imported>Binse (→Größenordnungen: Starke Absorbtion muss nicht auf ektrischer Leitfähigkeit beruhen) |
imported>Smial K (→Doppelbrechung: wl) |
||
Zeile 1: | Zeile 1: | ||
[[Datei:Snells law wavefronts.gif|mini|Wellenfronten | [[Datei:Snells law wavefronts.gif|mini|225px|Von einem Punkt ausgehende Wellenfronten. Im unteren Medium breiten sich die Wellenfronten langsamer aus. Das ändert den Normalen­vektor der Wellenfront, was einer Brechung eines Lichtstrahls entspricht.]] | ||
Der '''Brechungsindex''', auch '''Brechzahl''' oder '''optische Dichte,''' seltener '''refraktiver Index''', früher auch '''Brechungszahl''' genannt, ist eine [[Optik|optische]] [[Materialeigenschaft]]. Er ist das Verhältnis der [[Wellenlänge]] des Lichts im [[Vakuum]] zur Wellenlänge im Material, und damit auch der [[Phasengeschwindigkeit]] des Lichts im Vakuum zu der im Material. Der Brechungsindex ist eine [[Größe der Dimension Zahl]], und er ist im Allgemeinen von der [[Frequenz]] des Lichts abhängig, was [[Dispersion (Physik)|Dispersion]] genannt wird. | |||
An der [[Grenzfläche]] zweier [[Ausbreitungsmedium|Medien]] unterschiedlicher Brechungsindizes wird Licht [[Brechung (Physik)|gebrochen]] und [[Reflexion (Physik)|reflektiert]]. Dabei nennt man das Medium mit dem höheren Brechungsindex das ''optisch dichtere''. | |||
Beachte, dass mit „optische Dichte“ zuweilen auch ein Maß für die [[Extinktion (Optik)|Extinktion]] bezeichnet wird.<!-- Dies evtl. sogar als BKL an den Anfang setzen? --> | |||
== Physikalische Grundlagen == | == Physikalische Grundlagen == | ||
[[Datei:Fresnel equations - reflectance (DE).svg|mini|Einfluss des komplexen | [[Datei:Fresnel equations - reflectance (DE).svg|mini|hochkant=1.2|Einfluss des komplexen Brechungs­index eines Materials <math>n + \mathrm{i} k</math> auf das Refle­xions­verhalten eines Lichtstrahls beim Auftreffen auf die Grenzfläche Luft/Material]] | ||
[[Datei:Komplexe Brechzahl von Silicium (300 K).svg|mini|Verlauf des wellenlängenabhängigen komplexen Brechungsindex im visuellen Bereich für | [[Datei:Komplexe Brechzahl von Silicium (300 K).svg|mini|hochkant=1.2|Verlauf des wellenlängenabhängigen komplexen Brechungsindex im visuellen Bereich für [[Halbleiter]] mit [[Bandstruktur|Band­über­gängen]] in diesem Bereich]] | ||
Die Bezeichnung „Brechungsindex“ kommt vom Begriff [[Brechung (Physik)|Brechung]] und seinem Auftreten im [[Snelliussches Brechungsgesetz|Snelliusschen Brechungsgesetz]]. Der Brechungsindex <math>n</math> ist eine [[ | Die Bezeichnung „Brechungsindex“ kommt vom Begriff [[Brechung (Physik)|Brechung]] und seinem Auftreten im [[Snelliussches Brechungsgesetz|Snelliusschen Brechungsgesetz]]. Der Brechungsindex <math>n</math> ist eine [[Größe der Dimension Zahl]]. Er gibt das Verhältnis der [[Lichtgeschwindigkeit|Vakuumlichtgeschwindigkeit]] <math>c_0</math> zur [[Ausbreitungsgeschwindigkeit]] <math>c_{\mathrm{M}}</math> des Lichts im Medium an: | ||
:<math>n = \frac{c_0}{c_{\mathrm{M}}}</math> | :<math>n = \frac{c_0}{c_{\mathrm{M}}}</math> | ||
=== Komplexer Brechungsindex === | === Komplexer Brechungsindex === | ||
Beschreibt man die zeitliche und räumliche Ausbreitung einer elektromagnetischen [[Welle]] der Kreisfrequenz <math>\omega</math> mit Hilfe der Wellengleichung | |||
* als ''Summe'' von Realteil und dem mit der imaginären Einheit i multiplizierten Imaginärteil einer komplexen Zahl:<ref>{{Literatur |Autor=Eugene Hecht |Titel=Optik |Verlag=Oldenbourg Verlag |Datum=2005 |ISBN=978-3-486-27359-5 |Kapitel=Kapitel 4.8 |Seiten= |Online={{Google Buch|BuchID=UmkVTxEv6jAC|Seite=247}}}}</ref><ref>{{Literatur |Autor=Charles Kittel |Titel=Einführung in die Festkörperphysik |Verlag=Oldenbourg Wissenschaftsverlag |Datum=2005 |ISBN=3-486-57723-9}}</ref> | |||
:<math> E(t,x) = E\; \mathrm{e}^{-\mathrm{i}\big(\omega t - \frac{\omega}{c} x \boldsymbol{n}\big)}</math>, | |||
so stellt man fest, dass man sowohl den klassischen Brechungsindex als auch die Dämpfung der Welle in einem [[Komplexe Zahl|komplexwertigen]] Brechungsindex <math>\boldsymbol{n} = n_{\mathrm{r}} + \mathrm i \, n_{\mathrm{i}}</math> vereinen und mittels einer Gleichung sowohl das zeitliche als auch das räumliche Fortschreiten der Welle und deren [[Absorption (Physik)|Absorption]] beschreiben kann. Der reellwertige Anteil <math>n_{\mathrm{r}}</math>, der meist größer als 1 ist, verkürzt die Wellenlänge im Medium, <math>E(x) = \mathrm{e}^{-\mathrm i\big(-\frac{\omega}{c} x \, n_{\mathrm{r}}\big)} = \mathrm{e}^{\,\mathrm i\frac{\omega}{c} x \, n_{\mathrm{r}}}</math>, der komplexwertige Anteil <math>n_{\mathrm{i}}</math> dämpft die Welle <math>E(x) = \mathrm{e}^{-\mathrm i\big(-\frac{\omega}{c} x \,\mathrm i n_{\mathrm{i}}\big)} = \mathrm{e}^{-\frac{\omega}{c} x \, n_{\mathrm{i}}} </math>. | |||
Hierbei sind unterschiedliche, gleichwertige Darstellungen für den komplexwertigen Brechungsindex üblich: | |||
* als ''Summe'' von Realteil und dem mit der imaginären Einheit <math>\mathrm{i}</math> multiplizierten Imaginärteil einer komplexen Zahl:<ref>{{Literatur |Autor=Eugene Hecht |Titel=Optik |Verlag=Oldenbourg Verlag |Datum=2005 |ISBN=978-3-486-27359-5 |Kapitel=Kapitel 4.8 |Seiten= |Online={{Google Buch|BuchID=UmkVTxEv6jAC|Seite=247}}}}</ref><ref>{{Literatur |Autor=Charles Kittel |Titel=Einführung in die Festkörperphysik |Verlag=Oldenbourg Wissenschaftsverlag |Datum=2005 |ISBN=3-486-57723-9}}</ref> | |||
*: <math>\boldsymbol{n} = n_{\mathrm{r}} + \mathrm i \, n_{\mathrm{i}}</math> oder | *: <math>\boldsymbol{n} = n_{\mathrm{r}} + \mathrm i \, n_{\mathrm{i}}</math> oder | ||
*: <math>\boldsymbol{n} = n' + \mathrm i \, n''</math> oder | *: <math>\boldsymbol{n} = n' + \mathrm i \, n''</math> oder | ||
*: <math>\boldsymbol{n} = n + \mathrm i \, K</math> | *: <math>\boldsymbol{n} = n + \mathrm i \, K</math> | ||
* als ''Differenz'' von Realteil und dem mit i multiplizierten Imaginärteil einer komplexen Zahl:<ref name="feynman-absorption">Richard Feynman, Roberts Leighton, Matthew Sands: ''[[Vorlesungen über Physik]].'' Band 1, Kapitel 31-4 ({{Google Buch|BuchID=bxwj4KdqItMC|Seite=427}}).</ref><ref>Wolfgang Demtröder: ''Experimentalphysik 2: Elektrizität und Optik''. Abschnitt 8.3.2 ({{Google Buch|BuchID=AtDxWU39CTMC|Seite=233}}).</ref><ref name="bergmannschaefer" /> | * als ''Differenz'' von Realteil und dem mit <math>\mathrm{i}</math> multiplizierten Imaginärteil einer komplexen Zahl:<ref name="feynman-absorption">Richard Feynman, Roberts Leighton, Matthew Sands: ''[[Vorlesungen über Physik]].'' Band 1, Kapitel 31-4 ({{Google Buch|BuchID=bxwj4KdqItMC|Seite=427}}).</ref><ref>Wolfgang Demtröder: ''Experimentalphysik 2: Elektrizität und Optik''. Abschnitt 8.3.2 ({{Google Buch|BuchID=AtDxWU39CTMC|Seite=233}}).</ref><ref name="bergmannschaefer" /> | ||
*: <math>\boldsymbol{n} = n_{\mathrm{r}} - \mathrm i \, k</math> oder | *: <math>\boldsymbol{n} = n_{\mathrm{r}} - \mathrm i \, k</math> oder | ||
*: <math>\boldsymbol{n} = n' - \mathrm i \, n''</math> | *: <math>\boldsymbol{n} = n' - \mathrm i \, n''</math> | ||
Zeile 26: | Zeile 33: | ||
Das in einigen Darstellungen enthaltene Minuszeichen vor dem Imaginärteil wird gewählt, damit der Imaginärteil (<math>n_{\mathrm{i}}</math>, <math>n''</math> oder <math>K</math> bzw. <math>k</math>) bei absorbierendem Material ein positives [[Vorzeichen (Zahl)|Vorzeichen]] bekommt.<ref name="feynman-absorption" /> Dieser Imaginärteil wird [[Extinktionskoeffizient #Optik|Extinktionskoeffizient]] oder ''Absorptionsindex'' genannt.<ref>{{Literatur |Autor=Mark Fox |Titel=Optische Eigenschaften von Festkörpern |Verlag=Oldenbourg Verlag |Datum=2012 |ISBN=978-3-486-71240-7 |Online={{Google Buch | BuchID=o-1IjmRpGWUC | Seite=7 | Hervorhebung=permittivität+imaginärteil+extinktionskoeffizient+absorptionsindex}}}}</ref><ref>{{Literatur |Autor=Agnes Ott |Titel=Oberflächenmodifikation von Aluminiumlegierungen mit Laserstrahlung: Prozessverständnis und Schichtcharakterisierung |Verlag=Herbert Utz Verlag |Datum=2009 |ISBN=978-3-8316-0959-8 |Online={{Google Buch | BuchID=Piz9w6snGDYC | Seite=26 | Hervorhebung=permittivität+imaginärteil+extinktionskoeffizient+absorptionsindex}}}}</ref> Davon abweichend bezeichnen Autoren, die die Darstellung als Produkt verwenden, die Größe <math>\kappa</math>, also den Imaginärteil geteilt durch <math>n</math>, als [[Absorptionsindex]].<ref name="bergmannschaefer" /> | Das in einigen Darstellungen enthaltene Minuszeichen vor dem Imaginärteil wird gewählt, damit der Imaginärteil (<math>n_{\mathrm{i}}</math>, <math>n''</math> oder <math>K</math> bzw. <math>k</math>) bei absorbierendem Material ein positives [[Vorzeichen (Zahl)|Vorzeichen]] bekommt.<ref name="feynman-absorption" /> Dieser Imaginärteil wird [[Extinktionskoeffizient #Optik|Extinktionskoeffizient]] oder ''Absorptionsindex'' genannt.<ref>{{Literatur |Autor=Mark Fox |Titel=Optische Eigenschaften von Festkörpern |Verlag=Oldenbourg Verlag |Datum=2012 |ISBN=978-3-486-71240-7 |Online={{Google Buch | BuchID=o-1IjmRpGWUC | Seite=7 | Hervorhebung=permittivität+imaginärteil+extinktionskoeffizient+absorptionsindex}}}}</ref><ref>{{Literatur |Autor=Agnes Ott |Titel=Oberflächenmodifikation von Aluminiumlegierungen mit Laserstrahlung: Prozessverständnis und Schichtcharakterisierung |Verlag=Herbert Utz Verlag |Datum=2009 |ISBN=978-3-8316-0959-8 |Online={{Google Buch | BuchID=Piz9w6snGDYC | Seite=26 | Hervorhebung=permittivität+imaginärteil+extinktionskoeffizient+absorptionsindex}}}}</ref> Davon abweichend bezeichnen Autoren, die die Darstellung als Produkt verwenden, die Größe <math>\kappa</math>, also den Imaginärteil geteilt durch <math>n</math>, als [[Absorptionsindex]].<ref name="bergmannschaefer" /> | ||
