berlin/Heidelberg, S. 322.
  10. Grimsehl: Lehrbuch der Physik, Bd. I. Leipzig 1954, S. 579.