Sowohl der Realteil als auch der Imaginärteil des Brechungsindex | Sowohl der Realteil als auch der Imaginärteil des Brechungsindex sind, wenn sie ungleich 1 sind, von der [[Frequenz]] und damit von der Wellenlänge abhängig. Dieser als [[Dispersion (Physik)|Dispersion]] bezeichnete Effekt ist unvermeidlich und ermöglicht die Zerlegung von weißem Licht in seine [[Spektralfarbe]]n an einem [[Prisma (Optik)|Prisma]]. Die Frequenzabhängigkeit des Brechungsindex in Materie kann recht gut über das Modell des [[Lorentz-Oszillator]]s beschrieben werden. | ||
Da die Reaktion eines optischen Mediums auf eine elektromagnetische Welle kausal sein muss, ist der komplexwertige Brechungsindex eine meromorphe Funktion, Real- und Imaginärteil sind über die [[Kramers-Kronig-Beziehungen]] verkoppelt. | |||
==== Anisotroper Brechungsindex ==== | |||
In [[anisotrop]]en Medien ist der Brechungsindex kein Skalar, sondern ein [[Tensor]] zweiter Stufe. | |||
Wellenvektor und Ausbreitungsrichtung stimmen dann nicht mehr überein. | |||
==== Doppelbrechung ==== | |||
Ist der Brechungsindex von der [[Polarisation]] (und damit zwangsweise auch von der Richtung) abhängig, spricht man von [[Doppelbrechung]]. | |||
==== Verknüpfung mit Permittivität und Permeabilität ==== | ==== Verknüpfung mit Permittivität und Permeabilität ==== | ||
Der komplexe Brechungsindex ist mit der [[Permittivitätszahl]] (dielektrische Funktion) <math>\varepsilon_{\mathrm{r}}</math> und der [[Permeabilitätszahl]] <math>\mu_{\mathrm{r}}</math> verknüpft: | Der komplexe Brechungsindex ist mit der [[Permittivitätszahl]] (dielektrische Funktion) <math>\varepsilon_{\mathrm{r}}</math> und der [[Permeabilitätszahl]] <math>\mu_{\mathrm{r}}</math> verknüpft: | ||
:<math> \boldsymbol n = \sqrt{\varepsilon_{\mathrm{r}} \cdot \mu_{\mathrm{r}}}</math> | :<math> \boldsymbol n = \sqrt{\;\!\varepsilon_{\mathrm{r}} \cdot \mu_{\mathrm{r}}}</math> | ||
Dabei sind alle Größen im Allgemeinen komplex und frequenzabhängig. Permittivitäts- und der Permeabilitätszahl sind Näherungen, die sich je nach System besser oder schlechter zur Beschreibung des [[Polarisation (Elektrizität)|Polarisierungs-]] und des [[Magnetisierung]]s-Effekts eignen. | Dabei sind alle Größen im Allgemeinen komplex und frequenzabhängig. Permittivitäts- und der Permeabilitätszahl sind Näherungen, die sich je nach System besser oder schlechter zur Beschreibung des [[Polarisation (Elektrizität)|Polarisierungs-]] und des [[Magnetisierung]]s-Effekts eignen. | ||
Zeile 37: | Zeile 53: | ||
Die Wellenlängenabhängigkeit des Brechungsindexes eines Materials lässt sich über die [[elektrische Suszeptibilität]] theoretisch ermitteln. Diese Größe erfasst die Beiträge der verschiedenen Mechanismen im Material zu seinen Eigenschaften und mündet in der [[Permittivität #Komplexwertige relative Permittivität|komplexen Permittivität]]. Im Fall von nichtmagnetischem Material ist <math>\mu_r \approx 1</math>, und der komplexe Brechungsindex kann direkt aus Real- (<math>\varepsilon_1</math>) und Imaginärteil (<math>\varepsilon_2</math>) der Permittivitätszahl angegeben werden: | Die Wellenlängenabhängigkeit des Brechungsindexes eines Materials lässt sich über die [[elektrische Suszeptibilität]] theoretisch ermitteln. Diese Größe erfasst die Beiträge der verschiedenen Mechanismen im Material zu seinen Eigenschaften und mündet in der [[Permittivität #Komplexwertige relative Permittivität|komplexen Permittivität]]. Im Fall von nichtmagnetischem Material ist <math>\mu_r \approx 1</math>, und der komplexe Brechungsindex kann direkt aus Real- (<math>\varepsilon_1</math>) und Imaginärteil (<math>\varepsilon_2</math>) der Permittivitätszahl angegeben werden: | ||
:<math>\boldsymbol n \approx \sqrt{\varepsilon_r } = \sqrt{{\varepsilon }_{1} + \mathrm i{\varepsilon }_{2}}</math> | :<math>\boldsymbol n \approx \sqrt{\;\!\varepsilon_r } = \sqrt{{\varepsilon }_{1} + \mathrm i{\varepsilon }_{2}}</math> | ||
Durch Vergleich mit dem komplexen Brechungsindex in den beiden o.g. Darstellungen 1 und 2 (Summe bzw. Differenz) kann man die Größen <math>n</math> und <math>k</math> berechnen: | Durch Vergleich mit dem komplexen Brechungsindex in den beiden o. g. Darstellungen 1 und 2 (Summe bzw. Differenz) kann man die Größen <math>n</math> und <math>k</math> berechnen: | ||
:<math>n^2 = \frac{1}{2} \left(\sqrt{{\varepsilon_1}^2 + {\varepsilon_2}^2} + \varepsilon_1\right)</math> | :<math>n^2 = \frac{1}{2} \left(\sqrt{{\varepsilon_1}^2 + {\varepsilon_2}^2} + \varepsilon_1\right)</math> | ||
:<math>k^2 = \frac{1}{2} | :<math>k^2 = \frac{1}{2} \left(\sqrt{{\varepsilon_1}^2 + {\varepsilon_2}^2} - \varepsilon_1\right)</math> | ||
=== Gruppenbrechungsindex === | === Gruppenbrechungsindex === | ||
Zeile 53: | Zeile 69: | ||
== Andere Definitionen == | == Andere Definitionen == | ||
[[Datei:Brechzahl-einfach.svg|mini|Brechung]] | [[Datei:Brechzahl-einfach.svg|mini|hochkant=1.2|Brechung von Medium 1 in ein Medium 2 mit höherem Brechungsindex: Der untere graue Strahl zeigt das Verhalten eines Metamaterials mit gegenüber Medium 1 umgedrehten Vorzeichen.]] | ||
Die Definition des Brechungsindex erfolgte oben über die Geschwindigkeit, mit der sich Licht im Material ausbreitet. Dieses Vorgehen ist naheliegend, aber nicht in allen Fällen anwendbar. Beispielsweise können [[Metamaterial]]ien dem geometrischen Strahlengang nach einen negativen Brechungsindex (s. u.) aufweisen. Ein negativer Wert der Lichtgeschwindigkeit ist jedoch nicht sinnvoll definiert. | Die Definition des Brechungsindex erfolgte oben über die Geschwindigkeit, mit der sich Licht im Material ausbreitet. Dieses Vorgehen ist naheliegend, aber nicht in allen Fällen anwendbar. Beispielsweise können [[Metamaterial]]ien dem geometrischen Strahlengang nach einen negativen Brechungsindex (s. u.) aufweisen. Ein negativer Wert der Lichtgeschwindigkeit ist jedoch nicht sinnvoll definiert. | ||
Zeile 65: | Zeile 81: | ||
{| class="wikitable float-right sortable" | {| class="wikitable float-right sortable" | ||
|+ Brechungsindex ausgewählter Stoffe bei der Wellenlänge 589 nm (gelb-orange) der [[Natrium-D-Linie]]. | |+ Brechungsindex ausgewählter Stoffe bei der Wellenlänge 589 nm (gelb-orange) der [[Natrium-D-Linie]].<ref>https://refractiveindex.info/?shelf=main&book=Cs&page=Smith</ref><ref>https://www.filmetrics.de/refractive-index-database</ref> | ||
|- class="hintergrundfarbe6" | |- class="hintergrundfarbe6" | ||
! Material | | ! data-sort-type="text" | Material | ||
! data-sort-type="number" | Brechungs-<br />index ''n'' | |||
|- | |- | ||
| [[Vakuum]] ||data-sort-value=1 | | '''[[Vakuum]]''' ||data-sort-value="1"| '''exakt 1''' | ||
|- | |- | ||
| [[ | | [[Helium]] ([[Standardbedingungen|<abbr title="(Physikalische) Normbedingungen, d. h. 273,15 K = 0 °C und 101325 Pa = 760 Torr = 1 Physikalische Atmosphäre">Normbed.</abbr>]]) ||data-sort-value="1,00034911"| 1,000 034 911 | ||
|- | |- | ||
| [[ | | [[Luft]] (Normbed.) ||data-sort-value="1,000292"| 1,000 292 | ||
|- | |- | ||
| [[ | | [[Schwefelhexafluorid]] (Normbed.) ||data-sort-value="1,000729"| 1,000 729 | ||
|- | |- | ||
| [[Aerogel]] ||data-sort-value=1,007|1,007 … 1,24 | | [[Aerogel]] ||data-sort-value="1,007"| 1,007 … 1,24 | ||
|- | |- | ||
| [[ | | [[Eis]] || 1,31 | ||
|- | |- | ||
| [[ | | [[Wasser]] (liqu.) 20 °C || 1,3330 | ||
|- | |- | ||
| [[ | | menschl. [[Linse (Auge)|Augenlinse]] ||data-sort-value="1,35"| 1,35 … 1,42 | ||
|- | |- | ||
| | | [[Ethanol]]<ref name="Lide2009">{{CRC Handbook |Auflage=90 |Titel= |Kapitel=3 |Startseite=232 |Endseite= }}</ref> (liqu.) || 1,3614 | ||
|- | |- | ||
| [[ | | [[Magnesiumfluorid]] || 1,38 | ||
|- | |- | ||
| [[ | | [[Flussspat]] ([[Calciumfluorid]]) || 1,43 | ||
|- | |- | ||
| [[ | | menschliche [[Epidermis (Wirbeltiere)|Epidermis]] || 1,45 | ||
|- | |- | ||
| | | [[Tetrachlorkohlenstoff]] (liqu.) || 1,4630 | ||
|- | |- | ||
| [[ | | [[Quarzglas]] || 1,46 | ||
|- | |- | ||
| [[ | | [[Glycerin]] (liqu.) || 1,473 99 | ||
|- | |- | ||
| [[ | | [[Celluloseacetat]] (CA) || 1,48 | ||
|- | |- | ||
| [[ | | [[Polymethylmethacrylat|PMMA]] (Plexiglas) || 1,49 | ||
|- | |- | ||
| [[ | | [[Kronglas]] ||data-sort-value="1,46"| 1,46 … 1,65 | ||
|- | |- | ||
| [[ | | [[Benzol]] (liqu.) || 1,5011 | ||
|- | |- | ||
| | | Fensterglas<ref>J. D'Ans, E. Lax, ''Taschenbuch für Chemiker und Physiker''. 2. Aufl. 1949, S. 1358.</ref> || 1,52 | ||
|- | |- | ||
| | | Mikroskopische [[Deckglas|Deckgläser]] || 1,523 | ||
|- | |- | ||
| | | [[Cyclo-Olefin-Copolymere|COC]] (ein Kunststoff) || 1,533 | ||
|- | |- | ||
| [[ | | [[Polymethacrylmethylimid|PMMI]] (ein Kunststoff) || 1,534 | ||
|- | |- | ||
| [[ | | [[Quarz]] || 1,54 | ||
|- | |- | ||
| [[ | | [[Halit]] (Steinsalz) || 1,54 | ||
|- | |- | ||
| [[ | | [[Polystyrol]] (PS) || 1,58 | ||
|- | |- | ||
| [[ | | [[Polycarbonate|Polycarbonat]] (PC) || 1,585 | ||
|- | |- | ||
| [[ | | [[Epoxidharz]] ||data-sort-value="1,55"| 1,55 … 1,63 | ||
|- | |- | ||
| [[ | | [[Flintglas]] ||data-sort-value="1,56"| 1,56 … 1,93 | ||
|- | |- | ||
| [[ | | [[Kohlenstoffdisulfid]] (liqu.) || 1,6319 | ||
|- | |- | ||
| [[ | | Kunststoffglas für [[Brille]]n ||data-sort-value="1,76"| bis 1,76 | ||
|- | |- | ||
| | | [[Diiodmethan]] (liqu.) || 1,7425 | ||
|- | |- | ||
| [[ | | [[Rubin]] ([[Aluminiumoxid]]) || 1,76 | ||
|- | |- | ||
| [[ | | Mineralglas für [[Brille]]n (polarisierend) ||data-sort-value="1,9" | bis 1,9 (1,5) | ||
|- | |- | ||
| | | [[Glas]] ||data-sort-value="1,45"| 1,45 … 2,14 | ||
|- | |- | ||
| [[ | | [[Bleikristall]] ||data-sort-value="1,93"| bis 1,93 | ||
|- | |- | ||
| [[ | | [[Zirkon]] || 1,92 | ||
|- | |- | ||
| [[ | | [[Schwefel]] || 2,00 | ||
|- | |- | ||
| [[ | | [[Zinksulfid]] || 2,37 | ||
|- | |- | ||
| [[ | | [[Diamant]] || 2,42 | ||
|- | |- | ||
| [[ | | [[Titandioxid]] (Anatas) || 2,52 | ||
|- | |- | ||
| [[ | | [[Siliciumcarbid]] ||data-sort-value="2,65"| 2,65 … 2,69 | ||
|- | |- | ||
| [[Titandioxid]] (Rutil) || 3,10 | |||
| [[Titandioxid]] (Rutil) ||3,10 | |||
|} | |} | ||
=== Größenordnungen === | === Größenordnungen === | ||
Vakuum hat per Definition einen Brechungsindex von exakt 1. Im sichtbaren Bereich sind die Brechungsindizes transparenter bzw. schwach (bis mittel) absorbierender Materialien in der Regel größer als 1. Bei elektrisch leitfähigen, und daher stark absorbierenden Materialien wie Metallen herrschen andere physikalische Bedingungen. Sichtbares Licht kann nur wenige Nanometer in solche Materialien eindringen. Aus der oben genannten Beziehung mit der Permittivität und Permeabilität ergibt sich daher zwar oft ein Realteil des Brechungsindexes zwischen 0 und 1, dies kann aber nicht in der gleichen Weise interpretiert werden wie bei transparenten Materialien (Bezug zur Lichtgeschwindigkeit), da der komplexe Brechungsindex in diesem Fall vom Imaginärteil dominiert wird. | [[Datei:Brechungsindex Wasser 1-de.svg|mini|links|Brechungsindex von Wasser zwischen 3 nm und 300 m]] | ||
<!--[[Datei:Brechungsindex Wasser 3.png|mini|hochkant=1.8|links|Brechungsindex von Wasser zwischen 100 nm (UV) und 6400 nm (IR)]]--> | |||
Das Vakuum hat per Definition einen Brechungsindex von exakt 1. Dies stellt zum einen einen Referenzwert dar, zum anderen ergibt es sich aus der Ausbreitungsgeschwindigkeit von Licht im Vakuum, die genau der Vakuumlichtgeschwindigkeit entspricht. | |||
In „normalen“ Stoffen gibt es bewegliche elektrische Ladungsträger (und bewegliche magnetische Dipole). Diese bewirken durch Kompensation des elektrischen (und des magnetischen) Feldes eine verlangsamte Ausbreitung des elektromagnetischen Feldes. Dies wird durch den Brechungsindex <math>\mathbf n</math> beschrieben. Dieses Kompensationsverhalten ist allerdings frequenzabhängig, da die Ladungsträger (und magnetischen Dipole) nur bis zu einer bestimmten Frequenz dem elektrischen Feld folgen können. So fangen Stoffe bei einem bestimmten Brechungsindex bei sehr kleinen Frequenzen an (Wasser z. B. bei <math>n \approx 9</math>) und reduzieren diesen Wert hin zu hohen Frequenzen. Jede Reduktion erfolgt in der Nähe einer Elektronenresonanz (oder Magnetdipolresonanz) des Stoffes und führt zu einer zunächst vergrößerten Brechzahl, die sich danach verkleinert und anschließend auf einem niedrigeren Niveau wieder einpegelt. | |||
Im sichtbaren Bereich sind die Brechungsindizes transparenter bzw. schwach (bis mittel) absorbierender Materialien in der Regel größer als 1. Bei elektrisch leitfähigen, und daher stark absorbierenden Materialien wie Metallen herrschen andere physikalische Bedingungen. Sichtbares Licht kann nur wenige Nanometer in solche Materialien eindringen. Aus der oben genannten Beziehung mit der Permittivität und Permeabilität ergibt sich daher zwar oft ein Realteil des Brechungsindexes zwischen 0 und 1, dies kann aber nicht in der gleichen Weise interpretiert werden wie bei transparenten Materialien (Bezug zur Lichtgeschwindigkeit), da der komplexe Brechungsindex in diesem Fall vom Imaginärteil dominiert wird. | |||
Darüber hinaus gibt es für jeden Stoff jedoch Wellenlängenbereiche (z. B. oberhalb des sichtbaren Bereichs), bei denen der Realteil des Brechungsindexes kleiner als 1 ist (aber positiv bleibt). So ist für sehr kleine Wellenlängen ([[Röntgenstrahlung]], [[Gammastrahlung]]) der Brechungsindex immer kleiner als 1 und nähert sich mit sinkender Wellenlänge der 1 von unten an. Daher hat sich beispielsweise im Röntgenbereich die Darstellung <math>n = 1-\delta</math> etabliert, wobei typische Werte für <math>\delta</math> zwischen 10<sup>−9</sup> und 10<sup>−5</sup> liegen (stark abhängig von der Wellenlänge, abhängig von der [[Ordnungszahl]] und [[Dichte]] des Materials). | Darüber hinaus gibt es für jeden Stoff jedoch Wellenlängenbereiche (z. B. oberhalb des sichtbaren Bereichs), bei denen der Realteil des Brechungsindexes kleiner als 1 ist (aber positiv bleibt). So ist für sehr kleine Wellenlängen ([[Röntgenstrahlung]], [[Gammastrahlung]]) der Brechungsindex immer kleiner als 1 und nähert sich mit sinkender Wellenlänge der 1 von unten an. Daher hat sich beispielsweise im Röntgenbereich die Darstellung <math>n = 1-\delta</math> etabliert, wobei typische Werte für <math>\delta</math> zwischen 10<sup>−9</sup> und 10<sup>−5</sup> liegen (stark abhängig von der Wellenlänge, abhängig von der [[Ordnungszahl]] und [[Dichte]] des Materials). | ||
=== Luft === | === Luft === | ||
Der Brechungsindex | Der Brechungsindex für sichtbares Licht von [[Luft]] beträgt auf [[Meeresniveau]] 1,00028<ref>{{CRC Handbook |Auflage=90 |Titel=Index of Refraction of Air |Kapitel=10 |Startseite=252 |Endseite= }}</ref> (trockene Luft bei [[Normatmosphäre]]). Er hängt von der Dichte und damit von der Temperatur der Luft ab, sowie von der speziellen Zusammensetzung der Luft – insbesondere der [[Luftfeuchtigkeit]]. Da die [[Luftdichte]] nach oben – entsprechend den [[Gasgesetz]]en in einem [[Schwerefeld]], siehe [[barometrische Höhenformel]] – exponentiell abnimmt, beträgt der Brechungsindex in 8 km Höhe nur mehr 1,00011. Durch diese [[astronomische Refraktion]] scheinen [[Stern]]e höher zu stehen, als das ohne Atmosphäre der Fall wäre. Im technischen Bereich wird manchmal zur Vereinfachung der Brechungsindex der Materialien auf den von Luft bezogen. | ||
=== Wellenlängenabhängigkeit === | === Wellenlängenabhängigkeit === | ||
[[Datei:Dispersionskurven.PNG|links|mini|hochkant=1. | [[Datei:Dispersionskurven.PNG|links|mini|hochkant=1.2|Brechungsindex ausgewählter Glassorten als Funktion der Wellenlänge. Der sichtbare Bereich von 380 bis 780 nm ist rot markiert.]] | ||
Da wie in der Einleitung beschrieben der Brechungsindex jedes Materials von der Wellenlänge des einfallenden Lichts abhängt (was auch bei elektromagnetischer Strahlung außerhalb des sichtbaren Bereichs gilt), wäre es notwendig, diesen auch wellenlängenabhängig (tabellarisch oder als Funktion) anzugeben. Da dies aber für viele einfache Anwendungen nicht notwendig ist, wird der Brechungsindex üblicherweise für die Wellenlänge der [[Natrium-D-Linie]] (589 nm) angegeben. In der | Da wie in der Einleitung beschrieben der Brechungsindex jedes Materials von der Wellenlänge des einfallenden Lichts abhängt (was auch bei elektromagnetischer Strahlung außerhalb des sichtbaren Bereichs gilt), wäre es notwendig, diesen auch wellenlängenabhängig (tabellarisch oder als Funktion) anzugeben. Da dies aber für viele einfache Anwendungen nicht notwendig ist, wird der Brechungsindex üblicherweise für die Wellenlänge der [[Natrium-D-Linie]] (589 nm) angegeben. In der Abbildung sind als Beispiel Kurven des wellenlängenabhängigen Brechungsindex einiger Glassorten dargestellt. Sie zeigen den typischen Verlauf einer normalen Dispersion. | ||
Die Stärke der Dispersion | Die Stärke der Dispersion lässt sich im sichtbaren Spektralbereich in erster Näherung durch die [[Abbe-Zahl]] beschreiben, genauere Abschätzung ergeben sich durch Anwendung der [[Sellmeier-Gleichung]]. | ||
<div style="clear:left;"></div> | <div style="clear:left;"></div> | ||
== Brechungsindex des Plasmas == | == Brechungsindex des Plasmas == | ||
Jede linear [[Polarisation|polarisierte]] Welle kann als Überlagerung zweier zirkularer Wellen mit entgegengesetztem Umlaufsinn interpretiert werden. Verläuft die Ausbreitungsrichtung ''parallel'' zu den Magnetfeldlinien, ergeben sich für die Brechzahlen ''n'' folgende Formeln:<ref>{{Internetquelle |url=http://descanso.jpl.nasa.gov/Propagation/1108/1108Chapter2.pdf |titel=Ionospheric Effects | Jede linear [[Polarisation|polarisierte]] Welle kann als Überlagerung zweier zirkularer Wellen mit entgegengesetztem Umlaufsinn interpretiert werden. Verläuft die Ausbreitungsrichtung ''parallel'' zu den Magnetfeldlinien, ergeben sich für die Brechzahlen ''n'' folgende Formeln:<ref>{{Internetquelle |url=http://descanso.jpl.nasa.gov/Propagation/1108/1108Chapter2.pdf |titel=Ionospheric Effects – Propagation in homogenous Plasmas |format=PDF; 2,2 MB |sprache=en |archiv-url=https://web.archive.org/web/20130217060506/http://descanso.jpl.nasa.gov/Propagation/1108/1108Chapter2.pdf |archiv-datum=2013-02-17 |offline=1 |abruf=2016-06-20}}</ref> | ||
:<math>n_\text{links} = \sqrt {1- \frac{f_P^2}{f (f+f_B)}}</math> | :<math>n_\text{links} = \sqrt {1- \frac{f_P^2}{f (f+f_B)}}</math> | ||
Zeile 183: | Zeile 202: | ||
:<math>n_\text{rechts} = \sqrt {1- \frac{f_P^2}{f (f-f_B)}}</math> | :<math>n_\text{rechts} = \sqrt {1- \frac{f_P^2}{f (f-f_B)}}</math> | ||
Dabei ist | Dabei ist <math>f</math> die Frequenz der Welle, <math>f_P</math> die [[Plasmaoszillation|Plasmafrequenz]] der freien Elektronen im Plasma und <math>f_B</math> die [[Zyklotronfrequenz|Gyrationsfrequenz]] dieser Elektronen. Der Unterschied beider Formeln verschwindet, falls der Wellenvektor mit der Richtung des Magnetfeldes einen rechten Winkel einschließt, weil dann <math>f_B=0</math> ist. | ||
=== Faraday-Effekt === | === Faraday-Effekt === | ||
{{ | {{Siehe auch|Faraday-Effekt}} | ||
Falls | Falls <math>n</math> positiv ist, lässt sich damit die [[Phasengeschwindigkeit]] der Welle | ||
:<math>v_\text{phase} = \frac{c}{n}</math> | :<math>v_\text{phase} = \frac{c}{n}</math> | ||
und damit wiederum die Wellenlänge | und damit wiederum die Wellenlänge | ||
:<math>\lambda = \frac{c}{nf}</math> | :<math>\lambda = \frac{c}{nf}</math> | ||
berechnen. Weil sich die rechts- bzw. linksdrehenden zirkularen Wellen in ihren Wellenlängen unterscheiden, ist eine davon nach einer gewissen Weglänge um einen kleinen Winkel weiter gedreht als die andere. Der resultierende Vektor (und damit die Polarisationsebene) als Summe der beiden Komponenten wird deshalb beim Durchlaufen des Plasmas gedreht, was man als ''Faraday-Rotation'' bezeichnet.<!--<ref>[http://www3.mpifr-bonn.mpg.de/div/meetings/1stRU1254/presentations/watts_irsee.pdf Ionosphärische Effekte] (PDF; 4,1 MB).</ref>--> | berechnen. Weil sich die rechts- bzw. linksdrehenden zirkularen Wellen in ihren Wellenlängen unterscheiden, ist eine davon nach einer gewissen Weglänge um einen kleinen Winkel weiter gedreht als die andere. Der resultierende Vektor (und damit die Polarisationsebene) als Summe der beiden Komponenten wird deshalb beim Durchlaufen des Plasmas gedreht, was man als ''Faraday-Rotation'' bezeichnet.<!--<ref>[http://www3.mpifr-bonn.mpg.de/div/meetings/1stRU1254/presentations/watts_irsee.pdf Ionosphärische Effekte] (PDF; 4,1 MB).</ref>--><ref>{{Internetquelle |autor=Christopher Watts |url=http://www.mpifr-bonn.mpg.de/1282332/watts_irsee.pdf |titel=Ionospheric effects on imaging and polarization |hrsg=Max-Planck-Institut für Radioastronomie Bonn |datum=2010-10-05 |format=PDF |kommentar=Vortrags-Folien – Treffen Kloster Irsee 2010 |abruf=2016-06-20}}</ref> | ||
<ref>{{Internetquelle |autor=Christopher Watts |url=http://www.mpifr-bonn.mpg.de/1282332/watts_irsee.pdf |titel=Ionospheric effects on imaging and polarization |hrsg=Max-Planck-Institut für Radioastronomie Bonn |datum=2010-10-05 | |||
Nach einer längeren Strecke kann die Gesamtdrehung sehr groß sein und ändert sich wegen der Bewegung der Ionosphäre ständig. Eine Sendung in vertikaler Polarisation kann den Empfänger in unregelmäßigen Zeitabständen auch horizontal polarisiert erreichen. Falls die Empfangsantenne darauf nicht reagiert, ändert sich die Signalstärke sehr drastisch, was als [[Fading (Elektrotechnik)|Fading]] bezeichnet wird. | Nach einer längeren Strecke kann die Gesamtdrehung sehr groß sein und ändert sich wegen der Bewegung der Ionosphäre ständig. Eine Sendung in vertikaler Polarisation kann den Empfänger in unregelmäßigen Zeitabständen auch horizontal polarisiert erreichen. Falls die Empfangsantenne darauf nicht reagiert, ändert sich die Signalstärke sehr drastisch, was als [[Fading (Elektrotechnik)|Fading]] bezeichnet wird. | ||
Beim Funkverkehr mit Satelliten unterscheiden sich | Beim Funkverkehr mit Satelliten unterscheiden sich <math>n_\text{links}</math> und <math>n_\text{rechts}</math> wegen der wesentlich höheren Frequenzen nur geringfügig, entsprechend geringer ist auch die Faradayrotation. | ||
=== Polarisationsabhängige Absorption === | === Polarisationsabhängige Absorption === | ||
Die ungebundenen freien Elektronen der [[Ionosphäre]] können sich schraubenförmig um die Magnetfeldlinien bewegen und entziehen dabei einer parallel laufenden elektromagnetischen Welle Energie, wenn Frequenz ''und'' Drehrichtung übereinstimmen. Diese [[Zyklotronresonanz]] kann nur bei der ''rechtszirkulär'' polarisierten ''außerordentlichen Welle'' beobachtet werden, weil für | Die ungebundenen freien Elektronen der [[Ionosphäre]] können sich schraubenförmig um die Magnetfeldlinien bewegen und entziehen dabei einer parallel laufenden elektromagnetischen Welle Energie, wenn Frequenz ''und'' Drehrichtung übereinstimmen. Diese [[Zyklotronresonanz]] kann nur bei der ''rechtszirkulär'' polarisierten ''außerordentlichen Welle'' beobachtet werden, weil für <math>f=f_B</math> der Nenner in obiger Formel Null wird. Die ''linkszirkulär'' polarisierte ''ordentliche Welle'' kann im Plasma auf diese Weise keine Energie verlieren. | ||
Die Feldlinien des [[Erdmagnetfeld]]es sind so orientiert, dass sie auf der nördlichen Halbkugel von der Ionosphäre zur Erde zeigen, man „blickt“ ihnen gewissermaßen entgegen, weshalb ''rechts'' und ''links'' vertauscht werden müssen. Deshalb wird ''hier'' eine nach oben abgestrahlte ''linkszirkuläre'' Welle absorbiert, bei [[HAARP]] wird so die Ionosphäre aufgeheizt. | |||
<!--<ref>[http://www.lois-space.net/Workshops/Vaxjo080616-18/Presentations/leyser.pdf Radio frequency pumping of ionospheric plasma] (PDF; 14,6 MB).</ref>--> | |||
Strahlt man dagegen (auf der nördlichen Halbkugel) eine Welle im unteren Kurzwellenbereich mit ''rechtem'' Drehsinn vertikal nach oben ab, verliert diese in der Ionosphäre keine Energie durch Zyklotronresonanz und wird in einigen hundert Kilometern Höhe von der Ionosphäre [[Totalreflexion|reflektiert]], falls die Plasmafrequenz nicht überschritten wird.<ref>[http://www.waniewski.de/MW/Mainflingen/id311.htm Mainflingen Kreuzdipol].</ref> Strahlt man eine linear polarisierte Welle nach oben ab, heizt die Hälfte der Sendeenergie die Ionosphäre und nur der Rest kommt linkszirkular polarisiert wieder hier unten an, weil sich bei Reflexion der Drehsinn ändert. | Strahlt man dagegen (auf der nördlichen Halbkugel) eine Welle im unteren Kurzwellenbereich mit ''rechtem'' Drehsinn vertikal nach oben ab, verliert diese in der Ionosphäre keine Energie durch Zyklotronresonanz und wird in einigen hundert Kilometern Höhe von der Ionosphäre [[Totalreflexion|reflektiert]], falls die Plasmafrequenz nicht überschritten wird.<ref>[http://www.waniewski.de/MW/Mainflingen/id311.htm Mainflingen Kreuzdipol].</ref> Strahlt man eine linear polarisierte Welle nach oben ab, heizt die Hälfte der Sendeenergie die Ionosphäre und nur der Rest kommt linkszirkular polarisiert wieder hier unten an, weil sich bei Reflexion der Drehsinn ändert. | ||
Zeile 207: | Zeile 227: | ||
== Messung im optischen Bereich == | == Messung im optischen Bereich == | ||
Zur experimentellen Bestimmung des Brechungsindex eines Mediums mit <math>\mu_{r2}\ (\text{med}) = \mu_{r1}\ (\text{Luft})</math> (zum Beispiel nicht magnetisch) | Zur experimentellen Bestimmung des Brechungsindex eines Mediums mit <math>\mu_{r2}\ (\text{med}) = \mu_{r1}\ (\text{Luft})</math> (zum Beispiel nicht magnetisch) <math>n_\text{med}</math> kann man zum Beispiel den [[Brewster-Winkel]] beim Übergang von [[Luft]] in dieses Medium messen. Für diesen Fall gilt | ||
:<math> \tan (\alpha_\text{Brewster}) = \frac{n_\text{med}}{n_\text{Luft}} \approx n_\text{med}</math>. | :<math> \tan (\alpha_\text{Brewster}) = \frac{n_\text{med}}{n_\text{Luft}} \approx n_\text{med}</math>. | ||
Zeile 216: | Zeile 236: | ||
== Anwendung == | == Anwendung == | ||
Der Brechungsindex ist eine der zentralen Bestimmungsgrößen für optische [[Linse (Optik)|Linsen]]. Die Kunst der ''Optikrechnung'' zur Auslegung optischer Instrumente ([[Objektiv (Optik)|Objektive]], Messinstrumente) beruht auf der Kombination verschiedener brechender Linsenoberflächen mit passenden Glassorten. | Der Brechungsindex ist eine der zentralen Bestimmungsgrößen für optische [[Linse (Optik)|Linsen]]. Die Kunst der ''Optikrechnung'' zur Auslegung optischer Instrumente ([[Objektiv (Optik)|Objektive]], Messinstrumente, Belichtungsanlagen der [[Fotolithografie (Halbleitertechnik)|Fotolithografie]]) beruht auf der Kombination verschiedener brechender Linsenoberflächen mit passenden Glassorten. | ||
In der [[Chemie]] wird der Brechungsindex bei einer bestimmten Temperatur oft eingesetzt, um flüssige Substanzen zu charakterisieren. Die Temperatur und die Wellenlänge, bei der der Brechungsindex bestimmt wurde, werden dabei dem Symbol für den Brechungsindex angefügt, für 20 °C und die Natrium-D-Linie z. B. <math>n_D^{20}</math>. | In der [[Chemie]] und [[Pharmazie]] wird der Brechungsindex bei einer bestimmten Temperatur oft eingesetzt, um flüssige Substanzen zu charakterisieren. Die Temperatur und die Wellenlänge, bei der der Brechungsindex bestimmt wurde, werden dabei dem Symbol für den Brechungsindex angefügt, für 20 °C und die Natrium-D-Linie z. B. <math>n_D^{20}</math>.<ref name="EuropäischesArzneibuch">''Europäisches Arzneibuch''. 6. Ausgabe, Deutscher Apotheker Verlag Stuttgart, 2008, ISBN 978-3-7692-3962-1, S. 34.</ref> | ||
Die Bestimmung des Brechungsindex erlaubt eine einfache Bestimmung des Gehaltes einer bestimmten Substanz in einem Lösungsmittel: | Die Bestimmung des Brechungsindex erlaubt eine einfache Bestimmung des Gehaltes einer bestimmten Substanz in einem Lösungsmittel: | ||
Zeile 225: | Zeile 245: | ||
* [[Gefrierschutzmittel]] (meist [[Ethylenglycol]]) im Kühlwasser von [[Verbrennungsmotor]]en oder [[Thermische Solaranlage|thermischen Solaranlagen]] | * [[Gefrierschutzmittel]] (meist [[Ethylenglycol]]) im Kühlwasser von [[Verbrennungsmotor]]en oder [[Thermische Solaranlage|thermischen Solaranlagen]] | ||
== Zusammenhang mit dem atomaren Aufbau == | |||
=== Bei kristallinen Materialien === | |||
Der Brechungsindex eines [[kristall]]inen Materials hängt direkt von seinem atomaren Aufbau ab, da sich der Grad der [[Kristallisation (Polymer) #Kristallinität, Kristallinitätsgrad, Kristallisationsgrad|Kristallinität]] und das [[Kristallgitter]] eines [[Festkörper]]s auf seine [[Bandstruktur]] auswirken. Im [[Lichtspektrum|sichtbaren Spektrum]] zeigt sich dies beispielsweise bei der Verschiebung der [[Bandlücke]]. | |||
== | Durch einen anisotropen Kristallaufbau können zusätzlich Effekte wie die [[Doppelbrechung]] entstehen, bei der das Material für unterschiedlich polarisiertes Licht abweichende Brechungsindizes besitzt. In diesem Fall ist die [[Indikatrix]] ein dreiachsiges Ellipsoid ([[Indexellipsoid]]), und es ergeben sich die '''Hauptbrechungsindizes''' <math>n_{\alpha}</math>, <math>n_{\beta}</math> und <math>n_{\gamma}</math> (auch als ''n''<sub>1</sub>, ''n''<sub>2</sub> und ''n''<sub>3</sub> bezeichnet), deren Indizierung stets so vorgenommen wird, dass gilt: <math>n_{\alpha} < n_{\beta} < n_{\gamma}</math>.<ref>{{Literatur |Autor=[[Will Kleber]], [[Hans-Joachim Bautsch]], [[Joachim Bohm (Kristallograph)|Joachim Bohm]] |Titel=Einführung in die Kristallographie |Verlag=Oldenbourg |Datum=2002 |ISBN=3-486-59885-6 |Seiten=304 |Online={{Google Buch|BuchID=UvOw8tc8LJEC|Seite=304}}}}</ref> | ||
[[ | In den [[Wirteliges Kristallsystem|wirteligen Kristallsystemen]] ([[Trigonales Kristallsystem|trigonal]], [[Tetragonales Kristallsystem|tetragonal]] und [[Hexagonales Kristallsystem|hexagonal]]) fällt die Hauptachse des Tensors, die auch als [[Optische Achse (Kristalloptik)|optische Achse]] bezeichnet wird, mit der kristallographischen c-Achse zusammen. Bei diesen ''optisch einachsigen'' Materialien | ||
* entspricht <math>n_{\alpha} = n_{\beta}</math> dem Brechungsindex des [[Ordentlicher Strahl|ordentlichen Strahls]] (engl. {{lang|en|''ordinary ray''}}) und wird meist mit ''n''<sub>o</sub>, ''n''<sub>or</sub>, ''n''<sub>?</sub> oder <math>n_{\perp}</math> bezeichnet. | |||
* Analog entspricht <math>n_{\gamma}</math> (<math>\neq n_{\alpha}</math>) dem Brechungsindex für den außerordentlichen Strahl (engl. {{lang|en|''extraordinary ray''}}) und wird als ''n''<sub>ao</sub>, ''n''<sub>e</sub>, ''n''<sub>e</sub> oder <math>n_{\parallel}</math> bezeichnet. | |||
Siehe auch [[Indexellipsoid #Konstruktion|Konstruktion des Indexellipsoids und des Fresnel-Ellipsoids]]. | |||
=== Bei teilkristallinen und amorphen Materialien === | |||
[[Datei:Dichte brechzah-de.svg|mini|hochkant=1.2|Beziehung zwischen Brechungsindex und Dichte für Silikat- und Borosilikatgläser<ref>[http://glassproperties.com/refractive_index/ ''Calculation of the Refractive Index of Glasses.''] Auf: ''Glassproperties.com.''</ref>]] | |||
Bei [[teilkristallin]]en oder [[amorph]]en Materialien hat der atomare Aufbau ebenfalls deutlichen Einfluss auf den Brechungsindex. So erhöht sich in der Regel der Brechungsindex von [[Silikatglas|Silikat-]], [[Bleiglas|Bleisilikat-]] und [[Borosilikatglas|Borosilikatgläsern]] mit ihrer [[Dichte]]. | |||
Trotz dieses allgemeinen Trends ist die Beziehung zwischen Brechungsindex und Dichte nicht immer linear, und es treten Ausnahmen auf, wie im Diagramm dargestellt: | |||
* einen relativ großen Brechungsindex und eine kleine Dichte kann man mit Gläsern erhalten, die leichte [[Metalloxid]]e wie [[Lithiumoxid|Li<sub>2</sub>O]] oder [[Magnesiumoxid|MgO]] enthalten | |||
* das Gegenteil wird mit [[Blei(II)-oxid|PbO]]- und [[Bariumoxid|BaO]]-haltigen Gläsern erreicht. | |||
== Negative Brechungsindizes == | == Negative Brechungsindizes == | ||
=== Geschichte === | === Geschichte === | ||
1968 beschrieb der sowjetische Physiker [[ | 1968 beschrieb der sowjetische Physiker [[Wiktor Wesselago]] das seltsame Verhalten von Materialien mit negativem Brechungsindex: „Würde die Herstellung gelingen, könnte man damit [[Linse (Optik)|Linsen]] fertigen, deren [[Auflösungsvermögen]] weit besser wäre als das von Linsen aus gewöhnlichen optischen Werkstoffen“.<ref>{{Literatur |Autor=Viktor G .Veselago |Titel=The Electrodynamics of Substances with Simultaneously Negative Values of e and µ |Sammelwerk=Soviet Physics Uspekhi |Band=10 |Nummer=4 |Datum=1968-04-30 |Seiten=509–514 |DOI=10.1070/PU1968v010n04ABEH003699}}</ref> | ||
1999 schlug Sir [[John Pendry]] ein Design für [[Metamaterial]]ien mit negativem Brechungsindex für Mikrowellen vor,<ref>{{Literatur |Autor=J.B. Pendry, A.J. Holden, D.J. Robbins, W.J. Stewart |Titel=Magnetism from conductors and enhanced nonlinear phenomena |Sammelwerk=IEEE Transactions on Microwave Theory and Techniques |Band=47 |Nummer=11 |Datum=1999 |Seiten=2075–2084 |DOI=10.1109/22.798002}}</ref> das kurz darauf realisiert wurde.<ref>{{Literatur |Autor=R. A. Shelby, D. R. Smith, S. Schultz |Titel=Experimental Verification of a Negative Index of Refraction |Sammelwerk=Science |Band=292 |Nummer=5514 |Datum=2001-06-04 |Seiten=77–79 |DOI=10.1126/science.1058847}}</ref><ref>{{Literatur |Autor=C. Kusko, Z. Zhai, N. Hakim, R. S. Markiewicz, S. Sridhar, D. Colson, V. Viallet-Guillen, A. Forget, Yu. A. Nefyodov, M. R. Trunin, N. N. Kolesnikov, A. Maignan, A. Daignere, A. Erb |Titel=Anomalous microwave conductivity due to collective transport in the pseudogap state of cuprate superconductors |Sammelwerk=Physical Review B |Band=65 |Nummer=13 |Datum=2002-02-06 |Seiten=132501 |DOI=10.1103/PhysRevB.65.132501}}</ref> | 1999 schlug Sir [[John Pendry]] ein Design für [[Metamaterial]]ien mit negativem Brechungsindex für Mikrowellen vor,<ref>{{Literatur |Autor=J.B. Pendry, A.J. Holden, D.J. Robbins, W.J. Stewart |Titel=Magnetism from conductors and enhanced nonlinear phenomena |Sammelwerk=IEEE Transactions on Microwave Theory and Techniques |Band=47 |Nummer=11 |Datum=1999 |Seiten=2075–2084 |DOI=10.1109/22.798002}}</ref> das kurz darauf realisiert wurde.<ref>{{Literatur |Autor=R. A. Shelby, D. R. Smith, S. Schultz |Titel=Experimental Verification of a Negative Index of Refraction |Sammelwerk=Science |Band=292 |Nummer=5514 |Datum=2001-06-04 |Seiten=77–79 |DOI=10.1126/science.1058847}}</ref><ref>{{Literatur |Autor=C. Kusko, Z. Zhai, N. Hakim, R. S. Markiewicz, S. Sridhar, D. Colson, V. Viallet-Guillen, A. Forget, Yu. A. Nefyodov, M. R. Trunin, N. N. Kolesnikov, A. Maignan, A. Daignere, A. Erb |Titel=Anomalous microwave conductivity due to collective transport in the pseudogap state of cuprate superconductors |Sammelwerk=Physical Review B |Band=65 |Nummer=13 |Datum=2002-02-06 |Seiten=132501 |DOI=10.1103/PhysRevB.65.132501}}</ref> | ||
2003 hat eine Gruppe um [[Yong Zhang]] in Colorado entdeckt, dass Kristalle aus [[Yttrium]]-[[Vanadat]] (YVO<sub>4</sub>), einer Verbindung von Yttrium, [[Vanadium]] und [[Sauerstoff]], auch ohne Weiterverarbeitung einen negativen Brechungsindex für Lichtwellen eines großen [[Frequenz]]bereichs aufweisen.<ref>{{Internetquelle |url=http://www.aip.org/png/2003/202.htm |titel=Left Handed Material at Work |werk=Physics News |archiv-url=https://web.archive.org/web/20131001153457/http://www.aip.org/png/2003/202.htm |archiv-datum=2013-10-01 | | 2003 hat eine Gruppe um [[Yong Zhang]] in Colorado entdeckt, dass Kristalle aus [[Yttrium]]-[[Vanadat]] (YVO<sub>4</sub>), einer Verbindung von Yttrium, [[Vanadium]] und [[Sauerstoff]], auch ohne Weiterverarbeitung einen negativen Brechungsindex für Lichtwellen eines großen [[Frequenz]]bereichs aufweisen.<ref>{{Internetquelle |url=http://www.aip.org/png/2003/202.htm |titel=Left Handed Material at Work |werk=Physics News |sprache=en |archiv-url=https://web.archive.org/web/20131001153457/http://www.aip.org/png/2003/202.htm |archiv-datum=2013-10-01 |offline=1 |abruf=2016-06-20}}</ref> Der Kristall besteht aus zwei ineinandergeschachtelten [[Kristallgitter]]n mit [[Symmetrie (Geometrie)|symmetrischen]] optischen Achsen. Die negative [[Brechung (Physik)|Lichtbrechung]] tritt aber nur in einem gewissen Winkelbereich des [[Einfallswinkel]]s auf. In künftigen [[Experiment]]en wollen die Forscher weitere vermutete Eigenschaften der negativen Brechung prüfen – wie etwa die Umkehrung des [[Dopplereffekt]]s und der [[Tscherenkow-Strahlung]].<ref>{{Literatur |Autor=Yong Zhang, B. Fluegel, A. Mascarenhas |Titel=Total Negative Refraction in Real Crystals for Ballistic Electrons and Light |Sammelwerk=Physical Review Letters |Band=91 |Nummer=15 |Datum=2003-09-09 |Seiten=157404 |DOI=10.1103/PhysRevLett.91.157404}}</ref> | ||
2007 stellten [[Vladimir Shalaev]] und seine Kollegen von der Purdue-Universität ein Metamaterial mit negativem Brechungsindex für Strahlung im nahen [[Infrarot]]bereich vor.<ref>{{Literatur |Autor=V. M. Shalaev |Titel=Optical negative-index metamaterials |Sammelwerk=Nat. Photonics |Band=1 |Datum=2007 |Seiten=41–48 |DOI=10.1038/nphoton.2006.49}}</ref> | 2007 stellten [[Vladimir Shalaev]] und seine Kollegen von der Purdue-Universität ein Metamaterial mit negativem Brechungsindex für Strahlung im nahen [[Infrarot]]bereich vor.<ref>{{Literatur |Autor=V. M. Shalaev |Titel=Optical negative-index metamaterials |Sammelwerk=Nat. Photonics |Band=1 |Datum=2007 |Seiten=41–48 |DOI=10.1038/nphoton.2006.49}}</ref> | ||
2007 ist es Physikern um [[Ulf Leonhardt]] von der [[Universität St Andrews]] unter Verwendung von Metamaterial mit negativem Brechungsindex („linkshändiges Material“) gelungen, den sogenannten [[Casimir-Effekt]] umzukehren (reverser Casimir-Effekt, auch Quanten-Levitation genannt). Dies eröffnet die Zukunftsperspektive auf eine (nahezu) reibungslose [[Nanotechnologie]].<ref>{{Literatur |Autor=Rainer Scharf |Titel=Bisweilen stößt das Nichts auch ab |Sammelwerk=Frankfurter Allgemeine Zeitung |Band=11 |Datum=2009-01-14 |Seiten=N1}}</ref><ref>{{Literatur |Autor=Ulf Leonhardt et al |Titel=Quantum levitation by left-handed metamaterials |Sammelwerk=New J. Phys |Band=9 |Datum=2007 |Seiten=254 |DOI=10.1088/1367-2630/9/8/254}}</ref> | 2007 ist es Physikern um [[Ulf Leonhardt]] von der [[Universität St Andrews]] unter Verwendung von Metamaterial mit negativem Brechungsindex („linkshändiges Material“) gelungen, den sogenannten [[Casimir-Effekt]] umzukehren (reverser Casimir-Effekt, auch Quanten-Levitation genannt). Dies eröffnet die Zukunftsperspektive auf eine (nahezu) reibungslose [[Nanotechnologie]].<ref>{{Literatur |Autor=Rainer Scharf |Titel=Bisweilen stößt das Nichts auch ab |Sammelwerk=Frankfurter Allgemeine Zeitung |Band=11 |Datum=2009-01-14 |Seiten=N1}}</ref><ref>{{Literatur |Autor=Ulf Leonhardt et al. |Titel=Quantum levitation by left-handed metamaterials |Sammelwerk=New J. Phys |Band=9 |Datum=2007 |Seiten=254 |DOI=10.1088/1367-2630/9/8/254}}</ref> | ||
=== Nicht durch Beugung begrenzte Linsen === | === Nicht durch Beugung begrenzte Linsen === | ||
Im Jahr 2000 zeigte John Pendry, dass mit einem Material mit negativem Brechungsindex eine Linse hergestellt werden kann, deren Auflösung nicht durch das [[Beugung (Physik)|Beugungslimit]] begrenzt ist.<ref>{{Literatur |Autor=J. B. Pendry |Titel=Negative Refraction Makes a Perfect Lens |Sammelwerk=Phys. Rev. Lett. |Band=85 |Datum=2000 |Seiten=3966 |DOI=10.1103/PhysRevLett.85.3966}}</ref> Eine einschränkende Bedingung ist dabei, dass sich die Linse im Nahfeld des Objekts befinden muss, damit die [[evaneszente Welle]] noch nicht zu stark abgeklungen ist. Für sichtbares Licht bedeutet das einen Abstand von etwa < 1 µm. Einige Jahre später gelang es Forschern um Xiang Zhang an der [[Universität Berkeley]], ein Mikroskop mit einer [[Auflösung (Mikroskopie)|Auflösung]] von einem Sechstel der Wellenlänge des verwendeten Lichts zu bauen.<ref>{{Literatur |Autor=H. Lee, Y. Xiong, N. Fang, W. Srituravanich, S. Durant, M. Ambati, C. Sun, X. Zhang |Titel=Realization of optical superlens imaging below the diffraction limit |Sammelwerk=New J. Phys |Band=7 |Datum=2005 |Seiten=255 |Online={{Webarchiv | url=http://xlab.me.berkeley.edu/Publications/pdfs/33.Joe%20Superlens.pdf | wayback=20120901074847 | Im Jahr 2000 zeigte John Pendry, dass mit einem Material mit negativem Brechungsindex eine Linse hergestellt werden kann, deren Auflösung nicht durch das [[Beugung (Physik)|Beugungslimit]] begrenzt ist.<ref>{{Literatur |Autor=J. B. Pendry |Titel=Negative Refraction Makes a Perfect Lens |Sammelwerk=Phys. Rev. Lett. |Band=85 |Datum=2000 |Seiten=3966 |DOI=10.1103/PhysRevLett.85.3966}}</ref> Eine einschränkende Bedingung ist dabei, dass sich die Linse im Nahfeld des Objekts befinden muss, damit die [[evaneszente Welle]] noch nicht zu stark abgeklungen ist. Für sichtbares Licht bedeutet das einen Abstand von etwa < 1 µm. Einige Jahre später gelang es Forschern um Xiang Zhang an der [[Universität Berkeley]], ein Mikroskop mit einer [[Auflösung (Mikroskopie)|Auflösung]] von einem Sechstel der Wellenlänge des verwendeten Lichts zu bauen.<ref>{{Literatur |Autor=H. Lee, Y. Xiong, N. Fang, W. Srituravanich, S. Durant, M. Ambati, C. Sun, X. Zhang |Titel=Realization of optical superlens imaging below the diffraction limit |Sammelwerk=New J. Phys |Band=7 |Datum=2005 |Seiten=255 |Online={{Webarchiv |url=http://xlab.me.berkeley.edu/Publications/pdfs/33.Joe%20Superlens.pdf |text=Volltext |wayback=20120901074847}} |Format=PDF |KBytes=2500 |Abruf=2016-06-20 |DOI=10.1088/1367-2630/7/1/255}} {{Webarchiv |url=http://xlab.me.berkeley.edu/Publications/pdfs/33.Joe%20Superlens.pdf |text=Realization of optical superlens imaging below the diffraction limit |wayback=20120901074847 |archiv-bot=}}.</ref> | ||
== Literatur == | == Literatur == | ||
* {{Literatur |Autor=Michael Bass |Titel=Handbook of Optics Volume 1. Optical Techniques and Design: |Auflage=2. |Verlag=Mcgraw-Hill Professional |Datum=1994 |ISBN=0-07-047740-X}} | * {{Literatur | ||
* {{Literatur |Autor=Martin Roß-Meßemer |Titel=Den kleinsten Winkel im Visier |Sammelwerk=Innovation |Nummer=10 |Datum=2001 |Seiten=22–23 |Online={{Webarchiv | url=http://www.zeiss.de/C1257173002D0F60/0/D29D239FC359D7F7C125718100478D68/$File/Innovation10_22.pdf | |Autor=Michael Bass | ||
|Titel=Handbook of Optics Volume 1. Optical Techniques and Design: | |||
|Auflage=2. | |||
|Verlag=Mcgraw-Hill Professional | |||
|Datum=1994 | |||
|ISBN=0-07-047740-X}} | |||
* {{Literatur | |||
|Autor=Martin Roß-Meßemer | |||
|Titel=Den kleinsten Winkel im Visier | |||
|Sammelwerk=Innovation | |||
|Nummer=10 | |||
|Datum=2001 | |||
|Seiten=22–23 | |||
|Online={{Webarchiv |url=http://www.zeiss.de/C1257173002D0F60/0/D29D239FC359D7F7C125718100478D68/$File/Innovation10_22.pdf |text=PDF; 705 kB, archiviert am 9. Nov. 2012 |wayback=20121109170058}} | |||
|Abruf=2016-06-20}} | |||
* Schott Glass (Hrsg.): ''Optical Glass Properties.'' 2000 (Produktkatalog; Brechungsindizes verschiedener Glassorten). [http://www.physics.ohio-state.edu/~dws/class/880.uf/schott/optic_catalog.pdf PDF; 257 kB.] | * Schott Glass (Hrsg.): ''Optical Glass Properties.'' 2000 (Produktkatalog; Brechungsindizes verschiedener Glassorten). [http://www.physics.ohio-state.edu/~dws/class/880.uf/schott/optic_catalog.pdf PDF; 257 kB.] | ||
Zeile 263: | Zeile 305: | ||
* Belle Dumé: ''[http://physicsweb.org/articles/news/7/3/12 The speed of light is not violated by negative refraction].'' PhysicsWeb, 20. März 2003, abgerufen am 20. Dezember 2009. | * Belle Dumé: ''[http://physicsweb.org/articles/news/7/3/12 The speed of light is not violated by negative refraction].'' PhysicsWeb, 20. März 2003, abgerufen am 20. Dezember 2009. | ||
* ''[http://filmetrics.de/refractive-index-database Datenbank für Brechungsindizes und Absorptionskoeffizienten].'' Filmetrics (Hrsg.), abgerufen am 4. August 2011. | * ''[http://filmetrics.de/refractive-index-database Datenbank für Brechungsindizes und Absorptionskoeffizienten].'' Filmetrics (Hrsg.), abgerufen am 4. August 2011. | ||
* ''[http://refractiveindex.info/ RefractiveIndex.INFO – Datenbank für Brechungsindizes].'' Mikhail Polyanskiy (Hrsg.), abgerufen am 20. Dezember 2009. | * ''[http://refractiveindex.info/ RefractiveIndex.INFO – Datenbank für Brechungsindizes].'' Mikhail Polyanskiy (Hrsg.), abgerufen am 20. Dezember 2009. | ||
* {{Webarchiv | url=http://www.texloc.com/closet/cl_refractiveindex.html | * {{Webarchiv |url=http://www.texloc.com/closet/cl_refractiveindex.html |text=TexLoc Refractive Index of Polymers (engl.) |wayback=20101027145836}} | ||
== Einzelnachweise == | == Einzelnachweise == |
Der Brechungsindex, auch Brechzahl oder optische Dichte, seltener refraktiver Index, früher auch Brechungszahl genannt, ist eine optische Materialeigenschaft. Er ist das Verhältnis der Wellenlänge des Lichts im Vakuum zur Wellenlänge im Material, und damit auch der Phasengeschwindigkeit des Lichts im Vakuum zu der im Material. Der Brechungsindex ist eine Größe der Dimension Zahl, und er ist im Allgemeinen von der Frequenz des Lichts abhängig, was Dispersion genannt wird.
An der Grenzfläche zweier Medien unterschiedlicher Brechungsindizes wird Licht gebrochen und reflektiert. Dabei nennt man das Medium mit dem höheren Brechungsindex das optisch dichtere.
Beachte, dass mit „optische Dichte“ zuweilen auch ein Maß für die Extinktion bezeichnet wird.
Die Bezeichnung „Brechungsindex“ kommt vom Begriff Brechung und seinem Auftreten im Snelliusschen Brechungsgesetz. Der Brechungsindex $ n $ ist eine Größe der Dimension Zahl. Er gibt das Verhältnis der Vakuumlichtgeschwindigkeit $ c_{0} $ zur Ausbreitungsgeschwindigkeit $ c_{\mathrm {M} } $ des Lichts im Medium an:
Beschreibt man die zeitliche und räumliche Ausbreitung einer elektromagnetischen Welle der Kreisfrequenz $ \omega $ mit Hilfe der Wellengleichung
so stellt man fest, dass man sowohl den klassischen Brechungsindex als auch die Dämpfung der Welle in einem komplexwertigen Brechungsindex $ {\boldsymbol {n}}=n_{\mathrm {r} }+\mathrm {i} \,n_{\mathrm {i} } $ vereinen und mittels einer Gleichung sowohl das zeitliche als auch das räumliche Fortschreiten der Welle und deren Absorption beschreiben kann. Der reellwertige Anteil $ n_{\mathrm {r} } $, der meist größer als 1 ist, verkürzt die Wellenlänge im Medium, $ E(x)=\mathrm {e} ^{-\mathrm {i} {\big (}-{\frac {\omega }{c}}x\,n_{\mathrm {r} }{\big )}}=\mathrm {e} ^{\,\mathrm {i} {\frac {\omega }{c}}x\,n_{\mathrm {r} }} $, der komplexwertige Anteil $ n_{\mathrm {i} } $ dämpft die Welle $ E(x)=\mathrm {e} ^{-\mathrm {i} {\big (}-{\frac {\omega }{c}}x\,\mathrm {i} n_{\mathrm {i} }{\big )}}=\mathrm {e} ^{-{\frac {\omega }{c}}x\,n_{\mathrm {i} }} $.
Hierbei sind unterschiedliche, gleichwertige Darstellungen für den komplexwertigen Brechungsindex üblich:
Das in einigen Darstellungen enthaltene Minuszeichen vor dem Imaginärteil wird gewählt, damit der Imaginärteil ($ n_{\mathrm {i} } $, $ n'' $ oder $ K $ bzw. $ k $) bei absorbierendem Material ein positives Vorzeichen bekommt.[3] Dieser Imaginärteil wird Extinktionskoeffizient oder Absorptionsindex genannt.[6][7] Davon abweichend bezeichnen Autoren, die die Darstellung als Produkt verwenden, die Größe $ \kappa $, also den Imaginärteil geteilt durch $ n $, als Absorptionsindex.[5]
Sowohl der Realteil als auch der Imaginärteil des Brechungsindex sind, wenn sie ungleich 1 sind, von der Frequenz und damit von der Wellenlänge abhängig. Dieser als Dispersion bezeichnete Effekt ist unvermeidlich und ermöglicht die Zerlegung von weißem Licht in seine Spektralfarben an einem Prisma. Die Frequenzabhängigkeit des Brechungsindex in Materie kann recht gut über das Modell des Lorentz-Oszillators beschrieben werden.
Da die Reaktion eines optischen Mediums auf eine elektromagnetische Welle kausal sein muss, ist der komplexwertige Brechungsindex eine meromorphe Funktion, Real- und Imaginärteil sind über die Kramers-Kronig-Beziehungen verkoppelt.
In anisotropen Medien ist der Brechungsindex kein Skalar, sondern ein Tensor zweiter Stufe. Wellenvektor und Ausbreitungsrichtung stimmen dann nicht mehr überein.
Ist der Brechungsindex von der Polarisation (und damit zwangsweise auch von der Richtung) abhängig, spricht man von Doppelbrechung.
Der komplexe Brechungsindex ist mit der Permittivitätszahl (dielektrische Funktion) $ \varepsilon _{\mathrm {r} } $ und der Permeabilitätszahl $ \mu _{\mathrm {r} } $ verknüpft:
Dabei sind alle Größen im Allgemeinen komplex und frequenzabhängig. Permittivitäts- und der Permeabilitätszahl sind Näherungen, die sich je nach System besser oder schlechter zur Beschreibung des Polarisierungs- und des Magnetisierungs-Effekts eignen.
Die Wellenlängenabhängigkeit des Brechungsindexes eines Materials lässt sich über die elektrische Suszeptibilität theoretisch ermitteln. Diese Größe erfasst die Beiträge der verschiedenen Mechanismen im Material zu seinen Eigenschaften und mündet in der komplexen Permittivität. Im Fall von nichtmagnetischem Material ist $ \mu _{r}\approx 1 $, und der komplexe Brechungsindex kann direkt aus Real- ($ \varepsilon _{1} $) und Imaginärteil ($ \varepsilon _{2} $) der Permittivitätszahl angegeben werden:
Durch Vergleich mit dem komplexen Brechungsindex in den beiden o. g. Darstellungen 1 und 2 (Summe bzw. Differenz) kann man die Größen $ n $ und $ k $ berechnen:
Das Verhältnis der Vakuumlichtgeschwindigkeit $ c_{0} $ zur Gruppengeschwindigkeit $ c_{\mathrm {g} } $ des Lichts im Medium ist der Gruppenbrechungsindex $ n_{\mathrm {g} } $. Über die Gruppengeschwindigkeit ist diese Materialeigenschaft von der Wellenlänge $ \lambda $ des Lichts abhängig:
Im Vakuum hat die Gruppengeschwindigkeit den gleichen Wert wie die Phasengeschwindigkeit, zudem ist dieser Wert unabhängig von der Wellenlänge des Lichts. Im Medium ist das nicht notwendigerweise der Fall; besonders bei Wellenlängen, für die das Material große Dispersion zeigt, ergeben sich Unterschiede.
Die Definition des Brechungsindex erfolgte oben über die Geschwindigkeit, mit der sich Licht im Material ausbreitet. Dieses Vorgehen ist naheliegend, aber nicht in allen Fällen anwendbar. Beispielsweise können Metamaterialien dem geometrischen Strahlengang nach einen negativen Brechungsindex (s. u.) aufweisen. Ein negativer Wert der Lichtgeschwindigkeit ist jedoch nicht sinnvoll definiert.
Alternative Definitionen des Brechungsindex, bei denen dieses Problem nicht auftritt, sind:
Alle diese Definitionen liefern für gewöhnliche optische Materialien denselben Wert.
Material | Brechungs- index n |
---|---|
Vakuum | exakt 1 |
Helium (Normbed.) | 1,000 034 911 |
Luft (Normbed.) | 1,000 292 |
Schwefelhexafluorid (Normbed.) | 1,000 729 |
Aerogel | 1,007 … 1,24 |
Eis | 1,31 |
Wasser (liqu.) 20 °C | 1,3330 |
menschl. Augenlinse | 1,35 … 1,42 |
Ethanol[10] (liqu.) | 1,3614 |
Magnesiumfluorid | 1,38 |
Flussspat (Calciumfluorid) | 1,43 |
menschliche Epidermis | 1,45 |
Tetrachlorkohlenstoff (liqu.) | 1,4630 |
Quarzglas | 1,46 |
Glycerin (liqu.) | 1,473 99 |
Celluloseacetat (CA) | 1,48 |
PMMA (Plexiglas) | 1,49 |
Kronglas | 1,46 … 1,65 |
Benzol (liqu.) | 1,5011 |
Fensterglas[11] | 1,52 |
Mikroskopische Deckgläser | 1,523 |
COC (ein Kunststoff) | 1,533 |
PMMI (ein Kunststoff) | 1,534 |
Quarz | 1,54 |
Halit (Steinsalz) | 1,54 |
Polystyrol (PS) | 1,58 |
Polycarbonat (PC) | 1,585 |
Epoxidharz | 1,55 … 1,63 |
Flintglas | 1,56 … 1,93 |
Kohlenstoffdisulfid (liqu.) | 1,6319 |
Kunststoffglas für Brillen | bis 1,76 |
Diiodmethan (liqu.) | 1,7425 |
Rubin (Aluminiumoxid) | 1,76 |
Mineralglas für Brillen (polarisierend) | bis 1,9 (1,5) |
Glas | 1,45 … 2,14 |
Bleikristall | bis 1,93 |
Zirkon | 1,92 |
Schwefel | 2,00 |
Zinksulfid | 2,37 |
Diamant | 2,42 |
Titandioxid (Anatas) | 2,52 |
Siliciumcarbid | 2,65 … 2,69 |
Titandioxid (Rutil) | 3,10 |
Das Vakuum hat per Definition einen Brechungsindex von exakt 1. Dies stellt zum einen einen Referenzwert dar, zum anderen ergibt es sich aus der Ausbreitungsgeschwindigkeit von Licht im Vakuum, die genau der Vakuumlichtgeschwindigkeit entspricht.
In „normalen“ Stoffen gibt es bewegliche elektrische Ladungsträger (und bewegliche magnetische Dipole). Diese bewirken durch Kompensation des elektrischen (und des magnetischen) Feldes eine verlangsamte Ausbreitung des elektromagnetischen Feldes. Dies wird durch den Brechungsindex $ \mathbf {n} $ beschrieben. Dieses Kompensationsverhalten ist allerdings frequenzabhängig, da die Ladungsträger (und magnetischen Dipole) nur bis zu einer bestimmten Frequenz dem elektrischen Feld folgen können. So fangen Stoffe bei einem bestimmten Brechungsindex bei sehr kleinen Frequenzen an (Wasser z. B. bei $ n\approx 9 $) und reduzieren diesen Wert hin zu hohen Frequenzen. Jede Reduktion erfolgt in der Nähe einer Elektronenresonanz (oder Magnetdipolresonanz) des Stoffes und führt zu einer zunächst vergrößerten Brechzahl, die sich danach verkleinert und anschließend auf einem niedrigeren Niveau wieder einpegelt.
Im sichtbaren Bereich sind die Brechungsindizes transparenter bzw. schwach (bis mittel) absorbierender Materialien in der Regel größer als 1. Bei elektrisch leitfähigen, und daher stark absorbierenden Materialien wie Metallen herrschen andere physikalische Bedingungen. Sichtbares Licht kann nur wenige Nanometer in solche Materialien eindringen. Aus der oben genannten Beziehung mit der Permittivität und Permeabilität ergibt sich daher zwar oft ein Realteil des Brechungsindexes zwischen 0 und 1, dies kann aber nicht in der gleichen Weise interpretiert werden wie bei transparenten Materialien (Bezug zur Lichtgeschwindigkeit), da der komplexe Brechungsindex in diesem Fall vom Imaginärteil dominiert wird.
Darüber hinaus gibt es für jeden Stoff jedoch Wellenlängenbereiche (z. B. oberhalb des sichtbaren Bereichs), bei denen der Realteil des Brechungsindexes kleiner als 1 ist (aber positiv bleibt). So ist für sehr kleine Wellenlängen (Röntgenstrahlung, Gammastrahlung) der Brechungsindex immer kleiner als 1 und nähert sich mit sinkender Wellenlänge der 1 von unten an. Daher hat sich beispielsweise im Röntgenbereich die Darstellung $ n=1-\delta $ etabliert, wobei typische Werte für $ \delta $ zwischen 10−9 und 10−5 liegen (stark abhängig von der Wellenlänge, abhängig von der Ordnungszahl und Dichte des Materials).
Der Brechungsindex für sichtbares Licht von Luft beträgt auf Meeresniveau 1,00028[12] (trockene Luft bei Normatmosphäre). Er hängt von der Dichte und damit von der Temperatur der Luft ab, sowie von der speziellen Zusammensetzung der Luft – insbesondere der Luftfeuchtigkeit. Da die Luftdichte nach oben – entsprechend den Gasgesetzen in einem Schwerefeld, siehe barometrische Höhenformel – exponentiell abnimmt, beträgt der Brechungsindex in 8 km Höhe nur mehr 1,00011. Durch diese astronomische Refraktion scheinen Sterne höher zu stehen, als das ohne Atmosphäre der Fall wäre. Im technischen Bereich wird manchmal zur Vereinfachung der Brechungsindex der Materialien auf den von Luft bezogen.
Da wie in der Einleitung beschrieben der Brechungsindex jedes Materials von der Wellenlänge des einfallenden Lichts abhängt (was auch bei elektromagnetischer Strahlung außerhalb des sichtbaren Bereichs gilt), wäre es notwendig, diesen auch wellenlängenabhängig (tabellarisch oder als Funktion) anzugeben. Da dies aber für viele einfache Anwendungen nicht notwendig ist, wird der Brechungsindex üblicherweise für die Wellenlänge der Natrium-D-Linie (589 nm) angegeben. In der Abbildung sind als Beispiel Kurven des wellenlängenabhängigen Brechungsindex einiger Glassorten dargestellt. Sie zeigen den typischen Verlauf einer normalen Dispersion.
Die Stärke der Dispersion lässt sich im sichtbaren Spektralbereich in erster Näherung durch die Abbe-Zahl beschreiben, genauere Abschätzung ergeben sich durch Anwendung der Sellmeier-Gleichung.
Jede linear polarisierte Welle kann als Überlagerung zweier zirkularer Wellen mit entgegengesetztem Umlaufsinn interpretiert werden. Verläuft die Ausbreitungsrichtung parallel zu den Magnetfeldlinien, ergeben sich für die Brechzahlen n folgende Formeln:[13]
Dabei ist $ f $ die Frequenz der Welle, $ f_{P} $ die Plasmafrequenz der freien Elektronen im Plasma und $ f_{B} $ die Gyrationsfrequenz dieser Elektronen. Der Unterschied beider Formeln verschwindet, falls der Wellenvektor mit der Richtung des Magnetfeldes einen rechten Winkel einschließt, weil dann $ f_{B}=0 $ ist.
Falls $ n $ positiv ist, lässt sich damit die Phasengeschwindigkeit der Welle
und damit wiederum die Wellenlänge
berechnen. Weil sich die rechts- bzw. linksdrehenden zirkularen Wellen in ihren Wellenlängen unterscheiden, ist eine davon nach einer gewissen Weglänge um einen kleinen Winkel weiter gedreht als die andere. Der resultierende Vektor (und damit die Polarisationsebene) als Summe der beiden Komponenten wird deshalb beim Durchlaufen des Plasmas gedreht, was man als Faraday-Rotation bezeichnet.[14] Nach einer längeren Strecke kann die Gesamtdrehung sehr groß sein und ändert sich wegen der Bewegung der Ionosphäre ständig. Eine Sendung in vertikaler Polarisation kann den Empfänger in unregelmäßigen Zeitabständen auch horizontal polarisiert erreichen. Falls die Empfangsantenne darauf nicht reagiert, ändert sich die Signalstärke sehr drastisch, was als Fading bezeichnet wird.
Beim Funkverkehr mit Satelliten unterscheiden sich $ n_{\text{links}} $ und $ n_{\text{rechts}} $ wegen der wesentlich höheren Frequenzen nur geringfügig, entsprechend geringer ist auch die Faradayrotation.
Die ungebundenen freien Elektronen der Ionosphäre können sich schraubenförmig um die Magnetfeldlinien bewegen und entziehen dabei einer parallel laufenden elektromagnetischen Welle Energie, wenn Frequenz und Drehrichtung übereinstimmen. Diese Zyklotronresonanz kann nur bei der rechtszirkulär polarisierten außerordentlichen Welle beobachtet werden, weil für $ f=f_{B} $ der Nenner in obiger Formel Null wird. Die linkszirkulär polarisierte ordentliche Welle kann im Plasma auf diese Weise keine Energie verlieren.
Die Feldlinien des Erdmagnetfeldes sind so orientiert, dass sie auf der nördlichen Halbkugel von der Ionosphäre zur Erde zeigen, man „blickt“ ihnen gewissermaßen entgegen, weshalb rechts und links vertauscht werden müssen. Deshalb wird hier eine nach oben abgestrahlte linkszirkuläre Welle absorbiert, bei HAARP wird so die Ionosphäre aufgeheizt.
Strahlt man dagegen (auf der nördlichen Halbkugel) eine Welle im unteren Kurzwellenbereich mit rechtem Drehsinn vertikal nach oben ab, verliert diese in der Ionosphäre keine Energie durch Zyklotronresonanz und wird in einigen hundert Kilometern Höhe von der Ionosphäre reflektiert, falls die Plasmafrequenz nicht überschritten wird.[15] Strahlt man eine linear polarisierte Welle nach oben ab, heizt die Hälfte der Sendeenergie die Ionosphäre und nur der Rest kommt linkszirkular polarisiert wieder hier unten an, weil sich bei Reflexion der Drehsinn ändert.
Beim Funkverkehr mit Satelliten liegen die Frequenzen weit oberhalb der Plasmafrequenz der Ionosphäre, um vergleichbar gravierende Phänomene zu vermeiden.
Zur experimentellen Bestimmung des Brechungsindex eines Mediums mit $ \mu _{r2}\ ({\text{med}})=\mu _{r1}\ ({\text{Luft}}) $ (zum Beispiel nicht magnetisch) $ n_{\text{med}} $ kann man zum Beispiel den Brewster-Winkel beim Übergang von Luft in dieses Medium messen. Für diesen Fall gilt
Für die Messung wird ein Refraktometer angewandt.
Eine Abschätzung des Brechungsindexes ist mit der sogenannten Immersionsmethode durch das Eintauchen eines Gegenstands in durchsichtige Flüssigkeiten mit verschiedener Dichte möglich. Wenn der Brechungsindex von Gegenstand und Flüssigkeit identisch sind, verschwinden die Konturen des Gegenstands. Dieses Verfahren kann leicht eingesetzt werden, um zum Beispiel Rubine oder Saphire mit einem Brechungsindex von rund 1,76 zu identifizieren, indem sie in eine geeignete Schwerflüssigkeit eingetaucht werden, wie beispielsweise Diiodmethan (Brechungsindex = 1,74).
Der Brechungsindex ist eine der zentralen Bestimmungsgrößen für optische Linsen. Die Kunst der Optikrechnung zur Auslegung optischer Instrumente (Objektive, Messinstrumente, Belichtungsanlagen der Fotolithografie) beruht auf der Kombination verschiedener brechender Linsenoberflächen mit passenden Glassorten.
In der Chemie und Pharmazie wird der Brechungsindex bei einer bestimmten Temperatur oft eingesetzt, um flüssige Substanzen zu charakterisieren. Die Temperatur und die Wellenlänge, bei der der Brechungsindex bestimmt wurde, werden dabei dem Symbol für den Brechungsindex angefügt, für 20 °C und die Natrium-D-Linie z. B. $ n_{D}^{20} $.[16]
Die Bestimmung des Brechungsindex erlaubt eine einfache Bestimmung des Gehaltes einer bestimmten Substanz in einem Lösungsmittel:
Der Brechungsindex eines kristallinen Materials hängt direkt von seinem atomaren Aufbau ab, da sich der Grad der Kristallinität und das Kristallgitter eines Festkörpers auf seine Bandstruktur auswirken. Im sichtbaren Spektrum zeigt sich dies beispielsweise bei der Verschiebung der Bandlücke.
Durch einen anisotropen Kristallaufbau können zusätzlich Effekte wie die Doppelbrechung entstehen, bei der das Material für unterschiedlich polarisiertes Licht abweichende Brechungsindizes besitzt. In diesem Fall ist die Indikatrix ein dreiachsiges Ellipsoid (Indexellipsoid), und es ergeben sich die Hauptbrechungsindizes $ n_{\alpha } $, $ n_{\beta } $ und $ n_{\gamma } $ (auch als n1, n2 und n3 bezeichnet), deren Indizierung stets so vorgenommen wird, dass gilt: $ n_{\alpha }<n_{\beta }<n_{\gamma } $.[17]
In den wirteligen Kristallsystemen (trigonal, tetragonal und hexagonal) fällt die Hauptachse des Tensors, die auch als optische Achse bezeichnet wird, mit der kristallographischen c-Achse zusammen. Bei diesen optisch einachsigen Materialien
Siehe auch Konstruktion des Indexellipsoids und des Fresnel-Ellipsoids.
Bei teilkristallinen oder amorphen Materialien hat der atomare Aufbau ebenfalls deutlichen Einfluss auf den Brechungsindex. So erhöht sich in der Regel der Brechungsindex von Silikat-, Bleisilikat- und Borosilikatgläsern mit ihrer Dichte.
Trotz dieses allgemeinen Trends ist die Beziehung zwischen Brechungsindex und Dichte nicht immer linear, und es treten Ausnahmen auf, wie im Diagramm dargestellt:
1968 beschrieb der sowjetische Physiker Wiktor Wesselago das seltsame Verhalten von Materialien mit negativem Brechungsindex: „Würde die Herstellung gelingen, könnte man damit Linsen fertigen, deren Auflösungsvermögen weit besser wäre als das von Linsen aus gewöhnlichen optischen Werkstoffen“.[19]
1999 schlug Sir John Pendry ein Design für Metamaterialien mit negativem Brechungsindex für Mikrowellen vor,[20] das kurz darauf realisiert wurde.[21][22]
2003 hat eine Gruppe um Yong Zhang in Colorado entdeckt, dass Kristalle aus Yttrium-Vanadat (YVO4), einer Verbindung von Yttrium, Vanadium und Sauerstoff, auch ohne Weiterverarbeitung einen negativen Brechungsindex für Lichtwellen eines großen Frequenzbereichs aufweisen.[23] Der Kristall besteht aus zwei ineinandergeschachtelten Kristallgittern mit symmetrischen optischen Achsen. Die negative Lichtbrechung tritt aber nur in einem gewissen Winkelbereich des Einfallswinkels auf. In künftigen Experimenten wollen die Forscher weitere vermutete Eigenschaften der negativen Brechung prüfen – wie etwa die Umkehrung des Dopplereffekts und der Tscherenkow-Strahlung.[24]
2007 stellten Vladimir Shalaev und seine Kollegen von der Purdue-Universität ein Metamaterial mit negativem Brechungsindex für Strahlung im nahen Infrarotbereich vor.[25]
2007 ist es Physikern um Ulf Leonhardt von der Universität St Andrews unter Verwendung von Metamaterial mit negativem Brechungsindex („linkshändiges Material“) gelungen, den sogenannten Casimir-Effekt umzukehren (reverser Casimir-Effekt, auch Quanten-Levitation genannt). Dies eröffnet die Zukunftsperspektive auf eine (nahezu) reibungslose Nanotechnologie.[26][27]
Im Jahr 2000 zeigte John Pendry, dass mit einem Material mit negativem Brechungsindex eine Linse hergestellt werden kann, deren Auflösung nicht durch das Beugungslimit begrenzt ist.[28] Eine einschränkende Bedingung ist dabei, dass sich die Linse im Nahfeld des Objekts befinden muss, damit die evaneszente Welle noch nicht zu stark abgeklungen ist. Für sichtbares Licht bedeutet das einen Abstand von etwa < 1 µm. Einige Jahre später gelang es Forschern um Xiang Zhang an der Universität Berkeley, ein Mikroskop mit einer Auflösung von einem Sechstel der Wellenlänge des verwendeten Lichts zu bauen.[29]